Niedrigstes, das Ewigste und Hinfälligste, durch die Wunderhand von Zeit und Zufall hier zusammengestellt. Alles Mobiliar fehlt, aber ein eigenthümlicher Zimmerschmuck ist dennoch diesen Mull- und Gazewänden geblieben. Die ganze hintere Hälfte des Zimmers ist mit großen Schlachtplänen dekorirt, die wohl ziemlich un- zweifelhaft von der Hand des Grafen selbst herrühren dürften. Graf Schmettau gesellte nämlich zu seinen übrigen Gaben und Talenten auch die eines glänzenden Topographen und Karten- zeichners und die berühmte General-Karte des preußischen Staats, die bis diesen Augenblick in dem Kartensaal des Kriegsmini- steriums aufbewahrt wird, bewahrt gleichzeitig den Namen Schmettau's in ehrendem Andenken. Die Aufschrift dieser General-Karte, die auch schlechtweg den Namen der Schmettau' schen Karte führt, lautet, wie folgt: "Tableau aller durch den Königlich Preußischen Obersten Grafen von Schmettau von 1767 bis 1787 aufgenommenen und zusammengetragenen Länder." Dieselbe geschickte Hand, die dieses berühmte "Tableau" zusammentrug, hat sehr wahrscheinlich auch die sieben Schlacht- pläne gezeichnet, denen wir in diesem abgelegensten und ungekann- testen Zimmer des Coepnicker Schlosses begegnen. Nur die Sie- gesschlachten des großen Königs haben hier Aufnahme gefunden und die Inschriften der verschiedenen Blätter lauten wie folgt: Bataille und Belagerung von Prag; Schlacht bei Roßbach; Ba- taille bei Lowositz; Schlacht bei Zorndorf; Schlacht bei Liegnitz; Schlacht bei Torgau und Schlacht bei Leuthen. Die einzelnen Tableaux sind von verschiedener Größe (namentlich die Bataille und Belagerung von Prag sehr ausgeführt und größer als die übrigen), aber alle verrathen dieselbe Meisterhand und tragen sämmtlich, statt der üblichen Holzeinfassung einen künstlichen Lor- beerkranz als Umrahmung.
Wie billig drängt sich dem Besucher Schloß Coepenicks die Frage auf: was war die Bedeutung dieses Zimmers? Die Ant- wort ist nicht schwer; es war die Stätte eines loyalen Cultus, ein Andachtsplatz, an den sich, in Zeitläuften, die jedes andere
Niedrigſtes, das Ewigſte und Hinfälligſte, durch die Wunderhand von Zeit und Zufall hier zuſammengeſtellt. Alles Mobiliar fehlt, aber ein eigenthümlicher Zimmerſchmuck iſt dennoch dieſen Mull- und Gazewänden geblieben. Die ganze hintere Hälfte des Zimmers iſt mit großen Schlachtplänen dekorirt, die wohl ziemlich un- zweifelhaft von der Hand des Grafen ſelbſt herrühren dürften. Graf Schmettau geſellte nämlich zu ſeinen übrigen Gaben und Talenten auch die eines glänzenden Topographen und Karten- zeichners und die berühmte General-Karte des preußiſchen Staats, die bis dieſen Augenblick in dem Kartenſaal des Kriegsmini- ſteriums aufbewahrt wird, bewahrt gleichzeitig den Namen Schmettau’s in ehrendem Andenken. Die Aufſchrift dieſer General-Karte, die auch ſchlechtweg den Namen der Schmettau’ ſchen Karte führt, lautet, wie folgt: „Tableau aller durch den Königlich Preußiſchen Oberſten Grafen von Schmettau von 1767 bis 1787 aufgenommenen und zuſammengetragenen Länder.“ Dieſelbe geſchickte Hand, die dieſes berühmte „Tableau“ zuſammentrug, hat ſehr wahrſcheinlich auch die ſieben Schlacht- pläne gezeichnet, denen wir in dieſem abgelegenſten und ungekann- teſten Zimmer des Coepnicker Schloſſes begegnen. Nur die Sie- gesſchlachten des großen Königs haben hier Aufnahme gefunden und die Inſchriften der verſchiedenen Blätter lauten wie folgt: Bataille und Belagerung von Prag; Schlacht bei Roßbach; Ba- taille bei Lowoſitz; Schlacht bei Zorndorf; Schlacht bei Liegnitz; Schlacht bei Torgau und Schlacht bei Leuthen. Die einzelnen Tableaux ſind von verſchiedener Größe (namentlich die Bataille und Belagerung von Prag ſehr ausgeführt und größer als die übrigen), aber alle verrathen dieſelbe Meiſterhand und tragen ſämmtlich, ſtatt der üblichen Holzeinfaſſung einen künſtlichen Lor- beerkranz als Umrahmung.
