Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.
Von der Erden. [Spaltenumbruch]
dessen Saame am füglichsten auskäu-men, wachsen und bald auffschiessen, auch von widerwärtiger contrairer übeler Witterung am wachsen nicht verhindert werden möge. Es stehet aber insge- mein aller Baum-Saame sehr feste an denen Zweigen, ehe und bevor er reiff geworden; Da er aber nun seine Zeit vollkommen erlanget und ferner keinen Zugang mehr zu hoffen hat, fället er durch der Sonnen Hitze, des Regens Feuchtigkeit und der Winde Zerthei- lung ab, und appliciret sich zu fernerer Vermehrung. So er nun die Erde bey seiner ersteren Ankunfft berühret, deren natürlichen Feuchtigkeit aus innerlichem Trieb an sich ziehet, und die Atomi der Erden, als die Matrix solcher Geburt ei- nes hierzu geschickten Climatis, vermit- telst der warmen mineralischen Dünste sich zugleich eindringen, so schwillet von der Hitze und Feuchtigkeit die Materie des erfüllten Saamen-Korns auff, biß es auffbricht oder käumet, und kleine Fäßgen zeiget, welche ferner die Erde er- greiffen, durch die Poros einwurtzeln, zum Wachßthum mehrere Feuchtigkeit an sich ziehen, und solcher Gestalt ihre Geburts-Statt nehmen; Dieweiln nun casu fortuito zum öfftern solcher Baum- Saame im Herabfallen entweder auff die Aeste, Blätter, andere Bäume, Stäm- me oder Sträucher, Felßen oder Steine, Mooß oder Laub, und dergleichen fället, also die Erde zu seinem Wachßthum nicht genugsam erreichen kan, sondern ohne Nutzen liegen bleibet, so verzehret er sich in sich selbst, verdirbet und vergehet, entweder von der Kälte, Frost, grosser Dürre oder ersticket sonsten im Mooß oder Graß, wird von Vögeln gefressen, oder kömmet anderswo umb. Deshal- ben hat der allweise Schöpffer durch die gütige Natur desto mehrern Uberfluß des Baum-Saamens verordnet, da- mit kein Geschlecht der Bäume, zu gros- sem Schaden der Menschen und Thiere, untergehen und verlohren seyn solle: Maassen ohne diß nicht alle Jahre der Saamen gerathen will, sondern, nach- dem die Witterung einfället, vermehret oder verringert sich auch die Natur und Fruchtbarkeit des Baums. Derohal- ben solte man sich hierinnen nicht eben gar zuviel auf die gütige Natur verlas- sen, und nur das Holtz vertilgen, nicht aber auf den Wiederwachß bedacht seyn, sondern es könte nicht schaden, wann [Spaltenumbruch] man mehrere Sorgfalt brauchte, und durch Säung des Baum-Saamens, vermittelst Göttlicher Hülffe, die wüste und leere abgehauene Holtz-Flecke wie- derumb anwüchsig machte, indem ja gnugsam bekant, wie geschwind ein Baum in einer kurtzen Zeit umbgehauen und verbrauchet ist; Dagegen solcher lange Zeit wachsen muß, ehe er zum Gebrauch dienlich werden kan. Wundersam hat die Natur den Saamen der Bäume so fleißig und wohl verwahret, und ihn vor allem Schaden, äuserlichem Frost und Hitze mit harten Schuppen oder Sta- cheln beschirmet, dem Kern aber sowohl äuserlich eine feste Haut, als innerlich ein besonderes Häutlein und zu seiner lang- wierigen Conservation eine Terpentini- sche Olität oder einen Balsamum innatum mit einer verborgenen Wärme mitge- theilet, wodurch er aus innerlichem Trieb die äuserlichen Accidentia, als die durch der Sonnen-Hitze extrahirte Tincturam e matrice zu seinem Nutriment coaguli- ret, biß er durch solche