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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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In diesem Garten arbeiten war unseres Freundes Lust. Mit
Befriedigung konnte er sich aufrichten und seinem Sohne zurufen:
"Heut thut mir der Rücken weh vom Bücken." Sperlinge und
Hühner vom Garten abzuhalten, war die immer gern erfüllte
Pflicht der Kinder.

Der Sommer war schön, aber der schönste Monat des Jah-
res war doch der December. Das Weihnachtsgefühl, die hohe
Vorfreude des Festes in uns zu wecken (so erzählt der Sohn),
verstand er vortrefflich. Er that es in lockender, die Einbildungs-
kraft anregender Weise, theils durch Töne von Kinderinstrumenten,
theils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von bepelzter
Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder geschlossene
Thür in die Kinderstube geworfen wurde. Ließ einmal Knecht
Ruprecht gar nichts von sich hören und sehen, so baten wir sin-
gend
an der hoffnungsreichen Pforte um sein Erscheinen und
seine Gaben. Waren wir artig gewesen, so gewährte er; andern-
falls prasselten Nußschalen oder faule Aepfel durch die Thür-
öffnung herein. Den Jubel am heiligen Abend hat er in einem
seiner populärsten Gedichte selbst beschrieben:

Nußknacker steh'n mit dickem Kopf
Bei Jud' und Schornsteinfeger;
Hier hängt ein Schrank mit Kell' und Topf,
Dort hetzt den Hirsch der Jäger.
Hier ruft ein Kuckuck, horch!
Und dort spaziert ein Storch,
Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum
Und blinkt von Gold und Silberschaum.
Zu Pferde paradirt von Blei
Ein Regiment Soldaten;
Ein Sansfacon sitzt frank und frei
Gekrümmt und münzt Ducaten.
Und Alles schmaust und knarrt,
Trompet' und Fiedel schnarrt;
Fern steh'n die Alten still erfreut
Und denken an die alte Zeit.

In dieſem Garten arbeiten war unſeres Freundes Luſt. Mit
Befriedigung konnte er ſich aufrichten und ſeinem Sohne zurufen:
„Heut thut mir der Rücken weh vom Bücken.“ Sperlinge und
Hühner vom Garten abzuhalten, war die immer gern erfüllte
Pflicht der Kinder.

Der Sommer war ſchön, aber der ſchönſte Monat des Jah-
res war doch der December. Das Weihnachtsgefühl, die hohe
Vorfreude des Feſtes in uns zu wecken (ſo erzählt der Sohn),
verſtand er vortrefflich. Er that es in lockender, die Einbildungs-
kraft anregender Weiſe, theils durch Töne von Kinderinſtrumenten,
theils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von bepelzter
Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder geſchloſſene
Thür in die Kinderſtube geworfen wurde. Ließ einmal Knecht
Ruprecht gar nichts von ſich hören und ſehen, ſo baten wir ſin-
gend
an der hoffnungsreichen Pforte um ſein Erſcheinen und
ſeine Gaben. Waren wir artig geweſen, ſo gewährte er; andern-
falls praſſelten Nußſchalen oder faule Aepfel durch die Thür-
öffnung herein. Den Jubel am heiligen Abend hat er in einem
ſeiner populärſten Gedichte ſelbſt beſchrieben:

Nußknacker ſteh’n mit dickem Kopf
Bei Jud’ und Schornſteinfeger;
Hier hängt ein Schrank mit Kell’ und Topf,
Dort hetzt den Hirſch der Jäger.
Hier ruft ein Kuckuck, horch!
Und dort ſpaziert ein Storch,
Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum
Und blinkt von Gold und Silberſchaum.
Zu Pferde paradirt von Blei
Ein Regiment Soldaten;
Ein Sansfaçon ſitzt frank und frei
Gekrümmt und münzt Ducaten.
Und Alles ſchmauſt und knarrt,
Trompet’ und Fiedel ſchnarrt;
Fern ſteh’n die Alten ſtill erfreut
Und denken an die alte Zeit.

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[286/0304] In dieſem Garten arbeiten war unſeres Freundes Luſt. Mit Befriedigung konnte er ſich aufrichten und ſeinem Sohne zurufen: „Heut thut mir der Rücken weh vom Bücken.“ Sperlinge und Hühner vom Garten abzuhalten, war die immer gern erfüllte Pflicht der Kinder. Der Sommer war ſchön, aber der ſchönſte Monat des Jah- res war doch der December. Das Weihnachtsgefühl, die hohe Vorfreude des Feſtes in uns zu wecken (ſo erzählt der Sohn), verſtand er vortrefflich. Er that es in lockender, die Einbildungs- kraft anregender Weiſe, theils durch Töne von Kinderinſtrumenten, theils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von bepelzter Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder geſchloſſene Thür in die Kinderſtube geworfen wurde. Ließ einmal Knecht Ruprecht gar nichts von ſich hören und ſehen, ſo baten wir ſin- gend an der hoffnungsreichen Pforte um ſein Erſcheinen und ſeine Gaben. Waren wir artig geweſen, ſo gewährte er; andern- falls praſſelten Nußſchalen oder faule Aepfel durch die Thür- öffnung herein. Den Jubel am heiligen Abend hat er in einem ſeiner populärſten Gedichte ſelbſt beſchrieben: Nußknacker ſteh’n mit dickem Kopf Bei Jud’ und Schornſteinfeger; Hier hängt ein Schrank mit Kell’ und Topf, Dort hetzt den Hirſch der Jäger. Hier ruft ein Kuckuck, horch! Und dort ſpaziert ein Storch, Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum Und blinkt von Gold und Silberſchaum. Zu Pferde paradirt von Blei Ein Regiment Soldaten; Ein Sansfaçon ſitzt frank und frei Gekrümmt und münzt Ducaten. Und Alles ſchmauſt und knarrt, Trompet’ und Fiedel ſchnarrt; Fern ſteh’n die Alten ſtill erfreut Und denken an die alte Zeit.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/304>, abgerufen am 23.11.2024.