liere des Prinzen. Rechnen wir hierzu den Bibliothekar und Vor- leser des Prinzen (erst Francheville, dann Toussaint), die Mit- glieder einer französischen Schauspieler-Truppe und einer deutsch- italienischen Kapelle, endlich eine Anzahl Kammerdiener, Lakaien und Leibhusaren (die ein förmliches Corps bildeten), so haben wir durchaus die Elemente beisammen, aus denen sich 1780 der Rheinsberger Hof zusammensetzte. Die obengenannten Kavaliere wohnten im Kavalierhause, die Lakaien und Kammerdiener im Schloß, endlich die Künstler aller Art und jeden Grades in der Stadt zur Miethe.
Einen zweiten sicheren Anhaltepunkt, eben so zuverlässig wie die Glockeninschrift, geben uns die "dernieres dispositions" des Prinzen, aus denen wir ersehen, daß, der Zahl nach sichtlich zu- sammengeschmolzen, damals (1802) Graf Roeder (Hofmarschall), Graf La Roche-Aymon (Adjutant), Mr. Lebeauld (Kammer-Rath) und Herr Steinert (Baurath) die Umgebung des Prinzen bildeten. Major v. Kaphengst, Baron Knesebeck und Tauentzien lebten noch und unterhielten, wenigstens theilweis, die alten Beziehungen, so daß wir, wenn wir die bestimmt verbürgten Namen von 1780 und 1802 zusammenthun, im Wesentlichen eine Uebersicht über die Persönlichkeiten gewinnen, die während der letzten zwanzig Jahre die Träger und Repräsentanten des Rheinsberger Hoflebens waren.
Ueber jeden der Genannten werde ich einige Worte zu sagen, über einzelne (Kaphengst und La Roche-Aymon) mich ausführ- licher zu verbreiten haben. Bevor wir aber zu diesen Personalien übergehen, suchen wir, in ähnlicher Weise wie wir eine Feststellung der Persönlichkeiten ermöglichten, auch zunächst in allgemeinen Zügen festzustellen, unter welcher Benutzung der Zeit die Rheins- berger Tage verflossen.
Der Vormittag gehörte der Arbeit; die zweite Hälfte des Tages der Gesellschaft, dem Diner, der Lektüre,*) dem Schauspiel,
*) "Die Bibliothek des Prinzen, schreibt Heinrich v. Bülow, war sehr ansehnlich. Er hatte auch ein Exemplar der Bibel in seinem Kabinett,
liere des Prinzen. Rechnen wir hierzu den Bibliothekar und Vor- leſer des Prinzen (erſt Francheville, dann Touſſaint), die Mit- glieder einer franzöſiſchen Schauſpieler-Truppe und einer deutſch- italieniſchen Kapelle, endlich eine Anzahl Kammerdiener, Lakaien und Leibhuſaren (die ein förmliches Corps bildeten), ſo haben wir durchaus die Elemente beiſammen, aus denen ſich 1780 der Rheinsberger Hof zuſammenſetzte. Die obengenannten Kavaliere wohnten im Kavalierhauſe, die Lakaien und Kammerdiener im Schloß, endlich die Künſtler aller Art und jeden Grades in der Stadt zur Miethe.
Einen zweiten ſicheren Anhaltepunkt, eben ſo zuverläſſig wie die Glockeninſchrift, geben uns die „dernières dispositions“ des Prinzen, aus denen wir erſehen, daß, der Zahl nach ſichtlich zu- ſammengeſchmolzen, damals (1802) Graf Roeder (Hofmarſchall), Graf La Roche-Aymon (Adjutant), Mr. Lebeauld (Kammer-Rath) und Herr Steinert (Baurath) die Umgebung des Prinzen bildeten. Major v. Kaphengſt, Baron Kneſebeck und Tauentzien lebten noch und unterhielten, wenigſtens theilweis, die alten Beziehungen, ſo daß wir, wenn wir die beſtimmt verbürgten Namen von 1780 und 1802 zuſammenthun, im Weſentlichen eine Ueberſicht über die Perſönlichkeiten gewinnen, die während der letzten zwanzig Jahre die Träger und Repräſentanten des Rheinsberger Hoflebens waren.