innerliche Wür- ckung aufbrechen muß, und zu käumen und wurtzeln anfängt, wie ich bereits vorhero erwehnet habe. Ja man siehet ferner die bewundernswürdige Allmacht GOttes bey Aufkäumung solches Saa- mens, so klein er auch seyn möchte, in- dem in kurtzer Zeit an solchem durch ein Microscopium augenscheinlich und klar die Wurtzeln, der Stamm, die Aeste oder Zweige, die Schaale, ja gar die Blätter oder Tangel wahrgenommen werden können, jedoch alles, wie leicht zu erach- ten, gleich einem weichen warmen flüs- sigen, oder zarten Wachs, so auch ein rauher Wind leicht verderben könte, wann die Natur nicht auf ihren Schutz bedacht wäre, und manchen Schaden verhütete. Aus dergleichem wilden Baum-Saamen nun und desselben Phy- sicalischen Naturmäßigen Eigenschafft, wie ich bereits beschrieben habe, wachsen die wilden Bäume aus der Erden her- vor, wann entweder natürlicher Weise von denen stehend gelassenen Saamen- Bäumen bey vollkommener Zeitigung der Saame eines jeden Baumes Art von sich selbst, so er reiff worden, herab fället und vom Winde dissipiret wird, daß er gleichsam anfleucht, dahero der so genannte junge Anflug entstanden; Oder wenn an verwüsteten ruinirten und lee- ren Holtz-Plätzen, da kein Wiederwachß zu hoffen, durch des Menschen Fleiß und em- D 2
Von der Erden. [Spaltenumbruch]
deſſen Saame am fuͤglichſten auskaͤu-men, wachſen und bald auffſchieſſen, auch von widerwaͤrtiger contrairer uͤbeler Witterung am wachſen nicht verhindert werden moͤge. Es ſtehet aber insge- mein aller Baum-Saame ſehr feſte an denen Zweigen, ehe und bevor er reiff geworden; Da er aber nun ſeine Zeit vollkommen erlanget und ferner keinen Zugang mehr zu hoffen hat, faͤllet er durch der Sonnen Hitze, des Regens Feuchtigkeit und der Winde Zerthei- lung ab, und appliciret ſich zu fernerer Vermehrung. So er nun die Erde bey ſeiner erſteren Ankunfft beruͤhret, deren natuͤrlichen Feuchtigkeit aus innerlichem Trieb an ſich ziehet, und die Atomi der Erden, als die Matrix ſolcher Geburt ei- nes hierzu geſchickten Climatis, vermit- telſt der warmen mineraliſchen Duͤnſte ſich zugleich eindringen, ſo ſchwillet von der Hitze und Feuchtigkeit die Materie des erfuͤllten Saamen-Korns auff, biß es auffbricht oder kaͤumet, und kleine Faͤßgen zeiget, welche ferner die Erde er- greiffen, durch die Poros einwurtzeln, zum Wachßthum mehrere Feuchtigkeit an ſich ziehen, und ſolcher Geſtalt ihre Geburts-Statt nehmen; Dieweiln nun caſu fortuito zum oͤfftern ſolcher Baum- Saame im Herabfallen entweder auff die Aeſte, Blaͤtter, andere Baͤume, Staͤm- me oder Straͤucher, Felßen oder Steine, Mooß oder Laub, und dergleichen faͤllet, alſo die Erde zu ſeinem Wachßthum nicht genugſam erreichen kan, ſondern ohne Nutzen liegen bleibet, ſo verzehret er ſich in ſich ſelbſt, verdirbet und vergehet, entweder von der Kaͤlte, Froſt, groſſer Duͤrre oder erſticket ſonſten im Mooß oder Graß, wird von Voͤgeln gefreſſen, oder koͤmmet anderswo umb. Deshal- ben hat der allweiſe Schoͤpffer durch die guͤtige Natur deſto mehrern Uberfluß des Baum-Saamens verordnet, da- mit kein Geſchlecht der Baͤume, zu groſ- ſem Schaden der Menſchen und Thiere, untergehen und verlohren ſeyn ſolle: Maaſſen ohne diß nicht alle Jahre der Saamen gerathen will, ſondern, nach- dem die Witterung