Stelle preisend, wo raschelndes Eichenlaub statt der glatten Nadeln zu unsern Füßen liegt. Endlich sind wir durch; das Erdreich wird feuchter, Treppeneinschnitte und Rasenbänke geben Rast und festen Halt, und endlich eine dichte Tannenhecke durchbrechend, die am Rücken des Berges entlang läuft, haben wir das Ziel unserer Wanderschaft erreicht -- die Kuppen der Müggelsberge sind um uns her.
Diese Müggelsberge sind ein höchst eigenthümliches Stück Natur, ganz abweichend von den Bergformationen, denen wir sonst wohl in unserem Sand- und Flachlande begegnen. Unsere Märki- schen Berge (wenn man uns diese stolze Bezeichnung gestatten will) sind entweder Plateau-Abhänge oder einfache Kegel. Nicht so die Müggelsberge; sie sind wie das Modell eines Gebirges, als habe die Natur in müssiger Stunde, in heiterer Laune versuchen wollen, ob nicht auch eine Urgebirgsform aus Märkischem Sande herzustellen sei. Alles en miniature, aber nichts ist vergessen. Ein Stock des Gebirges, ein langgestreckter Grat, Ausläufer, Schluchten, Kuppen und Kulme, Alles ist da -- das Ganze wie eine Reliefkarte im großen Styl vor die Thore Berlins gelegt, um die flachländische Residenzjugend hinausführen und über Gebirgs- Formationen ad oculos demonstriren zu können.
Wir haben den Grat des Berges ohngefähr in seiner Mitte erreicht, wo er mehr eine leise muldenartige Vertiefung als eine Erhöhung zeigt. Die Kuppen, die den Bergrücken überragen und deren wohl ein halbes Dutzend vorhanden sind, befinden sich an den vorgeschobensten Punkten, so daß der ganze Berg einem lang- gestreckten, alten Schloßbau gleicht, der hohe Erker und Altane an seinen mannichfach vorspringenden Fronten, vor Allem aber zwei abgestutzte Eckthürme an seinen zwei Giebelseiten trägt. Die West- und Ostkuppe der Müggelsberge sind die höchsten und gestatten die weiteste Aussicht in's Land hinein, besonders die Westkuppe. Ueber den Rücken des Berges hin schreiten wir ihr zu. Der Weg führt durch dichtes Gehölz, das wie ein grüner Wandschirm dasteht und nach keiner Seite hin einen Durchblick gestattet. Die Bäume
Stelle preiſend, wo raſchelndes Eichenlaub ſtatt der glatten Nadeln zu unſern Füßen liegt. Endlich ſind wir durch; das Erdreich wird feuchter, Treppeneinſchnitte und Raſenbänke geben Raſt und feſten Halt, und endlich eine dichte Tannenhecke durchbrechend, die am Rücken des Berges entlang läuft, haben wir das Ziel unſerer Wanderſchaft erreicht — die Kuppen der Müggelsberge ſind um uns her.
Dieſe Müggelsberge ſind ein höchſt eigenthümliches Stück Natur, ganz abweichend von den Bergformationen, denen wir ſonſt wohl in unſerem Sand- und Flachlande begegnen. Unſere Märki- ſchen Berge (wenn man uns dieſe ſtolze Bezeichnung geſtatten will) ſind entweder Plateau-Abhänge oder einfache Kegel. Nicht ſo die Müggelsberge; ſie ſind wie das Modell eines Gebirges, als habe die Natur in müſſiger Stunde, in heiterer Laune verſuchen wollen, ob nicht auch eine Urgebirgsform aus Märkiſchem Sande herzuſtellen ſei. Alles en miniature, aber nichts iſt vergeſſen. Ein Stock des Gebirges, ein langgeſtreckter Grat, Ausläufer, Schluchten, Kuppen und Kulme, Alles iſt da — das Ganze wie eine Reliefkarte im großen Styl vor die Thore Berlins gelegt, um die flachländiſche Reſidenzjugend hinausführen und über Gebirgs- Formationen ad oculos demonſtriren zu können.
