Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] hält, auch eine angenehmere dunckelgrü-
ne Farbe in weiß kieselharten Lust-Gän-
gen vergnügter vorstellet, als die Roth-
Buche, deren Blätter Winters-Zeit fe-
ste daran sitzen bleiben, ungestalter Far-
be sind, und Frühjahrs die Gänge häuf-
fig verschütten, daß immer darnach zu
reinigen und zu säubern ist.

Von der Aesche.

Dieser Baum, welcher hier zu Lande
sehr häuffig in einem feuchten Grund,
doch gutem Boden, als im Spreewalde,
wächst und nach seinem alten Sprich-
wort: Der Aeschen-Baum, liebet feuch-
ten Raum, hierinnen wohl eintrifft, ist
ein zur festen Arbeit nicht allein derer
Stellmacher, sondern auch der Tischler
und anderer Handwercker sehr nützli-
ches und dienliches Holtz. Er wird von
dem Homero trefflich hoch gerühmt, daß
er zu des Achillis Spieß gebrauchet ge-
wesen: Wie er dann auch, weil das Holtz
leichte, und wegen seines vielen Saffts,
so er bey sich führet, sehr zähe ist, nicht
allein zu vielem Geräthe, als sehr tauer-
hafftig, sondern auch absonderlich, da er
ohne diß so schnell und leichte in der Ju-
gend gerade aufwächset, zu Piquen-Fähn-
leins- und der kurtzen Gewehr Stangen
vor Kriegesleute gebrauchet wird. Er
wächset sehr schnell auf, gleichwie ändere
Sommerlatten, also, daß er, nachdem
der Boden getrieben, in 6. 8. oder 10.
Jahren zu hauen bereits erwachsen; Füh-
ret innerlich einen weissen Kern oder
Marck, wie das Haselholtz, hat fast der-
gleichen Blätter wie die Ebisch, oder ro-
the Vogelbeern, schmahl und zanckigt;
Der Stamm hat eine weisse Rinde, fast
wie die Aespe und ist innerlich von einem
zehen sehr festen und flaßerichten Holtz,
woraus schöne Tische, ingleichen Schrän-
cke und ander Bedürffnüß gemachet
werden: Am allerwundersamsten aber
ist fast dessen Eigenschafft und sonderba-
re innerliche Krafft, wegen seiner heil-
machenden glücklichen Curen per Sympa-
thiam,
und Antipathiam wider allen Gifft,
so nach des hochberühmten Plinii Mey-
nung nicht genugsam zu begreiffen, und
ist hierbey nicht zu übergehen, was maas-
sen aus vielen Experimentis genugsam
bekant, daß aus dem Decocto der Ae-
schen-Wurtzel-Safft ein Universal-Anti-
dotum
wider allen Gifft bereitet werde,
womit viele glückliche Sachen in der Me-
[Spaltenumbruch] dicin
vielfälfältig probiret erfunden wor-
den, sondern es wird auch eo ipso ein
Wund-Holtz genennet, weil es, wann
die Wunden damit bestrichen wer-
den, per Sympathiam eine sonder-
bahre heilende Krafft hat, das Blut
zu stillen, Geschwür zu verhindern,
auch gar Abwesender Wunden glücklich
zu heylen, welches einige am Sanct
Johannis Tage, andere dargegen am
Char-Freytage, jedoch frühe vor der
Sonnen Auffgang und unbeschrien ab-
hauen sollen, so aber gar aberglaubich
heraus kommt. Jch halte vielmehr da-
vor, daß vieles hierinnen verborgen,
welches die Natur sua sponte diesem
Holtze gegeben und besagter Aberglau-
ben gewisser Tage unnöthig sey, maassen