einfaͤllet, vermehret oder verringert ſich auch die Natur und Fruchtbarkeit des Baums. Derohal- ben ſolte man ſich hierinnen nicht eben gar zuviel auf die guͤtige Natur verlaſ- ſen, und nur das Holtz vertilgen, nicht aber auf den Wiederwachß bedacht ſeyn, ſondern es koͤnte nicht ſchaden, wann [Spaltenumbruch] man mehrere Sorgfalt brauchte, und durch Saͤung des Baum-Saamens, vermittelſt Goͤttlicher Huͤlffe, die wuͤſte und leere abgehauene Holtz-Flecke wie- derumb anwuͤchſig machte, indem ja gnugſam bekant, wie geſchwind ein Baum in einer kurtzen Zeit umbgehauen und verbrauchet iſt; Dagegen ſolcher lange Zeit wachſen muß, ehe er zum Gebrauch dienlich werden kan. Wunderſam hat die Natur den Saamen der Baͤume ſo fleißig und wohl verwahret, und ihn vor allem Schaden, aͤuſerlichem Froſt und Hitze mit harten Schuppen oder Sta- cheln beſchirmet, dem Kern aber ſowohl aͤuſerlich eine feſte Haut, als innerlich ein beſonderes Haͤutlein und zu ſeiner lang- wierigen Conſervation eine Terpentini- ſche Olitaͤt oder einen Balſamum innatum mit einer verborgenen Waͤrme mitge- theilet, wodurch er aus innerlichem Trieb die aͤuſerlichen Accidentia, als die durch der Sonnen-Hitze extrahirte Tincturam e matrice zu ſeinem Nutriment coaguli- ret, biß er durch ſolche innerliche Wuͤr- ckung aufbrechen muß, und zu kaͤumen und wurtzeln anfaͤngt, wie ich bereits vorhero erwehnet habe. Ja man ſiehet ferner die bewundernswuͤrdige Allmacht GOttes bey Aufkaͤumung ſolches Saa- mens, ſo klein er auch ſeyn moͤchte, in- dem in kurtzer Zeit an ſolchem durch ein Microſcopium augenſcheinlich und klar die Wurtzeln, der Stamm, die Aeſte oder Zweige, die Schaale, ja gar die Blaͤtter oder Tangel wahrgenommen werden koͤnnen, jedoch alles, wie leicht zu erach- ten, gleich einem weichen warmen fluͤſ- ſigen, oder zarten Wachs, ſo auch ein rauher Wind leicht verderben koͤnte, wann die Natur nicht auf ihren Schutz bedacht waͤre, und manchen Schaden verhuͤtete. Aus dergleichem wilden Baum-Saamen nun und deſſelben Phy- ſicaliſchen Naturmaͤßigen Eigenſchafft, wie ich bereits beſchrieben habe, wachſen die wilden Baͤume aus der Erden her- vor, wann entweder natuͤrlicher Weiſe von denen ſtehend gelaſſenen Saamen- Baͤumen bey vollkommener Zeitigung der Saame eines jeden Baumes Art von ſich ſelbſt, ſo er reiff worden, herab faͤllet und vom Winde diſſipiret wird, daß er gleichſam anfleucht, dahero der ſo genannte junge Anflug entſtanden; Oder wenn an verwuͤſteten ruinirten und lee- ren Holtz-Plaͤtzen, da kein Wiederwachß zu hoffen, durch des Menſchen Fleiß und em- D 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0087" n="27"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Erden.</hi></fw><lb/><cb/> deſſen Saame am fuͤglichſten auskaͤu-<lb/> men, wachſen und bald auffſchieſſen, auch<lb/> von widerwaͤrtiger <hi rendition="#aq">contrair</hi>er uͤbeler<lb/> Witterung am wachſen nicht verhindert<lb/> werden moͤge. Es ſtehet aber insge-<lb/> mein aller Baum-Saame ſehr feſte an<lb/> denen Zweigen, ehe und bevor er reiff<lb/> geworden; Da er aber nun ſeine Zeit<lb/> vollkommen erlanget und ferner keinen<lb/> Zugang mehr zu hoffen hat, faͤllet er<lb/> durch der Sonnen Hitze, des Regens<lb/> Feuchtigkeit und der Winde Zerthei-<lb/> lung ab, und <hi