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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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meiner Person gestanden hat, vermache ich eine Dose von Lapis
Lazuli
. Sie trägt einen Carneol in der Mitte und ist oben und
unten mit Diamanten besetzt." Einzelheiten aus seinem Rheinsberger
Leben habe ich nicht erfahren können.

(Die beiden Wreichs.) Baron Friedrich von Wreich,
der ältere Bruder, war Hofmarschall am Rheinsberger Hofe, Baron
Ludwig war Kammerherr. Beide, auf dem reizenden Tamsel bei
Küstrin geboren, waren die ältesten Söhne jener schönen Frau v.
Wreich ("un teint de lis et de rose"), die den Kronprinzen
Friedrich, während seines Küstriner Aufenthalts, mit einer leiden-
schaftlichen Zuneigung erfüllt hatte. Baron Friedrich, wegen seiner
Länge "der große Wreech" geheißen, starb zu Anfang der 80er
Jahre des vorigen Jahrhunderts, und Tamsel, in dessen Besitz er
sich seit 1746 befunden hatte, ging an Baron Ludwig, den
jüngeren Bruder über. Dieser, seit 1786 in den Grafenstand er-
hoben, war einer der treusten Anhänger des Prinzen und lebte
mehr in Rheinsberg und Berlin, als auf seinem ererbten Gut.
Der Sommer 1787 jedoch sah ihn monatelang in Tamsel, um
Schloß und Park für den zugesagten Besuch des Prinzen Heinrich
festlich herzurichten. Graf Ludwig hatte lange genug in der Nähe
des Prinzen gelebt, um diesem Meister im Arrangiren von Fest-
lichkeiten wenigstens Einiges von seiner Inscenirungs-Kunst abge-
lauscht zu haben, und als der Prinz im Juli des genannten Jahres
nun wirklich erschien, begrüßten ihn Arrangements, wie er selber
sie nicht schmeichelhafter und stilvoller hätte herstellen können.
Statuen und Inschriften, wohin er blickte, Vergleiche in Reim
und Bild, Erinnerungen an seine Siege oder Mahnungen an
Personen, die seinem Herzen theuer gewesen waren. Halbverdeckt
unterm Rasengrün schimmerte ein weißer Sandstein zum Andenken
an die schöne Lisette Tauentzien (erste Gemahlin Tauentziens
v. Wittenberg, eine geborne v. Marschall) und die eingegrabenen
Worte: "Rose, elle a vecu ce que vivent les roses -- l'espace
du matin"
weckten im Herzen des Prinzen eine stille Erinnerung
an die zu früh aus dem Rheinsberger Kreise Geschiedene. An

meiner Perſon geſtanden hat, vermache ich eine Doſe von Lapis
Lazuli
. Sie trägt einen Carneol in der Mitte und iſt oben und
unten mit Diamanten beſetzt.“ Einzelheiten aus ſeinem Rheinsberger
Leben habe ich nicht erfahren können.

