Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] dendi bereits in des Herrn Ahasveri Fritz-
schii Corpore Juris Venetorio-Forestali,

wie auch von andern Autoribus sattsam u.
zur Genüge allegiret sind, daß man also
bey solcher Beschaffenheit sich in fernere
Rechts-Händel nicht mischen wollen, son-
dern, wie gedacht, pro Principio das
suum cuique wohl zu observiren seyn
will, weiln die Jura denen Vigilantibus
geschrieben, und offtmahlen, nach später
[Spaltenumbruch] Bereuung, durch Nachläßigkeit in der
Possession, Verjährung oder Praescription,
und gutwilligen Zulassen leicht was ver-
säumet wird, welches hernach nimmer-
mehr wieder zu bringen ist. Nachdem
nun die Praeliminaria dieses Fünfften
Theils absolviret, so wird nöthig seyn,
den Anfang eines jungen Jägers mit al-
len nöthigen Reqvisitis hierbey dem ge-
neigten Leser vorzustellen.

Vom Hunde-Jungen.
[Spaltenumbruch]

Es wird Jederman ohnfehlbahr
bekennen müssen, daß bey allen Künsten
ein Lehrling oder Schüler erfordert wer-
de, ohne welchen Anfang kein Meister
gebohren worden. Wie nun besagter
Maassen bey andern Künsten, Hanthie-
rungen, oder Gewercken, solches ge-
bräuchlich ist; Also hat es gleicher Gestalt
auch die Beschaffenheit bey der hochlöb-
lichen Jägerey. Muß derohalben ein
solcher Junge, er sey, wes Standes er
wolle, Adelich, Bürgerlich, oder ein Bau-
ers-Kind vornemlich folgende nöthige Re-
qvisita
haben: Nemlich er muß seyn von
ehrlicher Geburth, christlichen Eltern,
wohl erzogen, zur Schule gehalten, zum
wenigsten muß er lesen, schreiben, und,
wo möglich, rechnen können, und ja nicht
zu frühe aus der Schule genommen
werden, denn in der Schule das beste zu
lernen ist. Hernach muß er auch vor-
nemlich rechte Lust zur Jägerey haben,
und bey sich einen innerlichen Trieb, und
Zuneigung, auch wahre Begierde zu ler-
nen befinden, wornach die Eltern vor al-
len Dingen zu sehen, und solches wohl zu
examiniren haben, und kan er wohl et-
wan ein halb oder gantzes Jahr probi-
ren, und, da ihme die Arbeit oder Zucht
nicht anständig, bey Zeiten davon ablas-
sen, und eine andere Profession erweh-
len. Vornemlich muß er auch Gotts-
fürchtig, fromm und fleißig, getreu und
auffmercksam, willig, und gehorsam seyn,
sich gegen seinen Lehrmeister wohl ver-
halten, was ihme gewiesen wird, fleißig
mercken, und nicht gleich unachtsam,
und vergessen seyn, viel weniger sich auf
seiner Eltern hohen Stand, Würden,
oder Vermögen zu viel verlassen,
selbst nicht angreiffen wollen, sondern
andere halten, denn so würde er nichts
lernen, noch begreiffen, sondern ein unge-
schickter Juncker bleiben. Nechst diesem
[Spaltenumbruch] muß er auch nicht gebrechlich oder un-
tüchtig seyn, sondern von rechtem Alter,
und gutem Verstande, die Hunde von
Natur lieben, ingleichen tauerhafftig
und wachsam, von gutem Gesicht und
Gehör, von gutem Athem, zu blasen,
schreyen und lauffen seyn, sich auch keine
Arbeit im geringsten verdriessen lassen,
wo er anderst was rechts lernen will.
