Vielleicht geschieht's, daß freundliches Gefallen Vom Untergange kleine Anzahl rette,
und nicht die Resignation der zwei folgenden Zeilen erfüllt hat:
Sonst in des Zeitenstromes breitem Bette Ist ihr natürlich Loos, schnell zu verhallen.
In der Nähe der Fensterwand steht der Schreibtisch, kein elegantes Tischchen, sondern ein schwerer, massiver Bau von Maha- goniholz, ersichtlich "ein Krieger für den Werkeltag." Auf dem Tisch, und zwar in der Mitte desselben, steht eine antike Doppel- herme, rechts daneben ein Torso, links aber die berühmte, vom Maler Asmus Carstens herrührende Statuette einer Parze, die am Sockel die Namensinschrift des Künstlers und die Jahreszahl 1795 trägt. An der gegenüber liegenden Wand, so daß das Auge des Schreibers, so oft er aufblickte, darauf fallen mußte, befinden sich die Statuen der kapitolinischen Venus und der Venus von Milo, zwischen beiden ein Panorama von Rom und die Constan- tinsschlacht, nach dem berühmten Raphaelischen Bilde. Die Ge- sammtheit der in diesem Zimmer vorhandenen Kunstschätze auf- zählen zu wollen, hieße den Leser ermüden; nur einer Kreidezeich- nung Thorwaldsens, "Bacchus, welcher dem Amor zu trinken gibt," sei noch, ihrer besonderen Lieblichkeit und Grazie halber, erwähnt.
Von den Bildern und Statuen hinweg treten wir jetzt an die Glas- und Bücherschränke heran, die ihrem Inhalte nach, wenigstens theilweise, der Humboldtschen Zeit angehören und uns somit Gelegenheit geben, einen Einblick in die privateren Studien, selbst in die Unterhaltungslectüre des Gelehrten zu thun. Da haben wir Byrons Life and works in 17 Bänden, und Adam Smiths "Wealth of Nations" in drei; Loudons Encyclopaedia of Gardening und Cooks Reisen um die Welt; Schleiermachers Predigten in acht und die Schriften der Rahel in drei Bänden; Voltaire und Rousseau in zusammen 74 Halbfranzbänden friedlich neben einander; Goethe in einer Ausgabe von 1817; Bulwers Eugen
Vielleicht geſchieht’s, daß freundliches Gefallen Vom Untergange kleine Anzahl rette,
und nicht die Reſignation der zwei folgenden Zeilen erfüllt hat:
Sonſt in des Zeitenſtromes breitem Bette Iſt ihr natürlich Loos, ſchnell zu verhallen.
In der Nähe der Fenſterwand ſteht der Schreibtiſch, kein elegantes Tiſchchen, ſondern ein ſchwerer, maſſiver Bau von Maha- goniholz, erſichtlich „ein Krieger für den Werkeltag.“ Auf dem Tiſch, und zwar in der Mitte deſſelben, ſteht eine antike Doppel- herme, rechts daneben ein Torſo, links aber die berühmte, vom Maler Asmus Carſtens herrührende Statuette einer Parze, die am Sockel die Namensinſchrift des Künſtlers und die Jahreszahl 1795 trägt. An der gegenüber liegenden Wand, ſo daß das Auge des Schreibers, ſo oft er aufblickte, darauf fallen mußte, befinden ſich die Statuen der kapitoliniſchen Venus und der Venus von Milo, zwiſchen beiden ein Panorama von Rom und die Conſtan- tinsſchlacht, nach dem berühmten Raphaeliſchen Bilde. Die Ge- ſammtheit der in dieſem Zimmer vorhandenen Kunſtſchätze auf- zählen zu wollen, hieße den Leſer ermüden; nur einer Kreidezeich- nung Thorwaldſens, „Bacchus, welcher dem Amor zu trinken gibt,“ ſei noch, ihrer beſonderen Lieblichkeit und Grazie halber, erwähnt.
Von den Bildern und Statuen hinweg treten wir jetzt an die Glas- und Bücherſchränke heran, die ihrem Inhalte nach, wenigſtens theilweiſe, der Humboldtſchen Zeit angehören und uns ſomit Gelegenheit geben, einen Einblick in die privateren Studien, ſelbſt in die Unterhaltungslectüre des Gelehrten zu thun. Da haben wir Byrons Life and works in 17 Bänden, und Adam Smiths „Wealth of Nations“ in drei; Loudons Encyclopaedia of Gardening und Cooks Reiſen um die Welt; Schleiermachers Predigten in acht und die Schriften der Rahel in drei Bänden; Voltaire und Rouſſeau in zuſammen 74 Halbfranzbänden friedlich neben einander; Goethe in einer Ausgabe von 1817; Bulwers Eugen
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Vielleicht geſchieht’s, daß freundliches Gefallen
Vom Untergange kleine Anzahl rette,
und nicht die Reſignation der zwei folgenden Zeilen erfüllt hat:
Sonſt in des Zeitenſtromes breitem Bette
Iſt ihr natürlich Loos, ſchnell zu verhallen.
In der Nähe der Fenſterwand ſteht der Schreibtiſch, kein
elegantes Tiſchchen, ſondern ein ſchwerer, maſſiver Bau von Maha-
goniholz, erſichtlich „ein Krieger für den Werkeltag.“ Auf dem
Tiſch, und zwar in der Mitte deſſelben, ſteht eine antike Doppel-
herme, rechts daneben ein Torſo, links aber die berühmte, vom
Maler Asmus Carſtens herrührende Statuette einer Parze, die
am Sockel die Namensinſchrift des Künſtlers und die Jahreszahl
1795 trägt. An der gegenüber liegenden Wand, ſo daß das Auge
des Schreibers, ſo oft er aufblickte, darauf fallen mußte, befinden
ſich die Statuen der kapitoliniſchen Venus und der Venus von
Milo, zwiſchen beiden ein Panorama von Rom und die Conſtan-
tinsſchlacht, nach dem berühmten Raphaeliſchen Bilde. Die Ge-
ſammtheit der in dieſem Zimmer vorhandenen Kunſtſchätze auf-
zählen zu wollen, hieße den Leſer ermüden; nur einer Kreidezeich-
nung Thorwaldſens, „Bacchus, welcher dem Amor zu trinken gibt,“
ſei noch, ihrer beſonderen Lieblichkeit und Grazie halber, erwähnt.
Von den Bildern und Statuen hinweg treten wir jetzt an
die Glas- und Bücherſchränke heran, die ihrem Inhalte nach,
wenigſtens theilweiſe, der Humboldtſchen Zeit angehören und uns
ſomit Gelegenheit geben, einen Einblick in die privateren Studien,
ſelbſt in die Unterhaltungslectüre des Gelehrten zu thun. Da haben
wir Byrons Life and works in 17 Bänden, und Adam Smiths
„Wealth of Nations“ in drei; Loudons Encyclopaedia of
Gardening und Cooks Reiſen um die Welt; Schleiermachers
Predigten in acht und die Schriften der Rahel in drei Bänden;
Voltaire und Rouſſeau in zuſammen 74 Halbfranzbänden friedlich
neben einander; Goethe in einer Ausgabe von 1817; Bulwers Eugen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/214>, abgerufen am 27.11.2024.
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