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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Künste des Friedens, so tritt er an uns heran. Nur zwei kurze
Jahre waren ihm an dieser Stelle gegönnt, aber sie genügten ihm,
um überall eine Spur seines Wirkens, den charakteristischen Stem-
pel seines Geistes zurückzulassen. Wir übergehen kleinere Dinge,
Urnen und Inschriften, die sich in den schattigen Gängen des Par-
kes vorfinden und treten im ersten Stock des Schlosses, nachdem
wir eine Reihe von Gemächern und Corridoren passirt haben, an
ein nach Süd-Osten hin gelegenes Eckzimmer, dessen eines Fenster
auf den Park, das andere auf die wendische Spree herniederblickt.
Eine Doppelthür bildet den Eingang. Es ist nicht leicht möglich,
beim Durchstöbern alter Schlösser einem überraschenderen Anblick
zu begegnen, als ihn dieses Zimmer bietet. Der ganze Raum ist
zeltartig mit weißer und gelber Gaze ausgeschlagen und zwar so,
daß die obere Gaze-Drapirung die Decke in zwei gleiche Hälften
theilt. An jeder der beiden Stellen, wo die Gaze wie zu einer Art
Betthimmel zusammengefaltet ist, befindet sich ein Deckengemälde
allegorischen Inhalts. Auf dem ersten, mehr dem Fenster zu gele-
genen Bilde bringt Mercur der Minerva eine Pergamentrolle,
auf der der Name Roßbach steht; Minerva ihrerseits hält einen
Lorbeerkranz in der Rechten, bereit ihn gegen die Siegesbotschaft
auszutauschen. Das zweite Bild, ungleich besser in Composition
und Farbe als das erste, stellt eine Apotheose des großen Königs
dar. Auf einer Felsenburg zur Linken stehen Bewaffnete und
blicken einer Anzahl davon eilender Genien nach, die das gold-
umrahmte Bildniß Friedrichs in ihrer Mitte tragen und mit ihrer
Last dem Tempel des Ruhmes zuschweben. Zur Rechten ragt der
Tempel selber auf, an dessen Stufen die hohe Göttin steht, be-
reit, das Bildniß des Königs mit ihrem Sternen-Diadem zu
krönen. Von Mobiliar keine Spur in diesen vier Wänden. Seit
Schmettau vor mehr als 50 Jahren diese Zimmer verließ, sind
sie unbewohnt geblieben und diese Dekoration von Gaze und
Spinnweb, dieses Durcheinander von Farbenfrische und blinden
Fensterscheiben, von Apotheose und Staub, macht eine Wirkung,
der sich wenige Besucher werden entziehen können. Höchstes und

Künſte des Friedens, ſo tritt er an uns heran. Nur zwei kurze
Jahre waren ihm an dieſer Stelle gegönnt, aber ſie genügten ihm,
um überall eine Spur ſeines Wirkens, den charakteriſtiſchen Stem-
pel ſeines Geiſtes zurückzulaſſen. Wir übergehen kleinere Dinge,
Urnen und Inſchriften, die ſich in den ſchattigen Gängen des Par-
kes vorfinden und treten im erſten Stock des Schloſſes, nachdem
wir eine Reihe von Gemächern und Corridoren paſſirt haben, an
ein nach Süd-Oſten hin gelegenes Eckzimmer, deſſen eines Fenſter
auf den Park, das andere auf die wendiſche Spree herniederblickt.