bedencklich, daß dieser Baum nicht eher
blühet, als biß die Schlangen des Früh-
lings aus der Erde, und nicht eher sein
Laub wirfft, biß dis Ungezieffer sich wie-
der verborgen, daraus desselbigen son-
derbahre Aversion abzunehmen, zu-
mahl, da auch die Schlangen vor dessen
Laub und Schatten sich schrecklich fürch-
ten sollen. Der Saame stecket in klei-
nen länglichten zugespitzten Hülsen, dar-
innen ein kleiner Kern, hart und roth,
wie ein Haberkorn mit einem Flügel
auf Tangel-Art, doch grösserer Gestalt,
befindlich; Jst herbe und bitter vom Ge-
schmack, öhlichter Substanz und liegt
über Jahr und Tag, auch noch länger,
ehe er aufgehet, nachdem die Witterung
einfällt. Sonsten ist dessen Laub abson-
derlich vortrefflich berühmt und nützlich,
nicht allein in der Wirthschafft zur Füt-
terung für Rind- und Schaaff-Vieh,
sondern auch vor das Wildpreth, und hat
hierinnen, weil es viel süsser und ange-
nehmer, mehrern Vorzug vor der be-
kanten Dorff-Rüster und deren Laub,
als welches sonsten auch zu füttern sehr
gebrauchet wird. Dieweil es nun ob-
besagter maassen ein Wund-Holtz seyn
soll, lassen sich viele daraus Krippen,
Backtröge, Mulden, ja Vässer, Kan-
nen, Becher und Teller machen, denn
es leydet, wie gemeldet, durch seine na-
türliche Eigenschafft nicht allein keinen
Gifft, Spinnen und dergleichen, son-
dern heilet auch alles innerliche wunder-
sam, also gar, daß theils Leute dessen
Säge-Mehl oder gepülverte Rinde ein-
nehmen. Per traditionem soll des U-
riae
Mord-Brieff hiervon gewesen seyn,
welches ich dahin gestellet seyn lasse.

Von

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] haͤlt, auch eine angenehmere dunckelgruͤ-
ne Farbe in weiß kieſelharten Luſt-Gaͤn-
gen vergnuͤgter vorſtellet, als die Roth-
Buche, deren Blaͤtter Winters-Zeit fe-
ſte daran ſitzen bleiben, ungeſtalter Far-
be ſind, und Fruͤhjahrs die Gaͤnge haͤuf-
fig verſchuͤtten, daß immer darnach zu
reinigen und zu ſaͤubern iſt.

Von der Aeſche.

Dieſer Baum, welcher hier zu Lande
ſehr haͤuffig in einem feuchten Grund,
doch gutem Boden, als im Spreewalde,
waͤchſt und nach ſeinem alten Sprich-
wort: Der Aeſchen-Baum, liebet feuch-
ten Raum, hierinnen wohl eintrifft, iſt
ein zur feſten Arbeit nicht allein derer
Stellmacher, ſondern auch der Tiſchler
und anderer Handwercker ſehr nuͤtzli-
ches und dienliches Holtz. Er wird von
dem Homero trefflich hoch geruͤhmt, daß
er zu des Achillis Spieß gebrauchet ge-
weſen: Wie er dann auch, weil das Holtz
leichte, und wegen ſeines vielen Saffts,
ſo er bey ſich fuͤhret, ſehr zaͤhe iſt, nicht
allein zu vielem Geraͤthe, als ſehr tauer-
hafftig, ſondern auch abſonderlich, da er
ohne diß ſo ſchnell und leichte in der Ju-
gend gerade aufwaͤchſet, zu Piquen-Faͤhn-
leins- und der kurtzen Gewehr Stangen
vor Kriegesleute gebrauchet wird. Er
waͤchſet ſehr ſchnell auf, gleichwie aͤndere
Sommerlatten, alſo, daß er, nachdem
der Boden getrieben, in 6. 8. oder 10.
