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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Continuirter immerwährender Jäger-Calender.
[Spaltenumbruch]
Vom SEPTEMBER.

Dieses ist der erste Herbst-Monat.
Gemeiniglich ist er im Anfang heiß, im
Mittel aber läßt er nach, und ist am Ende
kühle; Denn er ist des Sommers Ende,
und des Herbstes Anfang. So treiben
auch die kühlen Winde, Lüffte, und frische
Regen das Gewürme mit Hauffen zurü-
cke in das Erdreich zu ihrem Winter-La-
ger. Die tieffen Gründe und sumpffig-
ten Wasser werffen böse Dämpffe über
sich, von welchen die Lufft schädlich ange-
steckt wird.

Jäger-Vers.
Wenn AEgidii Hirsch-Brunfft naß,
Regnets vier Wochen ohn Unterlaß;
Tritt aber der Hirsch trocken ein,
So wird vier Wochen schön Wetter
seyn.

Den 1. September ist AEgidii. AEgi-
dius
ist von Athen aus Griechen-Land
bürtig gewesen, hat nach seiner Eltern To-
de sein Gut den Armen geschencket, und ist
im Jahr CHristi 715. in Franckreich zu
dem frommen Bischoff Caesario zu Arles
gereiset, und zwey Jahr bey ihm verblie-
ben. Von diesem hat er sich in eine Wü-
sten begeben, und mit ausgegrabenen
Wurtzeln erhalten. Es kam täglich eine
Hindin zu ihm, von deren Milch er sich
labete. Einstens schossen des Königes Ca-
roli Martelii
Jäger nach der Hindin, traf-
fen aber den Einsiedler AEgidium, wie-
wohl ohne Leibes-Schaden. Als der Kö-
nig hierauf mit ihm redete, und sein heili-
ges Leben verspührete, ließ er an dem Ort
ein schönes Closter bauen, in welchem
viel Leute zur Gottseligkeit angewiesen
wurden.

An diesem Tage tritt der Hirsch in
die Brunfft, und wenn er an einem schö-
nem Tag eintritt, so tritt er auch an einem
schönen Tag wieder heraus, und soll vier
Wochen schön Wetter seyn. Tritt er aber
mit Regen-Wetter auf, so tritt er auch
mit Regen-Wetter herab. Wenn am
AEgidii gut Wetter ist, hoffet man auf ei-
nen guten Herbst, und auf guten Wein.

Am S. Michaelis-Tage geben die
Wein-Herren gute Achtung auf die Frö-
ste und Reiffe, so vor Michaelis kommen,
denn daran erfahren sie, wie die Mayen-
Fröste gerathen wollen. Wie viel Frö-
ste vor Michaelis gefallen, so viel fallen
ihr auch drey oder vier Tage vor oder nach
Walpurgis oder Philippi Jacobi. Wenn
[Spaltenumbruch] es reiffet drey oder vier Wochen vor Mi-
chaelis,
so schaden gemeiniglich die May-
en-Fröste den Weinbergen, sonderlich,
wenn es um Philippi Jacobi still ist, und
kein Lüfftlein wehet. Wegen gewisser
Prognosticorum hat man folgende Verse:

