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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Vierdter Theil/
[Spaltenumbruch] oder Tücher von Flachs zu weben erson-
nen, durch welche man das Wild leben-
dig umbstellen, und mit Vergnügen er-
legen können. Wie nöthig also uns die
gütige Natur aus der Erden den Hanff
und Flachs erwachsen lässet, ist nicht ge-
nug zu bewundern; Dahingegen unse-
re erste Eltern nach dem kläglichen Sün-
den-Fall mit elenden von Feigenblättern
geflochtenen Schürtzen sich behelffen mu-
sten, biß dergleichen geflochtene Bedürff-
nisse und endlich das Garn, und Weben er-
sonnen worden, woraus nöthige Kleidung
zu des Menschen Nothdurfft, nemlich
die Hembde, Hosen und Wambst gema-
chet werden, da in Ermangelung dessen
der arme Mensch, so nackend und bloß
von Mutterleibe kommet, seine natürli-
che Schaam nicht verbergen, sondern
erfrieren und verderben müste. Waren
nicht zur Zeit der Menschwerdung un-
sers Heylandes die Windeln, nicht we-
niger bey dem Begräbnüß desselben die
Schweiß-Tücher dem Flachs zu Lobe in
rühmlichem Gebrauch: Wie prächtig
prahlete nicht dorten der reiche Mann,
als er sich mit Purpur und köstlicher Lei-
newand kleidete, ingleichen Salomon
mit seinen Feyer-Kleidern, anderer Exem-
pel zu geschweigen. Die verstorbene
Cörper wurden vor diesem in denen
Morgen-Ländern in balsamirte Lein-
wand eingewickelt: Wie nützlich auf dem
ungestümen Meere die grossen Segel
auff denen grossen Last-Schiffen sind,
durch welche der Wind sie forttreibet,
und dadurch Handel und Wandel ge-
trieben wird, lehret die tägliche Erfah-
rung: Wo wolten Kriegs-Leute und
Soldaten sich im Felde oder bey Belage-
rungen vor Frost und Ungewitter ver-
bergen können, wann sie nicht in denen
von Leinewand gemachten Zeltern Be-
schirmung hätten: Wie nöthig man
auch in der Wirtschafft die leinene Sä-
cke zu unterschiedener Bedürffniß brau-
chet, ist wohl einem jeden bekant, und
dergleichen mehr, so alles anzuführen,
viel zu weitläufftig fallen möchte. Wol-
len wir demnach vorjetzo zu unserm
Zweck schreiten, und weiln, solange die
Welt gestanden, von dem Menschen bey
jeder Wissenschafft jederzeit auff leichte-
re und heqvemere Art, je mehr und
mehr gesonnen worden, hat man auch
in diesem Stück den Jagd-Gezeug ver-
bessert, und von Leinewand Planen oder
Tücher zu fertigen angefangen, mit wel-
[Spaltenumbruch] chen die wilden Thiere eine zeitlang le-
bendig umbstellet und inne behalten wer-
den, biß selbige die Hohe Landes-Obrig-
keit zu gelegener Zeit mit sonderbahrer
Vergnügung auff unterschiedene Art er-
leget, da das Wild sonsten vormahls,
wann es in die Netzen gefallen, von de-
nen Bauern mit Keulen oder Aexten
zu schanden geschlagen, auch manches
heimlich verpartiret worden, also diese
Jagd mit Tüchern vor rühmlicher, und
vornehmer gehalten wird, auch vor die
Hohe Obrigkeit alleine gehöhret, und
vorbehalten ist. Weil nun in keinem
Ding, also auch hierinnen, niemahls
ein Meister gebohren, also wohl hierin