Jahren zu hauen bereits erwachſen; Fuͤh-
ret innerlich einen weiſſen Kern oder
Marck, wie das Haſelholtz, hat faſt der-
gleichen Blaͤtter wie die Ebiſch, oder ro-
the Vogelbeern, ſchmahl und zanckigt;
Der Stamm hat eine weiſſe Rinde, faſt
wie die Aeſpe und iſt innerlich von einem
zehen ſehr feſten und flaßerichten Holtz,
woraus ſchoͤne Tiſche, ingleichen Schraͤn-
cke und ander Beduͤrffnuͤß gemachet
werden: Am allerwunderſamſten aber
iſt faſt deſſen Eigenſchafft und ſonderba-
re innerliche Krafft, wegen ſeiner heil-
machenden gluͤcklichen Curen per Sympa-
thiam,
und Antipathiam wider allen Gifft,
ſo nach des hochberuͤhmten Plinii Mey-
nung nicht genugſam zu begreiffen, und
iſt hierbey nicht zu uͤbergehen, was maaſ-
ſen aus vielen Experimentis genugſam
bekant, daß aus dem Decocto der Ae-
ſchen-Wurtzel-Safft ein Univerſal-Anti-
dotum
wider allen Gifft bereitet werde,
womit viele gluͤckliche Sachen in der Me-
[Spaltenumbruch] dicin
vielfaͤlfaͤltig probiret erfunden wor-
den, ſondern es wird auch eo ipſo ein
Wund-Holtz genennet, weil es, wann
die Wunden damit beſtrichen wer-
den, per Sympathiam eine ſonder-
bahre heilende Krafft hat, das Blut
zu ſtillen, Geſchwuͤr zu verhindern,
auch gar Abweſender Wunden gluͤcklich
zu heylen, welches einige am Sanct
Johannis Tage, andere dargegen am
Char-Freytage, jedoch fruͤhe vor der
Sonnen Auffgang und unbeſchrien ab-
hauen ſollen, ſo aber gar aberglaubich
heraus kommt. Jch halte vielmehr da-
vor, daß vieles hierinnen verborgen,
welches die Natur ſua ſponte dieſem
Holtze gegeben und beſagter Aberglau-
ben gewiſſer Tage unnoͤthig ſey, maaſſen
bedencklich, daß dieſer Baum nicht eher
bluͤhet, als biß die Schlangen des Fruͤh-
lings aus der Erde, und nicht eher ſein
Laub wirfft, biß dis Ungezieffer ſich wie-
der verborgen, daraus deſſelbigen ſon-
derbahre Averſion abzunehmen, zu-
mahl, da auch die Schlangen vor deſſen
Laub und Schatten ſich ſchrecklich fuͤrch-
ten ſollen. Der Saame ſtecket in klei-
nen laͤnglichten zugeſpitzten Huͤlſen, dar-
innen ein kleiner Kern, hart und roth,
wie ein Haberkorn mit einem Fluͤgel
auf Tangel-Art, doch groͤſſerer Geſtalt,
befindlich; Jſt herbe und bitter vom Ge-
ſchmack, oͤhlichter Subſtanz und liegt
uͤber Jahr und Tag, auch noch laͤnger,
ehe er aufgehet, nachdem die Witterung
einfaͤllt. Sonſten iſt deſſen Laub abſon-
derlich vortrefflich beruͤhmt und nuͤtzlich,
nicht allein in der Wirthſchafft zur Fuͤt-
terung fuͤr Rind- und Schaaff-Vieh,
ſondern auch vor das Wildpreth, und hat
hierinnen, weil es viel ſuͤſſer und ange-
nehmer, mehrern Vorzug vor der be-
kanten Dorff-Ruͤſter und deren Laub,
als welches ſonſten auch zu fuͤttern ſehr
gebrauchet wird. Dieweil es nun ob-
beſagter maaſſen ein Wund-Holtz ſeyn
ſoll, laſſen ſich viele daraus Krippen,
Backtroͤge, Mulden, ja Vaͤſſer, Kan-
nen, Becher und Teller machen, denn
es leydet, wie gemeldet, durch ſeine na-
tuͤrliche Eigenſchafft nicht allein keinen
Gifft, Spinnen und dergleichen, ſon-
dern heilet auch alles innerliche wunder-
ſam, alſo gar, daß theils Leute deſſen
Saͤge-Mehl oder gepuͤlverte Rinde ein-
nehmen. Per traditionem ſoll des U-
riæ
Mord-Brieff hiervon geweſen ſeyn,
welches ich dahin geſtellet ſeyn laſſe.