rendition="#aq">applicir</hi>et ſich zu fernerer<lb/> Vermehrung. So er nun die Erde bey<lb/> ſeiner erſteren Ankunfft beruͤhret, deren<lb/> natuͤrlichen Feuchtigkeit aus innerlichem<lb/> Trieb an ſich ziehet, und die <hi rendition="#aq">Atomi</hi> der<lb/> Erden, als die <hi rendition="#aq">Matrix</hi> ſolcher Geburt ei-<lb/> nes hierzu geſchickten <hi rendition="#aq">Climatis,</hi> vermit-<lb/> telſt der warmen <hi rendition="#aq">minerali</hi>ſchen Duͤnſte<lb/> ſich zugleich eindringen, ſo ſchwillet von<lb/> der Hitze und Feuchtigkeit die Materie<lb/> des erfuͤllten Saamen-Korns auff, biß<lb/> es auffbricht oder kaͤumet, und kleine<lb/> Faͤßgen zeiget, welche ferner die Erde er-<lb/> greiffen, durch die <hi rendition="#aq">Poros</hi> einwurtzeln,<lb/> zum Wachßthum mehrere Feuchtigkeit<lb/> an ſich ziehen, und ſolcher Geſtalt ihre<lb/> Geburts-Statt nehmen; Dieweiln nun<lb/><hi rendition="#aq">caſu fortuito</hi> zum oͤfftern ſolcher Baum-<lb/> Saame im Herabfallen entweder auff die<lb/> Aeſte, Blaͤtter, andere Baͤume, Staͤm-<lb/> me oder Straͤucher, Felßen oder Steine,<lb/> Mooß oder Laub, und dergleichen faͤllet,<lb/> alſo die Erde zu ſeinem Wachßthum nicht<lb/> genugſam erreichen kan, ſondern ohne<lb/> Nutzen liegen bleibet, ſo verzehret er ſich<lb/> in ſich ſelbſt, verdirbet und vergehet,<lb/> entweder von der Kaͤlte, Froſt, groſſer<lb/> Duͤrre oder erſticket ſonſten im Mooß<lb/> oder Graß, wird von Voͤgeln gefreſſen,<lb/> oder koͤmmet anderswo umb. Deshal-<lb/> ben hat der allweiſe Schoͤpffer durch die<lb/> guͤtige Natur deſto mehrern Uberfluß<lb/> des Baum-Saamens verordnet, da-<lb/> mit kein Geſchlecht der Baͤume, zu groſ-<lb/> ſem Schaden der Menſchen und Thiere,<lb/> untergehen und verlohren ſeyn ſolle:<lb/> Maaſſen ohne diß nicht alle Jahre der<lb/> Saamen gerathen will, ſondern, nach-<lb/> dem die Witterung einfaͤllet, vermehret<lb/> oder verringert ſich auch die Natur und<lb/> Fruchtbarkeit des Baums. Derohal-<lb/> ben ſolte man ſich hierinnen nicht eben<lb/> gar zuviel auf die guͤtige Natur verlaſ-<lb/> ſen, und nur das Holtz vertilgen, nicht<lb/> aber auf den Wiederwachß bedacht ſeyn,<lb/> ſondern es koͤnte nicht ſchaden, wann<lb/><cb/> man mehrere Sorgfalt brauchte, und<lb/> durch Saͤung des Baum-Saamens,<lb/> vermittelſt Goͤttlicher Huͤlffe, die wuͤſte<lb/> und leere abgehauene Holtz-Flecke wie-<lb/> derumb anwuͤchſig machte, indem ja<lb/> gnugſam bekant, wie geſchwind ein Baum<lb/> in einer kurtzen Zeit umbgehauen und<lb/> verbrauchet iſt; Dagegen ſolcher lange<lb/> Zeit wachſen muß, ehe er zum Gebrauch<lb/> dienlich werden kan. Wunderſam hat<lb/> die Natur den Saamen der Baͤume ſo<lb/> fleißig und wohl verwahret, und ihn<lb/> vor allem Schaden, aͤuſerlichem Froſt und<lb/> Hitze mit harten Schuppen oder Sta-<lb/> cheln beſchirmet, dem Kern aber ſowohl<lb/> aͤuſerlich eine feſte Haut, als innerlich ein<lb/> beſonderes Haͤutlein und zu ſeiner lang-<lb/> wierigen <hi rendition="#aq">Conſervation</hi> eine Terpentini-<lb/> ſche <hi rendition="#aq">Olit</hi>aͤt oder einen <hi rendition="#aq">Balſamum innatum</hi><lb/> mit einer verborgenen Waͤrme mitge-<lb/> theilet, wodurch er aus innerlichem Trieb<lb/> die aͤuſerlichen <hi rendition="#aq">Accidentia,</hi> als die durch<lb/> der Sonnen-Hitze <hi