Solten auch gleich bey ereignetem Muth-
willen, da der Jäger oder Lehr-Meister
so offte gewarnet hat, ein Paar Ohr-
Feygen passiren, davon ein solcher Jun-
ge nicht sterben wird, muß er nicht das
Maul gleich hängen, vielweniger ihn vol-
lends die Eltern verhätschlen, sonst wäre
er gleich verdorben. Seine nöthigste Ar-
beit ist, frühe auffstehen, fleißig beten,
sich waschen, und kämmen, sich reinlich
in Kleidungen halten, denn Feuer un-
tern Kessel, und Wasser warm machen,
darinnen zerspaltene Rinder-Kälber-
oder Schaaff-Beine, Klauen, Fett und
Marx thun, die fette Brühe auskochen,
und in den Fraß-Zuber giessen, welcher
Abends vorher mit geschnittenen kleinen
Brod-Stückgen, und Haber-Schroth
wohl eingebrühet worden, zugedecket ü-
ber Nacht gestanden und wohl durchge-
weichet hat. Wann nun die Mehl-Sup-
pe recht auffgekochet, alles zusammen ge-
gossen, und wohl untereinander durch-
rühret ist, müssen zwey Jungen den
Fraß-Zuber verdeckt aus der Küchen
tragen, worbey allezeit ein Jäger-Pursch
oder Knecht, so die Auffsicht über die Hun-
de hat, mit der Spieß-Ruth mitgehen muß.
Bey Auffmachung des Stalles, wann
die Hunde zurück getrieben, und der
Fraß-Trog entdecket, wird der Fraß hin-
ein geschüttet, und durch die Jungen fein
mit reinen gewaschenen Händen durch-
griffen, und berühret, biß es laulicht
oder kühle wird, daß es denen Hunden

nicht

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] dendi bereits in des Herrn Ahaſveri Fritz-
ſchii Corpore Juris Venetorio-Foreſtali,

wie auch von andeꝛn Autoribus ſattſam u.
zur Genuͤge allegiret ſind, daß man alſo
bey ſolcher Beſchaffenheit ſich in fernere
Rechts-Haͤndel nicht miſchen wollen, ſon-
dern, wie gedacht, pro Principio das
ſuum cuique wohl zu obſerviren ſeyn
will, weiln die Jura denen Vigilantibus
geſchrieben, und offtmahlen, nach ſpaͤter
[Spaltenumbruch] Bereuung, durch Nachlaͤßigkeit in der
Poſſesſion, Veꝛjaͤhꝛung odeꝛ Præſcription,
und gutwilligen Zulaſſen leicht was ver-
ſaͤumet wird, welches hernach nimmer-
mehr wieder zu bringen iſt. Nachdem
nun die Præliminaria dieſes Fuͤnfften
Theils abſolviret, ſo wird noͤthig ſeyn,
den Anfang eines jungen Jaͤgers mit al-
len noͤthigen Reqviſitis hierbey dem ge-
neigten Leſer vorzuſtellen.

Vom Hunde-Jungen.
