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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Ersten Theils 36. Cap. von Bültzen/ Erd- und Heidelbeeren.
[Spaltenumbruch]
28. Juden-Bültze sind fahl, wie ein
abgezogen Kühleder, garstig und grauer-
lich, wachsen im weissen Mooß gerne, ha-
ben sehr dünne Stiele, groß wie die Maß-
locken.
29. Kröten-Bültze sind gar klein, Quit-
ten-gelbe, gleichwohl so groß, wie ein Reiß-
ke, wachsen in grossen Häuffeln beysam-
men, sonderlich bey alten Stöcken, ver-
faulten Holtze, an unreinen Stellen, und
sind gifftig.
30. Kröthe Galluschel sind recht glatt,
und Quitten-gelbe, klein wie ein 8. gl. stück,
wachsen an den Stöcken und auf gleichen
Boden am liebsten, an dem Wege, wo
das Vieh gehet, sind sehr gifftig, daß kein
Vieh noch Schaf davon frißt.
31. Mist-Galluschel, sind auch Quitten-
gelbe, etwas grösser als die vorigen, wer-
den nicht gessen.
32. Grosse Küh-Scheupen, wachsen
wie die grösten Teller, sind Quitten-gelbe,
werden nicht gessen, doch frißt sie das Vieh
gerne und ohne Schaden.
33. Bittere Schwämme sind Feuer-roth
wie die Reißken, wachsen an den Wegen,
und werden nicht gessen.
34. Acker-Bültze, weiß, und nicht zu
essen.
35. Bircken-Reißken, oben gantz roth,
unten Schleyerweiß, nicht zu essen.

Von den Erdbeeren.

§. 2.

Die wilden Erdbeeren sind klei-
ner, als die in den Gärten wachsen, und
welche man gepfropffte nennet: Dem
Geschmack nach sind sie fast angenehmer,
weil sie eine liebliche und piquante Säure
bey sich führen. Sie werden in kalten
Schaalen mit Wein, Zimmet, und Zu-
cker genossen, in Zucker eingemacht. Es
wird ein Wein, Safft und Eßig daraus
zubereitet, und werden sie auf allerhand
Art in der Haushaltung genutzt. Sie
wachsen meistentheils an denjenigen Or-
ten, wo die Heidelbeeren stehen. Obgleich
einige in den Gedancken stehen, daß, wenn
sie schon ein gifftig Ungeziefer bekröche,
ihnen solches dennoch nicht schadete, so ist
dieses eine falsche Meynung, indem mir
selbst ein Exempel von einer gewissen vor-
nehmen Adelichen Familie bekandt, da al-
le diejenigen, die unabgewaschene Erd-
beeren gespeiset, eine grosse Kranckheit mit
vielem Erbrechen überkommen. Drum
ist es am allersichersten, daß man sie erst-
lich, wenn sie etwan von Kröten, Spin-
[Spaltenumbruch] nen, oder andern dergleichen Ungeziefer
überlauffen, oder beschmeisset wären, im
frischen Wasser abwäscht.

§. 3.

Das Kraut von Erdbeeren küh-
let und trocknet mäßig, adstringirt in et-
was, treibet den Harn, und wird sehr offt
gebraucht in der Gelbensucht, wie auch in
Gurgel-Wassern, Bädern, und Cata-
plasmat
en. Die Frucht kühlet, löschet den
Durst, und dämpfft die Hitze der Nieren
und Leber, ist aber dem kalten Magen
nicht gesund. Einige behaupten, wenn
sie zu häuffig gebraucht würden, so stiege
die Krafft davon in das Haupt, und mach-
te truncken. Das Erdbeer-Wasser rei-
niget das Geblüte, Leber, Miltz, Brust
und Mutter, kühlet und löschet alle inner-
liche unnatürliche Hitze, stärcket und er-
frischet das Hertz, stillet das Nasen-blu-
ten, und andere Blut-Flüsse. So hat
man auch in Apothecken den Syrup und
die Tinctur von Erdbeeren, die mit diesem
fast eine gleiche Würckung haben.

Von den Heidelbeeren.

§. 4.

