Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Von der Erden. [Spaltenumbruch]
thum, Farben, Gestalt, Früchten, Saa-men und Blättern unterschieden, und weißlich geordnet, damit eines vor dem andern wohl erkannt, und hieraus des- sen Allmacht betrachtet und gepriesen werden möge. Es sind aber derersel- ben zweyerley Gattungen, nemlich zah- me und wilde. Die zahmen wer- den von uns armen Menschen in denen Gärten und Wohnungen mit grosser Mühe im Schweiß unsers Angesichts und vielem Fleiß erzogen, und deren Früchte unter Erkänntniß unserer ersten Eltern Sünden-Falls von uns genossen. Was aber die wilden Bäume betrifft, welche durch Göttliche Allmacht ohne Zuthu- ung des Menschen ihren Stamm viel höher, geräder, stärcker und ansehnlicher treiben und so herrlich wachsen, so haben dieselben deshalben unstreitig eine weit mehrere Praerogativ vor denen zahmen. Die wilden Bäume in Heyden und Wäl- dern sind abermahls zweyerley Gattun- gen, als das Blat- oder Laub-Holtz, und fer- ner das Tangel- oder Hartz-Holtz. Das Laub-Holtz nun zu beschreiben, ist zu wis- sen, daß, wann im Herbst dessen Blätter verwelcket, abgefallen, und der Safft in dem Schooß der Erden verschlossen lieget, dessen Zweiglein den kalten und strengen Winter über rauch, mit Frost überzo- gen, traurig stehen: Dargegen aber bald im Frühling durch ihren Safft mit jungen Knospen sich versehen, anmuthig ausschlagen, blühen, grünen und sich mit Laub, Früchten und Saamen, jeg- liches nach seiner Art, vortrefflich schmü- cken, als wie die Eiche, die Buche, die Esche, Bircke, Erle und Aespe, oder der- gleichen laubigte Bäume mehr. Sol- che gedachte Gattungen des Laub-Holtzes sind abermahls zweyerley, als hartes und weiches, zu deren Unterscheid das harte ein kleineres Blat träget, von dunckeler grüner Farbe und öhlichter Substanz, ist auch von härterem und tauerhaffterm Holtze, als die andere Art, so grösser Laub, von lichterer Farbe, und wei- cherm Holtz hat, wie man denn in der Er- fahrung befinden wird, daß die Stein- Eiche härter, als die Roth-Eiche ist, und die Weiß-Buche fester, als die Roth-Bu- che; dergleichen man auch von der Weiß- und Roth-Bircke, Weiß- und Roth-Er- le und anderem Laub-Holtz sagen kan. Das Tangel- oder Hartz-Holtz hat zwar keine Blätter, ist aber an de- ren statt mit desto schönern holdseelig [Spaltenumbruch] angenehmen grünen Nadeln gezieret. Und weil dessen balsamischer und aro- matischer erzeugender Nahrungs- Safft von einer Terpentinischen öhlich- ten Substanz, und dahero vor der Kälte und Nässe sehr tauerhafftig ist, so grü- net er die Sommers- und gantze Win- ters-Zeit über höchst angenehm und er- freulich, jedoch wie der Safft des Früh- Jahrs, wie vorgemeldet, in die Höhe und also in die Aeste sich ausbreitet, und denen Zweiglein frischen Safft mitthei- let, purgiret sich die Natur, und versün- gert nach und nach durch junge Na- deln, da die alten, deren Zugang die Kälte verschlossen, ausgedorret abfallen, und dahero die jungen eine gantz neue schöne Gestalt lieblich vorstellen, biß sie ihre Zapffen und den darinnen befindli- chen Saamen, jedes nach seiner Art, des Herbsts, wenn er reiff, abfallen lassen; Dergleichen der Ceder-Baum, der Tan- nen-Baum, die Fichte und Kiefer, auch der Wacholder- und Tax-Baum sind, unter welchem Tangel-Holtze eben, wie bey dem Laub-Holtze, hartes und wei- ches zu finden seyn soll, so die Praxis am besten lehret. Uberdiß statuiren nicht allein die meisten Philosophi, sondern auch die erfahrnen Holtz-Arbeiter, daß auch wiederumb bey jeder Gattung