ein Unterricht nöthig seyn mögte, so will
hierdurch dem geneigten Leser, soviel
mir möglich, deutlich anzeigen, auf was
Weise man damit gehöriger Maassen
umgehen, stellen, und jagen, auch wie nach
dessen Verrichtung solches wiederumb
abzuwerffen, aufzuheben, wohl zu ver-
wahren, und das schadhaffte wiederum
auszubessern sey. Und ob uns wohl,
sowohl von denen Frantzosen und Enge-
ländern, als auch von denen par Force-
Jägern und anderen Nationen stets
vorgeworffen wird, ob jagten wir Teut-
schen das Wild auff eine hinterlistige
Umbstellung der Tücher, Netzen und
Garnen, und erwürgten die wilden Thie-
re gantz häuffig mörderlicher Weise,
wann sie sagen: les Alemans Font rien
que le chasse meurterieuse;
So stelle
ich dannoch einem jeden Unpartheyischen
zu judiciren frey, ob nicht unser teutz-
sches Jagen, und Umstellung der Tücher
oder des Jagd-Zeugs eine höchstrühmli-
che Invention sey, vermittelst welcher von
einer Hohen Landes-Obrigkeit mit weit
besserer Beqvemlichkeit sowohl in ihrer
zarten Jugend, als in ihrem krancken
Zustande, oder bey ihrer beschwerlichen
Leibes-Constitution, ja auch wohl gar in
ihrem hohen Alter das verlangte Wild-
präth mit gröster Commodität aus ih-
rem Schirm nach Dero Gefallen erle-
get werden könne; Und könte ein solcher
junger Printz in seiner zarten Blüthe,
oder ein corpulenter unbehelfflicher,
kräncklicher, oder auch ein Alter Eißgrau-
er Herr, an deren Wohlseyn und Le-
ben viel Land und Leuten gelegen, sehr
grossen Schaden nehmen, wann er durch
das schnelle Piquiren der flüchtigen Pfer-
de und Wilde stürtzte, Arm oder Bein
zerbräche, oder gar auff der Ställe todt

bliebe,

Vierdter Theil/
[Spaltenumbruch] oder Tuͤcher von Flachs zu weben erſon-
nen, durch welche man das Wild leben-
dig umbſtellen, und mit Vergnuͤgen er-
legen koͤnnen. Wie noͤthig alſo uns die
guͤtige Natur aus der Erden den Hanff
und Flachs erwachſen laͤſſet, iſt nicht ge-
nug zu bewundern; Dahingegen unſe-
re erſte Eltern nach dem klaͤglichen Suͤn-
den-Fall mit elenden von Feigenblaͤttern
geflochtenen Schuͤrtzen ſich behelffen mu-
ſten, biß dergleichen geflochtene Beduͤrff-
niſſe und endlich das Garn, und Weben er-
ſoñen worden, woraus noͤthige Kleidung
zu des Menſchen Nothdurfft, nemlich
die Hembde, Hoſen und Wambſt gema-
chet werden, da in Ermangelung deſſen
der arme Menſch, ſo nackend und bloß
von Mutterleibe kommet, ſeine natuͤrli-
che Schaam nicht verbergen, ſondern
erfrieren und verderben muͤſte. Waren
nicht zur Zeit der Menſchwerdung un-
ſers Heylandes die Windeln, nicht we-
niger bey dem Begraͤbnuͤß deſſelben die
Schweiß-Tuͤcher dem Flachs zu Lobe in
ruͤhmlichem Gebrauch: Wie praͤchtig
prahlete nicht dorten der reiche Mann,
als er ſich mit Purpur und koͤſtlicher Lei-
newand kleidete, ingleichen Salomon
mit ſeinen Feyer-Kleidern, anderer Exem-
pel zu geſchweigen. Die verſtorbene
Coͤrper wurden vor dieſem in denen
Morgen-Laͤndern in balſamirte Lein-
wand eingewickelt: Wie nuͤtzlich auf dem
ungeſtuͤmen Meere die groſſen Segel
