Des Andern Theils 4. Cap. von unterschiedenen Farben der Thiere.
[Spaltenumbruch]
§. 4.
Ebenfalls ist es eine Tändeley, was von der Sympathie und Antipathie der Pflantzen gesagt wird, und davon un- sere alten Philosophi so viel Schreibens und Redens gemacht haben. Da soll ei- ne Antipathie seyn zwischen dem Roß- marin, dem Lavendel, dem Lorber- Baum, dem Thymian, dem Majoran, zwischen dem Kohl und dem Erd-Apffel, zwischen dem Schierling und der Raute, zwischen dem Schilff und Farren-Kraut; und hingegen bey andern, als zwischen den Granat-Aepffel-Bäumen, und den Myrten-Bäumen, eine Sympathie. Je- doch die neuern spotten dieser Wörter, die nur eine Zuflucht der Unwissenheit sind, und haben gar wohl entdecket, worinn die- se vorgegebene Sympathie und Antipa- thie bestehe. Der Grund der Antipathie ist dieser: Zwey Pflantzen, die sich von einerley Art des Safftes ernehren, scha- den einander auf das äusserste, wenn sie gar zu nahe beysammen sind. Die Thei- lung von der Nahrung, welche allen bey- den anständig ist, zehret so wohl die eine als die andere ab. Jm Gegentheil wach- sen und blühen zwey Pflantzen, welche zu ihrer Nahrung gantz unterschiedene Säffte bedürffen, vollkommen wohl bey- sammen, und dieses ist die Sympathie. S. Baconis de Verulamio Sylva Sylvarum Cent. VI. n. 480. 481. Dieses Raisone- ment gefällt dem berühmten Abt von Vallemont in seinen Merckwürdigkeiten der Natur und Kunst so wohl, daß er p. 112. hievon schreibet: Hiedurch fallen die hohen Wörter Sympathie und Antipa- thie weg. Es ist nicht mehr Antipathie zwischen zwey Pflantzen, als zwischen zwey Bauer-Hunden, die einander zer- beissen und zuzausen wegen eines Bei- nes, das so wohl einer als der andere gerne haben wolte.
§. 5.
Die natürliche Zuneigung, oder Aversion, die einige Thiere vor einander, oder wider einander haben, ist in der Na- tur und Erfahrung mehr gegründet, und siehet man so wohl bey zahmen als wil- den Thieren, daß einige sich zusammen halten, und mit einander liebkosen, ande- re aber einander auf das alleräusserste verfolgen. Jedoch kan man auch wohl nicht allezeit sagen, wenn einige Thiere einander auffressen, daß es aus Antipa- thie geschicht, sondern sie haben vielleicht dieselben Thiere so lieb, daß sie solche vor Liebe auffressen, als wie die Wölffe die Schafe.
[Spaltenumbruch]
Das 4. Capitel/ Von den unterschiedenen Far- ben der Thiere.
§. 1.
Man muß sich mit allem Recht ver- wundern, daß die göttliche Allmacht und Weißheit es so sonderlich verordnet, daß die wilden Thiere, ingleichen das Fe- der-Wildpräth fast alle einfarbicht ange- troffen werden, dahingegen das zahme Vieh mit so mancherley verschiedenen Farben gemercket und bezeichnet ist. Man sehe die Löwen, die Hirsche, die Rehe, die Hasen, die Füchse, die Dachse, die wilden Schweine, ingleichen die Rebhü- ner, die Schnepfen, die Enten, die wil- den Gänse, die wilden Tauben, u. s. w. so wird man sie meistentheils auf einer- ley Art colorirt finden. Wirfft man a- ber seine Augen auf die Pferde, auf die Hunde, auf die Katzen, auf die Kühe und Ochsen, ingleichen auf die Tauben, auf die Hüner, u. s. w. so observiret man, daß sie nach mancherley Unterscheid der Farben gestreifft, gezeichnet, und bemercket sind. Was eigentlich diesen Unterscheid der Farben zuwege bringe, kan nicht so leicht- lich gesagt werden; inzwischen erkennet man daraus, daß der heilige GOtt seine besondere Ursachen gehabt, warum er die zahmen Thiere, die um und bey den Menschen stets sind, auf so mancherley Art, so wohl ihrer Grösse als Farben nach, von einander distingviret. Was wür- de es nicht öffters vor Streit, Zanck und Confusion setzen, wenn die zahmen Thiere, als Hunde, Ochsen, Kühe, u. s. w. alle über- ein sähen; wären alle Kühe weiß oder roth, und eine wäre zum Exempel auf der Weyde umgefallen, oder hätte ein Bein gebrochen, so würde keiner diesel- bige Kuh verlangen, und niemand wür- de wissen, wessen Kuh verunglückt wäre, oder sie müsten hernach durch gewisse äus- serliche Marqven von einander gekennet werden; und eben diese Bewandniß hät- te es auch mit andern Thieren, oder mit dem Feder-Vieh. Diese Raison hingegen cessiret bey den wilden Thieren, nachdem über individual Stücke niemand ins be- sondere, als etwan der Landes-Fürste, oder dem ers concedirt, das Eigenthum hat. So ist auch zu vermuthen, daß der liebreiche Schöpfer diesen mancherley Un- terscheid der Farben zu der Vergnügung des Haußwirths erschaffen, damit er sich
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Des Andern Theils 4. Cap. von unterſchiedenen Farben der Thiere.