Hol- tzes zweyerley Naturen, oder Geschlech- ter seyen: als Männliches und Weibli- ches, deren das Männliche keine Früchte oder Saamen trage; Das Weibliche hingegen sich mit Früchten und Saamen vermehre. Beyde Geschlechter hätten wundersam ihre Correspondenz durch die Wurtzeln in der Erden, stünden aber äuserlich züchtig, keusch und erbar, wel- ches andere vor eine Muthmassung hal- ten, und ich in seinem Werth beruhen lassen will; doch ist vieles in der Natur uns Menschen verborgen. So nun der Baum ein wohl temperirtes Clima und Constellationem Coeli oder gute Witte- rung und recht gesunden Erdboden an- getroffen, anbey von Menschen und Vieh, besonders von der unverschämten Holtz-Axt Friede hat, so kan er auch sein natürliches Alter wohl erlangen, und auf unglaubliche Jahre hinaus bringen, welches durch viele Experimenta erweiß- lich ist. Daferne aber in der Erden mo- rastiger Grund, mineralische oder Vitrio- lische Dünste, Kalck, Mürbel-Farbe, oder todte Erde sich befinden, und die Wurtzel treffen, auch wüthende Sturm-Winde die D
Von der Erden. [Spaltenumbruch]
thum, Farben, Geſtalt, Fruͤchten, Saa-men und Blaͤttern unterſchieden, und weißlich geordnet, damit eines vor dem andern wohl erkannt, und hieraus deſ- ſen Allmacht betrachtet und geprieſen werden moͤge. Es ſind aber dererſel- ben zweyerley Gattungen, nemlich zah- me und wilde. Die zahmen wer- den von uns armen Menſchen in denen Gaͤrten und Wohnungen mit groſſer Muͤhe im Schweiß unſers Angeſichts und vielem Fleiß erzogen, und deren Fruͤchte unter Erkaͤnntniß unſerer erſten Eltern Suͤnden-Falls von uns genoſſen. Was aber die wilden Baͤume betrifft, welche durch Goͤttliche Allmacht ohne Zuthu- ung des Menſchen ihren Stamm viel hoͤher, geraͤder, ſtaͤrcker und anſehnlicher treiben und ſo herrlich wachſen, ſo haben dieſelben deshalben unſtreitig eine weit mehrere Prærogativ vor denen zahmen. Die wilden Baͤume in Heyden und Waͤl- dern ſind abermahls zweyerley Gattun- gen, als das Blat- odeꝛ Laub-Holtz, und fer- ner das Tangel- oder Hartz-Holtz. Das Laub-Holtz nun zu beſchreiben, iſt zu wiſ- ſen, daß, wann im Herbſt deſſen Blaͤtter verwelcket, abgefallen, und der Safft in dem Schooß der Erden verſchloſſen lieget, deſſen Zweiglein den kalten und ſtrengen Winter uͤber rauch, mit Froſt uͤberzo- gen, traurig ſtehen: Dargegen aber bald im Fruͤhling durch ihren Safft mit jungen Knoſpen ſich verſehen, anmuthig ausſchlagen, bluͤhen, gruͤnen und ſich mit Laub, Fruͤchten und Saamen, jeg- liches nach ſeiner Art, vortrefflich ſchmuͤ- cken, als wie die Eiche, die Buche, die Eſche, Bircke, Erle und Aeſpe, oder der- gleichen laubigte Baͤume mehr. Sol- che gedachte Gattungen des Laub-Holtzes ſind abermahls zweyerley, als hartes und weiches, zu deren Unterſcheid das harte ein kleineres Blat traͤget, von dunckeler gruͤner Farbe und oͤhlichter Subſtanz, iſt auch von haͤrterem und tauerhaffterm Holtze, als die andere Art, ſo groͤſſer Laub, von lichterer Farbe, und wei- cherm Holtz hat, wie man denn in der Er- fahrung befinden wird, daß die Stein- Eiche haͤrter, als die Roth-Eiche iſt, und die Weiß-Buche feſter, als die Roth-Bu- che; dergleichen man auch von der Weiß- und Roth-Bircke, Weiß- und Roth-Er- le und anderem Laub-Holtz ſagen kan. Das Tangel- oder Hartz-Holtz hat zwar keine Blaͤtter, iſt aber an de- ren ſtatt mit deſto ſchoͤnern holdſeelig [Spaltenumbruch] angenehmen gruͤnen Nadeln gezieret. Und weil deſſen balſamiſcher und aro- matiſcher erzeugender Nahrungs- Safft von einer Terpentiniſchen oͤhlich- ten Subſtanz, und dahero vor