auff denen groſſen Laſt-Schiffen ſind,
durch welche der Wind ſie forttreibet,
und dadurch Handel und Wandel ge-
trieben wird, lehret die taͤgliche Erfah-
rung: Wo wolten Kriegs-Leute und
Soldaten ſich im Felde oder bey Belage-
rungen vor Froſt und Ungewitter ver-
bergen koͤnnen, wann ſie nicht in denen
von Leinewand gemachten Zeltern Be-
ſchirmung haͤtten: Wie noͤthig man
auch in der Wirtſchafft die leinene Saͤ-
cke zu unterſchiedener Beduͤrffniß brau-
chet, iſt wohl einem jeden bekant, und
dergleichen mehr, ſo alles anzufuͤhren,
viel zu weitlaͤufftig fallen moͤchte. Wol-
len wir demnach vorjetzo zu unſerm
Zweck ſchreiten, und weiln, ſolange die
Welt geſtanden, von dem Menſchen bey
jeder Wiſſenſchafft jederzeit auff leichte-
re und heqvemere Art, je mehr und
mehr geſonnen worden, hat man auch
in dieſem Stuͤck den Jagd-Gezeug ver-
beſſert, und von Leinewand Planen oder
Tuͤcher zu fertigen angefangen, mit wel-
[Spaltenumbruch] chen die wilden Thiere eine zeitlang le-
bendig umbſtellet und inne behalten wer-
den, biß ſelbige die Hohe Landes-Obrig-
keit zu gelegener Zeit mit ſonderbahrer
Vergnuͤgung auff unterſchiedene Art er-
leget, da das Wild ſonſten vormahls,
wann es in die Netzen gefallen, von de-
nen Bauern mit Keulen oder Aexten
zu ſchanden geſchlagen, auch manches
heimlich verpartiret worden, alſo dieſe
Jagd mit Tuͤchern vor ruͤhmlicher, und
vornehmer gehalten wird, auch vor die
Hohe Obrigkeit alleine gehoͤhret, und
vorbehalten iſt. Weil nun in keinem
Ding, alſo auch hierinnen, niemahls
ein Meiſter gebohren, alſo wohl hierin
ein Unterricht noͤthig ſeyn moͤgte, ſo will
hierdurch dem geneigten Leſer, ſoviel
mir moͤglich, deutlich anzeigen, auf was
Weiſe man damit gehoͤriger Maaſſen
umgehen, ſtellen, und jagen, auch wie nach
deſſen Verrichtung ſolches wiederumb
abzuwerffen, aufzuheben, wohl zu ver-
wahren, und das ſchadhaffte wiederum
auszubeſſern ſey. Und ob uns wohl,
ſowohl von denen Frantzoſen und Enge-
laͤndern, als auch von denen par Force-
Jaͤgern und anderen Nationen ſtets
vorgeworffen wird, ob jagten wir Teut-
ſchen das Wild auff eine hinterliſtige
Umbſtellung der Tuͤcher, Netzen und
Garnen, und erwuͤrgten die wilden Thie-
re gantz haͤuffig moͤrderlicher Weiſe,
wann ſie ſagen: les Alemans Font rien
que le chaſſe meurterieuſe;
So ſtelle
ich dannoch einem jeden Unpartheyiſchen
zu judiciren frey, ob nicht unſer teutz-
ſches Jagen, und Umſtellung der Tuͤcher
oder des Jagd-Zeugs eine hoͤchſtruͤhmli-
che Invention ſey, vermittelſt welcher von
einer Hohen Landes-Obrigkeit mit weit
beſſerer Beqvemlichkeit ſowohl in ihrer
zarten Jugend, als in ihrem krancken
Zuſtande, oder bey ihrer beſchwerlichen
Leibes-Conſtitution, ja auch wohl gar in
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praͤth mit groͤſter Commoditaͤt aus ih-
rem Schirm nach Dero Gefallen erle-
get werden koͤnne; Und koͤnte ein ſolcher
junger Printz in ſeiner zarten Bluͤthe,
oder ein corpulenter unbehelfflicher,
kraͤncklicher, oder auch ein Alter Eißgrau-
er Herr, an deren Wohlſeyn und Le-