Wie billig drängt ſich dem Beſucher Schloß Coepenicks die Frage auf: was war die Bedeutung dieſes Zimmers? Die Ant- wort iſt nicht ſchwer; es war die Stätte eines loyalen Cultus, ein Andachtsplatz, an den ſich, in Zeitläuften, die jedes andere
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Niedrigſtes, das Ewigſte und Hinfälligſte, durch die Wunderhand
von Zeit und Zufall hier zuſammengeſtellt. Alles Mobiliar fehlt,
aber ein eigenthümlicher Zimmerſchmuck iſt dennoch dieſen Mull-
und Gazewänden geblieben. Die ganze hintere Hälfte des Zimmers
iſt mit großen Schlachtplänen dekorirt, die wohl ziemlich un-
zweifelhaft von der Hand des Grafen ſelbſt herrühren dürften.
Graf Schmettau geſellte nämlich zu ſeinen übrigen Gaben und
Talenten auch die eines glänzenden Topographen und Karten-
zeichners und die berühmte General-Karte des preußiſchen Staats,
die bis dieſen Augenblick in dem Kartenſaal des Kriegsmini-
ſteriums aufbewahrt wird, bewahrt gleichzeitig den Namen
Schmettau’s in ehrendem Andenken. Die Aufſchrift dieſer
General-Karte, die auch ſchlechtweg den Namen der Schmettau’
ſchen Karte führt, lautet, wie folgt: „Tableau aller durch
den Königlich Preußiſchen Oberſten Grafen von Schmettau
von 1767 bis 1787 aufgenommenen und zuſammengetragenen
Länder.“ Dieſelbe geſchickte Hand, die dieſes berühmte „Tableau“
zuſammentrug, hat ſehr wahrſcheinlich auch die ſieben Schlacht-
pläne gezeichnet, denen wir in dieſem abgelegenſten und ungekann-
teſten Zimmer des Coepnicker Schloſſes begegnen. Nur die Sie-
gesſchlachten des großen Königs haben hier Aufnahme gefunden
und die Inſchriften der verſchiedenen Blätter lauten wie folgt:
Bataille und Belagerung von Prag; Schlacht bei Roßbach; Ba-
taille bei Lowoſitz; Schlacht bei Zorndorf; Schlacht bei Liegnitz;
Schlacht bei Torgau und Schlacht bei Leuthen. Die einzelnen
Tableaux ſind von verſchiedener Größe (namentlich die Bataille
und Belagerung von Prag ſehr ausgeführt und größer als die
übrigen), aber alle verrathen dieſelbe Meiſterhand und tragen
ſämmtlich, ſtatt der üblichen Holzeinfaſſung einen künſtlichen Lor-
beerkranz als Umrahmung.
Wie billig drängt ſich dem Beſucher Schloß Coepenicks die
Frage auf: was war die Bedeutung dieſes Zimmers? Die Ant-
wort iſt nicht ſchwer; es war die Stätte eines loyalen Cultus,
ein Andachtsplatz, an den ſich, in Zeitläuften, die jedes andere
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/378>, abgerufen am 25.11.2024.
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