der Kaͤlte und Naͤſſe ſehr tauerhafftig iſt, ſo gruͤ- net er die Sommers- und gantze Win- ters-Zeit uͤber hoͤchſt angenehm und er- freulich, jedoch wie der Safft des Fruͤh- Jahrs, wie vorgemeldet, in die Hoͤhe und alſo in die Aeſte ſich ausbreitet, und denen Zweiglein friſchen Safft mitthei- let, purgiret ſich die Natur, und verſuͤn- gert nach und nach durch junge Na- deln, da die alten, deren Zugang die Kaͤlte verſchloſſen, ausgedorret abfallen, und dahero die jungen eine gantz neue ſchoͤne Geſtalt lieblich vorſtellen, biß ſie ihre Zapffen und den darinnen befindli- chen Saamen, jedes nach ſeiner Art, des Herbſts, wenn er reiff, abfallen laſſen; Dergleichen der Ceder-Baum, der Tan- nen-Baum, die Fichte und Kiefer, auch der Wacholder- und Tax-Baum ſind, unter welchem Tangel-Holtze eben, wie bey dem Laub-Holtze, hartes und wei- ches zu finden ſeyn ſoll, ſo die Praxis am beſten lehret. Uberdiß ſtatuiren nicht allein die meiſten Philoſophi, ſondern auch die erfahrnen Holtz-Arbeiter, daß auch wiederumb bey jeder Gattung Hol- tzes zweyerley Naturen, oder Geſchlech- ter ſeyen: als Maͤnnliches und Weibli- ches, deren das Maͤnnliche keine Fruͤchte oder Saamen trage; Das Weibliche hingegen ſich mit Fruͤchten und Saamen vermehre. Beyde Geſchlechter haͤtten wunderſam ihre Correſpondenz durch die Wurtzeln in der Erden, ſtuͤnden aber aͤuſerlich zuͤchtig, keuſch und erbar, wel- ches andere vor eine Muthmaſſung hal- ten, und ich in ſeinem Werth beruhen laſſen will; doch iſt vieles in der Natur uns Menſchen verborgen. So nun der Baum ein wohl temperirtes Clima und Conſtellationem Coeli oder gute Witte- rung und recht geſunden Erdboden an- getroffen, anbey von Menſchen und Vieh, beſonders von der unverſchaͤmten Holtz-Axt Friede hat, ſo kan er auch ſein natuͤrliches Alter wohl erlangen, und auf unglaubliche Jahre hinaus bringen, welches durch viele Experimenta erweiß- lich iſt. Daferne aber in der Erden mo- raſtiger Grund, mineraliſche oder Vitrio- liſche Duͤnſte, Kalck, Muͤrbel-Farbe, oder todte Erde ſich befinden, und die Wurtzel treffen, auch wuͤthende Sturm-Winde die D
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Was<lb/> aber die wilden Baͤume betrifft, welche<lb/> durch Goͤttliche Allmacht ohne Zuthu-<lb/> ung des Menſchen ihren Stamm viel<lb/> hoͤher, geraͤder, ſtaͤrcker und anſehnlicher<lb/> treiben und ſo herrlich wachſen, ſo haben<lb/> dieſelben deshalben unſtreitig eine weit<lb/> mehrere <hi rendition="#aq">Prærogativ</hi> vor denen zahmen.<lb/> Die wilden Baͤume in Heyden und Waͤl-<lb/> dern ſind abermahls zweyerley Gattun-<lb/> gen, als das Blat- odeꝛ Laub-Holtz, und fer-<lb/> ner das Tangel- oder Hartz-Holtz. 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Von der Erden.
thum, Farben, Geſtalt, Fruͤchten, Saa-
men und Blaͤttern unterſchieden, und
weißlich geordnet, damit eines vor dem
andern wohl erkannt, und hieraus deſ-
ſen Allmacht betrachtet und geprieſen
werden moͤge. Es ſind aber dererſel-
ben zweyerley Gattungen, nemlich zah-
me und wilde. Die zahmen wer-
den von uns armen Menſchen in denen
Gaͤrten und Wohnungen mit groſſer
Muͤhe im Schweiß unſers Angeſichts und
vielem Fleiß erzogen, und deren Fruͤchte
unter Erkaͤnntniß unſerer erſten Eltern
Suͤnden-Falls von uns genoſſen. Was
aber die wilden Baͤume betrifft, welche
durch Goͤttliche Allmacht ohne Zuthu-
ung des Menſchen ihren Stamm viel
hoͤher, geraͤder, ſtaͤrcker und anſehnlicher
treiben und ſo herrlich wachſen, ſo haben
dieſelben deshalben unſtreitig eine weit
mehrere Prærogativ vor denen zahmen.
