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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] 10. biß 12. Enden zu melden; Vierd-
tens: Des Jagen abzustossen, mit nach
einander kurtzen Hief, reinlich geblasen;
Und letztens: Wiederumb einen langen
Hief, wie im Anfang, doch ohne Rundel o-
der Triller. Und sind die Hief-Hörner meist
dreyerley Gattungen, Thon oder Klang,
als Zincken von klarem Laut, worauff die
Jungen lernen, Mittel-Hörner, die ei-
nen mittelmäßigen Thon haben, und
Rüden-Hörner, die einen groben oder
tieffen Laut haben; Heut zu Tage aber
träget man meistens Halb-Rüden-Hör-
ner, weil die gantzen Rüden-Hörner gar
zu groß und unbeqvem sind. Es wer-
den dieselben von einem absonderlichen
Meister aus Büffels-Hörnern gemachet,
weich gekochet, in ein Klotz gebohrtes Loch
eingezwenget, das behörige Loch durch-
bohret, herausgenommen, äuserlich umb
das Mundstücke abgedrechselt; Vorn
am Schall-Horn mit rothem Wachs ge-
püffet, vom Riemer eingebunden, das
Horn-Fessel mit behörigen Schnallen und
Beschläg, doch dem Stande gemäß, von
silbern Dressen oder Corduanem Leder
mit stählerm Beschlag gemachet, und
angefesselt, worauf sich ein Horn-Satz
von Bocks- oder Hammel-Haaren ge-
höret, nebst einer grünen Schleife
Band. Jch muß hierbey dieses eröff-
nen, daß vor Alters dieser Horn-Satz
von einer gewissen Länge bräuchlich ge-
wesen: Weiln ein reisender Jäger von
der Straßen so weit einen Fuchs, Haasen
oder Ente, als einen Zehrpfennig schies-
sen durffte, worauff solches bey der Hoch-
löblichen Jägerey, als ein altes Herkom-
men, verblieben ist; wiewohl es man-
ches Orts vielleicht aus Unwissenheit gar
nicht getragen wird. Die gar uhralten
Teutschen hatten bey ihren Jagen nur
schlechte gemeine krumme Hörner, wie
sie gewachsen waren, wie dann annoch
heut zu Tage die Pohlen zu ihren Jagd-
Hunden dergleichen gebrauchen. Das
vornehmste aber, und die Ursach, war-
umb ein Horn getragen werden muß,
ist erstlich, umb solches in währendem
Treiben, wo er angestellet ist, durch drey
Hief zu melden; Jm Treiben das Jagen
zu blasen, und letzlich dienet es, einen Jä-
ger vom andern zu distinguiren, wie es
denn auch als ein Holtzgerechtes Zeichen
seine Bedeutung haben soll. Diß wäre al-
so vom Teutschen Horn genung vermel-
det. Wie nun aber von Rechtswegen
der Junge nur einen Gürtel und kein
[Spaltenumbruch] Horn-Fessel tragen darff, also gehöret sich
auch dem Jäger-Pursch wohl das Horn-
Fessel beschriebener Maassen zu tragen;
jedoch aber, wann er noch nicht recht
wehrhafft gemacht worden, keinen
Hirsch-Fänger, es sey denn auff der Rei-
se. Der Jäger-Pursch muß also nun-
mehro keine Jungens-Possen mehr vor-
nehmen, und seinen Verstand mit den
Jahren zunehmen lassen, alle vorhin
erzehlte Laster, davon in der Vorrede
gedacht, sonderlich diejenigen, worzu jun-
ge Leute ohne diß incliniren, als Sauffen,
Huren, und Spielen, gäntzlich lassen,
das Seinige fein zu rathe halten, und nicht
liederlich verthun, sonderlich aber, da
er nunmehro nichts zu thun, täglich ler-
nen, erstlich Holtzgerecht zu werden; Da
muß er sich ja nicht schämen, den einfäl-
tigsten Asch-Mann, Kohl-Brenner, Pech-
Mann, Klaffter-Schläger und Zimmer-
mann zu fragen: Lieber saget mir die-
ses oder jenes Holtzes Beschaffenheit, und
sie nicht anschnautzen, weniger verlachen,
sonst man wenig erfahren würde. Bey
dem Wildpräth, unter welchen der Hirsch
und das Schwein das vornehmste ist, je-
doch aber die andern nicht zu verwerffen
seyn, erkundige er sich nur bey den Hirten,