[Spaltenumbruch]

Es wird Jederman ohnfehlbahr
bekennen muͤſſen, daß bey allen Kuͤnſten
ein Lehrling oder Schuͤler erfordert wer-
de, ohne welchen Anfang kein Meiſter
gebohren worden. Wie nun beſagter
Maaſſen bey andern Kuͤnſten, Hanthie-
rungen, oder Gewercken, ſolches ge-
braͤuchlich iſt; Alſo hat es gleicher Geſtalt
auch die Beſchaffenheit bey der hochloͤb-
lichen Jaͤgerey. Muß derohalben ein
ſolcher Junge, er ſey, wes Standes er
wolle, Adelich, Buͤrgerlich, oder ein Bau-
ers-Kind voꝛnemlich folgende noͤthige Re-
qviſita
haben: Nemlich er muß ſeyn von
ehrlicher Geburth, chriſtlichen Eltern,
wohl erzogen, zur Schule gehalten, zum
wenigſten muß er leſen, ſchreiben, und,
wo moͤglich, rechnen koͤnnen, und ja nicht
zu fruͤhe aus der Schule genommen
werden, denn in der Schule das beſte zu
lernen iſt. Hernach muß er auch vor-
nemlich rechte Luſt zur Jaͤgerey haben,
und bey ſich einen innerlichen Trieb, und
Zuneigung, auch wahre Begierde zu ler-
nen befinden, wornach die Eltern vor al-
len Dingen zu ſehen, und ſolches wohl zu
examiniren haben, und kan er wohl et-
wan ein halb oder gantzes Jahr probi-
ren, und, da ihme die Arbeit oder Zucht
nicht anſtaͤndig, bey Zeiten davon ablaſ-
ſen, und eine andere Profeſſion erweh-
len. Vornemlich muß er auch Gotts-
fuͤrchtig, fromm und fleißig, getreu und
auffmerckſam, willig, und gehorſam ſeyn,
ſich gegen ſeinen Lehrmeiſter wohl ver-
halten, was ihme gewieſen wird, fleißig
mercken, und nicht gleich unachtſam,
und vergeſſen ſeyn, viel weniger ſich auf
ſeiner Eltern hohen Stand, Wuͤrden,
oder Vermoͤgen zu viel verlaſſen,
ſelbſt nicht angreiffen wollen, ſondern
andere halten, denn ſo wuͤrde er nichts
lernen, noch begreiffen, ſondern ein unge-
ſchickter Juncker bleiben. Nechſt dieſem
[Spaltenumbruch] muß er auch nicht gebrechlich oder un-
tuͤchtig ſeyn, ſondern von rechtem Alter,
und gutem Verſtande, die Hunde von
Natur lieben, ingleichen tauerhafftig
und wachſam, von gutem Geſicht und
Gehoͤr, von gutem Athem, zu blaſen,
ſchreyen und lauffen ſeyn, ſich auch keine
Arbeit im geringſten verdrieſſen laſſen,
wo er anderſt was rechts lernen will.
Solten auch gleich bey ereignetem Muth-
willen, da der Jaͤger oder Lehr-Meiſter
ſo offte gewarnet hat, ein Paar Ohr-
Feygen pasſiren, davon ein ſolcher Jun-
ge nicht ſterben wird, muß er nicht das
Maul gleich haͤngen, vielweniger ihn vol-
lends die Eltern verhaͤtſchlen, ſonſt waͤre
er gleich verdorben. Seine noͤthigſte Ar-
beit iſt, fruͤhe auffſtehen, fleißig beten,
ſich waſchen, und kaͤmmen, ſich reinlich
in Kleidungen halten, denn Feuer un-
tern Keſſel, und Waſſer warm machen,
darinnen zerſpaltene Rinder-Kaͤlber-
oder Schaaff-Beine, Klauen, Fett und
Marx thun, die fette Bruͤhe auskochen,
und in den Fraß-Zuber gieſſen, welcher
Abends vorher mit geſchnittenen kleinen
Brod-Stuͤckgen, und Haber-Schroth
wohl eingebruͤhet worden, zugedecket uͤ-
ber Nacht geſtanden und wohl durchge-
weichet hat. Wann nun die Mehl-Sup-
pe recht auffgekochet, alles zuſammen ge-
goſſen, und wohl untereinander durch-
ruͤhret iſt, muͤſſen zwey Jungen den
Fraß-Zuber verdeckt aus der Kuͤchen
tragen, worbey allezeit ein Jaͤger-Purſch
oder Knecht, ſo die Auffſicht uͤber die Hun-
de hat, mit der Spieß-Ruth mitgehẽ muß.
