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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] prell oder grossem Geschrey, also: He,
he? hin,
und repetiret ohngefehr alle
zwantzig biß dreyßig Schritte solchen Zu-
spruch, ihn auffzumuntern, nachdem
der Hund von Natur ist; Denn hitzige
junge Hunde, die ohne dieß zu suchen
allzu grosse Begierde haben, die werden
durch vieles Zusprechen hiervon bald laut,
und ist ihnen hernacher schwerlich solches
abzugewöhnen; Faule Hunde aber mun-
tert man durch den Zuspruch desto besser
auff, mit mehrer Lust die Gefährde de-
sto fleißiger zu suchen. So nun der
Hund einige Gefährd findet, oder anfäl-
let, stehet man gleich gantz stock stille,
giebt dem Hund das Hänge-Seil mit
leiser Hand willig nach, zu sehen, was er
thut, ob er fort zu ziehen in Willens,
und was er vor sich habe, dann greifft
man mit beyden Händen am Hänge-
Seil an, biß zum Hunde, bücket sich zu
ihm, umb die Gefährde genauer zu er-
kennen, ob er richtig sey, und fraget ihn
freundlich: Was da, mein Mann? was
schleicht daher
? Wann nun der Hund
ferner an der Gefährd fest beharret, läs-
set man ihn zur rechten Hand am Hän-
ge-Seil hinaus fahren, und suchet wie-
derumb solch Gefährd, spricht zu ihm:
Nun laß sehen, mein Mann, laß sehen,
wo schleicht er hinaus?
So der Hund
die Gefährde findet, spricht man: Nun
richts aus, mein Mann, richts aus,
zu der Fährd, hin, hin.
So er nun
abermahl recht hat, lässet man ihn noch
eines in Bogen, wie gemeldet, vorgreif-
fen, umb zu sehen, ob der Hund die Ge-
fährde richtig behält, und spricht zu ihm:
Greiff wieder, mein Mann, zur Fährd,
hat sich gewendet, hin, hin.
So er
nun abermahls inne hält, und recht hat,
spricht man: Nun richtig, recht, laß
sehen, nun richtig, richtig:
Und so der
Hund stehet, spricht man: Wiedergang
laß sehen mein Mann,
und arbeitet ihn,
wie ich vorhero beschrieben habe: So er
nun abermahls recht hat, sagt man:
Hab Recht, mein Mann, hab Recht,
wieder wend dich, laß sehen.
So er zum
andern mahl stehet, spricht man zuletzt:
Habe Danck, mein Mann, hast Recht,
habe Danck, Danck.
Wann er nun letz-
lich stehet auf der Fährde, hilfft man ihm
mit der lincken Hand unter dem Halß
ein wenig empor, daß er gestreckt stehe,
und liebet ihn ab, mit freundlichen Wor-
ten, bestreichet ihn mit dem eichenen
Bruch umb die Augen, leget sodann den
[Spaltenumbruch] Bruch aufs Gefährd, ists ein Hirsch, die
Blätter vorwärts, weil er Gehörn
träget; Jsts aber ein Thier, die Blät-
ter hinterwärts, weil es hinten setzen
muß, und thut den Hund über die Ge-
fährd eine Ecke abtragen, und an einen
reinen Ort im Schatten, da kein Ge-
fährd ist, anbinden, und ruhen lassen.
Vor allen Dingen ist hierbey auch noch
nöthig dieses zu mercken, und halte ich
es vor das wichtigste: Nemlich, es ist be-
kant, daß nicht allenthalben einerley
Grund und Boden, vielweniger einer-
ley Landes-Art, Clima, Nahrung, Was-
ser und Erdreich zu finden ist, dahero es
auch unterschiedliche Hirsche giebet, von
verschiedenem gutem oder schlechtem Ge-
weyhe, grossen oder kleinen Lauff-Klau-
en, die sie auff der Erden bilden und for-
mir
en: Jn morastigen und weichen Lan-
den haben sie einen hohlen und breiten
Fuß nebst starcken Affter-Klauen, weil
die Feuchtigkeit das weiche schwammig-
te Horn und die Schalen an den Füs-
sen daselbst wachsend machet, dargegen
haben sie zwar auch im sandigten einen
grossen, aber darbey einen ebenen, und
platten Fuß, platte Ballen und die Sei-
ten an Schalen dicke, die Spitzen vorne
rund, und machen eine breite kurtze Ge-
fährd; Jn den steinigten und harten
Landen haben die Hirsche nicht eine so
grosse, aber eine besser formirte Fährd;
die Klauen sind runter, die Seiten di-
cker, aber stumpff und abgenutzet, auch
kleine Ballen. Wie nun die Gefährd
einer Landes-Art, so ist die Nahrung,
und folglich also das Gehörne beschaf-
fen. Dann die Auen-Hirsche haben
von wegen guter Weide ein breites von
einanderstehendes Gehörn, voller langen
Enden, kraußperrlicht und wohl gestallt,
doch mehrentheils bräunlicht; Die Sand-
Länder hingegen haben ein niedriges
Gehörn, dünne Stangen, und kleine En-
den, von blasser Farbe; Die Gebürg-
Hirsche aber haben ein starckes schwar-
tzes auffrechtstehendes Gehörn, perrlicht,
voller guter Eigenschafft, und das we-
gen der trefflichen Kräuter in Gebür-
gen. Weil es nun, wie gedacht, so vie-
lerley Boden giebet, als schwartzer, grau-
er, gelber, leimichter, rother, steinigter,
sandigter, thonigter, untermischter, kieß-
ligter, ja gar felßigter, kan man nicht
allzeit einerley finden, sondern man muß
täglich andern Erdboden, und vielerley
Gefährde derer Hirsche suchen, sich zu

üben.
