So ist auch jederzeit die rechtliche Ver- muthung wider denjenigen, der einen andern in seinem ruhigen Besitz zu be- unruhigen unterstehet. Denn man ver- muthet allezeit von dem Besitzer, daß er das Seinige rechtmäßiger Weise besitze, und nicht einem andern Eingriff thue, insonderheit wenn er zu Anfang des Processes in ruhiger und rechtmäßiger Possess gewesen. Daher pflegt man auch zu sagen, daß Niemand den bekanten [Spaltenumbruch]
Rechten nach schuldig sey, die Ursach sei- ner Possess anzugeben. Aus welchem allen bey dieser Frage schlüßlich folget, daß die Herrn S. ihres hergebrachten Besitzes, Possession, vel qvasi, die Re- he zu fahen, befugt, und daraus ohne Recht nicht getrieben werden sollen, sich auch darbey wohl handhaben mögen. Und ist also diese Frage gäntzlich re- solvirt.
MATTHIAE BERLICHII Decisio CCLI.
Jnhalt.
Ob und wie weit nach dem Verstande der Landes-Ordnung/Tit.daß kei- ner auf des andern Grund und Boden jagen solle; Das Jagd-Recht auf frembden Gütern durch die Verjährung erlangt werden kan?
[Spaltenumbruch]
Jn der Landes-Ordnung,Tit.daß keiner auf des andern Grund und Boden etc. pag. 77. wird gesagt, daß ein Jeglicher mit jagen, hetzen und Wey- dewerck zu treiben auf sein und seiner Leute Eigenthum bleiben, und eines an- dern Güter damit nicht berühren solle, ungeacht einiges Fürwenden, daß es an- ders hergebracht und im Gebrauch gehal- ten, alles bey Poen hundert Gülden, so offt eines gegen den andern dißfalls vor- gebracht. Es wurde gezweifelt, von wel- chem Eigenthum diß wohl zu verstehen wäre, ob von dem Ober-Eigenthum, und nutzbaren zugleich, welches einem auf seinen und seiner Unterthanen Gütern zustehet, oder nur von dem Ober-Eigen- thum, welches einer auf etzlichen Gütern hat, einem andern von Adel aber auf denselben das nutzbare Eigenthum zu- kommt, so, daß der andere Edelmann, der das nutzbare Eigenthum hat, nichts destoweniger auf denselben jagen und das Jagd-Regal durch Verjährung erlangen könne.
Das erstere scheinet zu behaupten zu seyn, weil das Eigenthum eines Gutes von der Gerichtsbarkeit sehr unterschie- den ist. So ist solches noch mehr in die- sem Fall zu erkennen, weil in der Lan- des-Ordnung gesagt wird, daß einer auf seinem und seiner Leute Eigenthum ja- gen könne. Es werden aber eigenthüm- liche Güter diejenigen genennet, die einer besitzt und von denen man Revenuen zie- het, ob man sie schon von einem andern [Spaltenumbruch]
als ein Lehn erkennet. Schneidevvin. §. Ferc. Inst. de R. D. & A. R. D.
Es haben aber die Leipziger Rechtsge- lehrten auff Anfrage H. von S. im Mo- nat Septembr. anno 1623. folgender Ge- stalt gesprochen: Habt ihr und eure Vorfahren auf obgedachtem Werther über rechtsverwehrte Zeit euch der Jag- den gebrauchet, welche euch aber der H. Herr G. zu S. anjetzo in Streit zu zie- hen sich unterfangen. Ob nun wohl die vorerwehnten Verträge und darauff vorbehaltene Gerichte der Wichtigkeit nicht seyn, daß ihr darunter hiebevor ge- habten Jagd entsetzet werden köntet: Dennoch aber und dieweil aus dem in mehrerwehnten Verträgen vermerckte Reservat, daß nehmlich die Anlagen des Werthers euch ohne Entgeld nicht fol- gen, sondern nach Anzahl der Aecker verzinset werden sollen, soviel zu schlüs- sen, daß Hochgedachter Herr Graf ihm das Dominium directum daran vorbe- halten, und vermöge Chur-Fürstlicher Sächßischer Landes-Ordnung Niemand auff des andern Grund und Boden, ungeachtet, da es auch gleich anders Her- kommens, zu jagen befugt ist; So blei- bet es auch dabey allenthalben billich, und ihr seyd euch des Jagens auf mehr besagtem Werther, dessen Anlagen und Zubehörungen zu enthalten schuldig. V. R. W. Denn derselbige Graf hat nicht nur das Dominium directum, welches stärcker ist, denn das nutzbahre, und diesem billig vorgezogen wird, son-
dern
Anhang unterſchiedener nuͤtzlicher
[Spaltenumbruch]
So iſt auch jederzeit die rechtliche Ver- muthung wider denjenigen, der einen andern in ſeinem ruhigen Beſitz zu be- unruhigen unterſtehet. Denn man ver- muthet allezeit von dem Beſitzer, daß er das Seinige rechtmaͤßiger Weiſe beſitze, und nicht einem andern Eingriff thue, inſonderheit wenn er zu Anfang des Proceſſes in ruhiger und rechtmaͤßiger Poſſeſſ geweſen. Daher pflegt man auch zu ſagen, daß Niemand den bekanten [Spaltenumbruch]
Rechten nach ſchuldig ſey, die Urſach ſei- ner Poſſeſſ anzugeben. Aus welchem allen bey dieſer Frage ſchluͤßlich folget, daß die Herrn S. ihres hergebrachten Beſitzes, Poſſeſſion, vel qvaſi, die Re- he zu fahen, befugt, und daraus ohne Recht nicht getrieben werden ſollen, ſich auch darbey wohl handhaben moͤgen. Und iſt alſo dieſe Frage gaͤntzlich re- ſolvirt.
