Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Von den Sturm-Winden. [Spaltenumbruch]
in derselben stecken, sie helffen zur Som-mers-Zeit die grosse Hitze der Sonne ein wenig temperiren, und erqvicken die ar- men Arbeits-Leute und Wanderer bey ihrer sauren Arbeit und Wanderschafft. Auf ihren Flügeln werden die Wolcken von einem Ende des Horizonts auf das andere getragen. §. 4. Gleichwie nun der Wind den §. 5. Es ist kein Zweifel, daß man- §. 6. Bey den Scriptoribus Historiae §. 7. Es giebt bißweilen solche Wir- Creyß
Von den Sturm-Winden. [Spaltenumbruch]
in derſelben ſtecken, ſie helffen zur Som-mers-Zeit die groſſe Hitze der Sonne ein wenig temperiren, und erqvicken die ar- men Arbeits-Leute und Wanderer bey ihrer ſauren Arbeit und Wanderſchafft. Auf ihren Fluͤgeln werden die Wolcken von einem Ende des Horizonts auf das andere getragen. §. 4. Gleichwie nun der Wind den §. 5. Es iſt kein Zweifel, daß man- §. 6. Bey den Scriptoribus Hiſtoriæ §. 7. Es giebt bißweilen ſolche Wir- Creyß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0095" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Sturm-Winden.</hi></fw><lb/><cb/> in derſelben ſtecken, ſie helffen zur Som-<lb/> mers-Zeit die groſſe Hitze der Sonne ein<lb/> wenig <hi rendition="#aq">temperi</hi>ren, und erqvicken die ar-<lb/> men Arbeits-Leute und Wanderer bey<lb/> ihrer ſauren Arbeit und Wanderſchafft.<lb/> Auf ihren Fluͤgeln werden die Wolcken<lb/> von einem Ende des Horizonts auf das<lb/> andere getragen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 4.</head> <p>Gleichwie nun der Wind den<lb/> Schiffleuten und Seefahrern vor allen<lb/> andern am meiſten zu ſtatten kommt;<lb/> alſo haben auch die Seeleute die Hiſtorie<lb/> der Winde am meiſten ſtudieret, und nicht<lb/> allein gewiſſe See- ſondern auch faſt ge-<lb/> wiſſe Wind-Charten verfertiget, und<lb/> damit ſie bey ihren Seefahrten von dem<lb/> Zug der Winde ja recht deutlichen Begriff<lb/> haben moͤgten, ſo haben ſie die vier Haupt-<lb/> Winde nach den vier Haupt-Gegenden<lb/> der Welt eingetheilet, und ſolche mit Nord,<lb/> Oſt, Suͤd und Weſt benennet. Dieſe<lb/> haben ſie wiederum, nach dem ſich der<lb/> Wind dieſer oder jener <hi rendition="#aq">Plagæ</hi> mehr naͤ-<lb/> hert, mit eigenen Nahmen betittelt, als<lb/> Nord-Oſt, Suͤd-Weſt, u. ſ. w. und auch<lb/> nachgehends bey dieſen neue <hi rendition="#aq">Subdiviſio-<lb/> nes</hi> ausgeſonnen, biß ſie 32. Winde her-<lb/> ausgebracht. Hiedurch wiſſen ſie nun<lb/> den <hi rendition="#aq">Cours</hi> ihrer Schiffe zu lencken, damit<lb/> ſie demjenigen Lande, wohin ſie wollen,<lb/> ſich naͤhern. Einige behaupten, zwey<lb/> Winde kaͤmen aus der obern Gegend der<lb/> Lufft, und aus den Wolcken, nemlich der<lb/> Morgen- und Mittags-Wind, und zwey<lb/> aus den Gewaͤſſern, und aus der Erde,<lb/> nemlich der Abend- und der Mitternacht-<lb/> Wind, daher waͤren auch die beyden erſte-<lb/> ren viel waͤrmer, die andern aber kaͤlter;<lb/> Es ſcheinet aber auch dieſe Meynung nicht<lb/> ſonderlich <hi rendition="#aq">fundi</hi>rt zu ſeyn.