Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Des Ersten Theils 10. Capitel/ von der Wünschel-Ruthe. [Spaltenumbruch]
kam mir vor, daß er diese Ruthe auch zuandern Sachen gebrauchte, und sie seine Frage-Ruthe titulirte. Er gab ihr al- lerhand wunderliche Quaestiones vor, de- ren Antwort aber nicht allezeit eintraf. Es kam mir manches bey dieser Wünschel- Ruthe verdächtig vor, indem er bey dem Ausschneiden ein Gebetlein sprach, die Geister conjurirte, und das Göttliche Wort mißbrauchte, welches aber hier vorstellig zu machen, zu Verhütung des Mißbrauches, ich billig Bedencken trage. §. 2. Die Patroni der Wünschel-Ru- §. 3. Andere hingegen, als Herr gen
Des Erſten Theils 10. Capitel/ von der Wuͤnſchel-Ruthe. [Spaltenumbruch]
kam mir vor, daß er dieſe Ruthe auch zuandern Sachen gebrauchte, und ſie ſeine Frage-Ruthe titulirte. Er gab ihr al- lerhand wunderliche Quaeſtiones vor, de- ren Antwort aber nicht allezeit eintraf. Es kam mir manches bey dieſer Wuͤnſchel- Ruthe verdaͤchtig vor, indem er bey dem Ausſchneiden ein Gebetlein ſprach, die Geiſter conjurirte, und das Goͤttliche Wort mißbrauchte, welches aber hier vorſtellig zu machen, zu Verhuͤtung des Mißbrauches, ich billig Bedencken trage. §. 2. Die Patroni der Wuͤnſchel-Ru- §. 3. Andere hingegen, als Herr gen
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Des Erſten Theils 10. Capitel/ von der Wuͤnſchel-Ruthe.
kam mir vor, daß er dieſe Ruthe auch zu
andern Sachen gebrauchte, und ſie ſeine
Frage-Ruthe titulirte. Er gab ihr al-
lerhand wunderliche Quaeſtiones vor, de-
ren Antwort aber nicht allezeit eintraf.
Es kam mir manches bey dieſer Wuͤnſchel-
Ruthe verdaͤchtig vor, indem er bey dem
Ausſchneiden ein Gebetlein ſprach, die
Geiſter conjurirte, und das Goͤttliche
Wort mißbrauchte, welches aber hier
vorſtellig zu machen, zu Verhuͤtung des
Mißbrauches, ich billig Bedencken trage.
§. 2. Die Patroni der Wuͤnſchel-Ru-
the fuͤhren folgendes zu ihrer Vertheidi-
gung an, daß die Ertze, und andere unter-
irrdiſche Sachen, ſolche ſubtile Ausduͤn-
ſtungen von ſich dufften koͤnten, die ein an-
der Coͤrper, ob er gleich ſehr weit davon
entfernet, gar wohl percipiren koͤnte. Es
waͤre auch nichts uͤbernatuͤrliches und un-
gereimtes, daß die Effluvia des einen Coͤr-
pers ſich nach den Effluviis des andern we-
gen einer gewiſſen ſympathetiſchen Krafft
lenckten, wie man ſolches an dem Magnet
und Eiſen gewahr wuͤrde. Zudem ſo waͤ-
ren viel Sachen in der Natur, davon wir
die Art und Weiſe ihrer Beſchaffenheit
uns ſo wenig vorſtellen koͤnten, als bey der
Wuͤnſchel-Ruthe; inzwiſchen waͤre es
einfaͤltig, wenn wir ſolche alſobald vor a-
berglaͤubiſch, oder teufeliſch, oder auch vor
falſch achten wolten. Jhre Warheit und
ihr Nutzen erhelle bey den Bergwercken
und Aufſuchung der Ertze, wobey man
ſie nicht entbehren koͤnte. Geſetzt, daß
einige Leute ſie mißbrauchten, oder auch
bey deren Ausſchneidung und Gebrauch
mancherley aberglaͤubiſche Ceremonien
vornaͤhmen, die man dabey entbehren
koͤnte, und die verſtaͤndige Bergleute ſelbſt
verachteten, und vor uͤberfluͤßig erkenne-
ten, ſo koͤnte doch der Mißbrauch einiger
Leute den rechtmaͤßigen Gebrauch der an-
dern deswegen nicht aufheben. Monſieur
de Vallemont vertheidiget ſie in ſeinem
Traite de la Bagnette divinatoire, und
die meiſten Frantzoſen, die Carteſii Prin-
cipia haben, ingleichen Johann Gottfried
Zeidler in ſeinem Pantomyſterio.