Bey Auffmachung des Stalles, wann
die Hunde zuruͤck getrieben, und der
Fraß-Trog entdecket, wird der Fraß hin-
ein geſchuͤttet, und durch die Jungen fein
mit reinen gewaſchenen Haͤnden durch-
griffen, und beruͤhret, biß es laulicht
oder kuͤhle wird, daß es denen Hunden

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="252"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nffter Theil/</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#aq">dendi</hi> bereits in des Herrn <hi rendition="#aq">Aha&#x017F;veri Fritz-<lb/>
&#x017F;chii Corpore Juris Venetorio-Fore&#x017F;tali,</hi><lb/>
wie auch von ande&#xA75B;n <hi rendition="#aq">Autoribus</hi> &#x017F;att&#x017F;am u.<lb/>
zur Genu&#x0364;ge <hi rendition="#aq">allegir</hi>et &#x017F;ind, daß man al&#x017F;o<lb/>
bey &#x017F;olcher Be&#x017F;chaffenheit &#x017F;ich in fernere<lb/>
Rechts-Ha&#x0364;ndel nicht mi&#x017F;chen wollen, &#x017F;on-<lb/>
dern, wie gedacht, <hi rendition="#aq">pro Principio</hi> das<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;uum cuique</hi> wohl zu <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervi</hi>ren &#x017F;eyn<lb/>
will, weiln die <hi rendition="#aq">Jura</hi> denen <hi rendition="#aq">Vigilantibus</hi><lb/>
ge&#x017F;chrieben, und offtmahlen, nach &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/><cb/>
Bereuung, durch Nachla&#x0364;ßigkeit in der<lb/><hi rendition="#aq">Po&#x017F;&#x017F;es&#x017F;ion,</hi> Ve&#xA75B;ja&#x0364;h&#xA75B;ung ode&#xA75B; <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;cription,</hi><lb/>
und gutwilligen Zula&#x017F;&#x017F;en leicht was ver-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;umet wird, welches hernach nimmer-<lb/>
mehr wieder zu bringen i&#x017F;t. Nachdem<lb/>
nun die <hi rendition="#aq">Præliminaria</hi> die&#x017F;es Fu&#x0364;nfften<lb/>
Theils <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ret, &#x017F;o wird no&#x0364;thig &#x017F;eyn,<lb/>
den Anfang eines jungen Ja&#x0364;gers mit al-<lb/>
len no&#x0364;thigen <hi rendition="#aq">Reqvi&#x017F;itis</hi> hierbey dem ge-<lb/>
neigten Le&#x017F;er vorzu&#x017F;tellen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vom Hunde-Jungen.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Es wird Jederman ohnfehlbahr<lb/>
bekennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß bey allen Ku&#x0364;n&#x017F;ten<lb/>
ein Lehrling oder Schu&#x0364;ler erfordert wer-<lb/>
de, ohne welchen Anfang kein Mei&#x017F;ter<lb/>
gebohren worden. Wie nun be&#x017F;agter<lb/>
Maa&#x017F;&#x017F;en bey andern Ku&#x0364;n&#x017F;ten, Hanthie-<lb/>
rungen, oder Gewercken, &#x017F;olches ge-<lb/>
bra&#x0364;uchlich i&#x017F;t; Al&#x017F;o hat es gleicher Ge&#x017F;talt<lb/>
auch die Be&#x017F;chaffenheit bey der hochlo&#x0364;b-<lb/>
lichen Ja&#x0364;gerey. Muß derohalben ein<lb/>
&#x017F;olcher Junge, er &#x017F;ey, wes Standes er<lb/>
wolle, Adelich, Bu&#x0364;rgerlich, oder ein Bau-<lb/>
