schrieb sie z, B. am 27. April 1657 nach Oranienburg, daß es schimpflich für alle Beamten und geradezu unverantwortlich sei, daß in allen Gärten nicht so viel Hopfen gewonnen werde, wie zum Brauen erforderlich und könne davon nichts als eine schänd- liche Faulheit die Schuld sein.
Eine Musterwirthschaft nach Holländischem Vorbild sollte hier entstehn, aber die Hauptaufmerksamkeit der hohen Frau war doch dem Schloßbau, der Gründung eines Waisenhauses und der Auf- führung einer Kirche zugewendet. Von dem Schloßbau werden wir ausführlicher zu sprechen haben; nur der Kirche sei schon hier in aller Kürze erwähnt. Mit großer Munifizenz ausgestattet, war sie nur wenig über hundert Jahr eine Zierde der Stadt. Im Jahre 1788 brannte sie nieder und nichts blieb übrig oder wurde aus dem Trümmerhaufen gerettet als ein kleiner Sandstein, der als Inschrift die Buchstaben trägt: L. C. Z. B. G. P. V. O., M, D. C. L. VIII. (Louise, Churfürstin zu Brandenburg, geborene Prinzessin von Oranien 1658). Diesen Sandstein hat man bei Aufführung des kümmerlichen Neubaues, der seitdem an die Stelle der alten Kirche getreten ist, in die Außenwand, nahe dem Ein- gang, eingefügt. Insoweit gewiß mit Unrecht, als er nunmehr die irrige Vorstellung weckt, daß dieser Bau es sei, den die fromme Werkthätigkeit der Kurfürstin habe entstehen lassen.
Waisenhaus und Kirche entstanden unter der christlichen Für- sorge Louise Henriettens, aber früher als beide, entstand ihr Wohn- sitz, das Schloß selber. Die Frage drängt sich uns auf: wie war dies Schloß? Es war, nach allgemeiner Annahme, ein drei Stock hohes, fünf Fenster breites Gebäude von Würfelform, das nur mittelst eines stattlichen Frontispice's den Character eines Schlosses erhielt. Dies Frontispice war drei Fenster breit und vier Stock hoch, so daß es nicht nur das Hauptstück der ganzen Front bil- dete, sondern auch den übrigen Theil des Gebäudes thurmartig überragte. Auf dem flachen Dache befand sich ein mit einer Gallerie umgebener Altan, auf dem sich in der Mitte ein hoher und an jeder der vier Ecken ein kleinerer Thurm erhob. Der Schloßhof
ſchrieb ſie z, B. am 27. April 1657 nach Oranienburg, daß es ſchimpflich für alle Beamten und geradezu unverantwortlich ſei, daß in allen Gärten nicht ſo viel Hopfen gewonnen werde, wie zum Brauen erforderlich und könne davon nichts als eine ſchänd- liche Faulheit die Schuld ſein.
Eine Muſterwirthſchaft nach Holländiſchem Vorbild ſollte hier entſtehn, aber die Hauptaufmerkſamkeit der hohen Frau war doch dem Schloßbau, der Gründung eines Waiſenhauſes und der Auf- führung einer Kirche zugewendet. Von dem Schloßbau werden wir ausführlicher zu ſprechen haben; nur der Kirche ſei ſchon hier in aller Kürze erwähnt. Mit großer Munifizenz ausgeſtattet, war ſie nur wenig über hundert Jahr eine Zierde der Stadt. Im Jahre 1788 brannte ſie nieder und nichts blieb übrig oder wurde aus dem Trümmerhaufen gerettet als ein kleiner Sandſtein, der als Inſchrift die Buchſtaben trägt: L. C. Z. B. G. P. V. O., M, D. C. L. VIII. (Louiſe, Churfürſtin zu Brandenburg, geborene Prinzeſſin von Oranien 1658). Dieſen Sandſtein hat man bei Aufführung des kümmerlichen Neubaues, der ſeitdem an die Stelle der alten Kirche getreten iſt, in die Außenwand, nahe dem Ein- gang, eingefügt. Inſoweit gewiß mit Unrecht, als er nunmehr die irrige Vorſtellung weckt, daß dieſer Bau es ſei, den die fromme Werkthätigkeit der Kurfürſtin habe entſtehen laſſen.