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§. 4.
Ebenfalls iſt es eine Taͤndeley, was von der Sympathie und Antipathie der Pflantzen geſagt wird, und davon un- ſere alten Philoſophi ſo viel Schreibens und Redens gemacht haben. Da ſoll ei- ne Antipathie ſeyn zwiſchen dem Roß- marin, dem Lavendel, dem Lorber- Baum, dem Thymian, dem Majoran, zwiſchen dem Kohl und dem Erd-Apffel, zwiſchen dem Schierling und der Raute, zwiſchen dem Schilff und Farren-Kraut; und hingegen bey andern, als zwiſchen den Granat-Aepffel-Baͤumen, und den Myrten-Baͤumen, eine Sympathie. Je- doch die neuern ſpotten dieſer Woͤrter, die nur eine Zuflucht der Unwiſſenheit ſind, und haben gar wohl entdecket, worinn die- ſe vorgegebene Sympathie und Antipa- thie beſtehe. Der Grund der Antipathie iſt dieſer: Zwey Pflantzen, die ſich von einerley Art des Safftes ernehren, ſcha- den einander auf das aͤuſſerſte, wenn ſie gar zu nahe beyſammen ſind. Die Thei- lung von der Nahrung, welche allen bey- den anſtaͤndig iſt, zehret ſo wohl die eine als die andere ab. Jm Gegentheil wach- ſen und bluͤhen zwey Pflantzen, welche zu ihrer Nahrung gantz unterſchiedene Saͤffte beduͤrffen, vollkommen wohl bey- ſammen, und dieſes iſt die Sympathie. S. Baconis de Verulamio Sylva Sylvarum Cent. VI. n. 480. 481. Dieſes Raiſone- ment gefaͤllt dem beruͤhmten Abt von Vallemont in ſeinen Merckwuͤrdigkeiten der Natur und Kunſt ſo wohl, daß er p. 112. hievon ſchreibet: Hiedurch fallen die hohen Woͤrter Sympathie und Antipa- thie weg. Es iſt nicht mehr Antipathie zwiſchen zwey Pflantzen, als zwiſchen zwey Bauer-Hunden, die einander zer- beiſſen und zuzauſen wegen eines Bei- nes, das ſo wohl einer als der andere gerne haben wolte.
§. 5.
Die natuͤrliche Zuneigung, oder Averſion, die einige Thiere vor einander, oder wider einander haben, iſt in der Na- tur und Erfahrung mehr gegruͤndet, und ſiehet man ſo wohl bey zahmen als wil- den Thieren, daß einige ſich zuſammen halten, und mit einander liebkoſen, ande- re aber einander auf das alleraͤuſſerſte verfolgen. Jedoch kan man auch wohl nicht allezeit ſagen, wenn einige Thiere einander auffreſſen, daß es aus Antipa- thie geſchicht, ſondern ſie haben vielleicht dieſelben Thiere ſo lieb, daß ſie ſolche vor Liebe auffreſſen, als wie die Woͤlffe die Schafe.
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Das 4. Capitel/ Von den unterſchiedenen Far- ben der Thiere.
§. 1.
