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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Vierdten Th. 14. C. vom Gewehr-Einschiessen u. Pulver-Prob.
[Spaltenumbruch] oder mit dem Rüssel über den Hauffen
werffen mögen; Will es mit beyden nicht
gehen, so lassen sie solche stehen, ob sie
gleich viel Schläge bekämen. Sie hal-
ten auch auf gute Ordnung. Der gröste
und ansehnlichste gehet allezeit vor der
Heerde her, dem die andern hernachmahls
nachfolgen. Sie sind über die massen ge-
lehrig, so, daß sie nicht allein fast alles das-
jenige lernen können, was man den Pfer-
den und Hunden beybringet, sondern auch
noch viel andere Sachen mehr. Vor ih-
re Herren haben sie eine so grosse Ehrer-
bietung, daß ihrer viele dieselben mit
gebogenen Knyen, ohne daß man es ih-
nen gelernet, durch blossen Antrieb der
Natur, beehren. Von dem Schlaf lassen
sie sich nicht leichtlich überwältigen, und
sind geschickt, gute Wächter abzugeben.
Gegen die verwundeten Menschen sind sie
sehr barmhertzig, und hat man Exempel
in der Historie, daß sie ihnen die Pfeile
und Splitter, oder ander Gewehr, mit ih-
rem Rüssel herausgezogen, und ihnen
das Blut abgeleckt. Wer das übrige,
was an den Elephanten zu bewundern
und anzumercken, zu wissen verlanget,
darff nur des Herrn Hartenfelß Ele-
phantographiam curiosam
nachschlagen,
als dessen ich mich bey diesem Capitel auch
bedienet, so wird er daselbst eine vollstän-
dige und genungsame Nachricht finden
können.

Das 14. Capitel/
Vom Gewehr-Einschiessen
und Pulver-Probieren.
§. 1.

Bey dem Schiessen gehen viel abergläu-
bische Tändeleyen vor. Wenn biß-
weilen ein alt Weib einen Jäger siehet
gehen, oder hetzen reiten, so nimmt sie den
lincken Schürtz-Zipffel, und stopfft ihn
auf die rechte Seite, spricht auch gewisse
Gotteslästerliche Worte dazu, die ich Ge-
wissens wegen nicht anführen will.
Manchmahl thun auch die Jäger selbst
einander einen Possen, daß sie in einen
Strauch mit gewissen Ceremonien und
dabey gesprochenen Worten einen Kno-
ten knüpffen. Jedoch kehret sich ein
Christlicher und vernünfftiger Jäger an
dergleichen Tändeleyen nicht, sondern er
vertrauet unserm HErrn GOtt. Dabey
thut er wohl, wenn er mit seinem Gewehr
nicht leichtlich changiret, stets bey einer
[Spaltenumbruch] Büchse und Flinte bleibet, sich daraus be-
schossen macht, und dahin beflissen ist, alt
Pulver und rein Bley zu gebrauchen.
Bey dem Schiessen kan man sich auch
wohl natürlicher Dinge gebrauchen. Der-
gleichen sind, mit einem gezogenen Lichte
durch ein Bret auf 20. Schritt zu schies-
sen. Man ladet die Flinte ordentlicher
Weise, schneidet das Licht halb entzwey,
nimmt die unterste Helffte vom Lichte,
setzet sie also auf den Pfropff, daß das un-
terste daran zu stehen kommt, und damit
geschossen. Jngleichen wenn man Anti-
monium
unter das Bley thut, und die
gegossene Kugel in eines Knaben von 6.
Jahren Urin legt, so schiesset solche durch
alles Eisen.

§. 2.