Von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Erden.</hi></fw><lb/><cb/>
ha&#x0364;lt, auch eine angenehmere dunckelgru&#x0364;-<lb/>
ne Farbe in weiß kie&#x017F;elharten Lu&#x017F;t-Ga&#x0364;n-<lb/>
gen vergnu&#x0364;gter vor&#x017F;tellet, als die Roth-<lb/>
Buche, deren Bla&#x0364;tter Winters-Zeit fe-<lb/>
&#x017F;te daran &#x017F;itzen bleiben, unge&#x017F;talter Far-<lb/>
be &#x017F;ind, und Fru&#x0364;hjahrs die Ga&#x0364;nge ha&#x0364;uf-<lb/>
fig ver&#x017F;chu&#x0364;tten, daß immer darnach zu<lb/>
reinigen und zu &#x017F;a&#x0364;ubern i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#in">V</hi>on der <hi rendition="#in">A</hi>e&#x017F;che.</hi> </head><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Baum, welcher hier zu Lande<lb/>
&#x017F;ehr ha&#x0364;uffig in einem feuchten Grund,<lb/>
doch gutem Boden, als im Spreewalde,<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t und nach &#x017F;einem alten Sprich-<lb/>
wort: Der Ae&#x017F;chen-Baum, liebet feuch-<lb/>
ten Raum, hierinnen wohl eintrifft, i&#x017F;t<lb/>
ein zur fe&#x017F;ten Arbeit nicht allein derer<lb/>
Stellmacher, &#x017F;ondern auch der Ti&#x017F;chler<lb/>
und anderer Handwercker &#x017F;ehr nu&#x0364;tzli-<lb/>
ches und dienliches Holtz. Er wird von<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Homero</hi> trefflich hoch geru&#x0364;hmt, daß<lb/>
er zu des <hi rendition="#aq">Achillis</hi> Spieß gebrauchet ge-<lb/>
we&#x017F;en: Wie er dann auch, weil das Holtz<lb/>
leichte, und wegen &#x017F;eines vielen Saffts,<lb/>
&#x017F;o er bey &#x017F;ich fu&#x0364;hret, &#x017F;ehr za&#x0364;he i&#x017F;t, nicht<lb/>
allein zu vielem Gera&#x0364;the, als &#x017F;ehr tauer-<lb/>
hafftig, &#x017F;ondern auch ab&#x017F;onderlich, da er<lb/>
ohne diß &#x017F;o &#x017F;chnell und leichte in der Ju-<lb/>
gend gerade aufwa&#x0364;ch&#x017F;et, zu <hi rendition="#aq">Piquen-</hi>Fa&#x0364;hn-<lb/>
leins- und der kurtzen Gewehr Stangen<lb/>
vor Kriegesleute gebrauchet wird. Er<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;et &#x017F;ehr &#x017F;chnell auf, gleichwie a&#x0364;ndere<lb/>
Sommerlatten, al&#x017F;o, daß er, nachdem<lb/>
der Boden getrieben, in 6. 8. oder 10.<lb/>
Jahren zu hauen bereits erwach&#x017F;en; Fu&#x0364;h-<lb/>
ret innerlich einen wei&#x017F;&#x017F;en Kern oder<lb/>
Marck, wie das Ha&#x017F;elholtz, hat fa&#x017F;t der-<lb/>
gleichen Bla&#x0364;tter wie die Ebi&#x017F;ch, oder ro-<lb/>
the Vogelbeern, &#x017F;chmahl und zanckigt;<lb/>
Der Stamm hat eine wei&#x017F;&#x017F;e Rinde, fa&#x017F;t<lb/>
wie die Ae&#x017F;pe und i&#x017F;t innerlich von einem<lb/>
zehen &#x017F;ehr fe&#x017F;ten und flaßerichten Holtz,<lb/>
woraus &#x017F;cho&#x0364;ne Ti&#x017F;che, ingleichen Schra&#x0364;n-<lb/>
cke und ander Bedu&#x0364;rffnu&#x0364;ß gemachet<lb/>
werden: Am allerwunder&#x017F;am&#x017F;ten aber<lb/>
i&#x017F;t fa&#x017F;t de&#x017F;&#x017F;en Eigen&#x017F;chafft und &#x017F;onderba-<lb/>
re innerliche Krafft, wegen &#x017F;einer heil-<lb/>