§. 3. Andere hingegen, als Herr
George Leonhard von Loͤhneyß, Herr
Abraham von Schoͤnberg, Lazarus Er-
cken, Georg Agricola, Peter Albinus,
Sebaſtian Span, Nicolaus Vogtel, und
Georg Caſpar Kirchmeyer halten das
Weſen mit der Wuͤnſchel-Ruthe vor un-
gewiß, aberglaͤubiſch und teufliſch, de-
ren Fundament aus den Principiis einer
geſunden Weltweißheit ſchwerlich zu er-
weiſen ſtuͤnde. Die Raiſons ihrer Saͤ-
tze ſind folgende: 1) Weil alles Holtz da-
zu tuͤchtig befunden wuͤrde, als Buͤchen,
Bircken, Tannen, Erlen, Eichen, Aepffel-
Baͤume u. ſ. w. 2) Weil man gewiſſe Ta-
ge erwehlte ſie zu ſchneiden. 3) Weil man
die Ruthen durch den Schnitt mit gewiſ-
ſen Incantationen, Spruͤchen und Reimen
beſchwerte. 4) Weil man alles zur Wuͤn-
ſchel-Ruthe machen wolte, die Geſtalt
moͤchte ſeyn wie ſie wolte, wenn es nur
eine Sache waͤre, die ſich beugen lieſſe, und
wieder in die Ruthe gienge. 5) Weil al-
lerhand ſehr variable Sachen dabey mit
unterlieffen, z. E. daß ſie ein und der an-
dern Perſon nur eine Zeitlang, oder nur
dann und wann ſchluͤge, daß, da ſie einer
Perſon zuvor niemahls geſchlagen, zu
anderer Zeit zu ſchlagen anhuͤbe, daß ſie
einem nur auf gewiſſe Dinge und nicht
auf alles ſchluͤge. 6) Weil ſie nicht allein
zu Metallen und Schaͤtzen, ſondern auch
zu andern Dingen, als zu unterirrdiſchen
Quellen und Brunnen, ingleichen We-
ge und Stege zu Waſſer und zu Lande
ohne Nachfrage und Magneten, Muͤhl-
ſteine, Grentzen und veraͤnderte Wege,
wo ſie ordentlich ſeyn ſollen, verſetztes
Geld und Kleinodien zu erforſchen, fluͤch-
tige Diebe, Moͤrder und Ubelthaͤter auf-
zuſuchen und einzuholen, zu erfahren, ob
jemand todt oder lebendig, ob er einhei-
miſch oder nicht, geſund oder kranck, ob
er einem guͤnſtig oder unguͤnſtig, ob eine
Frau ſchwanger oder nicht, und tauſen-
derley dergleichen Fragen damit zu eroͤr-
tern, gebraucht wuͤrde. 7) Weil das
hefftige Schnellen und Schlagen der
Wuͤnſchel-Ruthe, ſo durchaus nicht zu-
ruͤckgehalten werden koͤnte, wohl ſchwer-
lich der Sympathie zuzuſchreiben, als die
nicht ſo gewaltig reiſſen und toben wuͤr-
de. 8) Weil das meiſte, ſo bey der Wuͤn-
ſchel-Ruthe vorgehet, wider GOttes Ge-
bot ſey. 9) Weil durch dieſelbe viel arme
Bergleute ſamt ihren Gewercken betro-
gen, und hinter das Licht gefuͤhret, auch
wenig reiche Fundgruben dadurch entde-
cket worden. 10) Weil es ſchiene, daß ihr
Gebrauch urſpruͤnglich aus dem Heyden-
thum herruͤhret. 11) Weil manche Leu-
te, die ſie fuͤhreten, eine ſonderliche Re-
gung und Bewegung im Gebluͤte, Pulß
und einigen Gliedern empfaͤnden, wenn
ſie mit der Ruthe giengen, oder das Ge-
ſuchte antraͤffen. 12) Weil zwiſchen der
Wuͤnſchel-Ruthe und den geſuchten Din-
gen
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