ers-Kind vo&#xA75B;nemlich folgende no&#x0364;thige <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
qvi&#x017F;ita</hi> haben: Nemlich er muß &#x017F;eyn von<lb/>
ehrlicher Geburth, chri&#x017F;tlichen Eltern,<lb/>
wohl erzogen, zur Schule gehalten, zum<lb/>
wenig&#x017F;ten muß er le&#x017F;en, &#x017F;chreiben, und,<lb/>
wo mo&#x0364;glich, rechnen ko&#x0364;nnen, und ja nicht<lb/>
zu fru&#x0364;he aus der Schule genommen<lb/>
werden, denn in der Schule das be&#x017F;te zu<lb/>
lernen i&#x017F;t. Hernach muß er auch vor-<lb/>
nemlich rechte Lu&#x017F;t zur Ja&#x0364;gerey haben,<lb/>
und bey &#x017F;ich einen innerlichen Trieb, und<lb/>
Zuneigung, auch wahre Begierde zu ler-<lb/>
nen befinden, wornach die Eltern vor al-<lb/>
len Dingen zu &#x017F;ehen, und &#x017F;olches wohl zu<lb/><hi rendition="#aq">examini</hi>ren haben, und kan er wohl et-<lb/>
wan ein halb oder gantzes Jahr <hi rendition="#aq">probi-</hi><lb/>
ren, und, da ihme die Arbeit oder Zucht<lb/>
nicht an&#x017F;ta&#x0364;ndig, bey Zeiten davon abla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und eine andere <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> erweh-<lb/>
len. Vornemlich muß er auch Gotts-<lb/>
fu&#x0364;rchtig, fromm und fleißig, getreu und<lb/>
auffmerck&#x017F;am, willig, und gehor&#x017F;am &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;ich gegen &#x017F;einen Lehrmei&#x017F;ter wohl ver-<lb/>
halten, was ihme gewie&#x017F;en wird, fleißig<lb/>
mercken, und nicht gleich unacht&#x017F;am,<lb/>
und verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn, viel weniger &#x017F;ich auf<lb/>
&#x017F;einer Eltern hohen Stand, Wu&#x0364;rden,<lb/>
oder Vermo&#x0364;gen zu viel verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht angreiffen wollen, &#x017F;ondern<lb/>
andere halten, denn &#x017F;o wu&#x0364;rde er nichts<lb/>
lernen, noch begreiffen, &#x017F;ondern ein unge-<lb/>
&#x017F;chickter Juncker bleiben. Nech&#x017F;t die&#x017F;em<lb/><cb/>
muß er auch nicht gebrechlich oder un-<lb/>
tu&#x0364;chtig &#x017F;eyn, &#x017F;ondern von rechtem Alter,<lb/>
und gutem Ver&#x017F;tande, die Hunde von<lb/>
Natur lieben, ingleichen tauerhafftig<lb/>
und wach&#x017F;am, von gutem Ge&#x017F;icht und<lb/>
Geho&#x0364;r, von gutem Athem, zu bla&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;chreyen und lauffen &#x017F;eyn, &#x017F;ich auch keine<lb/>
Arbeit im gering&#x017F;ten verdrie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wo er ander&#x017F;t was rechts lernen will.<lb/>
Solten auch gleich bey ereignetem Muth-<lb/>
willen, da der Ja&#x0364;ger oder Lehr-Mei&#x017F;ter<lb/>
&#x017F;o offte gewarnet hat, ein Paar Ohr-<lb/>
Feygen <hi rendition="#aq">pas&#x017F;i</hi>ren, davon ein &#x017F;olcher Jun-<lb/>
ge nicht &#x017F;terben wird, muß er nicht das<lb/>
Maul gleich ha&#x0364;ngen, vielweniger ihn vol-<lb/>
lends die Eltern verha&#x0364;t&#x017F;chlen, &#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;re<lb/>
er gleich verdorben. Seine no&#x0364;thig&#x017F;te Ar-<lb/>