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 5.</head> <p>Es iſt kein Zweifel, daß man-<lb/> che Winde viel ſtaͤrcker werden, wenn un-<lb/> terſchiedene Urſachen, von denen, die ich<lb/> vorhin angefuͤhret, zuſammen kommen,<lb/> denn, nachdem ſich die Urſachen vergroͤſ-<lb/> ſern oder vervielfaͤltigen, ſo muͤſſen ſich<lb/> auch die Wuͤrckungen nachgehends noth-<lb/> wendig vervielfaͤltigen. Es iſt auch biß-<lb/> weilen moͤglich, daß Satan durch Goͤttli-<lb/> che Zulaſſung einen ſolchen Sturmwind<lb/> erregen kan, daß Haͤuſer umgeriſſen, und<lb/> Menſchen und Vieh dadurch beſchaͤdiget<lb/> werden; Denn da wir in dem <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel<lb/> Hiobs am 19. Vers leſen, daß der boͤſe<lb/> Geiſt damahls einen ſolchen Sturmwind<lb/> erreget, daß er Hiobs ſein Haus an vier<lb/> Enden angetaſtet, und ſeine Kinder, nach-<lb/> dem er das Haus niedergeriſſen, darinnen<lb/><cb/> getoͤdtet worden; ſo kan nicht abſehen,<lb/> warum in den ietzigen Zeiten dem Satan<lb/> nicht eine gleiche und ebenmaͤßige Macht<lb/> zuſtehen ſolte. Hiebey muß ich auch noch<lb/> gedencken, daß einige Leute an den Wendi-<lb/> ſchen Orten in der Einbildung ſtehen, als<lb/> ob ſie das Ungewitter, den Sturmwind<lb/> und Platz-Regen durch allerhand aber-<lb/> glaͤubiſche und einfaͤltige Ceremonien<lb/> nicht allein erregen, ſondern auch nach<lb/> ihrem Gefallen wieder vertreiben koͤnten,<lb/> wie man in dieſen Gegenden unterſchiede-<lb/> ne dergleichen Hiſtorien wird erzehlen<lb/> hoͤren.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 6.</head> <p>Bey den <hi rendition="#aq">Scriptoribus Hiſtoriæ<lb/> Naturalis</hi> findet man von den Winden<lb/> viel wunderbahre Sachen. Alſo hat man<lb/> nicht ſelten erfahren, daß eine groſſe Men-<lb/> ge Heuſchrecken, oder andern ungewoͤhn-<lb/> lichen Ungeziefers in dem Winde mitge-<lb/> bracht wdrden; Barchauſen gedenckt in<lb/> ſeinen <hi rendition="#aq">Acroamatibus, p.</hi> 217. daß in <hi rendition="#aq">Chili</hi><lb/> ſolche kuͤhle Winde ſeyn, welche die Thie-<lb/> re nicht allein toͤdten, ſondern auch die Ge-<lb/> toͤdteten vor der Faͤulung bewahren ſol-<lb/> len. Und <hi rendition="#aq">Helmontius</hi> ſcheuet ſich nicht<lb/><hi rendition="#aq">Cap. I. de Lithiaſi</hi> anzufuͤhren, daß <hi rendition="#aq">An.</hi><lb/> 1320. zwiſchen Rußland und der Tarta-<lb/> rey nicht weit von dem Sumpff oder See<lb/><hi rendition="#aq">Kitaga,</hi> durch eine Steinmachende Lufft<lb/> oder Wind, eine gantze Horde Tartarn<lb/> mit allen ihren Vieh, Wagen und Ge-<lb/> wehr in einer Nacht gantz und gar in<lb/> Stein ſollen ſeyn verwandelt worden.