Des Dritten Theils 26. Capitel/ von dem Aberglauben.
[Spaltenumbruch]
Glückseligkeit befördern, oder dem Näch- sten Unglück anrichten will.
§. 2.
Die Aberglauben sind durchge- hends dem ersten und andern Gebot GOttes zuwider, indem die Liebe, die Furcht, der Gehorsam, so man dem gros- sen GOtt schuldig ist, meistentheils dabey aus den Augen gesetzt werden, und man auf die Geister, auf andere Creaturen, ja bißweilen auf nichtswürdige Dinge, auf unkräfftige Sachen, und leere Worte, die doch nur ein blosser Schall und Thon sind, sein Vertrauen setzet, und glaubet nicht, daß man durch Göttliche Hülffe und durch den ordentlichen Weg, das ist, durch Gebet, Fleiß und Arbeit, diese oder jene Würckung, dafern sie anders zu unserer Wohlfarth gereichen solte, würde zu we- ge bringen. Es ist bey vielen Aberglau- ben ein heimliches Verständniß mit dem Geist der Finsterniß, iedoch bey dem einen mehr, als bey dem andern. Es wird ent- weder auf eine gar subtile Art Hexerey und Zauberey dabey vorgenommen, oder doch zum wenigsten der allerheiligste Nah- me GOttes und der Dreyfaltigkeit auf mancherley schnöde Weise gemißbrauchet.
§. 3.
Man hat sich aber auch zu hü- ten, daß nicht diejenigen, denen mancher- ley Würckungen in der Natur unbekandt sind, auf die Gedancken gerathen, als ob alles dasjenige, was etwan durch die Sym- pathie geschicht, oder durch andere unbe- kandte Operationen der Natur, die nicht ein ieder gleich verstehet, vor abergläu- bisch oder vor Zauber-Werck zu achten. Wer sich mit der Natur und allerhand Materien ein wenig genau bekandt ge- macht, der kan so wohl in Jagd- und Forst- Sachen, als auch bey andern Objectis manches praestiren, worüber sich ein an- derer, der sich hierein nicht zu schicken weiß, höchlich verwundern muß. Jn Stei- nen, Kräutern, und andern natürlichen Cörpern stecken noch manche Kräffte, die von andern Leuten noch nicht hervor ge- bracht, oder bekandt gemacht worden. Das Unzuläßige und Abergläubische er- kennet man unter andern aus den Wor- ten; So bald die Worte dazu kommen, so bald scheinet die angestellte Operation mit allem Recht abergläubisch und ver- dächtig.
§. 4.
Es ist bekandt genug, daß un- ter den Jägern mancherley Zauberwerck und abergläubisch Wesen vorgehet; Bald wollen sie einander die Büchsen verspre- chen, bald sich an demjenigen auf eine em- [Spaltenumbruch]
pfindliche Art rächen, der ihnen an ihrem Gewehr einen Possen gethan; bald wol- len sie ein Wild schiessen, welches im Wal- de umfallen soll, wenn sie nur zu ihrem Fenster heraus einen Schuß gethan. Da wollen sie die Kugeln täuffen, die hernach niemahls fehlen, und von sonderbarer Würckung seyn sollen; Da beten sie ge- wisse Narren-Possen, wenn sie früh auf die Jagd gehen, um glücklich zu seyn; da wollen sie sich auf eine unzuläßige Art die Gunst des Frauenzimmers zuwege brin- gen, da wollen sie auf eine abergläubische Art ihre Büchsen zurichten, und was der- gleichen sündliche und abergläubische Pos- sen noch viel mehr sind, die unter gottlo- sen Jägern im Schwange gehen. Es lernt es immer einer von dem andern, und mancher bildet sich ein, er sey schon ein gu- ter Jäger, wenn er nur viel solche Teu- fels-Künste machen, und viel einfältige und albere Weyde-Sprüche herbeten kan. Sie bemühen sich solche Künste aus dem Helden-Schatz, aus den Claviculis Salo- monis, und andern dergleichen Büchern zu lernen. Satan setzet vielen von ih- nen zu, wenn sie in der Einsamkeit in den wüsten Wäldern so herum wandern, und daher bey ihrem Nachsinnen, wenn sie bißweilen nichts sonderlich zu verrichten haben, auf solche Sachen fallen. Ja es ist nicht zu läugnen, daß manche Jäger unter den wilden Thieren gantz wild wer- den, und durch ihr böses und sündliches Leben das Ebenbild GOttes sehr beschmi- tzen und verunehren, und sich dadurch bey dem grossen GOtt schwere Verantwor- tung, bey der erbaren Welt aber Schan- de zuziehen.