Eine Doppelthür bildet den Eingang. Es iſt nicht leicht möglich,
beim Durchſtöbern alter Schlöſſer einem überraſchenderen Anblick
zu begegnen, als ihn dieſes Zimmer bietet. Der ganze Raum iſt
zeltartig mit weißer und gelber Gaze ausgeſchlagen und zwar ſo,
daß die obere Gaze-Drapirung die Decke in zwei gleiche Hälften
theilt. An jeder der beiden Stellen, wo die Gaze wie zu einer Art
Betthimmel zuſammengefaltet iſt, befindet ſich ein Deckengemälde
allegoriſchen Inhalts. Auf dem erſten, mehr dem Fenſter zu gele-
genen Bilde bringt Mercur der Minerva eine Pergamentrolle,
auf der der Name Roßbach ſteht; Minerva ihrerſeits hält einen
Lorbeerkranz in der Rechten, bereit ihn gegen die Siegesbotſchaft
auszutauſchen. Das zweite Bild, ungleich beſſer in Compoſition
und Farbe als das erſte, ſtellt eine Apotheoſe des großen Königs
dar. Auf einer Felſenburg zur Linken ſtehen Bewaffnete und
blicken einer Anzahl davon eilender Genien nach, die das gold-
umrahmte Bildniß Friedrichs in ihrer Mitte tragen und mit ihrer
Laſt dem Tempel des Ruhmes zuſchweben. Zur Rechten ragt der
Tempel ſelber auf, an deſſen Stufen die hohe Göttin ſteht, be-
reit, das Bildniß des Königs mit ihrem Sternen-Diadem zu
krönen. Von Mobiliar keine Spur in dieſen vier Wänden. Seit
Schmettau vor mehr als 50 Jahren dieſe Zimmer verließ, ſind
ſie unbewohnt geblieben und dieſe Dekoration von Gaze und
Spinnweb, dieſes Durcheinander von Farbenfriſche und blinden
Fenſterſcheiben, von Apotheoſe und Staub, macht eine Wirkung,
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[359/0377] Künſte des Friedens, ſo tritt er an uns heran. Nur zwei kurze Jahre waren ihm an dieſer Stelle gegönnt, aber ſie genügten ihm, um überall eine Spur ſeines Wirkens, den charakteriſtiſchen Stem- pel ſeines Geiſtes zurückzulaſſen. Wir übergehen kleinere Dinge, Urnen und Inſchriften, die ſich in den ſchattigen Gängen des Par- kes vorfinden und treten im erſten Stock des Schloſſes, nachdem wir eine Reihe von Gemächern und Corridoren paſſirt haben, an ein nach Süd-Oſten hin gelegenes Eckzimmer, deſſen eines Fenſter auf den Park, das andere auf die wendiſche Spree herniederblickt. Eine Doppelthür bildet den Eingang. Es iſt nicht leicht möglich, beim Durchſtöbern alter Schlöſſer einem überraſchenderen Anblick zu begegnen, als ihn dieſes Zimmer bietet. Der ganze Raum iſt zeltartig mit weißer und gelber Gaze ausgeſchlagen und zwar ſo, daß die obere Gaze-Drapirung die Decke in zwei gleiche Hälften theilt. An jeder der beiden Stellen, wo die Gaze wie zu einer Art Betthimmel zuſammengefaltet iſt, befindet ſich ein Deckengemälde allegoriſchen Inhalts. Auf dem erſten, mehr dem Fenſter zu gele- genen Bilde bringt Mercur der Minerva eine Pergamentrolle, auf der der Name Roßbach ſteht; Minerva ihrerſeits hält einen Lorbeerkranz in der Rechten, bereit ihn gegen die Siegesbotſchaft auszutauſchen. Das zweite Bild, ungleich beſſer in Compoſition und Farbe als das erſte, ſtellt eine Apotheoſe des großen Königs dar. Auf einer Felſenburg zur Linken ſtehen Bewaffnete und blicken einer Anzahl davon eilender Genien nach, die das gold- umrahmte Bildniß Friedrichs in ihrer Mitte tragen und mit ihrer Laſt dem Tempel des Ruhmes zuſchweben. Zur Rechten ragt der Tempel ſelber auf, an deſſen Stufen die hohe Göttin ſteht, be- reit, das Bildniß des Königs mit ihrem Sternen-Diadem zu krönen. Von Mobiliar keine Spur in dieſen vier Wänden. Seit Schmettau vor mehr als 50 Jahren dieſe Zimmer verließ, ſind ſie unbewohnt geblieben und dieſe Dekoration von Gaze und Spinnweb, dieſes Durcheinander von Farbenfriſche und blinden Fenſterſcheiben, von Apotheoſe und Staub, macht eine Wirkung, der ſich wenige Beſucher werden entziehen können. Höchſtes und

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/377>, abgerufen am 25.11.2024.