Die Heidelbeeren sind mehr als
zu bekandt. Sie haben einen Oeconomi-
schen und Medicinischen Nutzen. Der
Oeconomische Nutzen bestehet darinnen,
daß man sie entweder so roh, oder mit
Wein, oder auch Milch genießt, oder mit
Zucker oder Honig als ein Zugemüse kocht;
So kan man auch einen Muß davon sie-
den. Man kan einen Eßig davon zube-
reiten, der gar eine angenehme Farbe hat.
Man kan auch damit färben, wenn man
nimmt einen Hafen voll des Saffts, einen
Becher voll Eßig, zwey Loth Alaun ge-
stossen, ein halb Loth zustossenen Kupffer-
schlag, lässet solches mit einander sieden,
tuncket darauf das Garn oder Tuch, so
man färben will, darein, trucknet es an
der Lufft, und wäscht es aus kaltem Was-
ser, so ist es blau. Will man es lichtblau
haben, so nimmt man keinen Kupffer-
schlag dazu.

§. 5.

Nach dem Medicinischen Nu-
tzen stillen die gedörrten Heidelbeeren die
Dyssenterie. Weswegen etliche diese Bee-
ren unter den Teig kneten lassen, um
Zwieback davon zu backen, damit sie also
eine Haus-Medicin haben. Andere ko-
chen zu dem Ende dieselben, und trincken
die Brühe davon. Die Wurtzel gepül-
vert, und in die Wunden gestreuet, be-
nimmt das faule Fleisch, und heilet sehr.

Das
Des Erſten Theils 36. Cap. von Buͤltzen/ Erd- und Heidelbeeren.
[Spaltenumbruch]
28. Juden-Buͤltze ſind fahl, wie ein
abgezogen Kuͤhleder, garſtig und grauer-
lich, wachſen im weiſſen Mooß gerne, ha-
ben ſehr duͤnne Stiele, groß wie die Maß-
locken.
29. Kroͤten-Buͤltze ſind gar klein, Quit-
ten-gelbe, gleichwohl ſo groß, wie ein Reiß-
ke, wachſen in groſſen Haͤuffeln beyſam-
men, ſonderlich bey alten Stoͤcken, ver-
faulten Holtze, an unreinen Stellen, und
ſind gifftig.
30. Kroͤthe Galluſchel ſind recht glatt,
und Quitten-gelbe, klein wie ein 8. gl. ſtuͤck,
wachſen an den Stoͤcken und auf gleichen
Boden am liebſten, an dem Wege, wo
das Vieh gehet, ſind ſehr gifftig, daß kein
Vieh noch Schaf davon frißt.
31. Miſt-Galluſchel, ſind auch Quitten-
gelbe, etwas groͤſſer als die vorigen, wer-
den nicht geſſen.
32. Groſſe Kuͤh-Scheupen, wachſen
wie die groͤſten Teller, ſind Quitten-gelbe,
werden nicht geſſen, doch frißt ſie das Vieh
gerne und ohne Schaden.
33. Bittere Schwaͤmme ſind Feuer-roth
wie die Reißken, wachſen an den Wegen,
und werden nicht geſſen.
34. Acker-Buͤltze, weiß, und nicht zu
eſſen.
35. Bircken-Reißken, oben gantz roth,
unten Schleyerweiß, nicht zu eſſen.

Von den Erdbeeren.

§. 2.

Die wilden Erdbeeren ſind klei-
ner, als die in den Gaͤrten wachſen, und
welche man gepfropffte nennet: Dem
Geſchmack nach ſind ſie faſt angenehmer,
weil ſie eine liebliche und piquante Saͤure
bey ſich fuͤhren. Sie werden in kalten
Schaalen mit Wein, Zimmet, und Zu-
cker genoſſen, in Zucker eingemacht. Es
wird ein Wein, Safft und Eßig daraus
zubereitet, und werden ſie auf allerhand
Art in der Haushaltung genutzt. Sie
wachſen meiſtentheils an denjenigen Or-
ten, wo die Heidelbeeren ſtehen. Obgleich
einige in den Gedancken ſtehen, daß, wenn
ſie ſchon ein gifftig Ungeziefer bekroͤche,
ihnen ſolches dennoch nicht ſchadete, ſo iſt
dieſes eine falſche Meynung, indem mir
ſelbſt ein Exempel von einer gewiſſen vor-
nehmen Adelichen Familie bekandt, da al-
le diejenigen, die unabgewaſchene Erd-
beeren geſpeiſet, eine groſſe Kranckheit mit
vielem Erbrechen uͤberkommen. Drum
iſt es am allerſicherſten, daß man ſie erſt-
lich, wenn ſie etwan von Kroͤten, Spin-
[Spaltenumbruch] nen, oder andern dergleichen Ungeziefer
uͤberlauffen, oder beſchmeiſſet waͤren, im
friſchen Waſſer abwaͤſcht.