<lb/> Wiewohl dieſes letztere ziemlicher maſſen<lb/> unglaͤublich ſcheinet, inmaſſen die Lufft-<lb/> Feuchtigkeit wegen ihrer Waͤrme ſo be-<lb/> ſchaffen, daß die Thieriſchen, wie auch<lb/> Pflantzenſtuͤcken, eher in ihre Aufloͤſung<lb/> und Gaͤhrung gehen, als daß ſie dadurch<lb/> dauerhaffter und feſter werden ſolten.<lb/> S. <hi rendition="#aq">D.</hi> Henckels <hi rendition="#aq">Flora Saturnizans, p.</hi> 529.<lb/> Viele von dem gemeinen Volck ſtehen in<lb/> den Gedancken, wenn ſich ein ſtarcker und<lb/> ungewoͤhnlicher Sturmwind hoͤren laͤßt,<lb/> als ob derſelbe ein Vorboth eines bevor-<lb/> ſtehenden Ungluͤcks ſey, oder als ob ſich ei-<lb/> ne ſonderbahre <hi rendition="#aq">Fatalit</hi>aͤt zugetragen, da-<lb/> durch dieſer Sturmwind erreget wor-<lb/> den; Es iſt aber dieſes ebenfalls ohne<lb/> Grund, indem aus den vorhergehenden<lb/> zu erſehen, daß die groͤſten Winde ihre<lb/> natuͤrlichen Urſachen haben, von denen<lb/> ſie herzuleiten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 7.</head> <p>Es giebt bißweilen ſolche Wir-<lb/> bel-Winde, oder Querl-Winde, wie ſie<lb/> genannt werden, die alles, was ſie an-<lb/> treffen, an Heu, Stroh, u. ſ. w. in einen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Creyß</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0095]
Von den Sturm-Winden.
in derſelben ſtecken, ſie helffen zur Som-
mers-Zeit die groſſe Hitze der Sonne ein
wenig temperiren, und erqvicken die ar-
men Arbeits-Leute und Wanderer bey
ihrer ſauren Arbeit und Wanderſchafft.
Auf ihren Fluͤgeln werden die Wolcken
von einem Ende des Horizonts auf das
andere getragen.
§. 4. Gleichwie nun der Wind den
Schiffleuten und Seefahrern vor allen
andern am meiſten zu ſtatten kommt;
alſo haben auch die Seeleute die Hiſtorie
der Winde am meiſten ſtudieret, und nicht
allein gewiſſe See- ſondern auch faſt ge-
wiſſe Wind-Charten verfertiget, und
damit ſie bey ihren Seefahrten von dem
Zug der Winde ja recht deutlichen Begriff
haben moͤgten, ſo haben ſie die vier Haupt-
Winde nach den vier Haupt-Gegenden
der Welt eingetheilet, und ſolche mit Nord,
Oſt, Suͤd und Weſt benennet. Dieſe
haben ſie wiederum, nach dem ſich der
Wind dieſer oder jener Plagæ mehr naͤ-
hert, mit eigenen Nahmen betittelt, als
Nord-Oſt, Suͤd-Weſt, u. ſ. w. und auch
nachgehends bey dieſen neue Subdiviſio-
nes ausgeſonnen, biß ſie 32. Winde her-
ausgebracht. Hiedurch wiſſen ſie nun
den Cours ihrer Schiffe zu lencken, damit
ſie demjenigen Lande, wohin ſie wollen,
ſich naͤhern. Einige behaupten, zwey
Winde kaͤmen aus der obern Gegend der
Lufft, und aus den Wolcken, nemlich der
Morgen- und Mittags-Wind, und zwey
aus den Gewaͤſſern, und aus der Erde,
nemlich der Abend- und der Mitternacht-
Wind, daher waͤren auch die beyden erſte-
ren viel waͤrmer, die andern aber kaͤlter;
Es ſcheinet aber auch dieſe Meynung nicht
ſonderlich fundirt zu ſeyn.