K k

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] prell oder groſſem Geſchrey, alſo: He,
he? hin,
und repetiret ohngefehr alle
zwantzig biß dreyßig Schritte ſolchen Zu-
ſpruch, ihn auffzumuntern, nachdem
der Hund von Natur iſt; Denn hitzige
junge Hunde, die ohne dieß zu ſuchen
allzu groſſe Begierde haben, die werden
durch vieles Zuſpꝛechen hiervon bald laut,
und iſt ihnen hernacher ſchwerlich ſolches
abzugewoͤhnen; Faule Hunde aber mun-
tert man durch den Zuſpruch deſto beſſer
auff, mit mehrer Luſt die Gefaͤhrde de-
ſto fleißiger zu ſuchen. So nun der
Hund einige Gefaͤhrd findet, oder anfaͤl-
let, ſtehet man gleich gantz ſtock ſtille,
giebt dem Hund das Haͤnge-Seil mit
leiſer Hand willig nach, zu ſehen, was er
thut, ob er fort zu ziehen in Willens,
und was er vor ſich habe, dann greifft
man mit beyden Haͤnden am Haͤnge-
Seil an, biß zum Hunde, buͤcket ſich zu
ihm, umb die Gefaͤhrde genauer zu er-
kennen, ob er richtig ſey, und fraget ihn
freundlich: Was da, mein Mann? was
ſchleicht daher
? Wann nun der Hund
ferner an der Gefaͤhrd feſt beharret, laͤſ-
ſet man ihn zur rechten Hand am Haͤn-
ge-Seil hinaus fahren, und ſuchet wie-
derumb ſolch Gefaͤhrd, ſpricht zu ihm:
Nun laß ſehen, mein Mann, laß ſehen,
wo ſchleicht er hinaus?
So der Hund
die Gefaͤhrde findet, ſpricht man: Nun
richts aus, mein Mann, richts aus,
zu der Faͤhrd, hin, hin.
So er nun
abermahl recht hat, laͤſſet man ihn noch
eines in Bogen, wie gemeldet, vorgreif-
fen, umb zu ſehen, ob der Hund die Ge-
faͤhrde richtig behaͤlt, und ſpricht zu ihm:
Greiff wieder, mein Mann, zur Faͤhrd,
hat ſich gewendet, hin, hin.
So er
nun abermahls inne haͤlt, und recht hat,
ſpricht man: Nun richtig, recht, laß
ſehen, nun richtig, richtig:
Und ſo der
Hund ſtehet, ſpricht man: Wiedergang
laß ſehen mein Mann,
und arbeitet ihn,
wie ich vorhero beſchrieben habe: So er
nun abermahls recht hat, ſagt man:
Hab Recht, mein Mann, hab Recht,
wieder wend dich, laß ſehen.
So er zum
andern mahl ſtehet, ſpricht man zuletzt:
Habe Danck, mein Mann, haſt Recht,
habe Danck, Danck.
Wann er nun letz-
lich ſtehet auf der Faͤhrde, hilfft man ihm
mit der lincken Hand unter dem Halß
ein wenig empor, daß er geſtreckt ſtehe,
und liebet ihn ab, mit freundlichen Wor-
ten, beſtreichet ihn mit dem eichenen
Bruch umb die Augen, leget ſodann den
[Spaltenumbruch] Bruch aufs Gefaͤhrd, iſts ein Hirſch, die
Blaͤtter vorwaͤrts, weil er Gehoͤrn
traͤget; Jſts aber ein Thier, die Blaͤt-
ter hinterwaͤrts, weil es hinten ſetzen
muß, und thut den Hund uͤber die Ge-
faͤhrd eine Ecke abtragen, und an einen
reinen Ort im Schatten, da kein Ge-
faͤhrd iſt, anbinden, und ruhen laſſen.