machenden glu&#x0364;cklichen Curen <hi rendition="#aq">per Sympa-<lb/>
thiam,</hi> und <hi rendition="#aq">Antipathiam</hi> wider allen Gifft,<lb/>
&#x017F;o nach des hochberu&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Plinii</hi> Mey-<lb/>
nung nicht genug&#x017F;am zu begreiffen, und<lb/>
i&#x017F;t hierbey nicht zu u&#x0364;bergehen, was maa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en aus vielen <hi rendition="#aq">Experimentis</hi> genug&#x017F;am<lb/>
bekant, daß aus dem <hi rendition="#aq">Decocto</hi> der Ae-<lb/>
&#x017F;chen-Wurtzel-Safft ein <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;al-Anti-<lb/>
dotum</hi> wider allen Gifft bereitet werde,<lb/>
womit viele glu&#x0364;ckliche Sachen in der <hi rendition="#aq">Me-<lb/><cb/>
dicin</hi> vielfa&#x0364;lfa&#x0364;ltig <hi rendition="#aq">probir</hi>et erfunden wor-<lb/>
den, &#x017F;ondern es wird auch <hi rendition="#aq">eo ip&#x017F;o</hi> ein<lb/>
Wund-Holtz genennet, weil es, wann<lb/>
die Wunden damit be&#x017F;trichen wer-<lb/>
den, <hi rendition="#aq">per Sympathiam</hi> eine &#x017F;onder-<lb/>
bahre heilende Krafft hat, das Blut<lb/>
zu &#x017F;tillen, Ge&#x017F;chwu&#x0364;r zu verhindern,<lb/>
auch gar Abwe&#x017F;ender Wunden glu&#x0364;cklich<lb/>
zu heylen, welches einige am Sanct<lb/>
Johannis Tage, andere dargegen am<lb/>
Char-Freytage, jedoch fru&#x0364;he vor der<lb/>
Sonnen Auffgang und unbe&#x017F;chrien ab-<lb/>
hauen &#x017F;ollen, &#x017F;o aber gar aberglaubich<lb/>
heraus kommt. Jch halte vielmehr da-<lb/>
vor, daß vieles hierinnen verborgen,<lb/>
welches die Natur <hi rendition="#aq">&#x017F;ua &#x017F;ponte</hi> die&#x017F;em<lb/>
Holtze gegeben und be&#x017F;agter Aberglau-<lb/>
ben gewi&#x017F;&#x017F;er Tage unno&#x0364;thig &#x017F;ey, maa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bedencklich, daß die&#x017F;er Baum nicht eher<lb/>
blu&#x0364;het, als biß die Schlangen des Fru&#x0364;h-<lb/>
lings aus der Erde, und nicht eher &#x017F;ein<lb/>
Laub wirfft, biß dis Ungezieffer &#x017F;ich wie-<lb/>
der verborgen, daraus de&#x017F;&#x017F;elbigen &#x017F;on-<lb/>
derbahre <hi rendition="#aq">Aver&#x017F;ion</hi> abzunehmen, zu-<lb/>
mahl, da auch die Schlangen vor de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Laub und Schatten &#x017F;ich &#x017F;chrecklich fu&#x0364;rch-<lb/>
ten &#x017F;ollen. Der Saame &#x017F;tecket in klei-<lb/>
nen la&#x0364;nglichten zuge&#x017F;pitzten Hu&#x0364;l&#x017F;en, dar-<lb/>
innen ein kleiner Kern, hart und roth,<lb/>
wie ein Haberkorn mit einem Flu&#x0364;gel<lb/>
auf Tangel-Art, doch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Ge&#x017F;talt,<lb/>
befindlich; J&#x017F;t herbe und bitter vom Ge-<lb/>
&#x017F;chmack, o&#x0364;hlichter <hi rendition="#aq">Sub&#x017F;tanz</hi> und liegt<lb/>
u&#x0364;ber Jahr und Tag, auch noch la&#x0364;nger,<lb/>
ehe er aufgehet, nachdem die Witterung<lb/>
einfa&#x0364;llt. Son&#x017F;ten i&#x017F;t de&#x017F;&#x017F;en Laub ab&#x017F;on-<lb/>
derlich vortrefflich beru&#x0364;hmt und nu&#x0364;tzlich,<lb/>