Waiſenhaus und Kirche entſtanden unter der chriſtlichen Für- ſorge Louiſe Henriettens, aber früher als beide, entſtand ihr Wohn- ſitz, das Schloß ſelber. Die Frage drängt ſich uns auf: wie war dies Schloß? Es war, nach allgemeiner Annahme, ein drei Stock hohes, fünf Fenſter breites Gebäude von Würfelform, das nur mittelſt eines ſtattlichen Frontiſpice’s den Character eines Schloſſes erhielt. Dies Frontiſpice war drei Fenſter breit und vier Stock hoch, ſo daß es nicht nur das Hauptſtück der ganzen Front bil- dete, ſondern auch den übrigen Theil des Gebäudes thurmartig überragte. Auf dem flachen Dache befand ſich ein mit einer Gallerie umgebener Altan, auf dem ſich in der Mitte ein hoher und an jeder der vier Ecken ein kleinerer Thurm erhob. Der Schloßhof
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ſchrieb ſie z, B. am 27. April 1657 nach Oranienburg, daß es
ſchimpflich für alle Beamten und geradezu unverantwortlich ſei,
daß in allen Gärten nicht ſo viel Hopfen gewonnen werde, wie
zum Brauen erforderlich und könne davon nichts als eine ſchänd-
liche Faulheit die Schuld ſein.
Eine Muſterwirthſchaft nach Holländiſchem Vorbild ſollte hier
entſtehn, aber die Hauptaufmerkſamkeit der hohen Frau war doch
dem Schloßbau, der Gründung eines Waiſenhauſes und der Auf-
führung einer Kirche zugewendet. Von dem Schloßbau werden wir
ausführlicher zu ſprechen haben; nur der Kirche ſei ſchon hier in
aller Kürze erwähnt. Mit großer Munifizenz ausgeſtattet, war ſie
nur wenig über hundert Jahr eine Zierde der Stadt. Im Jahre
1788 brannte ſie nieder und nichts blieb übrig oder wurde aus
dem Trümmerhaufen gerettet als ein kleiner Sandſtein, der als
Inſchrift die Buchſtaben trägt: L. C. Z. B. G. P. V. O., M,
D. C. L. VIII. (Louiſe, Churfürſtin zu Brandenburg, geborene
Prinzeſſin von Oranien 1658). Dieſen Sandſtein hat man bei
Aufführung des kümmerlichen Neubaues, der ſeitdem an die Stelle
der alten Kirche getreten iſt, in die Außenwand, nahe dem Ein-
gang, eingefügt. Inſoweit gewiß mit Unrecht, als er nunmehr die
irrige Vorſtellung weckt, daß dieſer Bau es ſei, den die fromme
Werkthätigkeit der Kurfürſtin habe entſtehen laſſen.
Waiſenhaus und Kirche entſtanden unter der chriſtlichen Für-
ſorge Louiſe Henriettens, aber früher als beide, entſtand ihr Wohn-
ſitz, das Schloß ſelber. Die Frage drängt ſich uns auf: wie war
dies Schloß? Es war, nach allgemeiner Annahme, ein drei Stock
hohes, fünf Fenſter breites Gebäude von Würfelform, das nur
mittelſt eines ſtattlichen Frontiſpice’s den Character eines Schloſſes
erhielt. Dies Frontiſpice war drei Fenſter breit und vier Stock
hoch, ſo daß es nicht nur das Hauptſtück der ganzen Front bil-
dete, ſondern auch den übrigen Theil des Gebäudes thurmartig
überragte. Auf dem flachen Dache befand ſich ein mit einer Gallerie
umgebener Altan, auf dem ſich in der Mitte ein hoher und an
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/231>, abgerufen am 25.11.2024.
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