Wilst du sehen, wie das Jahr gera-
then soll,
So merck diese folgende Lehr gar wohl:
Nimm wahr der Eich-Aepffel um Mi-
chaelis-Tag,
An welchen man das Jahr erkennen
mag:
Haben sie Spinnen, so kommt kein gut
Jahr;
Haben sie Fliegen, zeigt ein Mittel-
Jahr vor wahr;
Haben sie Maden, so wird das Jahr
gut;
Jst nichts darinnen, so hält der Tod
die Hut;
Sind die Eich-Aepffel früh u. sehr viel,
So schau, was der Winter anrichten
will,
Und mit vielem Schnee kommt er vor
Weyhnachten,
Darnach magst du groß Kält betrach-
ten.
Sind die Eich-Aepffel gantz schön in-
nerlich,
So folgt ein schöner Sommer, glaub
sicherlich,
Auch wird dieselbig Zeit wachsen schön
Korn,
Also ist Müh und Arbeit nicht ver-
lohrn;
Werden sie innerlich naß erfunden,
Thut einen nassen Sommer verkun-
den;
Sind sie mager, so wird der Sommer
heiß,
Das sey dir gesagt mit allem Fleiß.
Allgemeine Gesundheits-Regel.
Nun mag man baden, lassen Blut,
Artzneyen, Schröpffen ist auch gut.
Wers hat, leb wohl, eß Wildpräth,
Frücht,
Käß, Birnen, Trauben, schaden nicht,
Wo man der Sach nicht thut zu viel.
Brauch mäßig Wein, und Liebes-
Spiel;
Auch soll nur Wermuth-Bier und
Wein,
Das allerbest Geträncke seyn.
Schaf-Ziegen-Milch, Citronen-Safft,
Sind gleichfalls ietzt von grosser Krafft,
Jsop,
G g 2
Continuirter immerwaͤhrender Jaͤger-Calender.
[Spaltenumbruch]
Vom SEPTEMBER.

Dieſes iſt der erſte Herbſt-Monat.
Gemeiniglich iſt er im Anfang heiß, im
Mittel aber laͤßt er nach, und iſt am Ende
kuͤhle; Denn er iſt des Sommers Ende,
und des Herbſtes Anfang. So treiben
auch die kuͤhlen Winde, Luͤffte, und friſche
Regen das Gewuͤrme mit Hauffen zuruͤ-
cke in das Erdreich zu ihrem Winter-La-
ger. Die tieffen Gruͤnde und ſumpffig-
ten Waſſer werffen boͤſe Daͤmpffe uͤber
ſich, von welchen die Lufft ſchaͤdlich ange-
ſteckt wird.

Jaͤger-Vers.
Wenn Ægidii Hirſch-Brunfft naß,
Regnets vier Wochen ohn Unterlaß;
Tritt aber der Hirſch trocken ein,
So wird vier Wochen ſchoͤn Wetter
ſeyn.

Den 1. September iſt Ægidii. Ægi-
dius
iſt von Athen aus Griechen-Land
buͤrtig geweſen, hat nach ſeiner Eltern To-
de ſein Gut den Armen geſchencket, und iſt
im Jahr CHriſti 715. in Franckreich zu
dem frommen Biſchoff Cæſario zu Arles
gereiſet, und zwey Jahr bey ihm verblie-
ben. Von dieſem hat er ſich in eine Wuͤ-
ſten begeben, und mit ausgegrabenen
Wurtzeln erhalten. Es kam taͤglich eine
Hindin zu ihm, von deren Milch er ſich
labete. Einſtens ſchoſſen des Koͤniges Ca-
roli Martelii
Jaͤger nach der Hindin, traf-
fen aber den Einſiedler Ægidium, wie-
wohl ohne Leibes-Schaden. Als der Koͤ-
nig hierauf mit ihm redete, und ſein heili-
ges Leben verſpuͤhrete, ließ er an dem Ort
ein ſchoͤnes Cloſter bauen, in welchem
viel Leute zur Gottſeligkeit angewieſen
wurden.

An dieſem Tage tritt der Hirſch in
die Brunfft, und wenn er an einem ſchoͤ-
nem Tag eintritt, ſo tritt er auch an einem
ſchoͤnen Tag wieder heraus, und ſoll vier
Wochen ſchoͤn Wetter ſeyn. Tritt er aber
mit Regen-Wetter auf, ſo tritt er auch
mit Regen-Wetter herab. Wenn am
Ægidii gut Wetter iſt, hoffet man auf ei-
nen guten Herbſt, und auf guten Wein.

