Denn gleich wie's Gold durch's Feuer probirt, Also auch Gott sein Volk regiert, Drum thu dich demselben ergeben, Er hilft stets auf zum ewigen Leben!
Küstrin verdankt ihm seine ganze Bedeutung; Festung, Schloß, alles stammt aus seiner Zeit. Auch für Kanonen sorgte er, die ein Rebhuhn als Zeichen und darunter die Inschrift führten:
Das Rebhuhn mit seinem Schnabel pickt, Daß mancher drob zu Tod erschrickt.
Von diesen Kanonen existiren noch einige im Berliner Zeughaus. Markgraf Hans konnte das alles schaffen, denn er war sehr reich. In einer alten Soldinischen Chronik befinden sich folgende An- gaben: "Der Durchlauchtigste Fürst Herr Johannes Markgraf zu Brandenburg hat bei seinem Absterben 1571 an baarem Gelde vierundzwanzig Wispel alte Düttchens hinterlassen. Jedes Düttchen hat jener und dieser Zeit gegolten zwei gute Reichsgro- schen und drei Pfennige; eine Metze gestrichen Geld alte Düttchen macht demnach 528 Thaler, macht ein Scheffel 8448 und ein Wispel 202,752 Thaler. Summa der ganzen Hinterlassenschaft (24 Wispel) 4,866,048 Thaler. Dieß war die Glanzzeit Küstrins. Die Neumark fiel an die Kur zurück; von da ab ging es rück- wärts. Der dreißigjährige Krieg kam, dann der siebenjährige, der das alte Küstrin vernichtete.
Am 15. August 1758 rückten die Russen vor die Stadt. Man ließ ihnen Zeit, ihre Batterien in unmittelbarer Nähe aufzu- fahren, und innerhalb zwei Stunden war alles ein Aschenhaufen. Verrath und Feigheit waren nicht mit im Spiel, aber Ungeschick und Unschlüssigkeit hatten viel verschuldet. Oberst Schack von Wuthenow wollte seine gemachten Fehler gegen den König ent- schuldigen. "Schweig' Er!" antwortete dieser; "ich bin schuld; warum hab' ich ihn zum Commandanten gemacht?"
Das Jahr 1758 hatte die Stadt Küstrin vernichtet, aber
Denn gleich wie’s Gold durch’s Feuer probirt, Alſo auch Gott ſein Volk regiert, Drum thu dich demſelben ergeben, Er hilft ſtets auf zum ewigen Leben!
Küſtrin verdankt ihm ſeine ganze Bedeutung; Feſtung, Schloß, alles ſtammt aus ſeiner Zeit. Auch für Kanonen ſorgte er, die ein Rebhuhn als Zeichen und darunter die Inſchrift führten:
Das Rebhuhn mit ſeinem Schnabel pickt, Daß mancher drob zu Tod erſchrickt.
Von dieſen Kanonen exiſtiren noch einige im Berliner Zeughaus. Markgraf Hans konnte das alles ſchaffen, denn er war ſehr reich. In einer alten Soldiniſchen Chronik befinden ſich folgende An- gaben: „Der Durchlauchtigſte Fürſt Herr Johannes Markgraf zu Brandenburg hat bei ſeinem Abſterben 1571 an baarem Gelde vierundzwanzig Wispel alte Düttchens hinterlaſſen. Jedes Düttchen hat jener und dieſer Zeit gegolten zwei gute Reichsgro- ſchen und drei Pfennige; eine Metze geſtrichen Geld alte Düttchen macht demnach 528 Thaler, macht ein Scheffel 8448 und ein Wispel 202,752 Thaler. Summa der ganzen Hinterlaſſenſchaft (24 Wispel) 4,866,048 Thaler. Dieß war die Glanzzeit Küſtrins. Die Neumark fiel an die Kur zurück; von da ab ging es rück- wärts. Der dreißigjährige Krieg kam, dann der ſiebenjährige, der das alte Küſtrin vernichtete.
Am 15. Auguſt 1758 rückten die Ruſſen vor die Stadt. Man ließ ihnen Zeit, ihre Batterien in unmittelbarer Nähe aufzu- fahren, und innerhalb zwei Stunden war alles ein Aſchenhaufen. Verrath und Feigheit waren nicht mit im Spiel, aber Ungeſchick und Unſchlüſſigkeit hatten viel verſchuldet. Oberſt Schack von Wuthenow wollte ſeine gemachten Fehler gegen den König ent- ſchuldigen. „Schweig’ Er!“ antwortete dieſer; „ich bin ſchuld; warum hab’ ich ihn zum Commandanten gemacht?“
Das Jahr 1758 hatte die Stadt Küſtrin vernichtet, aber
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Denn gleich wie’s Gold durch’s Feuer probirt,
Alſo auch Gott ſein Volk regiert,
Drum thu dich demſelben ergeben,
Er hilft ſtets auf zum ewigen Leben!
Küſtrin verdankt ihm ſeine ganze Bedeutung; Feſtung,
Schloß, alles ſtammt aus ſeiner Zeit. Auch für Kanonen ſorgte
er, die ein Rebhuhn als Zeichen und darunter die Inſchrift
führten:
Das Rebhuhn mit ſeinem Schnabel pickt,
Daß mancher drob zu Tod erſchrickt.
Von dieſen Kanonen exiſtiren noch einige im Berliner Zeughaus.
Markgraf Hans konnte das alles ſchaffen, denn er war ſehr reich.
In einer alten Soldiniſchen Chronik befinden ſich folgende An-
gaben: „Der Durchlauchtigſte Fürſt Herr Johannes Markgraf zu
Brandenburg hat bei ſeinem Abſterben 1571 an baarem Gelde
vierundzwanzig Wispel alte Düttchens hinterlaſſen. Jedes
Düttchen hat jener und dieſer Zeit gegolten zwei gute Reichsgro-
ſchen und drei Pfennige; eine Metze geſtrichen Geld alte Düttchen
macht demnach 528 Thaler, macht ein Scheffel 8448 und ein
Wispel 202,752 Thaler. Summa der ganzen Hinterlaſſenſchaft
(24 Wispel) 4,866,048 Thaler. Dieß war die Glanzzeit Küſtrins.
Die Neumark fiel an die Kur zurück; von da ab ging es rück-
wärts. Der dreißigjährige Krieg kam, dann der ſiebenjährige, der
das alte Küſtrin vernichtete.
Am 15. Auguſt 1758 rückten die Ruſſen vor die Stadt.
Man ließ ihnen Zeit, ihre Batterien in unmittelbarer Nähe aufzu-
fahren, und innerhalb zwei Stunden war alles ein Aſchenhaufen.
Verrath und Feigheit waren nicht mit im Spiel, aber Ungeſchick
und Unſchlüſſigkeit hatten viel verſchuldet. Oberſt Schack von
Wuthenow wollte ſeine gemachten Fehler gegen den König ent-
ſchuldigen. „Schweig’ Er!“ antwortete dieſer; „ich bin ſchuld;
warum hab’ ich ihn zum Commandanten gemacht?“
Das Jahr 1758 hatte die Stadt Küſtrin vernichtet, aber
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/348>, abgerufen am 23.11.2024.
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