beit i&#x017F;t, fru&#x0364;he auff&#x017F;tehen, fleißig beten,<lb/>
&#x017F;ich wa&#x017F;chen, und ka&#x0364;mmen, &#x017F;ich reinlich<lb/>
in Kleidungen halten, denn Feuer un-<lb/>
tern Ke&#x017F;&#x017F;el, und Wa&#x017F;&#x017F;er warm machen,<lb/>
darinnen zer&#x017F;paltene Rinder-Ka&#x0364;lber-<lb/>
oder Schaaff-Beine, Klauen, Fett und<lb/>
Marx thun, die fette Bru&#x0364;he auskochen,<lb/>
und in den Fraß-Zuber gie&#x017F;&#x017F;en, welcher<lb/>
Abends vorher mit ge&#x017F;chnittenen kleinen<lb/>
Brod-Stu&#x0364;ckgen, und Haber-Schroth<lb/>
wohl eingebru&#x0364;het worden, zugedecket u&#x0364;-<lb/>
ber Nacht ge&#x017F;tanden und wohl durchge-<lb/>
weichet hat. Wann nun die Mehl-Sup-<lb/>
pe recht auffgekochet, alles zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
go&#x017F;&#x017F;en, und wohl untereinander durch-<lb/>
ru&#x0364;hret i&#x017F;t, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zwey Jungen den<lb/>
Fraß-Zuber verdeckt aus der Ku&#x0364;chen<lb/>
tragen, worbey allezeit ein Ja&#x0364;ger-Pur&#x017F;ch<lb/>
oder Knecht, &#x017F;o die Auff&#x017F;icht u&#x0364;ber die Hun-<lb/>
de hat, mit der Spieß-Ruth mitgehe&#x0303; muß.<lb/>
Bey Auffmachung des Stalles, wann<lb/>
die Hunde zuru&#x0364;ck getrieben, und der<lb/>
Fraß-Trog entdecket, wird der Fraß hin-<lb/>
ein ge&#x017F;chu&#x0364;ttet, und durch die Jungen fein<lb/>
mit reinen gewa&#x017F;chenen Ha&#x0364;nden durch-<lb/>
griffen, und beru&#x0364;hret, biß es laulicht<lb/>
oder ku&#x0364;hle wird, daß es denen Hunden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0386] Fuͤnffter Theil/ dendi bereits in des Herrn Ahaſveri Fritz- ſchii Corpore Juris Venetorio-Foreſtali, wie auch von andeꝛn Autoribus ſattſam u. zur Genuͤge allegiret ſind, daß man alſo bey ſolcher Beſchaffenheit ſich in fernere Rechts-Haͤndel nicht miſchen wollen, ſon- dern, wie gedacht, pro Principio das ſuum cuique wohl zu obſerviren ſeyn will, weiln die Jura denen Vigilantibus geſchrieben, und offtmahlen, nach ſpaͤter Bereuung, durch Nachlaͤßigkeit in der Poſſesſion, Veꝛjaͤhꝛung odeꝛ Præſcription, und gutwilligen Zulaſſen leicht was ver- ſaͤumet wird, welches hernach nimmer- mehr wieder zu bringen iſt. Nachdem nun die Præliminaria dieſes Fuͤnfften Theils abſolviret, ſo wird noͤthig ſeyn, den Anfang eines jungen Jaͤgers mit al- len noͤthigen Reqviſitis hierbey dem ge- neigten Leſer vorzuſtellen. Vom Hunde-Jungen. Es wird Jederman ohnfehlbahr bekennen muͤſſen, daß bey allen Kuͤnſten ein Lehrling oder Schuͤler erfordert wer- de, ohne welchen Anfang kein Meiſter gebohren worden. Wie nun beſagter Maaſſen bey andern Kuͤnſten, Hanthie- rungen, oder Gewercken, ſolches ge- braͤuchlich iſt; Alſo hat es gleicher Geſtalt auch die Beſchaffenheit bey der hochloͤb- lichen Jaͤgerey. Muß derohalben ein ſolcher Junge, er ſey, wes Standes er wolle, Adelich, Buͤrgerlich, oder ein Bau- ers-Kind voꝛnemlich folgende noͤthige Re- qviſita haben: Nemlich er muß ſeyn von ehrlicher Geburth, chriſtlichen Eltern, wohl