Das 27. Capitel/ Von zuläßigen Künsten.
§. 1.
Nachdem ich sowohl in dem vorherge- henden Capitel als hin und wieder in diesem gantzen Wercke von allerhand abergläubischen Mißbräuchen und zäu- berischen Seegen-sprechen, Characteren und andern dergleichen sündlichen Din- gen einen ieden redlichen Weydemann treulich gewarnet und abgerathen, so will ich ietzund einige Anweisung geben, wie man auf eine zuläßige und natürliche Art denjenigen bösen Leuten, die aus Neid und Mißgunst ihrem Nächsten zu schaden, und ihn ins Unglück zu stürtzen, einen Pos-
sen
Des Dritten Theils 26. Capitel/ von dem Aberglauben.
[Spaltenumbruch]
Gluͤckſeligkeit befoͤrdern, oder dem Naͤch- ſten Ungluͤck anrichten will.
§. 2.
Die Aberglauben ſind durchge- hends dem erſten und andern Gebot GOttes zuwider, indem die Liebe, die Furcht, der Gehorſam, ſo man dem groſ- ſen GOtt ſchuldig iſt, meiſtentheils dabey aus den Augen geſetzt werden, und man auf die Geiſter, auf andere Creaturen, ja bißweilen auf nichtswuͤrdige Dinge, auf unkraͤfftige Sachen, und leere Worte, die doch nur ein bloſſer Schall und Thon ſind, ſein Vertrauen ſetzet, und glaubet nicht, daß man durch Goͤttliche Huͤlffe und durch den ordentlichen Weg, das iſt, durch Gebet, Fleiß und Arbeit, dieſe oder jene Wuͤrckung, dafern ſie anders zu unſerer Wohlfarth gereichen ſolte, wuͤrde zu we- ge bringen. Es iſt bey vielen Aberglau- ben ein heimliches Verſtaͤndniß mit dem Geiſt der Finſterniß, iedoch bey dem einen mehr, als bey dem andern. Es wird ent- weder auf eine gar ſubtile Art Hexerey und Zauberey dabey vorgenommen, oder doch zum wenigſten der allerheiligſte Nah- me GOttes und der Dreyfaltigkeit auf mancherley ſchnoͤde Weiſe gemißbrauchet.
§. 3.
Man hat ſich aber auch zu huͤ- ten, daß nicht diejenigen, denen mancher- ley Wuͤrckungen in der Natur unbekandt ſind, auf die Gedancken gerathen, als ob alles dasjenige, was etwan durch die Sym- pathie geſchicht, oder durch andere unbe- kandte Operationen der Natur, die nicht ein ieder gleich verſtehet, vor aberglaͤu- biſch oder vor Zauber-Werck zu achten. Wer ſich mit der Natur und allerhand Materien ein wenig genau bekandt ge- macht, der kan ſo wohl in Jagd- und Forſt- Sachen, als auch bey andern Objectis manches præſtiren, woruͤber ſich ein an- derer, der ſich hierein nicht zu ſchicken weiß, hoͤchlich verwundern muß. Jn Stei- nen, Kraͤutern, und andern natuͤrlichen Coͤrpern ſtecken noch manche Kraͤffte, die von andern Leuten noch nicht hervor ge- bracht, oder bekandt gemacht worden. Das Unzulaͤßige und Aberglaͤubiſche er- kennet man unter andern aus den Wor- ten; So bald die Worte dazu kommen, ſo bald ſcheinet die angeſtellte Operation mit allem Recht aberglaͤubiſch und ver- daͤchtig.
§. 4.