nicht allein in der Wirth&#x017F;chafft zur Fu&#x0364;t-<lb/>
terung fu&#x0364;r Rind- und Schaaff-Vieh,<lb/>
&#x017F;ondern auch vor das Wildpreth, und hat<lb/>
hierinnen, weil es viel &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und ange-<lb/>
nehmer, mehrern Vorzug vor der be-<lb/>
kanten Dorff-Ru&#x0364;&#x017F;ter und deren Laub,<lb/>
als welches &#x017F;on&#x017F;ten auch zu fu&#x0364;ttern &#x017F;ehr<lb/>
gebrauchet wird. Dieweil es nun ob-<lb/>
be&#x017F;agter maa&#x017F;&#x017F;en ein Wund-Holtz &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;oll, la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich viele daraus Krippen,<lb/>
Backtro&#x0364;ge, Mulden, ja Va&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, Kan-<lb/>
nen, Becher und Teller machen, denn<lb/>
es leydet, wie gemeldet, durch &#x017F;eine na-<lb/>
tu&#x0364;rliche Eigen&#x017F;chafft nicht allein keinen<lb/>
Gifft, Spinnen und dergleichen, &#x017F;on-<lb/>
dern heilet auch alles innerliche wunder-<lb/>
&#x017F;am, al&#x017F;o gar, daß theils Leute de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Sa&#x0364;ge-Mehl oder gepu&#x0364;lverte Rinde ein-<lb/>
nehmen. <hi rendition="#aq">Per traditionem</hi> &#x017F;oll des <hi rendition="#aq">U-<lb/>
riæ</hi> Mord-Brieff hiervon gewe&#x017F;en &#x017F;eyn,<lb/>
welches ich dahin ge&#x017F;tellet &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0095] Von der Erden. haͤlt, auch eine angenehmere dunckelgruͤ- ne Farbe in weiß kieſelharten Luſt-Gaͤn- gen vergnuͤgter vorſtellet, als die Roth- Buche, deren Blaͤtter Winters-Zeit fe- ſte daran ſitzen bleiben, ungeſtalter Far- be ſind, und Fruͤhjahrs die Gaͤnge haͤuf- fig verſchuͤtten, daß immer darnach zu reinigen und zu ſaͤubern iſt. Von der Aeſche. Dieſer Baum, welcher hier zu Lande ſehr haͤuffig in einem feuchten Grund, doch gutem Boden, als im Spreewalde, waͤchſt und nach ſeinem alten Sprich- wort: Der Aeſchen-Baum, liebet feuch- ten Raum, hierinnen wohl eintrifft, iſt ein zur feſten Arbeit nicht allein derer Stellmacher, ſondern auch der Tiſchler und anderer Handwercker ſehr nuͤtzli- ches und dienliches Holtz. Er wird von dem Homero trefflich hoch geruͤhmt, daß er zu des Achillis Spieß gebrauchet ge- weſen: Wie er dann auch, weil das Holtz leichte, und wegen ſeines vielen Saffts, ſo er bey ſich fuͤhret, ſehr zaͤhe iſt, nicht allein zu vielem Geraͤthe, als ſehr tauer- hafftig, ſondern auch abſonderlich, da er ohne diß ſo ſchnell und leichte in der Ju- gend gerade aufwaͤchſet, zu Piquen-Faͤhn- leins- und der kurtzen Gewehr Stangen vor Kriegesleute gebrauchet wird. Er waͤchſet ſehr ſchnell auf, gleichwie aͤndere Sommerlatten, alſo, daß er, nachdem der Boden getrieben, in 6. 