MATTHIÆ BERLICHII Deciſio CCLI.
Jnhalt.
Ob und wie weit nach dem Verſtande der Landes-Ordnung/Tit.daß kei- ner auf des andern Grund und Boden jagen ſolle; Das Jagd-Recht auf frembden Guͤtern durch die Verjaͤhrung erlangt werden kan?
[Spaltenumbruch]
Jn der Landes-Ordnung,Tit.daß keiner auf des andern Grund und Boden ꝛc. pag. 77. wird geſagt, daß ein Jeglicher mit jagen, hetzen und Wey- dewerck zu treiben auf ſein und ſeiner Leute Eigenthum bleiben, und eines an- dern Guͤter damit nicht beruͤhren ſolle, ungeacht einiges Fuͤrwenden, daß es an- ders hergebracht und im Gebrauch gehal- ten, alles bey Poen hundert Guͤlden, ſo offt eines gegen den andern dißfalls vor- gebracht. Es wurde gezweifelt, von wel- chem Eigenthum diß wohl zu verſtehen waͤre, ob von dem Ober-Eigenthum, und nutzbaꝛen zugleich, welches einem auf ſeinen und ſeiner Unterthanen Guͤtern zuſtehet, oder nur von dem Ober-Eigen- thum, welches einer auf etzlichen Guͤtern hat, einem andern von Adel aber auf denſelben das nutzbare Eigenthum zu- kommt, ſo, daß der andere Edelmann, der das nutzbare Eigenthum hat, nichts deſtoweniger auf denſelben jagen und das Jagd-Regal durch Verjaͤhrung erlangen koͤnne.
Das erſtere ſcheinet zu behaupten zu ſeyn, weil das Eigenthum eines Gutes von der Gerichtsbarkeit ſehr unterſchie- den iſt. So iſt ſolches noch mehr in die- ſem Fall zu erkennen, weil in der Lan- des-Ordnung geſagt wird, daß einer auf ſeinem und ſeiner Leute Eigenthum ja- gen koͤnne. Es werden aber eigenthuͤm- liche Guͤter diejenigen genennet, die einer beſitzt und von denen man Revenuen zie- het, ob man ſie ſchon von einem andern [Spaltenumbruch]
als ein Lehn erkennet. Schneidevvin. §. Ferc. Inſt. de R. D. & A. R. D.
Es haben aber die Leipziger Rechtsge- lehrten auff Anfrage H. von S. im Mo- nat Septembr. anno 1623. folgender Ge- ſtalt geſprochen: Habt ihr und eure Vorfahren auf obgedachtem Werther uͤber rechtsverwehrte Zeit euch der Jag- den gebrauchet, welche euch aber der H. Herr G. zu S. anjetzo in Streit zu zie- hen ſich unterfangen. Ob nun wohl die vorerwehnten Vertraͤge und darauff vorbehaltene Gerichte der Wichtigkeit nicht ſeyn, daß ihr darunter hiebevor ge- habten Jagd entſetzet werden koͤntet: Dennoch aber und dieweil aus dem in mehrerwehnten Vertraͤgen vermerckte Reſervat, daß nehmlich die Anlagen des Werthers euch ohne Entgeld nicht fol- gen, ſondern nach Anzahl der Aecker verzinſet werden ſollen, ſoviel zu ſchluͤſ- ſen, daß Hochgedachter Herr Graf ihm das Dominium directum daran vorbe- halten, und vermoͤge Chur-Fuͤrſtlicher Saͤchßiſcher Landes-Ordnung Niemand auff des andern Grund und Boden, ungeachtet, da es auch gleich anders Her- kommens, zu jagen befugt iſt; So blei- bet es auch dabey allenthalben billich, und ihr ſeyd euch des Jagens auf mehr beſagtem Werther, deſſen Anlagen und Zubehoͤrungen zu enthalten ſchuldig. V. R. W. Denn derſelbige Graf hat nicht nur das Dominium directum, welches ſtaͤrcker iſt, denn das nutzbahre, und dieſem billig vorgezogen wird, ſon-
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Anhang unterſchiedener nuͤtzlicher
So iſt auch jederzeit die rechtliche Ver-
muthung wider denjenigen, der einen
andern in ſeinem ruhigen Beſitz zu be-
unruhigen unterſtehet. Denn man ver-
muthet allezeit von dem Beſitzer, daß er
das Seinige rechtmaͤßiger Weiſe beſitze,
und nicht einem andern Eingriff thue,
inſonderheit wenn er zu Anfang des
Proceſſes in ruhiger und rechtmaͤßiger
Poſſeſſ geweſen. Daher pflegt man auch
zu ſagen, daß Niemand den bekanten
Rechten nach ſchuldig ſey, die Urſach ſei-
ner Poſſeſſ anzugeben. Aus welchem
allen bey dieſer Frage ſchluͤßlich folget,
daß die Herrn S. ihres hergebrachten
Beſitzes, Poſſeſſion, vel qvaſi, die Re-
he zu fahen, befugt, und daraus ohne
Recht nicht getrieben werden ſollen, ſich
auch darbey wohl handhaben moͤgen.