Damit sich nun ein Jäger an
eine gute Flinte gewöhne, darauf er sich
verlassen könne, so ist nöthig, daß er das
gute Gewehr vorher kennen lerne. Hier
sind nun die Spanischen Flinten ohne
Streit die vornehmsten. Solche sind be-
sonders wohl gemacht, und haben recht
weiches Eisen zum Laufft, wie nicht we-
niger das Zünd- Loch mit Pistolet-Gold
verschraubt, woran die Spanischen Flin-
ten hauptsächlich zu erkennen. Hieher
gehören auch die Wiener Büchsen, so
Martin Qvahle gemacht, und vor den
Hub mit zu rechnen, wie denn der Nah-
me auf dem Schloß oder Laufft zu sehen.
Die Jtaliänischen Flinten des berühmten
Catharino Caminatso, der auch schöne
Pistohlen verfertiget, sind ebenfalls nicht
zu verachten. Die Pariser und Lücker
Flinten sind auch schön. Das Türckische
und Ungarische Gewehr, welches dama-
sci
ret, und da der Laufft gantz flammigt
oder wässerigt aussiehet, als ob Silber
mit eingeschmiedet wäre, ist nicht weniger
gut. Die Breßlauer Büchsen sind über-
aus zierlich und reinlich gearbeitet, sind
aber sehr schwer, haben einen kurtzen An-
schlag, und ist der Nahme Breßlau dran
zu finden. Die Müllers-Büchsen, so in
Hessen von einem Müller gemacht, in-
gleichen die Cronacher Büchsen, welche
beyde gut schiessen, und da der Nahme
drauf stehet, gehören ebenfalls hieher.
Jn Zelle und Suhl wird wohl auch der-
gleichen nachgemacht, iedoch kommen sie
denen obigen, was die Arbeit und das
Eisen anlanget, nicht bey, wiewohl sie im
Schiessen offtmahls so gute Dienste thun,
als jene. Sonsten kan alles Gewehr sei-
ner Güte nach daran erkannt und pro-
bieret werden, daß man nebst der ordent-

lichen
R r 3

Des Vierdten Th. 14. C. vom Gewehr-Einſchieſſen u. Pulver-Prob.
[Spaltenumbruch] oder mit dem Ruͤſſel uͤber den Hauffen
werffen moͤgen; Will es mit beyden nicht
gehen, ſo laſſen ſie ſolche ſtehen, ob ſie
gleich viel Schlaͤge bekaͤmen. Sie hal-
ten auch auf gute Ordnung. Der groͤſte
und anſehnlichſte gehet allezeit vor der
Heerde her, dem die andern hernachmahls
nachfolgen. Sie ſind uͤber die maſſen ge-
lehrig, ſo, daß ſie nicht allein faſt alles das-
jenige lernen koͤnnen, was man den Pfer-
den und Hunden beybringet, ſondern auch
noch viel andere Sachen mehr. Vor ih-
re Herren haben ſie eine ſo groſſe Ehrer-
bietung, daß ihrer viele dieſelben mit
gebogenen Knyen, ohne daß man es ih-
nen gelernet, durch bloſſen Antrieb der
Natur, beehren. Von dem Schlaf laſſen
ſie ſich nicht leichtlich uͤberwaͤltigen, und
ſind geſchickt, gute Waͤchter abzugeben.
Gegen die verwundeten Menſchen ſind ſie
ſehr barmhertzig, und hat man Exempel
in der Hiſtorie, daß ſie ihnen die Pfeile
und Splitter, oder ander Gewehr, mit ih-
rem Ruͤſſel herausgezogen, und ihnen
das Blut abgeleckt. Wer das uͤbrige,
was an den Elephanten zu bewundern
und anzumercken, zu wiſſen verlanget,
darff nur des Herrn Hartenfelß Ele-
phantographiam curioſam
nachſchlagen,
als deſſen ich mich bey dieſem Capitel auch
bedienet, ſo wird er daſelbſt eine vollſtaͤn-
dige und genungſame Nachricht finden
koͤnnen.

Das 14. Capitel/
Vom Gewehr-Einſchieſſen
und Pulver-Probieren.
§. 1.

