Fontane, Theodor: Unterm Birnbaum. In: Die Gartenlaube 32 (1885), H. 33–41.[irrelevantes Material] Unterm Birnbaum. (Fortsetzung.) 7. Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begnügte zu klopfen und durch das Schlüsselloch hineinzurufen: "is vier, Herr Szulski; steihn's upp." Er horchte noch eine Weile hinein und als alles ruhig blieb, riß er an der klapprigen Thürklinke hin und her und wiederholte: "steihn's upp, Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an." Und danach ging er wieder treppab und durch den Laden in die Küche, wo die Hradscheck'sche Magd, eine gutmüthige Person mit krausem Haar und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand und Feuer machte. "Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst Du dato? Klock vieren. Js doch Menschenschinnerei. Worümm nich um söss? Um söss wihr ook noch Tied. Na, nu koch' uns man en beten wat mit." Und damit wollt' er von der Küche her in den Hof hinaus. Aber der Wind riß ihm die Thür aus der Hand und schlug sie mit Gekrach wieder zu. "Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat künn joa 'nen Doden uppwecken." "Sall ook, Male. He hett joa 'nen Dodensloap. Nu wahrd he woll uppstoahn." Eine halbe Stunde später hielt der Einspänner vor der Hausthür, und Jakob, dem die Hände vom Leinehalten schon ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende noch nicht komme. Der aber war immer noch nicht zu sehen und statt seiner erschien nur Hradscheck und sagte: "Geh hinauf, Jakob, und sieh nach, was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag' ihm auch, sein Kaffee würde kalt ... Aber nein, laß nur; bleib. Er wird schon kommen." Und richtig, er kam auch und stieg, während Hradscheck so sprach, gerade die nicht allzuhohe Treppe hinunter. Diese lag noch in Dunkel, [irrelevantes Material] Unterm Birnbaum. (Fortsetzung.) 7. Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begnügte zu klopfen und durch das Schlüsselloch hineinzurufen: „is vier, Herr Szulski; steihn’s upp.“ Er horchte noch eine Weile hinein und als alles ruhig blieb, riß er an der klapprigen Thürklinke hin und her und wiederholte: „steihn’s upp, Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an.“ Und danach ging er wieder treppab und durch den Laden in die Küche, wo die Hradscheck’sche Magd, eine gutmüthige Person mit krausem Haar und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand und Feuer machte. „Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst Du dato? Klock vieren. Js doch Menschenschinnerei. Worümm nich um söss? Um söss wihr ook noch Tied. Na, nu koch’ uns man en beten wat mit.“ Und damit wollt’ er von der Küche her in den Hof hinaus. Aber der Wind riß ihm die Thür aus der Hand und schlug sie mit Gekrach wieder zu. „Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat künn joa ’nen Doden uppwecken.“ „Sall ook, Male. He hett joa ’nen Dodensloap. Nu wahrd he woll uppstoahn.“ Eine halbe Stunde später hielt der Einspänner vor der Hausthür, und Jakob, dem die Hände vom Leinehalten schon ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende noch nicht komme. Der aber war immer noch nicht zu sehen und statt seiner erschien nur Hradscheck und sagte: „Geh hinauf, Jakob, und sieh nach, was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag’ ihm auch, sein Kaffee würde kalt … Aber nein, laß nur; bleib. Er wird schon kommen.“ Und richtig, er kam auch und stieg, während Hradscheck so sprach, gerade die nicht allzuhohe Treppe hinunter. Diese lag noch in Dunkel, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0015" n="581"/> <div xml:id="Heft_36"> <gap reason="insignificant"/><lb/> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#larger"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#b">Unterm Birnbaum.</hi> </hi> </hi> </hi> </head> <byline> <hi rendition="#c">Von <hi rendition="#b">Th. Fontane.</hi></hi> </byline><lb/> <p> <hi rendition="#c">(Fortsetzung.)