Die wilden Baͤume in Heyden und Waͤl-
dern ſind abermahls zweyerley Gattun-
gen, als das Blat- odeꝛ Laub-Holtz, und fer-
ner das Tangel- oder Hartz-Holtz. Das
Laub-Holtz nun zu beſchreiben, iſt zu wiſ-
ſen, daß, wann im Herbſt deſſen Blaͤtter
verwelcket, abgefallen, und der Safft in
dem Schooß der Erden verſchloſſen lieget,
deſſen Zweiglein den kalten und ſtrengen
Winter uͤber rauch, mit Froſt uͤberzo-
gen, traurig ſtehen: Dargegen aber
bald im Fruͤhling durch ihren Safft mit
jungen Knoſpen ſich verſehen, anmuthig
ausſchlagen, bluͤhen, gruͤnen und ſich
mit Laub, Fruͤchten und Saamen, jeg-
liches nach ſeiner Art, vortrefflich ſchmuͤ-
cken, als wie die Eiche, die Buche, die
Eſche, Bircke, Erle und Aeſpe, oder der-
gleichen laubigte Baͤume mehr. Sol-
che gedachte Gattungen des Laub-Holtzes
ſind abermahls zweyerley, als hartes und
weiches, zu deren Unterſcheid das harte
ein kleineres Blat traͤget, von dunckeler
gruͤner Farbe und oͤhlichter Subſtanz, iſt
auch von haͤrterem und tauerhaffterm
Holtze, als die andere Art, ſo groͤſſer
Laub, von lichterer Farbe, und wei-
cherm Holtz hat, wie man denn in der Er-
fahrung befinden wird, daß die Stein-
Eiche haͤrter, als die Roth-Eiche iſt, und
die Weiß-Buche feſter, als die Roth-Bu-
che; dergleichen man auch von der Weiß-
und Roth-Bircke, Weiß- und Roth-Er-
le und anderem Laub-Holtz ſagen kan.
Das Tangel- oder Hartz-Holtz hat
zwar keine Blaͤtter, iſt aber an de-
ren ſtatt mit deſto ſchoͤnern holdſeelig
angenehmen gruͤnen Nadeln gezieret.
Und weil deſſen balſamiſcher und aro-
matiſcher erzeugender Nahrungs-
Safft von einer Terpentiniſchen oͤhlich-
ten Subſtanz, und dahero vor der Kaͤlte
und Naͤſſe ſehr tauerhafftig iſt, ſo gruͤ-
net er die Sommers- und gantze Win-
ters-Zeit uͤber hoͤchſt angenehm und er-
freulich, jedoch wie der Safft des Fruͤh-
Jahrs, wie vorgemeldet, in die Hoͤhe
und alſo in die Aeſte ſich ausbreitet, und
denen Zweiglein friſchen Safft mitthei-
let, purgiret ſich die Natur, und verſuͤn-
gert nach und nach durch junge Na-
deln, da die alten, deren Zugang die
Kaͤlte verſchloſſen, ausgedorret abfallen,
und dahero die jungen eine gantz neue
ſchoͤne Geſtalt lieblich vorſtellen, biß ſie
ihre Zapffen und den darinnen befindli-
chen Saamen, jedes nach ſeiner Art, des
Herbſts, wenn er reiff, abfallen laſſen;
Dergleichen der Ceder-Baum, der Tan-
nen-Baum, die Fichte und Kiefer, auch
der Wacholder- und Tax-Baum ſind,
unter welchem Tangel-Holtze eben, wie
bey dem Laub-Holtze, hartes und wei-
ches zu finden ſeyn ſoll, ſo die Praxis am
beſten lehret. Uberdiß ſtatuiren nicht
allein die meiſten Philoſophi, ſondern
auch die erfahrnen Holtz-Arbeiter, daß
auch wiederumb bey jeder Gattung Hol-
tzes zweyerley Naturen, oder Geſchlech-
ter ſeyen: als Maͤnnliches und Weibli-
ches, deren das Maͤnnliche keine Fruͤchte
oder Saamen trage; Das Weibliche
hingegen ſich mit Fruͤchten und Saamen
vermehre. Beyde Geſchlechter haͤtten
wunderſam ihre Correſpondenz durch
die Wurtzeln in der Erden, ſtuͤnden aber
aͤuſerlich zuͤchtig, keuſch und erbar, wel-
ches andere vor eine Muthmaſſung hal-
ten, und ich in ſeinem Werth beruhen
laſſen will; doch iſt vieles in der Natur
uns Menſchen verborgen. So nun der
Baum ein wohl temperirtes Clima und
Conſtellationem Coeli oder gute Witte-
rung und recht geſunden Erdboden an-
getroffen, anbey von Menſchen und
Vieh, beſonders von der unverſchaͤmten
Holtz-Axt Friede hat, ſo kan er auch ſein
natuͤrliches Alter wohl erlangen, und
auf unglaubliche Jahre hinaus bringen,
welches durch viele Experimenta erweiß-
lich iſt. Daferne aber in der Erden mo-
raſtiger Grund, mineraliſche oder Vitrio-
liſche Duͤnſte, Kalck, Muͤrbel-Farbe, oder
todte Erde ſich befinden, und die Wurtzel
treffen, auch wuͤthende Sturm-Winde
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