hübsch gelegen. Im Sommer 1756, kurz vorher, ehe es in den Krieg ging, wurde der Thurm vom Blitz getroffen. Das Innere der Kirche unterscheidet sich von andern Dorfkirchen nur durch eine ganz besondere Sauberkeit und durch die Geflissentlichkeit, womit man das patriotische Element gehegt und gepflegt hat. So findet man nicht nur die übliche Gedenktafel mit den Namen derer, die während der Befreiungskriege fielen, sondern zu der allgemeinen Tafel gesellen sich noch ein paar Täfelchen, um die Sonder- verdienste dieses oder jenes zu bezeichnen. Neben dem Altar hängt ein Ebenholzkasten mit Glasdeckel, darin sich in stattlicher Reihe die Kriegsdenkmünzen derer befinden, die ihren vorangegangenen Brüdern von 1813 und 1814 nunmehr gefolgt sind. An anderer Stelle gruppiren sich Gewehr und Büchse, Lanze, Säbel, Trom- mel und Flügelhorn zu einem Kriegs- und Siegeszeichen. Zwei Denkmäler zieren die Kirche; das eine, ohne künstlerische Bedeutung, zu Ehren der ersten Gemahlin Hans Joachim's (einer geborenen v. Jürgaß) errichtet, das andere zu Ehren des alten Zieten selbst. Dies letztere hat gleichen Anspruch auf Lob wie Tadel. Es gleicht in seinen Vorzügen und Schwächen allen andern Arbeiten des rasch-fertigen, hyperproductiven Rode, nach dessen Skizze es von dem Bildhauer Meier ausgeführt wurde. Wem eine tüchtige Technik genügt, der wird Grund zur Anerkennung finden; wer eine selb- ständige Auffassung, ein Abweichen vom Alltäglichen fordert, wird sich nicht befriedigt fühlen. Ein Sarkophag und ein Relief-Portrait, eine Minerva rechts und eine Urania links, das paßt so ziemlich auf jeden. Es ist das jenes gedanklich-bequeme Operiren mit über- kommenen Typen, worin unsere Bildhauer das Unglaubliche leisten. Wenn irgend ein Leben, so hätte gerade das des alten Zieten die beste Gelegenheit geboten zu etwas Neuem und Eigenthümlichem. Der Zieten aus dem Busch, der Mann der hundert Anekdoten, die all' im Volksmund leben, was soll er mit zwei Göttinnen thun (Einige sagen, es seien symbolische Figuren für Frömmigkeit und Tapferkeit), die ihn bei Lebzeiten in die sicherste Verlegenheit gebracht hätten. Vortrefflich ist nur das Reliefportrait in weißem
hübſch gelegen. Im Sommer 1756, kurz vorher, ehe es in den Krieg ging, wurde der Thurm vom Blitz getroffen. Das Innere der Kirche unterſcheidet ſich von andern Dorfkirchen nur durch eine ganz beſondere Sauberkeit und durch die Gefliſſentlichkeit, womit man das patriotiſche Element gehegt und gepflegt hat. So findet man nicht nur die übliche Gedenktafel mit den Namen derer, die während der Befreiungskriege fielen, ſondern zu der allgemeinen Tafel geſellen ſich noch ein paar Täfelchen, um die Sonder- verdienſte dieſes oder jenes zu bezeichnen. Neben dem Altar hängt ein Ebenholzkaſten mit Glasdeckel, darin ſich in ſtattlicher Reihe die Kriegsdenkmünzen derer befinden, die ihren vorangegangenen Brüdern von 1813 und 1814 nunmehr gefolgt ſind. An anderer Stelle gruppiren ſich Gewehr und Büchſe, Lanze, Säbel, Trom- mel und Flügelhorn zu einem Kriegs- und Siegeszeichen. Zwei Denkmäler zieren die Kirche; das eine, ohne künſtleriſche Bedeutung, zu Ehren der erſten Gemahlin Hans Joachim’s (einer geborenen v. Jürgaß) errichtet, das andere zu Ehren des alten Zieten ſelbſt. Dies letztere hat gleichen Anſpruch auf Lob wie Tadel. Es gleicht in ſeinen Vorzügen und Schwächen