Am S. Michaelis-Tage geben die
Wein-Herren gute Achtung auf die Froͤ-
ſte und Reiffe, ſo vor Michaelis kommen,
denn daran erfahren ſie, wie die Mayen-
Froͤſte gerathen wollen. Wie viel Froͤ-
ſte vor Michaelis gefallen, ſo viel fallen
ihr auch drey oder vier Tage vor oder nach
Walpurgis oder Philippi Jacobi. Wenn
[Spaltenumbruch] es reiffet drey oder vier Wochen vor Mi-
chaelis,
ſo ſchaden gemeiniglich die May-
en-Froͤſte den Weinbergen, ſonderlich,
wenn es um Philippi Jacobi ſtill iſt, und
kein Luͤfftlein wehet. Wegen gewiſſer
Prognoſticorum hat man folgende Verſe:

Wilſt du ſehen, wie das Jahr gera-
then ſoll,
So merck dieſe folgende Lehr gar wohl:
Nimm wahr der Eich-Aepffel um Mi-
chaelis-Tag,
An welchen man das Jahr erkennen
mag:
Haben ſie Spinnen, ſo kommt kein gut
Jahr;
Haben ſie Fliegen, zeigt ein Mittel-
Jahr vor wahr;
Haben ſie Maden, ſo wird das Jahr
gut;
Jſt nichts darinnen, ſo haͤlt der Tod
die Hut;
Sind die Eich-Aepffel fruͤh u. ſehr viel,
So ſchau, was der Winter anrichten
will,
Und mit vielem Schnee kommt er vor
Weyhnachten,
Darnach magſt du groß Kaͤlt betrach-
ten.
Sind die Eich-Aepffel gantz ſchoͤn in-
nerlich,
So folgt ein ſchoͤner Sommer, glaub
ſicherlich,
Auch wird dieſelbig Zeit wachſen ſchoͤn
Korn,
Alſo iſt Muͤh und Arbeit nicht ver-
lohrn;
Werden ſie innerlich naß erfunden,
Thut einen naſſen Sommer verkun-
den;
Sind ſie mager, ſo wird der Sommer
heiß,
Das ſey dir geſagt mit allem Fleiß.
Allgemeine Geſundheits-Regel.
Nun mag man baden, laſſen Blut,
Artzneyen, Schroͤpffen iſt auch gut.
Wers hat, leb wohl, eß Wildpraͤth,
Fruͤcht,
Kaͤß, Birnen, Trauben, ſchaden nicht,
Wo man der Sach nicht thut zu viel.
Brauch maͤßig Wein, und Liebes-
Spiel;
Auch ſoll nur Wermuth-Bier und
Wein,
Das allerbeſt Getraͤncke ſeyn.
Schaf-Ziegen-Milch, Citronen-Safft,
Sind gleichfalls ietzt von groſſer Krafft,
Jſop,
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[235/0369] Continuirter immerwaͤhrender Jaͤger-Calender. Vom SEPTEMBER. Dieſes iſt der erſte Herbſt-Monat. Gemeiniglich iſt er im Anfang heiß, im Mittel aber laͤßt er nach, und iſt am Ende kuͤhle; Denn er iſt des Sommers Ende, und des Herbſtes Anfang. So treiben auch die kuͤhlen Winde, Luͤffte, und friſche Regen das Gewuͤrme mit Hauffen zuruͤ- cke in das Erdreich zu ihrem Winter-La- ger. Die tieffen Gruͤnde und ſumpffig- ten Waſſer werffen boͤſe Daͤmpffe uͤber ſich, von welchen die Lufft ſchaͤdlich ange- ſteckt wird. Jaͤger-Vers. Wenn Ægidii Hirſch-Brunfft naß, Regnets vier Wochen ohn Unterlaß; Tritt aber der Hirſch trocken ein, So wird vier Wochen ſchoͤn Wetter ſeyn. Den 1. September iſt Ægidii. Ægi- dius iſt von Athen aus Griechen-Land buͤrtig geweſen, hat nach ſeiner Eltern To- de ſein Gut den Armen geſchencket, und iſt im Jahr CHriſti 715. in Franckreich zu dem frommen Biſchoff Cæſario zu Arles