Wir haben den Grat des Berges ohngefähr in ſeiner Mitte erreicht, wo er mehr eine leiſe muldenartige Vertiefung als eine Erhöhung zeigt. Die Kuppen, die den Bergrücken überragen und deren wohl ein halbes Dutzend vorhanden ſind, befinden ſich an den vorgeſchobenſten Punkten, ſo daß der ganze Berg einem lang- geſtreckten, alten Schloßbau gleicht, der hohe Erker und Altane an ſeinen mannichfach vorſpringenden Fronten, vor Allem aber zwei abgeſtutzte Eckthürme an ſeinen zwei Giebelſeiten trägt. Die Weſt- und Oſtkuppe der Müggelsberge ſind die höchſten und geſtatten die weiteſte Ausſicht in’s Land hinein, beſonders die Weſtkuppe. Ueber den Rücken des Berges hin ſchreiten wir ihr zu. Der Weg führt durch dichtes Gehölz, das wie ein grüner Wandſchirm daſteht und nach keiner Seite hin einen Durchblick geſtattet. Die Bäume
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Stelle preiſend, wo raſchelndes Eichenlaub ſtatt der glatten Nadeln
zu unſern Füßen liegt. Endlich ſind wir durch; das Erdreich wird
feuchter, Treppeneinſchnitte und Raſenbänke geben Raſt und feſten
Halt, und endlich eine dichte Tannenhecke durchbrechend, die am
Rücken des Berges entlang läuft, haben wir das Ziel unſerer
Wanderſchaft erreicht — die Kuppen der Müggelsberge ſind um
uns her.
Dieſe Müggelsberge ſind ein höchſt eigenthümliches Stück
Natur, ganz abweichend von den Bergformationen, denen wir ſonſt
wohl in unſerem Sand- und Flachlande begegnen. Unſere Märki-
ſchen Berge (wenn man uns dieſe ſtolze Bezeichnung geſtatten
will) ſind entweder Plateau-Abhänge oder einfache Kegel. Nicht
ſo die Müggelsberge; ſie ſind wie das Modell eines Gebirges, als
habe die Natur in müſſiger Stunde, in heiterer Laune verſuchen
wollen, ob nicht auch eine Urgebirgsform aus Märkiſchem Sande
herzuſtellen ſei. Alles en miniature, aber nichts iſt vergeſſen.
Ein Stock des Gebirges, ein langgeſtreckter Grat, Ausläufer,
Schluchten, Kuppen und Kulme, Alles iſt da — das Ganze wie
eine Reliefkarte im großen Styl vor die Thore Berlins gelegt, um
die flachländiſche Reſidenzjugend hinausführen und über Gebirgs-
Formationen ad oculos demonſtriren zu können.
Wir haben den Grat des Berges ohngefähr in ſeiner Mitte
erreicht, wo er mehr eine leiſe muldenartige Vertiefung als eine
Erhöhung zeigt. Die Kuppen, die den Bergrücken überragen und
deren wohl ein halbes Dutzend vorhanden ſind, befinden ſich an
den vorgeſchobenſten Punkten, ſo daß der ganze Berg einem lang-
geſtreckten, alten Schloßbau gleicht, der hohe Erker und Altane an
ſeinen mannichfach vorſpringenden Fronten, vor Allem aber zwei
abgeſtutzte Eckthürme an ſeinen zwei Giebelſeiten trägt. Die Weſt-
und Oſtkuppe der Müggelsberge ſind die höchſten und geſtatten
die weiteſte Ausſicht in’s Land hinein, beſonders die Weſtkuppe.
Ueber den Rücken des Berges hin ſchreiten wir ihr zu. Der Weg
führt durch dichtes Gehölz, das wie ein grüner Wandſchirm daſteht
und nach keiner Seite hin einen Durchblick geſtattet. Die Bäume
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/386>, abgerufen am 23.11.2024.
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