Vor allen Dingen iſt hierbey auch noch
noͤthig dieſes zu mercken, und halte ich
es vor das wichtigſte: Nemlich, es iſt be-
kant, daß nicht allenthalben einerley
Grund und Boden, vielweniger einer-
ley Landes-Art, Clima, Nahrung, Waſ-
ſer und Erdreich zu finden iſt, dahero es
auch unterſchiedliche Hirſche giebet, von
verſchiedenem gutem oder ſchlechtem Ge-
weyhe, groſſen oder kleinen Lauff-Klau-
en, die ſie auff der Erden bilden und for-
mir
en: Jn moraſtigen und weichen Lan-
den haben ſie einen hohlen und breiten
Fuß nebſt ſtarcken Affter-Klauen, weil
die Feuchtigkeit das weiche ſchwammig-
te Horn und die Schalen an den Fuͤſ-
ſen daſelbſt wachſend machet, dargegen
haben ſie zwar auch im ſandigten einen
groſſen, aber darbey einen ebenen, und
platten Fuß, platte Ballen und die Sei-
ten an Schalen dicke, die Spitzen vorne
rund, und machen eine breite kurtze Ge-
faͤhrd; Jn den ſteinigten und harten
Landen haben die Hirſche nicht eine ſo
groſſe, aber eine beſſer formirte Faͤhrd;
die Klauen ſind runter, die Seiten di-
cker, aber ſtumpff und abgenutzet, auch
kleine Ballen. Wie nun die Gefaͤhrd
einer Landes-Art, ſo iſt die Nahrung,
und folglich alſo das Gehoͤrne beſchaf-
fen. Dann die Auen-Hirſche haben
von wegen guter Weide ein breites von
einanderſtehendes Gehoͤrn, voller langen
Enden, kraußperrlicht und wohl geſtallt,
doch mehrentheils braͤunlicht; Die Sand-
Laͤnder hingegen haben ein niedriges
Gehoͤrn, duͤnne Stangen, und kleine En-
den, von blaſſer Farbe; Die Gebuͤrg-
Hirſche aber haben ein ſtarckes ſchwar-
tzes auffrechtſtehendes Gehoͤrn, perrlicht,
voller guter Eigenſchafft, und das we-
gen der trefflichen Kraͤuter in Gebuͤr-
gen. Weil es nun, wie gedacht, ſo vie-
lerley Boden giebet, als ſchwartzer, grau-
er, gelber, leimichter, rother, ſteinigter,
ſandigter, thonigter, untermiſchter, kieß-
ligter, ja gar felßigter, kan man nicht
allzeit einerley finden, ſondern man muß
taͤglich andern Erdboden, und vielerley
Gefaͤhrde derer Hirſche ſuchen, ſich zu

uͤben.
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[257/0393] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. prell oder groſſem Geſchrey, alſo: He, he? hin, und repetiret ohngefehr alle zwantzig biß dreyßig Schritte ſolchen Zu- ſpruch, ihn auffzumuntern, nachdem der Hund von Natur iſt; Denn hitzige junge Hunde, die ohne dieß zu ſuchen allzu groſſe Begierde haben, die werden durch vieles Zuſpꝛechen hiervon bald laut, und iſt ihnen hernacher ſchwerlich ſolches abzugewoͤhnen; Faule Hunde aber mun- tert man durch den Zuſpruch deſto beſſer auff, mit mehrer Luſt die Gefaͤhrde de- ſto fleißiger zu ſuchen. So nun der Hund einige Gefaͤhrd findet, oder anfaͤl- let, ſtehet man gleich gantz ſtock ſtille, giebt dem Hund das Haͤnge-Seil mit leiſer Hand willig nach, zu ſehen, was er thut, ob er fort zu ziehen in Willens, und was er vor ſich habe, dann greifft man mit beyden Haͤnden am Haͤnge- Seil an, biß zum Hunde, buͤcket ſich zu ihm, umb die Gefaͤhrde genauer zu er- kennen, ob er richtig ſey, und fraget ihn freundlich: Was da, mein Mann? was ſchleicht daher? Wann nun der Hund ferner an der Gefaͤhrd feſt beharret, laͤſ- ſet man ihn zur rechten Hand am Haͤn- ge-Seil hinaus fahren, und ſuchet wie- derumb ſolch Gefaͤhrd, ſpricht zu ihm: Nun laß ſehen, mein Mann, laß ſehen, wo ſchleicht er hinaus? So der Hund die Gefaͤhrde findet, ſpricht man: Nun richts aus, mein