gereiſet, und zwey Jahr bey ihm verblie- ben. Von dieſem hat er ſich in eine Wuͤ- ſten begeben, und mit ausgegrabenen Wurtzeln erhalten. Es kam taͤglich eine Hindin zu ihm, von deren Milch er ſich labete. Einſtens ſchoſſen des Koͤniges Ca- roli Martelii Jaͤger nach der Hindin, traf- fen aber den Einſiedler Ægidium, wie- wohl ohne Leibes-Schaden. Als der Koͤ- nig hierauf mit ihm redete, und ſein heili- ges Leben verſpuͤhrete, ließ er an dem Ort ein ſchoͤnes Cloſter bauen, in welchem viel Leute zur Gottſeligkeit angewieſen wurden. An dieſem Tage tritt der Hirſch in die Brunfft, und wenn er an einem ſchoͤ- nem Tag eintritt, ſo tritt er auch an einem ſchoͤnen Tag wieder heraus, und ſoll vier Wochen ſchoͤn Wetter ſeyn. Tritt er aber mit Regen-Wetter auf, ſo tritt er auch mit Regen-Wetter herab. Wenn am Ægidii gut Wetter iſt, hoffet man auf ei- nen guten Herbſt, und auf guten Wein. Am S. Michaelis-Tage geben die Wein-Herren gute Achtung auf die Froͤ- ſte und Reiffe, ſo vor Michaelis kommen, denn daran erfahren ſie, wie die Mayen- Froͤſte gerathen wollen. Wie viel Froͤ- ſte vor Michaelis gefallen, ſo viel fallen ihr auch drey oder vier Tage vor oder nach Walpurgis oder Philippi Jacobi. Wenn es reiffet drey oder vier Wochen vor Mi- chaelis, ſo ſchaden gemeiniglich die May- en-Froͤſte den Weinbergen, ſonderlich, wenn es um Philippi Jacobi ſtill iſt, und kein Luͤfftlein wehet. Wegen gewiſſer Prognoſticorum hat man folgende Verſe: Wilſt du ſehen, wie das Jahr gera- then ſoll, So merck dieſe folgende Lehr gar wohl: Nimm wahr der Eich-Aepffel um Mi- chaelis-Tag, An welchen man das Jahr erkennen mag: Haben ſie Spinnen, ſo kommt kein gut Jahr; Haben ſie Fliegen, zeigt ein Mittel- Jahr vor wahr; Haben ſie Maden, ſo wird das Jahr gut; Jſt nichts darinnen, ſo haͤlt der Tod die Hut; Sind die Eich-Aepffel fruͤh u. ſehr viel, So ſchau, was der Winter anrichten will, Und mit vielem Schnee kommt er vor Weyhnachten, Darnach magſt du groß Kaͤlt betrach- ten. Sind die Eich-Aepffel gantz ſchoͤn in- nerlich, So folgt ein ſchoͤner Sommer, glaub ſicherlich, Auch wird dieſelbig Zeit wachſen ſchoͤn Korn, Alſo iſt Muͤh und Arbeit nicht ver- lohrn; Werden ſie innerlich naß erfunden, Thut einen naſſen Sommer verkun- den; Sind ſie mager, ſo wird der Sommer heiß, Das ſey dir geſagt mit allem Fleiß. Allgemeine Geſundheits-Regel. Nun mag man baden, laſſen Blut, Artzneyen, Schroͤpffen iſt auch gut. Wers hat, leb wohl, eß Wildpraͤth, Fruͤcht, Kaͤß, Birnen, Trauben, ſchaden nicht, Wo man der Sach nicht thut zu viel. Brauch maͤßig Wein, und Liebes- Spiel; Auch ſoll nur Wermuth-Bier und Wein, Das allerbeſt Getraͤncke ſeyn. Schaf-Ziegen-Milch, Citronen-Safft, Sind gleichfalls ietzt von groſſer Krafft, Jſop, G g 2

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/369>, abgerufen am 21.11.2024.