erzogen, zur Schule gehalten, zum wenigſten muß er leſen, ſchreiben, und, wo moͤglich, rechnen koͤnnen, und ja nicht zu fruͤhe aus der Schule genommen werden, denn in der Schule das beſte zu lernen iſt. Hernach muß er auch vor- nemlich rechte Luſt zur Jaͤgerey haben, und bey ſich einen innerlichen Trieb, und Zuneigung, auch wahre Begierde zu ler- nen befinden, wornach die Eltern vor al- len Dingen zu ſehen, und ſolches wohl zu examiniren haben, und kan er wohl et- wan ein halb oder gantzes Jahr probi- ren, und, da ihme die Arbeit oder Zucht nicht anſtaͤndig, bey Zeiten davon ablaſ- ſen, und eine andere Profeſſion erweh- len. Vornemlich muß er auch Gotts- fuͤrchtig, fromm und fleißig, getreu und auffmerckſam, willig, und gehorſam ſeyn, ſich gegen ſeinen Lehrmeiſter wohl ver- halten, was ihme gewieſen wird, fleißig mercken, und nicht gleich unachtſam, und vergeſſen ſeyn, viel weniger ſich auf ſeiner Eltern hohen Stand, Wuͤrden, oder Vermoͤgen zu viel verlaſſen, ſelbſt nicht angreiffen wollen, ſondern andere halten, denn ſo wuͤrde er nichts lernen, noch begreiffen, ſondern ein unge- ſchickter Juncker bleiben. Nechſt dieſem muß er auch nicht gebrechlich oder un- tuͤchtig ſeyn, ſondern von rechtem Alter, und gutem Verſtande, die Hunde von Natur lieben, ingleichen tauerhafftig und wachſam, von gutem Geſicht und Gehoͤr, von gutem Athem, zu blaſen, ſchreyen und lauffen ſeyn, ſich auch keine Arbeit im geringſten verdrieſſen laſſen, wo er anderſt was rechts lernen will. Solten auch gleich bey ereignetem Muth- willen, da der Jaͤger oder Lehr-Meiſter ſo offte gewarnet hat, ein Paar Ohr- Feygen pasſiren, davon ein ſolcher Jun- ge nicht ſterben wird, muß er nicht das Maul gleich haͤngen, vielweniger ihn vol- lends die Eltern verhaͤtſchlen, ſonſt waͤre er gleich verdorben. Seine noͤthigſte Ar- beit iſt, fruͤhe auffſtehen, fleißig beten, ſich waſchen, und kaͤmmen, ſich reinlich in Kleidungen halten, denn Feuer un- tern Keſſel, und Waſſer warm machen, darinnen zerſpaltene Rinder-Kaͤlber- oder Schaaff-Beine, Klauen, Fett und Marx thun, die fette Bruͤhe auskochen, und in den Fraß-Zuber gieſſen, welcher Abends vorher mit geſchnittenen kleinen Brod-Stuͤckgen, und Haber-Schroth wohl eingebruͤhet worden, zugedecket uͤ- ber Nacht geſtanden und wohl durchge- weichet hat. Wann nun die Mehl-Sup- pe recht auffgekochet, alles zuſammen ge- goſſen, und wohl untereinander durch- ruͤhret iſt, muͤſſen zwey Jungen den Fraß-Zuber verdeckt aus der Kuͤchen tragen, worbey allezeit ein Jaͤger-Purſch oder Knecht, ſo die Auffſicht uͤber die Hun- de hat, mit der Spieß-Ruth mitgehẽ muß. Bey Auffmachung des Stalles, wann die Hunde zuruͤck getrieben, und der Fraß-Trog entdecket, wird der Fraß hin- ein geſchuͤttet, und durch die Jungen fein mit reinen gewaſchenen Haͤnden durch- griffen, und beruͤhret, biß es laulicht oder kuͤhle wird, daß es denen Hunden nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/386
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/386>, abgerufen am 22.12.2024.