Bey dem Schieſſen gehen viel aberglaͤu-
biſche Taͤndeleyen vor. Wenn biß-
weilen ein alt Weib einen Jaͤger ſiehet
gehen, oder hetzen reiten, ſo nimmt ſie den
lincken Schuͤrtz-Zipffel, und ſtopfft ihn
auf die rechte Seite, ſpricht auch gewiſſe
Gotteslaͤſterliche Worte dazu, die ich Ge-
wiſſens wegen nicht anfuͤhren will.
Manchmahl thun auch die Jaͤger ſelbſt
einander einen Poſſen, daß ſie in einen
Strauch mit gewiſſen Ceremonien und
dabey geſprochenen Worten einen Kno-
ten knuͤpffen. Jedoch kehret ſich ein
Chriſtlicher und vernuͤnfftiger Jaͤger an
dergleichen Taͤndeleyen nicht, ſondern er
vertrauet unſerm HErrn GOtt. Dabey
thut er wohl, wenn er mit ſeinem Gewehr
nicht leichtlich changiret, ſtets bey einer
[Spaltenumbruch] Buͤchſe und Flinte bleibet, ſich daraus be-
ſchoſſen macht, und dahin befliſſen iſt, alt
Pulver und rein Bley zu gebrauchen.
Bey dem Schieſſen kan man ſich auch
wohl natuͤrlicher Dinge gebrauchen. Der-
gleichen ſind, mit einem gezogenen Lichte
durch ein Bret auf 20. Schritt zu ſchieſ-
ſen. Man ladet die Flinte ordentlicher
Weiſe, ſchneidet das Licht halb entzwey,
nimmt die unterſte Helffte vom Lichte,
ſetzet ſie alſo auf den Pfropff, daß das un-
terſte daran zu ſtehen kommt, und damit
geſchoſſen. Jngleichen wenn man Anti-
monium
unter das Bley thut, und die
gegoſſene Kugel in eines Knaben von 6.
Jahren Urin legt, ſo ſchieſſet ſolche durch
alles Eiſen.

§. 2.

Damit ſich nun ein Jaͤger an
eine gute Flinte gewoͤhne, darauf er ſich
verlaſſen koͤnne, ſo iſt noͤthig, daß er das
gute Gewehr vorher kennen lerne. Hier
ſind nun die Spaniſchen Flinten ohne
Streit die vornehmſten. Solche ſind be-
ſonders wohl gemacht, und haben recht
weiches Eiſen zum Laufft, wie nicht we-
niger das Zuͤnd- Loch mit Piſtolet-Gold
verſchraubt, woran die Spaniſchen Flin-
ten hauptſaͤchlich zu erkennen. Hieher
gehoͤren auch die Wiener Buͤchſen, ſo
Martin Qvahle gemacht, und vor den
Hub mit zu rechnen, wie denn der Nah-
me auf dem Schloß oder Laufft zu ſehen.
Die Jtaliaͤniſchen Flinten des beruͤhmten
Catharino Caminatſo, der auch ſchoͤne
Piſtohlen verfertiget, ſind ebenfalls nicht
zu verachten. Die Pariſer und Luͤcker
Flinten ſind auch ſchoͤn. Das Tuͤrckiſche
und Ungariſche Gewehr, welches dama-
ſci
ret, und da der Laufft gantz flammigt
oder waͤſſerigt ausſiehet, als ob Silber
mit eingeſchmiedet waͤre, iſt nicht weniger
gut. Die Breßlauer Buͤchſen ſind uͤber-
aus zierlich und reinlich gearbeitet, ſind
aber ſehr ſchwer, haben einen kurtzen An-
ſchlag, und iſt der Nahme Breßlau dran
zu finden. Die Muͤllers-Buͤchſen, ſo in
Heſſen von einem Muͤller gemacht, in-
gleichen die Cronacher Buͤchſen, welche
beyde gut ſchieſſen, und da der Nahme
drauf ſtehet, gehoͤren ebenfalls hieher.
Jn Zelle und Suhl wird wohl auch der-
gleichen nachgemacht, iedoch kommen ſie
denen obigen, was die Arbeit und das
Eiſen anlanget, nicht bey, wiewohl ſie im
Schieſſen offtmahls ſo gute Dienſte thun,
als jene. Sonſten kan alles Gewehr ſei-
ner Guͤte nach daran erkannt und pro-
bieret werden, daß man nebſt der ordent-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/469>, abgerufen am 25.11.2024.