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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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nach der Schlacht von ihm sagte: "Dieser alte Vater Sparr hat
sich als ein recht kriegskundiger General erwiesen, seines Amtes
unerschrocken gewaltet und Alles weislich hinausgeführt."

Der schwedisch-polnische Krieg verlief nicht plötzlich; wir ver-
folgen unsern Otto Christoph aber nicht weiter auf seinen Zügen
durch Preußen und Littauen, durch Pommern und Mecklenburg
bis nach Holstein und Jütland hinauf, sondern fahren in unserer
Darstellung mit jenem letzten Abschnitte seines Lebens fort, der
dem Frieden von Oliva (am 1. Mai 1660) folgte.

Ruhmgekrönt kehrte Sparr in die Heimath zurück. Er war
der erste Mann im Lande und nahm an Rang und Ansehen die-
selbe Stellung ein, die etwa 15 Jahre später die volksthümlicher
gewordene Figur des alten Derfflinger bekleidete. Er war Feld-
marschall, Oberst-Commandirender über die brandenburgische Armee,
der Beirath und Vertraute seines Fürsten; dazu besaß er Schlösser
und Häuser, und im Lande Barnim die Güter: Prenden, Trampe,
Lancke, Utzdorf, Hackelberg, Dannenberg und Tiefensee. In Berlin
bewohnte er das ehemalige Haus des Kaufmann Peter Engels in
der Spandauer Straße, das jetzt dem großen Postgebäude mit zuge-
hört; in den Sommermonaten aber bezog er sein Prendener
Schloß. Es war wohl der dem Menschenherzen innewohnende Zug
nach der Stelle, die uns geboren.

Auch diese acht Friedensjahre, die zwischen dem Frieden von
Oliva und dem Hinscheiden des Feldmarschalls liegen, verliefen
nicht ganz ohne Kriegslärm. Sparr, an der Spitze eines branden-
burgischen Hülfsheers, entschied am Tage von St. Gotthardt, als
Verbündeter des Kaiserlichen Heeres, in ähnlicher Weise den Sieg
über die Türken, wie er als Verbündeter des schwedischen Heeres
den Tag von Warschau entschieden hatte; aber wir verweilen nicht
länger bei diesen Kriegs- und Siegeszügen, auch nicht bei neuen
Ernennungen (Kaiserlicher Feldmarschall, Reichsfreiherr etc.)
sondern begleiten ihn auf dem stillen Gang durch seine letzten
Lebens-, zugleich seine einzigen Friedensjahre. Denn 42 Jahre
lang hatte er nur den Krieg gesehn.


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nach der Schlacht von ihm ſagte: „Dieſer alte Vater Sparr hat
ſich als ein recht kriegskundiger General erwieſen, ſeines Amtes
unerſchrocken gewaltet und Alles weislich hinausgeführt.“

Der ſchwediſch-polniſche Krieg verlief nicht plötzlich; wir ver-
folgen unſern Otto Chriſtoph aber nicht weiter auf ſeinen Zügen
durch Preußen und Littauen, durch Pommern und Mecklenburg
bis nach Holſtein und Jütland hinauf, ſondern fahren in unſerer
Darſtellung mit jenem letzten Abſchnitte ſeines Lebens fort, der
dem Frieden von Oliva (am 1. Mai 1660) folgte.

Ruhmgekrönt kehrte Sparr in die Heimath zurück. Er war
der erſte Mann im Lande und nahm an Rang und Anſehen die-
ſelbe Stellung ein, die etwa 15 Jahre ſpäter die volksthümlicher
gewordene Figur des alten Derfflinger bekleidete. Er war Feld-
marſchall, Oberſt-Commandirender über die brandenburgiſche Armee,
der Beirath und Vertraute ſeines Fürſten; dazu beſaß er Schlöſſer
und Häuſer, und im Lande Barnim die Güter: Prenden, Trampe,
Lancke, Utzdorf, Hackelberg, Dannenberg und Tiefenſee. In Berlin
bewohnte er das ehemalige Haus des Kaufmann Peter Engels in
der Spandauer Straße, das jetzt dem großen Poſtgebäude mit zuge-
hört; in den Sommermonaten aber bezog er ſein Prendener
Schloß. Es war wohl der dem Menſchenherzen innewohnende Zug
nach der Stelle, die uns geboren.