rendition="#aq">extrahirt</hi>e <hi rendition="#aq">Tincturam<lb/> e matrice</hi> zu ſeinem <hi rendition="#aq">Nutriment coaguli-</hi><lb/> ret, biß er durch ſolche innerliche Wuͤr-<lb/> ckung aufbrechen muß, und zu kaͤumen<lb/> und wurtzeln anfaͤngt, wie ich bereits<lb/> vorhero erwehnet habe. Ja man ſiehet<lb/> ferner die bewundernswuͤrdige Allmacht<lb/> GOttes bey Aufkaͤumung ſolches Saa-<lb/> mens, ſo klein er auch ſeyn moͤchte, in-<lb/> dem in kurtzer Zeit an ſolchem durch ein<lb/><hi rendition="#aq">Microſcopium</hi> augenſcheinlich und klar<lb/> die Wurtzeln, der Stamm, die Aeſte oder<lb/> Zweige, die Schaale, ja gar die Blaͤtter<lb/> oder Tangel wahrgenommen werden<lb/> koͤnnen, jedoch alles, wie leicht zu erach-<lb/> ten, gleich einem weichen warmen fluͤſ-<lb/> ſigen, oder zarten Wachs, ſo auch ein<lb/> rauher Wind leicht verderben koͤnte,<lb/> wann die Natur nicht auf ihren Schutz<lb/> bedacht waͤre, und manchen Schaden<lb/> verhuͤtete. Aus dergleichem wilden<lb/> Baum-Saamen nun und deſſelben <hi rendition="#aq">Phy-<lb/> ſicali</hi>ſchen Naturmaͤßigen Eigenſchafft,<lb/> wie ich bereits beſchrieben habe, wachſen<lb/> die wilden Baͤume aus der Erden her-<lb/> vor, wann entweder natuͤrlicher Weiſe<lb/> von denen ſtehend gelaſſenen Saamen-<lb/> Baͤumen bey vollkommener Zeitigung<lb/> der Saame eines jeden Baumes Art<lb/> von ſich ſelbſt, ſo er reiff worden, herab<lb/> faͤllet und vom Winde <hi rendition="#aq">diſſipir</hi>et wird,<lb/> daß er gleichſam anfleucht, dahero der ſo<lb/> genannte junge Anflug entſtanden; Oder<lb/> wenn an verwuͤſteten <hi rendition="#aq">ruinirt</hi>en und lee-<lb/> ren Holtz-Plaͤtzen, da kein Wiederwachß<lb/> zu hoffen, durch des Menſchen Fleiß und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><fw place="bottom" type="catch">em-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0087]
Von der Erden.
deſſen Saame am fuͤglichſten auskaͤu-
men, wachſen und bald auffſchieſſen, auch
von widerwaͤrtiger contrairer uͤbeler
Witterung am wachſen nicht verhindert
werden moͤge. Es ſtehet aber insge-
mein aller Baum-Saame ſehr feſte an
denen Zweigen, ehe und bevor er reiff
geworden; Da er aber nun ſeine Zeit
vollkommen erlanget und ferner keinen
Zugang mehr zu hoffen hat, faͤllet er
durch der Sonnen Hitze, des Regens
Feuchtigkeit und der Winde Zerthei-
lung ab, und appliciret ſich zu fernerer
Vermehrung. So er nun die Erde bey
ſeiner erſteren Ankunfft beruͤhret, deren
natuͤrlichen Feuchtigkeit aus innerlichem
Trieb an ſich ziehet, und die Atomi der
Erden, als die Matrix ſolcher Geburt ei-
nes hierzu geſchickten Climatis, vermit-
telſt der warmen mineraliſchen Duͤnſte
ſich zugleich eindringen, ſo ſchwillet von
der Hitze und Feuchtigkeit die Materie
des erfuͤllten Saamen-Korns auff, biß
es auffbricht oder kaͤumet, und kleine
Faͤßgen zeiget, welche ferner die Erde er-
greiffen, durch die Poros einwurtzeln,
zum Wachßthum mehrere Feuchtigkeit
an ſich ziehen, und ſolcher Geſtalt ihre
Geburts-Statt nehmen; Dieweiln nun
caſu fortuito zum oͤfftern ſolcher Baum-
Saame im Herabfallen entweder auff die
Aeſte, Blaͤtter, andere Baͤume, Staͤm-
me oder Straͤucher, Felßen oder Steine,
Mooß oder Laub, und dergleichen faͤllet,
alſo die Erde zu ſeinem Wachßthum nicht
genugſam erreichen kan, ſondern ohne