Und iſt alſo dieſe Frage gaͤntzlich re-
ſolvirt.
MATTHIÆ BERLICHII
Deciſio CCLI.
Jnhalt.
Ob und wie weit nach dem Verſtande der Landes-Ordnung/ Tit. daß kei-
ner auf des andern Grund und Boden jagen ſolle; Das Jagd-Recht
auf frembden Guͤtern durch die Verjaͤhrung erlangt werden kan?
Jn der Landes-Ordnung, Tit. daß
keiner auf des andern Grund
und Boden ꝛc. pag. 77. wird geſagt, daß
ein Jeglicher mit jagen, hetzen und Wey-
dewerck zu treiben auf ſein und ſeiner
Leute Eigenthum bleiben, und eines an-
dern Guͤter damit nicht beruͤhren ſolle,
ungeacht einiges Fuͤrwenden, daß es an-
ders hergebracht und im Gebrauch gehal-
ten, alles bey Poen hundert Guͤlden, ſo
offt eines gegen den andern dißfalls vor-
gebracht. Es wurde gezweifelt, von wel-
chem Eigenthum diß wohl zu verſtehen
waͤre, ob von dem Ober-Eigenthum,
und nutzbaꝛen zugleich, welches einem auf
ſeinen und ſeiner Unterthanen Guͤtern
zuſtehet, oder nur von dem Ober-Eigen-
thum, welches einer auf etzlichen Guͤtern
hat, einem andern von Adel aber auf
denſelben das nutzbare Eigenthum zu-
kommt, ſo, daß der andere Edelmann,
der das nutzbare Eigenthum hat, nichts
deſtoweniger auf denſelben jagen und das
Jagd-Regal durch Verjaͤhrung erlangen
koͤnne.
Das erſtere ſcheinet zu behaupten zu
ſeyn, weil das Eigenthum eines Gutes
von der Gerichtsbarkeit ſehr unterſchie-
den iſt. So iſt ſolches noch mehr in die-
ſem Fall zu erkennen, weil in der Lan-
des-Ordnung geſagt wird, daß einer auf
ſeinem und ſeiner Leute Eigenthum ja-
gen koͤnne. Es werden aber eigenthuͤm-
liche Guͤter diejenigen genennet, die einer
beſitzt und von denen man Revenuen zie-
het, ob man ſie ſchon von einem andern
als ein Lehn erkennet. Schneidevvin. §.
Ferc. Inſt. de R. D. & A. R. D.
Es haben aber die Leipziger Rechtsge-
lehrten auff Anfrage H. von S. im Mo-
nat Septembr. anno 1623. folgender Ge-
ſtalt geſprochen: Habt ihr und eure
Vorfahren auf obgedachtem Werther
uͤber rechtsverwehrte Zeit euch der Jag-
den gebrauchet, welche euch aber der H.
Herr G. zu S. anjetzo in Streit zu zie-
hen ſich unterfangen. Ob nun wohl die
vorerwehnten Vertraͤge und darauff
vorbehaltene Gerichte der Wichtigkeit
nicht ſeyn, daß ihr darunter hiebevor ge-
habten Jagd entſetzet werden koͤntet:
Dennoch aber und dieweil aus dem in
mehrerwehnten Vertraͤgen vermerckte
Reſervat, daß nehmlich die Anlagen des
Werthers euch ohne Entgeld nicht fol-
gen, ſondern nach Anzahl der Aecker
verzinſet werden ſollen, ſoviel zu ſchluͤſ-
ſen, daß Hochgedachter Herr Graf ihm
das Dominium directum daran vorbe-
halten, und vermoͤge Chur-Fuͤrſtlicher
Saͤchßiſcher Landes-Ordnung Niemand
auff des andern Grund und Boden,
ungeachtet, da es auch gleich anders Her-
kommens, zu jagen befugt iſt; So blei-
bet es auch dabey allenthalben billich,
und ihr ſeyd euch des Jagens auf mehr
beſagtem Werther, deſſen Anlagen und
Zubehoͤrungen zu enthalten ſchuldig.
V. R. W. Denn derſelbige Graf hat
nicht nur das Dominium directum,
welches ſtaͤrcker iſt, denn das nutzbahre,
und dieſem billig vorgezogen wird, ſon-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/654>, abgerufen am 25.12.2024.
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