Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

Bild:
<< vorherige Seite
Der Sonnetten
XJX.
Zur Zeit seiner Ver-

stossung.
EJN Kauffmann/ der sein Gut nur einem Schiffe
traut/
ist hochgefährlich dran/ in dem es bald kan kommen/
daß ihm auff einen Stoß sein gantzes wird genommen.
Der fehlt/ der allzuviel auff ein Gelücke traut.
Gedenck' ich nun an mich/ so schauret mir die Haut.
Mein Schiff das ist entzwey. Mein Gut ist wegge-
schwommen.
Nichts mehr das ist mein Rest; das machet kurtze Summen.
Jch habe Müh' und Angst/ ein ander meine Braut.
Jch unglückseeliger! mein Hertze wird zerrissen/
mein Sinn ist ohne sich. Mein Geist zeucht von mir aus.
Mein alles wird nun nichts. Was wird doch endlich drauß?
Wer eins doch übrig noch/ so wolt' ich alles missen.
Mein theuerster Verlust der bin selb-selbsten ich.
Nun bin ich ohne Sie/ nun bin ich ohne mich.


XX.
Als Er wieder mit Jhr auß-
gesöhnet war.
DER Nebelist vorbey. Die Sonne scheinet wieder.
Mein Lieb/ das zornig war/ das lacht mich freund-
lich an.
So/ daß ich von sonst nichts als Freunde sagen kan.
Jch fühle noch den Todt durch alle meine Glieder.
Die
Der Sonnetten
XJX.
Zur Zeit ſeiner Ver-

ſtoſſung.
EJN Kauffmann/ der ſein Gut nur einem Schiffe
traut/
iſt hochgefaͤhrlich dran/ in dem es bald kan kommen/
daß ihm auff einen Stoß ſein gantzes wird genommen.
Der fehlt/ der allzuviel auff ein Geluͤcke traut.
Gedenck’ ich nun an mich/ ſo ſchauret mir die Haut.
Mein Schiff das iſt entzwey. Mein Gut iſt wegge-
ſchwommen.
Nichts mehr das iſt mein Reſt; das machet kurtze Sum̃en.
Jch habe Muͤh’ und Angſt/ ein ander meine Braut.
Jch ungluͤckſeeliger! mein Hertze wird zerꝛiſſen/
mein Sinn iſt ohne ſich. Mein Geiſt zeucht von mir aus.
Mein alles wird nun nichts. Was wird doch endlich drauß?
Wer eins doch uͤbrig noch/ ſo wolt’ ich alles miſſen.
Mein theuerſter Verluſt der bin ſelb-ſelbſten ich.
Nun bin ich ohne Sie/ nun bin ich ohne mich.


XX.
Als Er wieder mit Jhr auß-
geſoͤhnet war.
DER Nebeliſt vorbey. Die Sonne ſcheinet wieder.
Mein Lieb/ das zornig war/ das lacht mich freund-
lich an.
So/ daß ich von ſonſt nichts als Freunde ſagen kan.
Jch fuͤhle noch den Todt durch alle meine Glieder.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0632" n="612"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Sonnetten</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">XJX.<lb/>
Zur Zeit &#x017F;einer Ver-</hi><lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ung.</head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">E</hi>JN Kauffmann/ der &#x017F;ein Gut nur einem Schiffe</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">traut/</hi> </l><lb/>
          <l>i&#x017F;t hochgefa&#x0364;hrlich dran/ in dem es bald kan kommen/</l><lb/>
          <l>daß ihm auff einen Stoß &#x017F;ein gantzes wird genommen.</l><lb/>
          <l>Der fehlt/ der allzuviel auff ein Gelu&#x0364;cke traut.</l><lb/>
          <l>Gedenck&#x2019; ich nun an mich/ &#x017F;o &#x017F;chauret mir die Haut.</l><lb/>
          <l>Mein Schiff das i&#x017F;t entzwey. Mein Gut i&#x017F;t wegge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwommen.</hi> </l><lb/>
          <l>Nichts mehr das i&#x017F;t mein Re&#x017F;t; das machet kurtze Sum&#x0303;en.</l><lb/>
          <l>Jch habe Mu&#x0364;h&#x2019; und Ang&#x017F;t/ ein ander meine Braut.</l><lb/>
          <l>Jch unglu&#x0364;ck&#x017F;eeliger! mein Hertze wird zer&#xA75B;i&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>mein Sinn i&#x017F;t ohne &#x017F;ich. Mein Gei&#x017F;t zeucht von mir aus.</l><lb/>
          <l>Mein alles wird nun nichts. Was wird doch endlich drauß?</l><lb/>
          <l>Wer eins doch u&#x0364;brig noch/ &#x017F;o wolt&#x2019; ich alles mi&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Mein theuer&#x017F;ter Verlu&#x017F;t der bin &#x017F;elb-&#x017F;elb&#x017F;ten ich.</l><lb/>
          <l>Nun bin ich ohne Sie/ nun bin ich ohne mich.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">XX.<lb/>
Als Er wieder mit Jhr auß-<lb/>
ge&#x017F;o&#x0364;hnet war.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">D</hi>ER Nebeli&#x017F;t vorbey. Die Sonne &#x017F;cheinet wieder.</l><lb/>
          <l>Mein Lieb/ das zornig war/ das lacht mich freund-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">lich an.</hi> </l><lb/>
          <l>So/ daß ich von &#x017F;on&#x017F;t nichts als Freunde &#x017F;agen kan.</l><lb/>
          <l>Jch fu&#x0364;hle noch den Todt durch alle meine Glieder.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[612/0632] Der Sonnetten XJX. Zur Zeit ſeiner Ver- ſtoſſung. EJN Kauffmann/ der ſein Gut nur einem Schiffe traut/ iſt hochgefaͤhrlich dran/ in dem es bald kan kommen/ daß ihm auff einen Stoß ſein gantzes wird genommen. Der fehlt/ der allzuviel auff ein Geluͤcke traut. Gedenck’ ich nun an mich/ ſo ſchauret mir die Haut. Mein Schiff das iſt entzwey. Mein Gut iſt wegge- ſchwommen. Nichts mehr das iſt mein Reſt; das machet kurtze Sum̃en. Jch habe Muͤh’ und Angſt/ ein ander meine Braut. Jch ungluͤckſeeliger! mein Hertze wird zerꝛiſſen/ mein Sinn iſt ohne ſich. Mein Geiſt zeucht von mir aus. Mein alles wird nun nichts. Was wird doch endlich drauß? Wer eins doch uͤbrig noch/ ſo wolt’ ich alles miſſen. Mein theuerſter Verluſt der bin ſelb-ſelbſten ich. Nun bin ich ohne Sie/ nun bin ich ohne mich. XX. Als Er wieder mit Jhr auß- geſoͤhnet war. DER Nebeliſt vorbey. Die Sonne ſcheinet wieder. Mein Lieb/ das zornig war/ das lacht mich freund- lich an. So/ daß ich von ſonſt nichts als Freunde ſagen kan. Jch fuͤhle noch den Todt durch alle meine Glieder. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/632
Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/632>, abgerufen am 23.07.2024.