Man muß ſich mit allem Recht ver- wundern, daß die goͤttliche Allmacht und Weißheit es ſo ſonderlich verordnet, daß die wilden Thiere, ingleichen das Fe- der-Wildpraͤth faſt alle einfarbicht ange- troffen werden, dahingegen das zahme Vieh mit ſo mancherley verſchiedenen Farben gemercket und bezeichnet iſt. Man ſehe die Loͤwen, die Hirſche, die Rehe, die Haſen, die Fuͤchſe, die Dachſe, die wilden Schweine, ingleichen die Rebhuͤ- ner, die Schnepfen, die Enten, die wil- den Gaͤnſe, die wilden Tauben, u. ſ. w. ſo wird man ſie meiſtentheils auf einer- ley Art colorirt finden. Wirfft man a- ber ſeine Augen auf die Pferde, auf die Hunde, auf die Katzen, auf die Kuͤhe und Ochſen, ingleichen auf die Tauben, auf die Huͤner, u. ſ. w. ſo obſerviret man, daß ſie nach mancherley Unterſcheid der Farben geſtreifft, gezeichnet, und bemercket ſind. Was eigentlich dieſen Unterſcheid der Farben zuwege bringe, kan nicht ſo leicht- lich geſagt werden; inzwiſchen erkennet man daraus, daß der heilige GOtt ſeine beſondere Urſachen gehabt, warum er die zahmen Thiere, die um und bey den Menſchen ſtets ſind, auf ſo mancherley Art, ſo wohl ihrer Groͤſſe als Farben nach, von einandeꝛ diſtingviret. Was wuͤr- de es nicht oͤffters vor Streit, Zanck und Confuſion ſetzen, weñ die zahmen Thiere, als Hunde, Ochſen, Kuͤhe, u. ſ. w. alle uͤber- ein ſaͤhen; waͤren alle Kuͤhe weiß oder roth, und eine waͤre zum Exempel auf der Weyde umgefallen, oder haͤtte ein Bein gebrochen, ſo wuͤrde keiner dieſel- bige Kuh verlangen, und niemand wuͤr- de wiſſen, weſſen Kuh verungluͤckt waͤre, oder ſie muͤſten hernach durch gewiſſe aͤuſ- ſerliche Marqven von einander gekennet werden; und eben dieſe Bewandniß haͤt- te es auch mit andern Thieren, oder mit dem Feder-Vieh. Dieſe Raiſon hingegen ceſſiret bey den wilden Thieren, nachdem uͤber individual Stuͤcke niemand ins be- ſondere, als etwan der Landes-Fuͤrſte, oder dem ers concedirt, das Eigenthum hat. So iſt auch zu vermuthen, daß der liebreiche Schoͤpfer dieſen mancherley Un- terſcheid der Farben zu der Vergnuͤgung des Haußwirths erſchaffen, damit er ſich
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Des Andern Theils 4. Cap. von unterſchiedenen Farben der Thiere.
§. 4. Ebenfalls iſt es eine Taͤndeley,
was von der Sympathie und Antipathie
der Pflantzen geſagt wird, und davon un-
ſere alten Philoſophi ſo viel Schreibens
und Redens gemacht haben. Da ſoll ei-
ne Antipathie ſeyn zwiſchen dem Roß-
marin, dem Lavendel, dem Lorber-
Baum, dem Thymian, dem Majoran,
zwiſchen dem Kohl und dem Erd-Apffel,
zwiſchen dem Schierling und der Raute,
zwiſchen dem Schilff und Farren-Kraut;
und hingegen bey andern, als zwiſchen
den Granat-Aepffel-Baͤumen, und den
Myrten-Baͤumen, eine Sympathie. Je-
doch die neuern ſpotten dieſer Woͤrter, die
nur eine Zuflucht der Unwiſſenheit ſind,
und haben gar wohl entdecket, worinn die-
ſe vorgegebene Sympathie und Antipa-
thie beſtehe. Der Grund der Antipathie
iſt dieſer: Zwey Pflantzen, die ſich von
einerley Art des Safftes ernehren, ſcha-
den einander auf das aͤuſſerſte, wenn ſie
gar zu nahe beyſammen ſind. Die Thei-
lung von der Nahrung, welche allen bey-
den anſtaͤndig iſt, zehret ſo wohl die eine
als die andere ab. Jm Gegentheil wach-
ſen und bluͤhen zwey Pflantzen, welche
zu ihrer Nahrung gantz unterſchiedene
Saͤffte beduͤrffen, vollkommen wohl bey-
ſammen, und dieſes iſt die Sympathie. S.