8. oder 10. Jahren zu hauen bereits erwachſen; Fuͤh- ret innerlich einen weiſſen Kern oder Marck, wie das Haſelholtz, hat faſt der- gleichen Blaͤtter wie die Ebiſch, oder ro- the Vogelbeern, ſchmahl und zanckigt; Der Stamm hat eine weiſſe Rinde, faſt wie die Aeſpe und iſt innerlich von einem zehen ſehr feſten und flaßerichten Holtz, woraus ſchoͤne Tiſche, ingleichen Schraͤn- cke und ander Beduͤrffnuͤß gemachet werden: Am allerwunderſamſten aber iſt faſt deſſen Eigenſchafft und ſonderba- re innerliche Krafft, wegen ſeiner heil- machenden gluͤcklichen Curen per Sympa- thiam, und Antipathiam wider allen Gifft, ſo nach des hochberuͤhmten Plinii Mey- nung nicht genugſam zu begreiffen, und iſt hierbey nicht zu uͤbergehen, was maaſ- ſen aus vielen Experimentis genugſam bekant, daß aus dem Decocto der Ae- ſchen-Wurtzel-Safft ein Univerſal-Anti- dotum wider allen Gifft bereitet werde, womit viele gluͤckliche Sachen in der Me- dicin vielfaͤlfaͤltig probiret erfunden wor- den, ſondern es wird auch eo ipſo ein Wund-Holtz genennet, weil es, wann die Wunden damit beſtrichen wer- den, per Sympathiam eine ſonder- bahre heilende Krafft hat, das Blut zu ſtillen, Geſchwuͤr zu verhindern, auch gar Abweſender Wunden gluͤcklich zu heylen, welches einige am Sanct Johannis Tage, andere dargegen am Char-Freytage, jedoch fruͤhe vor der Sonnen Auffgang und unbeſchrien ab- hauen ſollen, ſo aber gar aberglaubich heraus kommt. Jch halte vielmehr da- vor, daß vieles hierinnen verborgen, welches die Natur ſua ſponte dieſem Holtze gegeben und beſagter Aberglau- ben gewiſſer Tage unnoͤthig ſey, maaſſen bedencklich, daß dieſer Baum nicht eher bluͤhet, als biß die Schlangen des Fruͤh- lings aus der Erde, und nicht eher ſein Laub wirfft, biß dis Ungezieffer ſich wie- der verborgen, daraus deſſelbigen ſon- derbahre Averſion abzunehmen, zu- mahl, da auch die Schlangen vor deſſen Laub und Schatten ſich ſchrecklich fuͤrch- ten ſollen. Der Saame ſtecket in klei- nen laͤnglichten zugeſpitzten Huͤlſen, dar- innen ein kleiner Kern, hart und roth, wie ein Haberkorn mit einem Fluͤgel auf Tangel-Art, doch groͤſſerer Geſtalt, befindlich; Jſt herbe und bitter vom Ge- ſchmack, oͤhlichter Subſtanz und liegt uͤber Jahr und Tag, auch noch laͤnger, ehe er aufgehet, nachdem die Witterung einfaͤllt. Sonſten iſt deſſen Laub abſon- derlich vortrefflich beruͤhmt und nuͤtzlich, nicht allein in der Wirthſchafft zur Fuͤt- terung fuͤr Rind- und Schaaff-Vieh, ſondern auch vor das Wildpreth, und hat hierinnen, weil es viel ſuͤſſer und ange- nehmer, mehrern Vorzug vor der be- kanten Dorff-Ruͤſter und deren Laub, als welches ſonſten auch zu fuͤttern ſehr gebrauchet wird. Dieweil es nun ob- beſagter maaſſen ein Wund-Holtz ſeyn ſoll, laſſen ſich viele daraus Krippen, Backtroͤge, Mulden, ja Vaͤſſer, Kan- nen, Becher und Teller machen, denn es leydet, wie gemeldet, durch ſeine na- tuͤrliche Eigenſchafft nicht allein keinen Gifft, Spinnen und dergleichen, ſon- dern heilet auch alles innerliche wunder- ſam, alſo gar, daß theils Leute deſſen Saͤge-Mehl oder gepuͤlverte Rinde ein- nehmen. Per traditionem ſoll des U- riæ Mord-Brieff hiervon geweſen ſeyn, welches ich dahin geſtellet ſeyn laſſe. Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/95
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/95>, abgerufen am 23.11.2024.