</hi> </p><lb/> <div type="chapter"> <head> <hi rendition="#c">7.</hi> </head><lb/> <p>Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begnügte zu klopfen und durch das Schlüsselloch hineinzurufen: „is vier, Herr Szulski; steihn’s upp.“ Er horchte noch eine Weile hinein und als alles ruhig blieb, riß er an der klapprigen Thürklinke hin und her und wiederholte: „steihn’s upp, Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an.“ Und danach ging er wieder treppab und durch den Laden in die Küche, wo die Hradscheck’sche Magd, eine gutmüthige Person mit krausem Haar und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand und Feuer machte.</p><lb/> <p>„Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst Du dato? Klock vieren. Js doch Menschenschinnerei. Worümm nich um söss? Um söss wihr ook noch Tied. Na, nu koch’ uns man en beten wat mit.“</p><lb/> <p>Und damit wollt’ er von der Küche her in den Hof hinaus. Aber der Wind riß ihm die Thür aus der Hand und schlug sie mit Gekrach wieder zu.</p><lb/> <p>„Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat künn joa ’nen Doden uppwecken.“</p><lb/> <p>„Sall ook, Male. He hett joa ’nen Dodensloap. Nu wahrd he woll uppstoahn.“</p><lb/> <p>Eine halbe Stunde später hielt der Einspänner vor der Hausthür, und Jakob, dem die Hände vom Leinehalten schon ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende noch nicht komme.</p><lb/> <p>Der aber war immer noch nicht zu sehen und statt seiner erschien nur Hradscheck und sagte: „Geh hinauf, Jakob, und sieh nach, was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag’ ihm auch, sein Kaffee würde kalt … Aber nein, laß nur; bleib. Er wird schon kommen.“</p><lb/> <p>Und richtig, er kam auch und stieg, während Hradscheck so sprach, gerade die nicht allzuhohe Treppe hinunter. Diese lag noch in Dunkel, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0015]
_
Unterm Birnbaum. Von Th. Fontane.
(Fortsetzung.)
7.
Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begnügte zu klopfen und durch das Schlüsselloch hineinzurufen: „is vier, Herr Szulski; steihn’s upp.“ Er horchte noch eine Weile hinein und als alles ruhig blieb, riß er an der klapprigen Thürklinke hin und her und wiederholte: „steihn’s upp, Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an.“ Und danach ging er wieder treppab und durch den Laden in die Küche, wo die Hradscheck’sche Magd, eine gutmüthige Person mit krausem Haar und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand und Feuer machte.
„Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst Du dato? Klock vieren. Js doch Menschenschinnerei. Worümm nich um söss? Um söss wihr ook noch Tied. Na, nu koch’ uns man en beten wat mit.“
Und damit wollt’ er von der Küche her in den Hof hinaus. Aber der Wind riß ihm die Thür aus der Hand und schlug sie mit Gekrach wieder zu.
„Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat künn joa ’nen Doden uppwecken.“
„Sall ook, Male. He hett joa ’nen Dodensloap. Nu wahrd he woll uppstoahn.“
Eine halbe Stunde später hielt der Einspänner vor der Hausthür, und Jakob, dem die Hände vom Leinehalten schon ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende noch nicht komme.
Der aber war immer noch nicht zu sehen und statt seiner erschien nur Hradscheck und sagte: „Geh hinauf, Jakob, und sieh nach, was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag’ ihm auch, sein Kaffee würde kalt … Aber nein, laß nur; bleib. Er wird schon kommen.“
Und richtig, er kam auch und stieg, während Hradscheck so sprach, gerade die nicht allzuhohe Treppe hinunter. Diese lag noch in Dunkel,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_birnbaum_1885 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_birnbaum_1885/15 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Unterm Birnbaum. In: Die Gartenlaube 32 (1885), H. 33–41, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_birnbaum_1885/15>, abgerufen am 03.03.2025. |