Mann, richts aus, zu der Faͤhrd, hin, hin. So er nun abermahl recht hat, laͤſſet man ihn noch eines in Bogen, wie gemeldet, vorgreif- fen, umb zu ſehen, ob der Hund die Ge- faͤhrde richtig behaͤlt, und ſpricht zu ihm: Greiff wieder, mein Mann, zur Faͤhrd, hat ſich gewendet, hin, hin. So er nun abermahls inne haͤlt, und recht hat, ſpricht man: Nun richtig, recht, laß ſehen, nun richtig, richtig: Und ſo der Hund ſtehet, ſpricht man: Wiedergang laß ſehen mein Mann, und arbeitet ihn, wie ich vorhero beſchrieben habe: So er nun abermahls recht hat, ſagt man: Hab Recht, mein Mann, hab Recht, wieder wend dich, laß ſehen. So er zum andern mahl ſtehet, ſpricht man zuletzt: Habe Danck, mein Mann, haſt Recht, habe Danck, Danck. Wann er nun letz- lich ſtehet auf der Faͤhrde, hilfft man ihm mit der lincken Hand unter dem Halß ein wenig empor, daß er geſtreckt ſtehe, und liebet ihn ab, mit freundlichen Wor- ten, beſtreichet ihn mit dem eichenen Bruch umb die Augen, leget ſodann den Bruch aufs Gefaͤhrd, iſts ein Hirſch, die Blaͤtter vorwaͤrts, weil er Gehoͤrn traͤget; Jſts aber ein Thier, die Blaͤt- ter hinterwaͤrts, weil es hinten ſetzen muß, und thut den Hund uͤber die Ge- faͤhrd eine Ecke abtragen, und an einen reinen Ort im Schatten, da kein Ge- faͤhrd iſt, anbinden, und ruhen laſſen. Vor allen Dingen iſt hierbey auch noch noͤthig dieſes zu mercken, und halte ich es vor das wichtigſte: Nemlich, es iſt be- kant, daß nicht allenthalben einerley Grund und Boden, vielweniger einer- ley Landes-Art, Clima, Nahrung, Waſ- ſer und Erdreich zu finden iſt, dahero es auch unterſchiedliche Hirſche giebet, von verſchiedenem gutem oder ſchlechtem Ge- weyhe, groſſen oder kleinen Lauff-Klau- en, die ſie auff der Erden bilden und for- miren: Jn moraſtigen und weichen Lan- den haben ſie einen hohlen und breiten Fuß nebſt ſtarcken Affter-Klauen, weil die Feuchtigkeit das weiche ſchwammig- te Horn und die Schalen an den Fuͤſ- ſen daſelbſt wachſend machet, dargegen haben ſie zwar auch im ſandigten einen groſſen, aber darbey einen ebenen, und platten Fuß, platte Ballen und die Sei- ten an Schalen dicke, die Spitzen vorne rund, und machen eine breite kurtze Ge- faͤhrd; Jn den ſteinigten und harten Landen haben die Hirſche nicht eine ſo groſſe, aber eine beſſer formirte Faͤhrd; die Klauen ſind runter, die Seiten di- cker, aber ſtumpff und abgenutzet, auch kleine Ballen. Wie nun die Gefaͤhrd einer Landes-Art, ſo iſt die Nahrung, und folglich alſo das Gehoͤrne beſchaf- fen. Dann die Auen-Hirſche haben von wegen guter Weide ein breites von einanderſtehendes Gehoͤrn, voller langen Enden, kraußperrlicht und wohl geſtallt, doch mehrentheils braͤunlicht; Die Sand- Laͤnder hingegen haben ein niedriges Gehoͤrn, duͤnne Stangen, und kleine En- den, von blaſſer Farbe; Die Gebuͤrg- Hirſche aber haben ein ſtarckes ſchwar- tzes auffrechtſtehendes Gehoͤrn, perrlicht, voller guter Eigenſchafft, und das we- gen der trefflichen Kraͤuter in Gebuͤr- gen. Weil es nun, wie gedacht, ſo vie- lerley Boden giebet, als ſchwartzer, grau- er, gelber, leimichter, rother, ſteinigter, ſandigter, thonigter, untermiſchter, kieß- ligter, ja gar felßigter, kan man nicht allzeit einerley finden, ſondern man muß taͤglich andern Erdboden, und vielerley Gefaͤhrde derer Hirſche ſuchen, ſich zu uͤben. K k

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/393>, abgerufen am 16.07.2024.