Baconis de Verulamio Sylva Sylvarum
Cent. VI. n. 480. 481. Dieſes Raiſone-
ment gefaͤllt dem beruͤhmten Abt von
Vallemont in ſeinen Merckwuͤrdigkeiten
der Natur und Kunſt ſo wohl, daß er
p. 112. hievon ſchreibet: Hiedurch fallen die
hohen Woͤrter Sympathie und Antipa-
thie weg. Es iſt nicht mehr Antipathie
zwiſchen zwey Pflantzen, als zwiſchen
zwey Bauer-Hunden, die einander zer-
beiſſen und zuzauſen wegen eines Bei-
nes, das ſo wohl einer als der andere
gerne haben wolte.
§. 5. Die natuͤrliche Zuneigung, oder
Averſion, die einige Thiere vor einander,
oder wider einander haben, iſt in der Na-
tur und Erfahrung mehr gegruͤndet, und
ſiehet man ſo wohl bey zahmen als wil-
den Thieren, daß einige ſich zuſammen
halten, und mit einander liebkoſen, ande-
re aber einander auf das alleraͤuſſerſte
verfolgen. Jedoch kan man auch wohl
nicht allezeit ſagen, wenn einige Thiere
einander auffreſſen, daß es aus Antipa-
thie geſchicht, ſondern ſie haben vielleicht
dieſelben Thiere ſo lieb, daß ſie ſolche vor
Liebe auffreſſen, als wie die Woͤlffe die
Schafe.
Das 4. Capitel/
Von den unterſchiedenen Far-
ben der Thiere.
§. 1.
Man muß ſich mit allem Recht ver-
wundern, daß die goͤttliche Allmacht
und Weißheit es ſo ſonderlich verordnet,
daß die wilden Thiere, ingleichen das Fe-
der-Wildpraͤth faſt alle einfarbicht ange-
troffen werden, dahingegen das zahme
Vieh mit ſo mancherley verſchiedenen
Farben gemercket und bezeichnet iſt. Man
ſehe die Loͤwen, die Hirſche, die Rehe,
die Haſen, die Fuͤchſe, die Dachſe, die
wilden Schweine, ingleichen die Rebhuͤ-
ner, die Schnepfen, die Enten, die wil-
den Gaͤnſe, die wilden Tauben, u. ſ. w.
ſo wird man ſie meiſtentheils auf einer-
ley Art colorirt finden. Wirfft man a-
ber ſeine Augen auf die Pferde, auf die
Hunde, auf die Katzen, auf die Kuͤhe und
Ochſen, ingleichen auf die Tauben, auf die
Huͤner, u. ſ. w. ſo obſerviret man, daß ſie
nach mancherley Unterſcheid der Farben
geſtreifft, gezeichnet, und bemercket ſind.
Was eigentlich dieſen Unterſcheid der
Farben zuwege bringe, kan nicht ſo leicht-
lich geſagt werden; inzwiſchen erkennet
man daraus, daß der heilige GOtt ſeine
beſondere Urſachen gehabt, warum er
die zahmen Thiere, die um und bey den
Menſchen ſtets ſind, auf ſo mancherley
Art, ſo wohl ihrer Groͤſſe als Farben
nach, von einandeꝛ diſtingviret. Was wuͤr-
de es nicht oͤffters vor Streit, Zanck und
Confuſion ſetzen, weñ die zahmen Thiere,
als Hunde, Ochſen, Kuͤhe, u. ſ. w. alle uͤber-
ein ſaͤhen; waͤren alle Kuͤhe weiß oder
roth, und eine waͤre zum Exempel auf
der Weyde umgefallen, oder haͤtte ein
Bein gebrochen, ſo wuͤrde keiner dieſel-
bige Kuh verlangen, und niemand wuͤr-
de wiſſen, weſſen Kuh verungluͤckt waͤre,
oder ſie muͤſten hernach durch gewiſſe aͤuſ-
ſerliche Marqven von einander gekennet
werden; und eben dieſe Bewandniß haͤt-
te es auch mit andern Thieren, oder mit
dem Feder-Vieh. Dieſe Raiſon hingegen
ceſſiret bey den wilden Thieren, nachdem
uͤber individual Stuͤcke niemand ins be-
ſondere, als etwan der Landes-Fuͤrſte,
oder dem ers concedirt, das Eigenthum
hat. So iſt auch zu vermuthen, daß der
liebreiche Schoͤpfer dieſen mancherley Un-
terſcheid der Farben zu der Vergnuͤgung
des Haußwirths erſchaffen, damit er ſich
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/157>, abgerufen am 24.11.2024.
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