"Wie heißt Er?" Knesebeck. "Was ist sein Vater gewesen?" Lieutnant in Ew. Majestät Garde. "Ah, der Knesebeck."
Eine Meile hinter Großbeeren, seine hochgelegenen fruchtbaren Aecker an einem Stück Bruchland entlang ziehend, liegt das Dorf Löwenbruch. Wir finden hier, durch die Jahrhunderte hindurch, eine Reihenfolge guter märkischer Namen: die von Thümen, von Otterstedt, von Boytin, von Alvensleben, von Gröben und v. d. Knesebeck. Die Boytin's (ein ausgestorbenes Geschlecht) haben noch ein paar große Grabsteine auf dem Kirchhof mit allerhand Figuren und Inschriften, die freilich unter der Kruste von Moos und Flechten kaum noch zu entziffern sind. Eins dieser Gräber ist leer geblieben. Mit Schaudern erzählte mir der Küster des Dorfes, wie er, eines Abends über die Grabsteine hinschreitend, den einen Stein unter seinen Füßen nachgeben und sich selber in die Gruft versinken fühlte. Er kam mit dem bloßen Schrecken davon.
Von den Alvenslebens, die ihren Gutsantheil im Jahre 1749 an die Gröbens verkauften, findet sich noch Mancherlei. Es existirt unter Anderm das Haus, und zwar völlig unverändert, das sie bewohnten, -- ein schlichter Fachwerkbau, der am besten zeigt, wie gering, wenigstens nach dieser Seite hin, die Ansprüche waren, die der märkische Adel vor hundert Jahren noch erhob.
26*
Löwenbruch.
„Wie heißt Er?“ Kneſebeck. „Was iſt ſein Vater geweſen?“ Lieutnant in Ew. Majeſtät Garde. „Ah, der Kneſebeck.“
Eine Meile hinter Großbeeren, ſeine hochgelegenen fruchtbaren Aecker an einem Stück Bruchland entlang ziehend, liegt das Dorf Löwenbruch. Wir finden hier, durch die Jahrhunderte hindurch, eine Reihenfolge guter märkiſcher Namen: die von Thümen, von Otterſtedt, von Boytin, von Alvensleben, von Gröben und v. d. Kneſebeck. Die Boytin’s (ein ausgeſtorbenes Geſchlecht) haben noch ein paar große Grabſteine auf dem Kirchhof mit allerhand Figuren und Inſchriften, die freilich unter der Kruſte von Moos und Flechten kaum noch zu entziffern ſind. Eins dieſer Gräber iſt leer geblieben. Mit Schaudern erzählte mir der Küſter des Dorfes, wie er, eines Abends über die Grabſteine hinſchreitend, den einen Stein unter ſeinen Füßen nachgeben und ſich ſelber in die Gruft verſinken fühlte. Er kam mit dem bloßen Schrecken davon.
Von den Alvenslebens, die ihren Gutsantheil im Jahre 1749 an die Gröbens verkauften, findet ſich noch Mancherlei. Es exiſtirt unter Anderm das Haus, und zwar völlig unverändert, das ſie bewohnten, — ein ſchlichter Fachwerkbau, der am beſten zeigt, wie gering, wenigſtens nach dieſer Seite hin, die Anſprüche waren, die der märkiſche Adel vor hundert Jahren noch erhob.
26*
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0421"n="[403]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Löwenbruch.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l>„Wie heißt Er?“</l><lb/><l>Kneſebeck.</l><lb/><l>„Was iſt ſein Vater geweſen?“</l><lb/><l>Lieutnant in Ew. Majeſtät Garde.</l><lb/><l>„Ah, <hirendition="#g">der</hi> Kneſebeck.“</l></lg><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>ine Meile hinter Großbeeren, ſeine hochgelegenen fruchtbaren<lb/>
Aecker an einem Stück Bruchland entlang ziehend, liegt das Dorf<lb/><hirendition="#g">Löwenbruch</hi>. Wir finden hier, durch die Jahrhunderte hindurch,<lb/>
eine Reihenfolge guter märkiſcher Namen: die von Thümen, von<lb/>
Otterſtedt, von Boytin, von Alvensleben, von Gröben und v. d.<lb/>
Kneſebeck. Die <hirendition="#g">Boytin</hi>’s (ein ausgeſtorbenes Geſchlecht) haben<lb/>
noch ein paar große Grabſteine auf dem Kirchhof mit allerhand<lb/>
Figuren und Inſchriften, die freilich unter der Kruſte von Moos<lb/>
und Flechten kaum noch zu entziffern ſind. Eins dieſer Gräber iſt<lb/>
leer geblieben. Mit Schaudern erzählte mir der Küſter des Dorfes,<lb/>
wie er, eines Abends über die Grabſteine hinſchreitend, den einen<lb/>
Stein unter ſeinen Füßen nachgeben und ſich ſelber in die Gruft<lb/>
verſinken fühlte. Er kam mit dem bloßen Schrecken davon.</p><lb/><p>Von den <hirendition="#g">Alvenslebens</hi>, die ihren Gutsantheil im Jahre<lb/>
1749 an die Gröbens verkauften, findet ſich noch Mancherlei. Es<lb/>
exiſtirt unter Anderm das Haus, und zwar völlig unverändert,<lb/>
das ſie bewohnten, — ein ſchlichter Fachwerkbau, der am beſten<lb/>
zeigt, wie gering, wenigſtens nach dieſer Seite hin, die Anſprüche<lb/>
waren, die der märkiſche Adel vor hundert Jahren noch erhob.<lb/><fwtype="sig"place="bottom">26*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[403]/0421]
Löwenbruch.
„Wie heißt Er?“
Kneſebeck.
„Was iſt ſein Vater geweſen?“
Lieutnant in Ew. Majeſtät Garde.
„Ah, der Kneſebeck.“
Eine Meile hinter Großbeeren, ſeine hochgelegenen fruchtbaren
Aecker an einem Stück Bruchland entlang ziehend, liegt das Dorf
Löwenbruch. Wir finden hier, durch die Jahrhunderte hindurch,
eine Reihenfolge guter märkiſcher Namen: die von Thümen, von
Otterſtedt, von Boytin, von Alvensleben, von Gröben und v. d.
Kneſebeck. Die Boytin’s (ein ausgeſtorbenes Geſchlecht) haben
noch ein paar große Grabſteine auf dem Kirchhof mit allerhand
Figuren und Inſchriften, die freilich unter der Kruſte von Moos
und Flechten kaum noch zu entziffern ſind. Eins dieſer Gräber iſt
leer geblieben. Mit Schaudern erzählte mir der Küſter des Dorfes,
wie er, eines Abends über die Grabſteine hinſchreitend, den einen
Stein unter ſeinen Füßen nachgeben und ſich ſelber in die Gruft
verſinken fühlte. Er kam mit dem bloßen Schrecken davon.
Von den Alvenslebens, die ihren Gutsantheil im Jahre
1749 an die Gröbens verkauften, findet ſich noch Mancherlei. Es
exiſtirt unter Anderm das Haus, und zwar völlig unverändert,
das ſie bewohnten, — ein ſchlichter Fachwerkbau, der am beſten
zeigt, wie gering, wenigſtens nach dieſer Seite hin, die Anſprüche
waren, die der märkiſche Adel vor hundert Jahren noch erhob.
26*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [403]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/421>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.