Schäfern, Feld-Hütern, oder alten Bau-
ern: Höret, habet ihr nicht einen Hirsch
oder Schwein gesehen? war es groß oder
klein gestalt, mager oder feist? Lieber weist
mir dessen Gefährde; Hieraus kan er
nun des Manns Ansage nach die Gefähr-
de und das Thier judiciren, sonsten bil-
det man sich immer einen Hirsch vor, wie
einen Ungarischen Ochsen groß, oder hat
er ja einen Hirsch von ferne lauffen se-
hen, glaubet er, es müße ein Hirsch seyn
wie der andere, das wäre gefehlet, wel-
ches man aber durch Erkäntniß vieler-
ley Gefährde zu unterscheiden lernet; und
kan man bey dergleichen einfältigen Leu-
ten zuweilen durch ein gut Wort und
umb ein Paar Kannen Bier mehr erfah-
ren, als von manchen Jägern umb ze-
hen Thaler. Mit dem Zeugstellen, so
noch übrig, muß er sich ja in Zeiten mit
den Zeug-Knechten und Stell-Leuten gu-
te Bekantschafft machen, etwan einen o-
der zwey, so die erfahrensten sind, eine
Zeche Bier frey halten, sie öffters be-
suchen, freundlich mit denenselben con-
versir
en, damit, wann ein Jagen vorge-
het, er sichere Addresse haben möge, da
muß er sich nicht schämen, bey Abfüh-
rung des Zeugs die Leinen frisch anzu-

greif-

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] 10. biß 12. Enden zu melden; Vierd-
tens: Des Jagen abzuſtoſſen, mit nach
einander kurtzen Hief, reinlich geblaſen;
Und letztens: Wiederumb einen langen
Hief, wie im Anfang, doch ohne Rundel o-
der Triller. Und ſind die Hief-Hoͤrneꝛ meiſt
dreyerley Gattungen, Thon oder Klang,
als Zincken von klarem Laut, worauff die
Jungen lernen, Mittel-Hoͤrner, die ei-
nen mittelmaͤßigen Thon haben, und
Ruͤden-Hoͤrner, die einen groben oder
tieffen Laut haben; Heut zu Tage aber
traͤget man meiſtens Halb-Ruͤden-Hoͤr-
ner, weil die gantzen Ruͤden-Hoͤrner gar
zu groß und unbeqvem ſind. Es wer-
den dieſelben von einem abſonderlichen
Meiſter aus Buͤffels-Hoͤrnern gemachet,
weich gekochet, in ein Klotz gebohrtes Loch
eingezwenget, das behoͤrige Loch durch-
bohret, herausgenommen, aͤuſerlich umb
das Mundſtuͤcke abgedrechſelt; Vorn
am Schall-Horn mit rothem Wachs ge-
puͤffet, vom Riemer eingebunden, das
Horn-Feſſel mit behoͤrigen Schnallẽ und
Beſchlaͤg, doch dem Stande gemaͤß, von
ſilbern Dreſſen oder Corduanem Leder
mit ſtaͤhlerm Beſchlag gemachet, und
angefeſſelt, worauf ſich ein Horn-Satz
von Bocks- oder Hammel-Haaren ge-
hoͤret, nebſt einer gruͤnen Schleife
Band. Jch muß hierbey dieſes eroͤff-
nen, daß vor Alters dieſer Horn-Satz
von einer gewiſſen Laͤnge braͤuchlich ge-
weſen: Weiln ein reiſender Jaͤger von
der Straßen ſo weit einen Fuchs, Haaſen
oder Ente, als einen Zehrpfennig ſchieſ-
ſen durffte, worauff ſolches bey der Hoch-
loͤblichen Jaͤgerey, als ein altes Herkom-
men, verblieben iſt; wiewohl es man-
ches Orts vielleicht aus Unwiſſenheit gar
nicht getragen wird. Die gar uhralten
Teutſchen hatten bey ihren Jagen nur
ſchlechte gemeine krumme Hoͤrner, wie
ſie gewachſen waren, wie dann annoch
heut zu Tage die Pohlen zu ihren Jagd-
Hunden dergleichen gebrauchen. Das
vornehmſte aber, und die Urſach, war-
umb ein Horn getragen werden muß,
iſt erſtlich, umb ſolches in waͤhrendem
Treiben, wo er angeſtellet iſt, durch drey
Hief zu melden; Jm Treiben das Jagen
zu blaſen, und letzlich dienet es, einen Jaͤ-
ger vom andern zu diſtinguiren, wie es
denn auch als ein Holtzgerechtes Zeichen
ſeine Bedeutung haben ſoll. Diß waͤre al-
ſo vom Teutſchen Horn genung vermel-
det. Wie nun aber von Rechtswegen
der Junge nur einen Guͤrtel und kein