(Die beiden Wreichs.) Baron Friedrich von Wreich,
der ältere Bruder, war Hofmarſchall am Rheinsberger Hofe, Baron
Ludwig war Kammerherr. Beide, auf dem reizenden Tamſel bei
Küſtrin geboren, waren die älteſten Söhne jener ſchönen Frau v.
Wreich („un teint de lis et de rose“), die den Kronprinzen
Friedrich, während ſeines Küſtriner Aufenthalts, mit einer leiden-
ſchaftlichen Zuneigung erfüllt hatte. Baron Friedrich, wegen ſeiner
Länge „der große Wreech“ geheißen, ſtarb zu Anfang der 80er
Jahre des vorigen Jahrhunderts, und Tamſel, in deſſen Beſitz er
ſich ſeit 1746 befunden hatte, ging an Baron Ludwig, den
jüngeren Bruder über. Dieſer, ſeit 1786 in den Grafenſtand er-
hoben, war einer der treuſten Anhänger des Prinzen und lebte
mehr in Rheinsberg und Berlin, als auf ſeinem ererbten Gut.
Der Sommer 1787 jedoch ſah ihn monatelang in Tamſel, um
Schloß und Park für den zugeſagten Beſuch des Prinzen Heinrich
feſtlich herzurichten. Graf Ludwig hatte lange genug in der Nähe
des Prinzen gelebt, um dieſem Meiſter im Arrangiren von Feſt-
lichkeiten wenigſtens Einiges von ſeiner Inſcenirungs-Kunſt abge-
lauſcht zu haben, und als der Prinz im Juli des genannten Jahres
nun wirklich erſchien, begrüßten ihn Arrangements, wie er ſelber
ſie nicht ſchmeichelhafter und ſtilvoller hätte herſtellen können.
Statuen und Inſchriften, wohin er blickte, Vergleiche in Reim
und Bild, Erinnerungen an ſeine Siege oder Mahnungen an
Perſonen, die ſeinem Herzen theuer geweſen waren. Halbverdeckt
unterm Raſengrün ſchimmerte ein weißer Sandſtein zum Andenken
an die ſchöne Liſette Tauentzien (erſte Gemahlin Tauentziens
v. Wittenberg, eine geborne v. Marſchall) und die eingegrabenen
Worte: „Rose, elle a vécu ce que vivent les roses — l’espace
du matin“
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[123/0141] meiner Perſon geſtanden hat, vermache ich eine Doſe von Lapis Lazuli. Sie trägt einen Carneol in der Mitte und iſt oben und unten mit Diamanten beſetzt.“ Einzelheiten aus ſeinem Rheinsberger Leben habe ich nicht erfahren können. (Die beiden Wreichs.) Baron Friedrich von Wreich, der ältere Bruder, war Hofmarſchall am Rheinsberger Hofe, Baron Ludwig war Kammerherr. Beide, auf dem reizenden Tamſel bei Küſtrin geboren, waren die älteſten Söhne jener ſchönen Frau v. Wreich („un teint de lis et de rose“), die den Kronprinzen Friedrich, während ſeines Küſtriner Aufenthalts, mit einer leiden- ſchaftlichen Zuneigung erfüllt hatte. Baron Friedrich, wegen ſeiner Länge „der große Wreech“ geheißen, ſtarb zu Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, und Tamſel, in deſſen Beſitz er ſich ſeit 1746 befunden hatte, ging an Baron Ludwig, den jüngeren Bruder über. Dieſer, ſeit 1786 in den Grafenſtand er- hoben, war einer der treuſten Anhänger des Prinzen und lebte mehr in Rheinsberg und Berlin, als auf ſeinem ererbten Gut. Der Sommer 1787 jedoch ſah ihn monatelang in Tamſel, um Schloß und Park für den zugeſagten Beſuch des Prinzen Heinrich feſtlich herzurichten. Graf Ludwig hatte lange genug in der Nähe des Prinzen gelebt, um dieſem Meiſter im Arrangiren von Feſt- lichkeiten wenigſtens Einiges von ſeiner Inſcenirungs-Kunſt abge- lauſcht zu haben, und als der Prinz im Juli des genannten Jahres nun wirklich erſchien, begrüßten ihn Arrangements, wie er ſelber ſie nicht ſchmeichelhafter und ſtilvoller hätte herſtellen können. Statuen und Inſchriften, wohin er blickte, Vergleiche in Reim und Bild, Erinnerungen an ſeine Siege oder Mahnungen an Perſonen, die ſeinem Herzen theuer geweſen waren. Halbverdeckt unterm Raſengrün ſchimmerte ein weißer Sandſtein zum Andenken an die ſchöne Liſette Tauentzien (erſte Gemahlin Tauentziens v. Wittenberg, eine geborne v. Marſchall) und die eingegrabenen Worte: „Rose, elle a vécu ce que vivent les roses — l’espace du matin“ weckten im Herzen des Prinzen eine ſtille Erinnerung an die zu früh aus dem Rheinsberger Kreiſe Geſchiedene. An

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/141>, abgerufen am 27.11.2024.