Es iſt bekandt genug, daß un- ter den Jaͤgern mancherley Zauberwerck und aberglaͤubiſch Weſen vorgehet; Bald wollen ſie einander die Buͤchſen verſpre- chen, bald ſich an demjenigen auf eine em- [Spaltenumbruch]
pfindliche Art raͤchen, der ihnen an ihrem Gewehr einen Poſſen gethan; bald wol- len ſie ein Wild ſchieſſen, welches im Wal- de umfallen ſoll, wenn ſie nur zu ihrem Fenſter heraus einen Schuß gethan. Da wollen ſie die Kugeln taͤuffen, die hernach niemahls fehlen, und von ſonderbarer Wuͤrckung ſeyn ſollen; Da beten ſie ge- wiſſe Narren-Poſſen, wenn ſie fruͤh auf die Jagd gehen, um gluͤcklich zu ſeyn; da wollen ſie ſich auf eine unzulaͤßige Art die Gunſt des Frauenzimmers zuwege brin- gen, da wollen ſie auf eine aberglaͤubiſche Art ihre Buͤchſen zurichten, und was der- gleichen ſuͤndliche und aberglaͤubiſche Poſ- ſen noch viel mehr ſind, die unter gottlo- ſen Jaͤgern im Schwange gehen. Es lernt es immer einer von dem andern, und mancher bildet ſich ein, er ſey ſchon ein gu- ter Jaͤger, wenn er nur viel ſolche Teu- fels-Kuͤnſte machen, und viel einfaͤltige und albere Weyde-Spruͤche herbeten kan. Sie bemuͤhen ſich ſolche Kuͤnſte aus dem Helden-Schatz, aus den Claviculis Salo- monis, und andern dergleichen Buͤchern zu lernen. Satan ſetzet vielen von ih- nen zu, wenn ſie in der Einſamkeit in den wuͤſten Waͤldern ſo herum wandern, und daher bey ihrem Nachſinnen, wenn ſie bißweilen nichts ſonderlich zu verrichten haben, auf ſolche Sachen fallen. Ja es iſt nicht zu laͤugnen, daß manche Jaͤger unter den wilden Thieren gantz wild wer- den, und durch ihr boͤſes und ſuͤndliches Leben das Ebenbild GOttes ſehr beſchmi- tzen und verunehren, und ſich dadurch bey dem groſſen GOtt ſchwere Verantwor- tung, bey der erbaren Welt aber Schan- de zuziehen.
Das 27. Capitel/ Von zulaͤßigen Kuͤnſten.
§. 1.
Nachdem ich ſowohl in dem vorherge- henden Capitel als hin und wieder in dieſem gantzen Wercke von allerhand aberglaͤubiſchen Mißbraͤuchen und zaͤu- beriſchen Seegen-ſprechen, Charactéren und andern dergleichen ſuͤndlichen Din- gen einen ieden redlichen Weydemann treulich gewarnet und abgerathen, ſo will ich ietzund einige Anweiſung geben, wie man auf eine zulaͤßige und natuͤrliche Art denjenigen boͤſen Leuten, die aus Neid und Mißgunſt ihrem Naͤchſten zu ſchaden, und ihn ins Ungluͤck zu ſtuͤrtzen, einen Poſ-
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Des Dritten Theils 26. Capitel/ von dem Aberglauben.
Gluͤckſeligkeit befoͤrdern, oder dem Naͤch-
ſten Ungluͤck anrichten will.
§. 2. Die Aberglauben ſind durchge-
hends dem erſten und andern Gebot
GOttes zuwider, indem die Liebe, die
Furcht, der Gehorſam, ſo man dem groſ-
ſen GOtt ſchuldig iſt, meiſtentheils dabey
aus den Augen geſetzt werden, und man
auf die Geiſter, auf andere Creaturen,
ja bißweilen auf nichtswuͤrdige Dinge, auf
unkraͤfftige Sachen, und leere Worte, die
doch nur ein bloſſer Schall und Thon
ſind, ſein Vertrauen ſetzet, und glaubet
nicht, daß man durch Goͤttliche Huͤlffe und
durch den ordentlichen Weg, das iſt, durch
Gebet, Fleiß und Arbeit, dieſe oder jene
Wuͤrckung, dafern ſie anders zu unſerer
Wohlfarth gereichen ſolte, wuͤrde zu we-
ge bringen. Es iſt bey vielen Aberglau-
ben ein heimliches Verſtaͤndniß mit dem
Geiſt der Finſterniß, iedoch bey dem einen
mehr, als bey dem andern. Es wird ent-
weder auf eine gar ſubtile Art Hexerey
und Zauberey dabey vorgenommen, oder
doch zum wenigſten der allerheiligſte Nah-
me GOttes und der Dreyfaltigkeit auf
mancherley ſchnoͤde Weiſe gemißbrauchet.
§. 3. Man hat ſich aber auch zu huͤ-
ten, daß nicht diejenigen, denen mancher-
ley Wuͤrckungen in der Natur unbekandt
ſind, auf die Gedancken gerathen, als ob
alles dasjenige, was etwan durch die Sym-
pathie geſchicht, oder durch andere unbe-
kandte Operationen der Natur, die nicht
ein ieder gleich verſtehet, vor aberglaͤu-
biſch oder vor Zauber-Werck zu achten.