[Spaltenumbruch] Horn-Feſſel tragen darff, alſo gehoͤret ſich
auch dem Jaͤger-Purſch wohl das Horn-
Feſſel beſchriebener Maaſſen zu tragen;
jedoch aber, wann er noch nicht recht
wehrhafft gemacht worden, keinen
Hirſch-Faͤnger, es ſey denn auff der Rei-
ſe. Der Jaͤger-Purſch muß alſo nun-
mehro keine Jungens-Poſſen mehr vor-
nehmen, und ſeinen Verſtand mit den
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erzehlte Laſter, davon in der Vorrede
gedacht, ſonderlich diejenigen, worzu jun-
ge Leute ohne diß incliniren, als Sauffen,
Huren, und Spielen, gaͤntzlich laſſen,
das Seinige fein zu rathe halten, und nicht
liederlich verthun, ſonderlich aber, da
er nunmehro nichts zu thun, taͤglich ler-
nen, erſtlich Holtzgerecht zu werden; Da
muß er ſich ja nicht ſchaͤmen, den einfaͤl-
tigſten Aſch-Mann, Kohl-Brenner, Pech-
Mann, Klaffter-Schlaͤger und Zimmer-
mann zu fragen: Lieber ſaget mir die-
ſes oder jenes Holtzes Beſchaffenheit, und
ſie nicht anſchnautzen, weniger verlachen,
ſonſt man wenig erfahren wuͤrde. Bey
dem Wildpraͤth, unter welchen der Hirſch
und das Schwein das vornehmſte iſt, je-
doch aber die andern nicht zu verwerffen
ſeyn, erkundige er ſich nur bey den Hirten,
Schaͤfern, Feld-Huͤtern, oder alten Bau-
ern: Hoͤret, habet ihr nicht einen Hirſch
oder Schwein geſehen? war es groß oder
klein geſtalt, mager oder feiſt? Lieber weiſt
mir deſſen Gefaͤhrde; Hieraus kan er
nun des Manns Anſage nach die Gefaͤhr-
de und das Thier judiciren, ſonſten bil-
det man ſich immer einen Hirſch vor, wie
einen Ungariſchen Ochſen groß, oder hat
er ja einen Hirſch von ferne lauffen ſe-
hen, glaubet er, es muͤße ein Hirſch ſeyn
wie der andere, das waͤre gefehlet, wel-
ches man aber durch Erkaͤntniß vieler-
ley Gefaͤhrde zu unterſcheiden lernet; und
kan man bey dergleichen einfaͤltigen Leu-
ten zuweilen durch ein gut Wort und
umb ein Paar Kannen Bier mehr erfah-
ren, als von manchen Jaͤgern umb ze-
hen Thaler. Mit dem Zeugſtellen, ſo
noch uͤbrig, muß er ſich ja in Zeiten mit
den Zeug-Knechten und Stell-Leuten gu-
te Bekantſchafft machen, etwan einen o-
der zwey, ſo die erfahrenſten ſind, eine
Zeche Bier frey halten, ſie oͤffters be-
ſuchen, freundlich mit denenſelben con-
verſir
en, damit, wann ein Jagen vorge-
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[254/0388] Fuͤnffter Theil/ 10. biß 12. Enden zu melden; Vierd- tens: Des Jagen abzuſtoſſen, mit nach einander kurtzen Hief, reinlich geblaſen; Und letztens: Wiederumb einen langen Hief, wie im Anfang, doch ohne Rundel o- der Triller. Und ſind die Hief-Hoͤrneꝛ meiſt dreyerley Gattungen, Thon oder Klang, als Zincken von klarem Laut, worauff die Jungen lernen, Mittel-Hoͤrner, die ei- nen mittelmaͤßigen Thon haben, und Ruͤden-Hoͤrner, die einen groben oder tieffen Laut haben; Heut zu Tage aber traͤget man meiſtens Halb-Ruͤden-Hoͤr- ner, weil die gantzen Ruͤden-Hoͤrner gar zu groß und unbeqvem ſind. Es wer- den dieſelben von einem abſonderlichen Meiſter aus Buͤffels-Hoͤrnern gemachet, weich gekochet, in ein Klotz gebohrtes Loch eingezwenget, das behoͤrige Loch durch- bohret, herausgenommen, aͤuſerlich umb das Mundſtuͤcke abgedrechſelt; Vorn am Schall-Horn mit rothem Wachs ge- puͤffet, vom Riemer eingebunden, das Horn-Feſſel mit behoͤrigen Schnallẽ und Beſchlaͤg, doch dem Stande gemaͤß, von ſilbern Dreſſen oder Corduanem Leder mit ſtaͤhlerm Beſchlag gemachet, und angefeſſelt, worauf ſich ein Horn-Satz von Bocks- oder Hammel-Haaren ge- hoͤret, nebſt einer gruͤnen Schleife Band. Jch muß hierbey