allen andern Arbeiten des raſch-fertigen, hyperproductiven Rode, nach deſſen Skizze es von dem Bildhauer Meier ausgeführt wurde. Wem eine tüchtige Technik genügt, der wird Grund zur Anerkennung finden; wer eine ſelb- ſtändige Auffaſſung, ein Abweichen vom Alltäglichen fordert, wird ſich nicht befriedigt fühlen. Ein Sarkophag und ein Relief-Portrait, eine Minerva rechts und eine Urania links, das paßt ſo ziemlich auf jeden. Es iſt das jenes gedanklich-bequeme Operiren mit über- kommenen Typen, worin unſere Bildhauer das Unglaubliche leiſten. Wenn irgend ein Leben, ſo hätte gerade das des alten Zieten die beſte Gelegenheit geboten zu etwas Neuem und Eigenthümlichem. Der Zieten aus dem Buſch, der Mann der hundert Anekdoten, die all’ im Volksmund leben, was ſoll er mit zwei Göttinnen thun (Einige ſagen, es ſeien ſymboliſche Figuren für Frömmigkeit und Tapferkeit), die ihn bei Lebzeiten in die ſicherſte Verlegenheit gebracht hätten. Vortrefflich iſt nur das Reliefportrait in weißem
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hübſch gelegen. Im Sommer 1756, kurz vorher, ehe es in den
Krieg ging, wurde der Thurm vom Blitz getroffen. Das Innere
der Kirche unterſcheidet ſich von andern Dorfkirchen nur durch eine
ganz beſondere Sauberkeit und durch die Gefliſſentlichkeit, womit
man das patriotiſche Element gehegt und gepflegt hat. So findet
man nicht nur die übliche Gedenktafel mit den Namen derer, die
während der Befreiungskriege fielen, ſondern zu der allgemeinen
Tafel geſellen ſich noch ein paar Täfelchen, um die Sonder-
verdienſte dieſes oder jenes zu bezeichnen. Neben dem Altar hängt
ein Ebenholzkaſten mit Glasdeckel, darin ſich in ſtattlicher Reihe
die Kriegsdenkmünzen derer befinden, die ihren vorangegangenen
Brüdern von 1813 und 1814 nunmehr gefolgt ſind. An anderer
Stelle gruppiren ſich Gewehr und Büchſe, Lanze, Säbel, Trom-
mel und Flügelhorn zu einem Kriegs- und Siegeszeichen. Zwei
Denkmäler zieren die Kirche; das eine, ohne künſtleriſche Bedeutung,
zu Ehren der erſten Gemahlin Hans Joachim’s (einer geborenen
v. Jürgaß) errichtet, das andere zu Ehren des alten Zieten ſelbſt.
Dies letztere hat gleichen Anſpruch auf Lob wie Tadel. Es gleicht
in ſeinen Vorzügen und Schwächen allen andern Arbeiten des
raſch-fertigen, hyperproductiven Rode, nach deſſen Skizze es von
dem Bildhauer Meier ausgeführt wurde. Wem eine tüchtige Technik
genügt, der wird Grund zur Anerkennung finden; wer eine ſelb-
ſtändige Auffaſſung, ein Abweichen vom Alltäglichen fordert, wird
ſich nicht befriedigt fühlen. Ein Sarkophag und ein Relief-Portrait,
eine Minerva rechts und eine Urania links, das paßt ſo ziemlich
auf jeden. Es iſt das jenes gedanklich-bequeme Operiren mit über-
kommenen Typen, worin unſere Bildhauer das Unglaubliche leiſten.
Wenn irgend ein Leben, ſo hätte gerade das des alten Zieten die
beſte Gelegenheit geboten zu etwas Neuem und Eigenthümlichem.
Der Zieten aus dem Buſch, der Mann der hundert Anekdoten,
die all’ im Volksmund leben, was ſoll er mit zwei Göttinnen
thun (Einige ſagen, es ſeien ſymboliſche Figuren für Frömmigkeit
und Tapferkeit), die ihn bei Lebzeiten in die ſicherſte Verlegenheit
gebracht hätten. Vortrefflich iſt nur das Reliefportrait in weißem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/28>, abgerufen am 24.11.2024.
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