Wer ſich mit der Natur und allerhand
Materien ein wenig genau bekandt ge-
macht, der kan ſo wohl in Jagd- und Forſt-
Sachen, als auch bey andern Objectis
manches præſtiren, woruͤber ſich ein an-
derer, der ſich hierein nicht zu ſchicken weiß,
hoͤchlich verwundern muß. Jn Stei-
nen, Kraͤutern, und andern natuͤrlichen
Coͤrpern ſtecken noch manche Kraͤffte, die
von andern Leuten noch nicht hervor ge-
bracht, oder bekandt gemacht worden.
Das Unzulaͤßige und Aberglaͤubiſche er-
kennet man unter andern aus den Wor-
ten; So bald die Worte dazu kommen,
ſo bald ſcheinet die angeſtellte Operation
mit allem Recht aberglaͤubiſch und ver-
daͤchtig.
§. 4. Es iſt bekandt genug, daß un-
ter den Jaͤgern mancherley Zauberwerck
und aberglaͤubiſch Weſen vorgehet; Bald
wollen ſie einander die Buͤchſen verſpre-
chen, bald ſich an demjenigen auf eine em-
pfindliche Art raͤchen, der ihnen an ihrem
Gewehr einen Poſſen gethan; bald wol-
len ſie ein Wild ſchieſſen, welches im Wal-
de umfallen ſoll, wenn ſie nur zu ihrem
Fenſter heraus einen Schuß gethan. Da
wollen ſie die Kugeln taͤuffen, die hernach
niemahls fehlen, und von ſonderbarer
Wuͤrckung ſeyn ſollen; Da beten ſie ge-
wiſſe Narren-Poſſen, wenn ſie fruͤh auf
die Jagd gehen, um gluͤcklich zu ſeyn; da
wollen ſie ſich auf eine unzulaͤßige Art die
Gunſt des Frauenzimmers zuwege brin-
gen, da wollen ſie auf eine aberglaͤubiſche
Art ihre Buͤchſen zurichten, und was der-
gleichen ſuͤndliche und aberglaͤubiſche Poſ-
ſen noch viel mehr ſind, die unter gottlo-
ſen Jaͤgern im Schwange gehen. Es lernt
es immer einer von dem andern, und
mancher bildet ſich ein, er ſey ſchon ein gu-
ter Jaͤger, wenn er nur viel ſolche Teu-
fels-Kuͤnſte machen, und viel einfaͤltige
und albere Weyde-Spruͤche herbeten kan.
Sie bemuͤhen ſich ſolche Kuͤnſte aus dem
Helden-Schatz, aus den Claviculis Salo-
monis, und andern dergleichen Buͤchern
zu lernen. Satan ſetzet vielen von ih-
nen zu, wenn ſie in der Einſamkeit in den
wuͤſten Waͤldern ſo herum wandern, und
daher bey ihrem Nachſinnen, wenn ſie
bißweilen nichts ſonderlich zu verrichten
haben, auf ſolche Sachen fallen. Ja es
iſt nicht zu laͤugnen, daß manche Jaͤger
unter den wilden Thieren gantz wild wer-
den, und durch ihr boͤſes und ſuͤndliches
Leben das Ebenbild GOttes ſehr beſchmi-
tzen und verunehren, und ſich dadurch bey
dem groſſen GOtt ſchwere Verantwor-
tung, bey der erbaren Welt aber Schan-
de zuziehen.
Das 27. Capitel/
Von zulaͤßigen Kuͤnſten.
§. 1.
Nachdem ich ſowohl in dem vorherge-
henden Capitel als hin und wieder
in dieſem gantzen Wercke von allerhand
aberglaͤubiſchen Mißbraͤuchen und zaͤu-
beriſchen Seegen-ſprechen, Charactéren
und andern dergleichen ſuͤndlichen Din-
gen einen ieden redlichen Weydemann
treulich gewarnet und abgerathen, ſo will
ich ietzund einige Anweiſung geben, wie
man auf eine zulaͤßige und natuͤrliche Art
denjenigen boͤſen Leuten, die aus Neid und
Mißgunſt ihrem Naͤchſten zu ſchaden, und
ihn ins Ungluͤck zu ſtuͤrtzen, einen Poſ-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/300>, abgerufen am 29.12.2024.
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