dieſes eroͤff- nen, daß vor Alters dieſer Horn-Satz von einer gewiſſen Laͤnge braͤuchlich ge- weſen: Weiln ein reiſender Jaͤger von der Straßen ſo weit einen Fuchs, Haaſen oder Ente, als einen Zehrpfennig ſchieſ- ſen durffte, worauff ſolches bey der Hoch- loͤblichen Jaͤgerey, als ein altes Herkom- men, verblieben iſt; wiewohl es man- ches Orts vielleicht aus Unwiſſenheit gar nicht getragen wird. Die gar uhralten Teutſchen hatten bey ihren Jagen nur ſchlechte gemeine krumme Hoͤrner, wie ſie gewachſen waren, wie dann annoch heut zu Tage die Pohlen zu ihren Jagd- Hunden dergleichen gebrauchen. Das vornehmſte aber, und die Urſach, war- umb ein Horn getragen werden muß, iſt erſtlich, umb ſolches in waͤhrendem Treiben, wo er angeſtellet iſt, durch drey Hief zu melden; Jm Treiben das Jagen zu blaſen, und letzlich dienet es, einen Jaͤ- ger vom andern zu diſtinguiren, wie es denn auch als ein Holtzgerechtes Zeichen ſeine Bedeutung haben ſoll. Diß waͤre al- ſo vom Teutſchen Horn genung vermel- det. Wie nun aber von Rechtswegen der Junge nur einen Guͤrtel und kein Horn-Feſſel tragen darff, alſo gehoͤret ſich auch dem Jaͤger-Purſch wohl das Horn- Feſſel beſchriebener Maaſſen zu tragen; jedoch aber, wann er noch nicht recht wehrhafft gemacht worden, keinen Hirſch-Faͤnger, es ſey denn auff der Rei- ſe. Der Jaͤger-Purſch muß alſo nun- mehro keine Jungens-Poſſen mehr vor- nehmen, und ſeinen Verſtand mit den Jahren zunehmen laſſen, alle vorhin erzehlte Laſter, davon in der Vorrede gedacht, ſonderlich diejenigen, worzu jun- ge Leute ohne diß incliniren, als Sauffen, Huren, und Spielen, gaͤntzlich laſſen, das Seinige fein zu rathe halten, und nicht liederlich verthun, ſonderlich aber, da er nunmehro nichts zu thun, taͤglich ler- nen, erſtlich Holtzgerecht zu werden; Da muß er ſich ja nicht ſchaͤmen, den einfaͤl- tigſten Aſch-Mann, Kohl-Brenner, Pech- Mann, Klaffter-Schlaͤger und Zimmer- mann zu fragen: Lieber ſaget mir die- ſes oder jenes Holtzes Beſchaffenheit, und ſie nicht anſchnautzen, weniger verlachen, ſonſt man wenig erfahren wuͤrde. Bey dem Wildpraͤth, unter welchen der Hirſch und das Schwein das vornehmſte iſt, je- doch aber die andern nicht zu verwerffen ſeyn, erkundige er ſich nur bey den Hirten, Schaͤfern, Feld-Huͤtern, oder alten Bau- ern: Hoͤret, habet ihr nicht einen Hirſch oder Schwein geſehen? war es groß oder klein geſtalt, mager oder feiſt? Lieber weiſt mir deſſen Gefaͤhrde; Hieraus kan er nun des Manns Anſage nach die Gefaͤhr- de und das Thier judiciren, ſonſten bil- det man ſich immer einen Hirſch vor, wie einen Ungariſchen Ochſen groß, oder hat er ja einen Hirſch von ferne lauffen ſe- hen, glaubet er, es muͤße ein Hirſch ſeyn wie der andere, das waͤre gefehlet, wel- ches man aber durch Erkaͤntniß vieler- ley Gefaͤhrde zu unterſcheiden lernet; und kan man bey dergleichen einfaͤltigen Leu- ten zuweilen durch ein gut Wort und umb ein Paar Kannen Bier mehr erfah- ren, als von manchen Jaͤgern umb ze- hen Thaler. Mit dem Zeugſtellen, ſo noch uͤbrig, muß er ſich ja in Zeiten mit den Zeug-Knechten und Stell-Leuten gu- te Bekantſchafft machen, etwan einen o- der zwey, ſo die erfahrenſten ſind, eine Zeche Bier frey halten, ſie oͤffters be- ſuchen, freundlich mit denenſelben con- verſiren, damit, wann ein Jagen vorge- het, er ſichere Addreſſe haben moͤge, da muß er ſich nicht ſchaͤmen, bey Abfuͤh- rung des Zeugs die Leinen friſch anzu- greif-

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/388>, abgerufen am 27.11.2024.