Ueber jeden der Genannten werde ich einige Worte zu ſagen, über einzelne (Kaphengſt und La Roche-Aymon) mich ausführ- licher zu verbreiten haben. Bevor wir aber zu dieſen Perſonalien übergehen, ſuchen wir, in ähnlicher Weiſe wie wir eine Feſtſtellung der Perſönlichkeiten ermöglichten, auch zunächſt in allgemeinen Zügen feſtzuſtellen, unter welcher Benutzung der Zeit die Rheins- berger Tage verfloſſen.
Der Vormittag gehörte der Arbeit; die zweite Hälfte des Tages der Geſellſchaft, dem Diner, der Lektüre,*) dem Schauſpiel,
*) „Die Bibliothek des Prinzen, ſchreibt Heinrich v. Bülow, war ſehr anſehnlich. Er hatte auch ein Exemplar der Bibel in ſeinem Kabinett,
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liere des Prinzen. Rechnen wir hierzu den Bibliothekar und Vor-
leſer des Prinzen (erſt Francheville, dann Touſſaint), die Mit-
glieder einer franzöſiſchen Schauſpieler-Truppe und einer deutſch-
italieniſchen Kapelle, endlich eine Anzahl Kammerdiener, Lakaien
und Leibhuſaren (die ein förmliches Corps bildeten), ſo haben wir
durchaus die Elemente beiſammen, aus denen ſich 1780 der
Rheinsberger Hof zuſammenſetzte. Die obengenannten Kavaliere
wohnten im Kavalierhauſe, die Lakaien und Kammerdiener im
Schloß, endlich die Künſtler aller Art und jeden Grades in der
Stadt zur Miethe.
Einen zweiten ſicheren Anhaltepunkt, eben ſo zuverläſſig wie
die Glockeninſchrift, geben uns die „dernières dispositions“ des
Prinzen, aus denen wir erſehen, daß, der Zahl nach ſichtlich zu-
ſammengeſchmolzen, damals (1802) Graf Roeder (Hofmarſchall),
Graf La Roche-Aymon (Adjutant), Mr. Lebeauld (Kammer-Rath)
und Herr Steinert (Baurath) die Umgebung des Prinzen bildeten.
Major v. Kaphengſt, Baron Kneſebeck und Tauentzien lebten noch
und unterhielten, wenigſtens theilweis, die alten Beziehungen, ſo
daß wir, wenn wir die beſtimmt verbürgten Namen von 1780
und 1802 zuſammenthun, im Weſentlichen eine Ueberſicht über die
Perſönlichkeiten gewinnen, die während der letzten zwanzig Jahre
die Träger und Repräſentanten des Rheinsberger Hoflebens waren.
Ueber jeden der Genannten werde ich einige Worte zu ſagen,
über einzelne (Kaphengſt und La Roche-Aymon) mich ausführ-
licher zu verbreiten haben. Bevor wir aber zu dieſen Perſonalien
übergehen, ſuchen wir, in ähnlicher Weiſe wie wir eine Feſtſtellung
der Perſönlichkeiten ermöglichten, auch zunächſt in allgemeinen
Zügen feſtzuſtellen, unter welcher Benutzung der Zeit die Rheins-
berger Tage verfloſſen.
Der Vormittag gehörte der Arbeit; die zweite Hälfte des
Tages der Geſellſchaft, dem Diner, der Lektüre, *) dem Schauſpiel,
*) „Die Bibliothek des Prinzen, ſchreibt Heinrich v. Bülow, war
ſehr anſehnlich. Er hatte auch ein Exemplar der Bibel in ſeinem Kabinett,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/132>, abgerufen am 27.11.2024.
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