Auch dieſe acht Friedensjahre, die zwiſchen dem Frieden von
Oliva und dem Hinſcheiden des Feldmarſchalls liegen, verliefen
nicht ganz ohne Kriegslärm. Sparr, an der Spitze eines branden-
burgiſchen Hülfsheers, entſchied am Tage von St. Gotthardt, als
Verbündeter des Kaiſerlichen Heeres, in ähnlicher Weiſe den Sieg
über die Türken, wie er als Verbündeter des ſchwediſchen Heeres
den Tag von Warſchau entſchieden hatte; aber wir verweilen nicht
länger bei dieſen Kriegs- und Siegeszügen, auch nicht bei neuen
Ernennungen (Kaiſerlicher Feldmarſchall, Reichsfreiherr ꝛc.)
ſondern begleiten ihn auf dem ſtillen Gang durch ſeine letzten
Lebens-, zugleich ſeine einzigen Friedensjahre. Denn 42 Jahre
lang hatte er nur den Krieg geſehn.


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[307/0325] nach der Schlacht von ihm ſagte: „Dieſer alte Vater Sparr hat ſich als ein recht kriegskundiger General erwieſen, ſeines Amtes unerſchrocken gewaltet und Alles weislich hinausgeführt.“ Der ſchwediſch-polniſche Krieg verlief nicht plötzlich; wir ver- folgen unſern Otto Chriſtoph aber nicht weiter auf ſeinen Zügen durch Preußen und Littauen, durch Pommern und Mecklenburg bis nach Holſtein und Jütland hinauf, ſondern fahren in unſerer Darſtellung mit jenem letzten Abſchnitte ſeines Lebens fort, der dem Frieden von Oliva (am 1. Mai 1660) folgte. Ruhmgekrönt kehrte Sparr in die Heimath zurück. Er war der erſte Mann im Lande und nahm an Rang und Anſehen die- ſelbe Stellung ein, die etwa 15 Jahre ſpäter die volksthümlicher gewordene Figur des alten Derfflinger bekleidete. Er war Feld- marſchall, Oberſt-Commandirender über die brandenburgiſche Armee, der Beirath und Vertraute ſeines Fürſten; dazu beſaß er Schlöſſer und Häuſer, und im Lande Barnim die Güter: Prenden, Trampe, Lancke, Utzdorf, Hackelberg, Dannenberg und Tiefenſee. In Berlin bewohnte er das ehemalige Haus des Kaufmann Peter Engels in der Spandauer Straße, das jetzt dem großen Poſtgebäude mit zuge- hört; in den Sommermonaten aber bezog er ſein Prendener Schloß. Es war wohl der dem Menſchenherzen innewohnende Zug nach der Stelle, die uns geboren. Auch dieſe acht Friedensjahre, die zwiſchen dem Frieden von Oliva und dem Hinſcheiden des Feldmarſchalls liegen, verliefen nicht ganz ohne Kriegslärm. Sparr, an der Spitze eines branden- burgiſchen Hülfsheers, entſchied am Tage von St. Gotthardt, als Verbündeter des Kaiſerlichen Heeres, in ähnlicher Weiſe den Sieg über die Türken, wie er als Verbündeter des ſchwediſchen Heeres den Tag von Warſchau entſchieden hatte; aber wir verweilen nicht länger bei dieſen Kriegs- und Siegeszügen, auch nicht bei neuen Ernennungen (Kaiſerlicher Feldmarſchall, Reichsfreiherr ꝛc.) ſondern begleiten ihn auf dem ſtillen Gang durch ſeine letzten Lebens-, zugleich ſeine einzigen Friedensjahre. Denn 42 Jahre lang hatte er nur den Krieg geſehn. 20*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/325>, abgerufen am 23.11.2024.