§. 3.

Das Kraut von Erdbeeren kuͤh-
let und trocknet maͤßig, adſtringirt in et-
was, treibet den Harn, und wird ſehr offt
gebraucht in der Gelbenſucht, wie auch in
Gurgel-Waſſern, Baͤdern, und Cata-
plaſmat
en. Die Frucht kuͤhlet, loͤſchet den
Durſt, und daͤmpfft die Hitze der Nieren
und Leber, iſt aber dem kalten Magen
nicht geſund. Einige behaupten, wenn
ſie zu haͤuffig gebraucht wuͤrden, ſo ſtiege
die Krafft davon in das Haupt, und mach-
te truncken. Das Erdbeer-Waſſer rei-
niget das Gebluͤte, Leber, Miltz, Bruſt
und Mutter, kuͤhlet und loͤſchet alle inner-
liche unnatuͤrliche Hitze, ſtaͤrcket und er-
friſchet das Hertz, ſtillet das Naſen-blu-
ten, und andere Blut-Fluͤſſe. So hat
man auch in Apothecken den Syrup und
die Tinctur von Erdbeeren, die mit dieſem
faſt eine gleiche Wuͤrckung haben.

Von den Heidelbeeren.

§. 4.

Die Heidelbeeren ſind mehr als
zu bekandt. Sie haben einen Oeconomi-
ſchen und Mediciniſchen Nutzen. Der
Oeconomiſche Nutzen beſtehet darinnen,
daß man ſie entweder ſo roh, oder mit
Wein, oder auch Milch genießt, oder mit
Zucker oder Honig als ein Zugemuͤſe kocht;
So kan man auch einen Muß davon ſie-
den. Man kan einen Eßig davon zube-
reiten, der gar eine angenehme Farbe hat.
Man kan auch damit faͤrben, wenn man
nimmt einen Hafen voll des Saffts, einen
Becher voll Eßig, zwey Loth Alaun ge-
ſtoſſen, ein halb Loth zuſtoſſenen Kupffer-
ſchlag, laͤſſet ſolches mit einander ſieden,
tuncket darauf das Garn oder Tuch, ſo
man faͤrben will, darein, trucknet es an
der Lufft, und waͤſcht es aus kaltem Waſ-
ſer, ſo iſt es blau. Will man es lichtblau
haben, ſo nimmt man keinen Kupffer-
ſchlag dazu.

§. 5.

Nach dem Mediciniſchen Nu-
tzen ſtillen die gedoͤrrten Heidelbeeren die
Dyſſenterie. Weswegen etliche dieſe Bee-
ren unter den Teig kneten laſſen, um
Zwieback davon zu backen, damit ſie alſo
eine Haus-Medicin haben. Andere ko-
chen zu dem Ende dieſelben, und trincken
die Bruͤhe davon. Die Wurtzel gepuͤl-
vert, und in die Wunden geſtreuet, be-
nimmt das faule Fleiſch, und heilet ſehr.