Nutzen liegen bleibet, ſo verzehret er ſich
in ſich ſelbſt, verdirbet und vergehet,
entweder von der Kaͤlte, Froſt, groſſer
Duͤrre oder erſticket ſonſten im Mooß
oder Graß, wird von Voͤgeln gefreſſen,
oder koͤmmet anderswo umb. Deshal-
ben hat der allweiſe Schoͤpffer durch die
guͤtige Natur deſto mehrern Uberfluß
des Baum-Saamens verordnet, da-
mit kein Geſchlecht der Baͤume, zu groſ-
ſem Schaden der Menſchen und Thiere,
untergehen und verlohren ſeyn ſolle:
Maaſſen ohne diß nicht alle Jahre der
Saamen gerathen will, ſondern, nach-
dem die Witterung einfaͤllet, vermehret
oder verringert ſich auch die Natur und
Fruchtbarkeit des Baums. Derohal-
ben ſolte man ſich hierinnen nicht eben
gar zuviel auf die guͤtige Natur verlaſ-
ſen, und nur das Holtz vertilgen, nicht
aber auf den Wiederwachß bedacht ſeyn,
ſondern es koͤnte nicht ſchaden, wann
man mehrere Sorgfalt brauchte, und
durch Saͤung des Baum-Saamens,
vermittelſt Goͤttlicher Huͤlffe, die wuͤſte
und leere abgehauene Holtz-Flecke wie-
derumb anwuͤchſig machte, indem ja
gnugſam bekant, wie geſchwind ein Baum
in einer kurtzen Zeit umbgehauen und
verbrauchet iſt; Dagegen ſolcher lange
Zeit wachſen muß, ehe er zum Gebrauch
dienlich werden kan. Wunderſam hat
die Natur den Saamen der Baͤume ſo
fleißig und wohl verwahret, und ihn
vor allem Schaden, aͤuſerlichem Froſt und
Hitze mit harten Schuppen oder Sta-
cheln beſchirmet, dem Kern aber ſowohl
aͤuſerlich eine feſte Haut, als innerlich ein
beſonderes Haͤutlein und zu ſeiner lang-
wierigen Conſervation eine Terpentini-
ſche Olitaͤt oder einen Balſamum innatum
mit einer verborgenen Waͤrme mitge-
theilet, wodurch er aus innerlichem Trieb
die aͤuſerlichen Accidentia, als die durch
der Sonnen-Hitze extrahirte Tincturam
e matrice zu ſeinem Nutriment coaguli-
ret, biß er durch ſolche innerliche Wuͤr-
ckung aufbrechen muß, und zu kaͤumen
und wurtzeln anfaͤngt, wie ich bereits
vorhero erwehnet habe. Ja man ſiehet
ferner die bewundernswuͤrdige Allmacht
GOttes bey Aufkaͤumung ſolches Saa-
mens, ſo klein er auch ſeyn moͤchte, in-
dem in kurtzer Zeit an ſolchem durch ein
Microſcopium augenſcheinlich und klar
die Wurtzeln, der Stamm, die Aeſte oder
Zweige, die Schaale, ja gar die Blaͤtter
oder Tangel wahrgenommen werden
koͤnnen, jedoch alles, wie leicht zu erach-
ten, gleich einem weichen warmen fluͤſ-
ſigen, oder zarten Wachs, ſo auch ein
rauher Wind leicht verderben koͤnte,
wann die Natur nicht auf ihren Schutz
bedacht waͤre, und manchen Schaden
verhuͤtete. Aus dergleichem wilden
Baum-Saamen nun und deſſelben Phy-
ſicaliſchen Naturmaͤßigen Eigenſchafft,
wie ich bereits beſchrieben habe, wachſen
die wilden Baͤume aus der Erden her-
vor, wann entweder natuͤrlicher Weiſe
von denen ſtehend gelaſſenen Saamen-
Baͤumen bey vollkommener Zeitigung
der Saame eines jeden Baumes Art
von ſich ſelbſt, ſo er reiff worden, herab
faͤllet und vom Winde diſſipiret wird,
daß er gleichſam anfleucht, dahero der ſo
genannte junge Anflug entſtanden; Oder
wenn an verwuͤſteten ruinirten und lee-
ren Holtz-Plaͤtzen, da kein Wiederwachß
zu hoffen, durch des Menſchen Fleiß und
em-
D 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/87 |
| Zitationshilfe: | Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/87>, abgerufen am 24.11.2024. |