§. 5. Es iſt kein Zweifel, daß man-
che Winde viel ſtaͤrcker werden, wenn un-
terſchiedene Urſachen, von denen, die ich
vorhin angefuͤhret, zuſammen kommen,
denn, nachdem ſich die Urſachen vergroͤſ-
ſern oder vervielfaͤltigen, ſo muͤſſen ſich
auch die Wuͤrckungen nachgehends noth-
wendig vervielfaͤltigen. Es iſt auch biß-
weilen moͤglich, daß Satan durch Goͤttli-
che Zulaſſung einen ſolchen Sturmwind
erregen kan, daß Haͤuſer umgeriſſen, und
Menſchen und Vieh dadurch beſchaͤdiget
werden; Denn da wir in dem I. Capitel
Hiobs am 19. Vers leſen, daß der boͤſe
Geiſt damahls einen ſolchen Sturmwind
erreget, daß er Hiobs ſein Haus an vier
Enden angetaſtet, und ſeine Kinder, nach-
dem er das Haus niedergeriſſen, darinnen
getoͤdtet worden; ſo kan nicht abſehen,
warum in den ietzigen Zeiten dem Satan
nicht eine gleiche und ebenmaͤßige Macht
zuſtehen ſolte. Hiebey muß ich auch noch
gedencken, daß einige Leute an den Wendi-
ſchen Orten in der Einbildung ſtehen, als
ob ſie das Ungewitter, den Sturmwind
und Platz-Regen durch allerhand aber-
glaͤubiſche und einfaͤltige Ceremonien
nicht allein erregen, ſondern auch nach
ihrem Gefallen wieder vertreiben koͤnten,
wie man in dieſen Gegenden unterſchiede-
ne dergleichen Hiſtorien wird erzehlen
hoͤren.
§. 6. Bey den Scriptoribus Hiſtoriæ
Naturalis findet man von den Winden
viel wunderbahre Sachen. Alſo hat man
nicht ſelten erfahren, daß eine groſſe Men-
ge Heuſchrecken, oder andern ungewoͤhn-
lichen Ungeziefers in dem Winde mitge-
bracht wdrden; Barchauſen gedenckt in
ſeinen Acroamatibus, p. 217. daß in Chili
ſolche kuͤhle Winde ſeyn, welche die Thie-
re nicht allein toͤdten, ſondern auch die Ge-
toͤdteten vor der Faͤulung bewahren ſol-
len. Und Helmontius ſcheuet ſich nicht
Cap. I. de Lithiaſi anzufuͤhren, daß An.
1320. zwiſchen Rußland und der Tarta-
rey nicht weit von dem Sumpff oder See
Kitaga, durch eine Steinmachende Lufft
oder Wind, eine gantze Horde Tartarn
mit allen ihren Vieh, Wagen und Ge-
wehr in einer Nacht gantz und gar in
Stein ſollen ſeyn verwandelt worden.
Wiewohl dieſes letztere ziemlicher maſſen
unglaͤublich ſcheinet, inmaſſen die Lufft-
Feuchtigkeit wegen ihrer Waͤrme ſo be-
ſchaffen, daß die Thieriſchen, wie auch
Pflantzenſtuͤcken, eher in ihre Aufloͤſung
und Gaͤhrung gehen, als daß ſie dadurch
dauerhaffter und feſter werden ſolten.
S. D. Henckels Flora Saturnizans, p. 529.
Viele von dem gemeinen Volck ſtehen in
den Gedancken, wenn ſich ein ſtarcker und
ungewoͤhnlicher Sturmwind hoͤren laͤßt,
als ob derſelbe ein Vorboth eines bevor-
ſtehenden Ungluͤcks ſey, oder als ob ſich ei-
ne ſonderbahre Fatalitaͤt zugetragen, da-
durch dieſer Sturmwind erreget wor-
den; Es iſt aber dieſes ebenfalls ohne
Grund, indem aus den vorhergehenden
zu erſehen, daß die groͤſten Winde ihre
natuͤrlichen Urſachen haben, von denen
ſie herzuleiten.
§. 7. Es giebt bißweilen ſolche Wir-
bel-Winde, oder Querl-Winde, wie ſie
genannt werden, die alles, was ſie an-
treffen, an Heu, Stroh, u. ſ. w. in einen
Creyß
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