Das
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[62/0122] Des Erſten Theils 36. Cap. von Buͤltzen/ Erd- und Heidelbeeren. 28. Juden-Buͤltze ſind fahl, wie ein abgezogen Kuͤhleder, garſtig und grauer- lich, wachſen im weiſſen Mooß gerne, ha- ben ſehr duͤnne Stiele, groß wie die Maß- locken. 29. Kroͤten-Buͤltze ſind gar klein, Quit- ten-gelbe, gleichwohl ſo groß, wie ein Reiß- ke, wachſen in groſſen Haͤuffeln beyſam- men, ſonderlich bey alten Stoͤcken, ver- faulten Holtze, an unreinen Stellen, und ſind gifftig. 30. Kroͤthe Galluſchel ſind recht glatt, und Quitten-gelbe, klein wie ein 8. gl. ſtuͤck, wachſen an den Stoͤcken und auf gleichen Boden am liebſten, an dem Wege, wo das Vieh gehet, ſind ſehr gifftig, daß kein Vieh noch Schaf davon frißt. 31. Miſt-Galluſchel, ſind auch Quitten- gelbe, etwas groͤſſer als die vorigen, wer- den nicht geſſen. 32. Groſſe Kuͤh-Scheupen, wachſen wie die groͤſten Teller, ſind Quitten-gelbe, werden nicht geſſen, doch frißt ſie das Vieh gerne und ohne Schaden. 33. Bittere Schwaͤmme ſind Feuer-roth wie die Reißken, wachſen an den Wegen, und werden nicht geſſen. 34. Acker-Buͤltze, weiß, und nicht zu eſſen. 35. Bircken-Reißken, oben gantz roth, unten Schleyerweiß, nicht zu eſſen. Von den Erdbeeren. §. 2. Die wilden Erdbeeren ſind klei- ner, als die in den Gaͤrten wachſen, und welche man gepfropffte nennet: Dem Geſchmack nach ſind ſie faſt angenehmer, weil ſie eine liebliche und piquante Saͤure bey ſich fuͤhren. Sie werden in kalten Schaalen mit Wein, Zimmet, und Zu- cker genoſſen, in Zucker eingemacht. Es wird ein Wein, Safft und Eßig daraus zubereitet, und werden ſie auf allerhand Art in der Haushaltung genutzt. Sie wachſen meiſtentheils an denjenigen Or- ten, wo die Heidelbeeren ſtehen. Obgleich einige in den Gedancken ſtehen, daß, wenn ſie ſchon ein gifftig Ungeziefer bekroͤche, ihnen ſolches dennoch nicht ſchadete, ſo iſt dieſes eine falſche Meynung, indem mir ſelbſt ein Exempel von einer gewiſſen vor- nehmen Adelichen Familie bekandt, da al- le diejenigen, die unabgewaſchene Erd- beeren geſpeiſet, eine groſſe Kranckheit mit vielem Erbrechen uͤberkommen. Drum iſt es am allerſicherſten, daß man ſie erſt- lich, wenn ſie etwan von Kroͤten, Spin- nen, oder andern dergleichen Ungeziefer uͤberlauffen, oder beſchmeiſſet waͤren, im friſchen Waſſer abwaͤſcht. §. 3. Das Kraut von Erdbeeren kuͤh- let und trocknet maͤßig, adſtringirt in et- was, treibet den Harn, und wird ſehr offt gebraucht in der Gelbenſucht, wie auch in Gurgel-Waſſern, Baͤdern, und Cata- plaſmaten. Die Frucht kuͤhlet, loͤſchet den Durſt, und daͤmpfft die Hitze der Nieren und Leber, iſt aber dem kalten Magen nicht geſund. Einige behaupten, wenn ſie zu haͤuffig gebraucht wuͤrden, ſo ſtiege die Krafft davon in das Haupt, und mach- te truncken. Das Erdbeer-Waſſer rei- niget das Gebluͤte, Leber, Miltz, Bruſt und Mutter, kuͤhlet und loͤſchet alle inner- liche unnatuͤrliche Hitze, ſtaͤrcket und er- friſchet das Hertz, ſtillet das Naſen-blu- ten, und andere Blut-Fluͤſſe. So hat man auch in Apothecken den Syrup und die Tinctur von Erdbeeren, die mit dieſem faſt eine gleiche Wuͤrckung haben. Von den Heidelbeeren. §. 4. Die Heidelbeeren ſind mehr als zu bekandt. Sie haben einen Oeconomi- ſchen und Mediciniſchen Nutzen. Der Oeconomiſche Nutzen beſtehet darinnen, daß man ſie entweder ſo roh, oder mit Wein, oder auch Milch genießt, oder mit Zucker oder Honig als ein Zugemuͤſe kocht; So kan man auch einen Muß davon ſie- den. Man kan einen Eßig davon zube- reiten, der gar eine angenehme Farbe hat. Man kan auch damit faͤrben, wenn man nimmt einen Hafen voll des Saffts, einen Becher voll Eßig, zwey Loth Alaun ge- ſtoſſen, ein halb Loth zuſtoſſenen Kupffer- ſchlag, laͤſſet ſolches mit einander ſieden, tuncket darauf das Garn oder Tuch, ſo man faͤrben will, darein, trucknet es an der Lufft, und waͤſcht es aus kaltem Waſ- ſer, ſo iſt es blau. Will man es lichtblau haben, ſo nimmt man keinen Kupffer- ſchlag dazu. §. 5. Nach dem Mediciniſchen Nu- tzen ſtillen die gedoͤrrten Heidelbeeren die Dyſſenterie. Weswegen etliche dieſe Bee- ren unter den Teig kneten laſſen, um Zwieback davon zu backen, damit ſie alſo eine Haus-Medicin haben. Andere ko- chen zu dem Ende dieſelben, und trincken die Bruͤhe davon. Die Wurtzel gepuͤl- vert, und in die Wunden geſtreuet, be- nimmt das faule Fleiſch, und heilet ſehr. Das

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/122>, abgerufen am 23.11.2024.