ben viel Land und Leuten gelegen, ſehr
groſſen Schaden nehmen, wann er durch
das ſchnelle Piquiren der fluͤchtigen Pfer-
de und Wilde ſtuͤrtzte, Arm oder Bein
zerbraͤche, oder gar auff der Staͤlle todt

bliebe,
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[212/0342] Vierdter Theil/ oder Tuͤcher von Flachs zu weben erſon- nen, durch welche man das Wild leben- dig umbſtellen, und mit Vergnuͤgen er- legen koͤnnen. Wie noͤthig alſo uns die guͤtige Natur aus der Erden den Hanff und Flachs erwachſen laͤſſet, iſt nicht ge- nug zu bewundern; Dahingegen unſe- re erſte Eltern nach dem klaͤglichen Suͤn- den-Fall mit elenden von Feigenblaͤttern geflochtenen Schuͤrtzen ſich behelffen mu- ſten, biß dergleichen geflochtene Beduͤrff- niſſe und endlich das Garn, und Weben er- ſoñen worden, woraus noͤthige Kleidung zu des Menſchen Nothdurfft, nemlich die Hembde, Hoſen und Wambſt gema- chet werden, da in Ermangelung deſſen der arme Menſch, ſo nackend und bloß von Mutterleibe kommet, ſeine natuͤrli- che Schaam nicht verbergen, ſondern erfrieren und verderben muͤſte. Waren nicht zur Zeit der Menſchwerdung un- ſers Heylandes die Windeln, nicht we- niger bey dem Begraͤbnuͤß deſſelben die Schweiß-Tuͤcher dem Flachs zu Lobe in ruͤhmlichem Gebrauch: Wie praͤchtig prahlete nicht dorten der reiche Mann, als er ſich mit Purpur und koͤſtlicher Lei- newand kleidete, ingleichen Salomon mit ſeinen Feyer-Kleidern, anderer Exem- pel zu geſchweigen. Die verſtorbene Coͤrper wurden vor dieſem in denen Morgen-Laͤndern in balſamirte Lein- wand eingewickelt: Wie nuͤtzlich auf dem ungeſtuͤmen Meere die groſſen Segel auff denen groſſen Laſt-Schiffen ſind, durch welche der Wind ſie forttreibet, und dadurch Handel und Wandel ge- trieben wird, lehret die taͤgliche Erfah- rung: Wo wolten Kriegs-Leute und Soldaten ſich im Felde oder bey Belage- rungen vor Froſt und Ungewitter ver- bergen koͤnnen, wann ſie nicht in denen von Leinewand gemachten Zeltern Be- ſchirmung haͤtten: Wie noͤthig man auch in der Wirtſchafft die leinene Saͤ- cke zu unterſchiedener Beduͤrffniß brau- chet, iſt wohl einem jeden bekant, und dergleichen mehr, ſo alles anzufuͤhren, viel zu weitlaͤufftig fallen moͤchte. Wol- len wir demnach vorjetzo zu unſerm Zweck ſchreiten, und weiln, ſolange die Welt geſtanden, von dem Menſchen bey jeder Wiſſenſchafft jederzeit auff leichte- re und heqvemere Art, je mehr und mehr geſonnen worden, hat man auch in dieſem Stuͤck den Jagd-Gezeug ver- beſſert, und von Leinewand Planen oder Tuͤcher zu fertigen angefangen, mit wel- chen die wilden Thiere eine zeitlang le- bendig umbſtellet und inne behalten wer- den, biß ſelbige die Hohe Landes-Obrig- keit zu gelegener Zeit mit ſonderbahrer Vergnuͤgung auff unterſchiedene Art er- leget, da das Wild ſonſten vormahls, wann es in die Netzen gefallen, von de- nen Bauern mit Keulen oder Aexten zu ſchanden geſchlagen, auch manches heimlich verpartiret worden, alſo dieſe Jagd mit Tuͤchern vor ruͤhmlicher, und vornehmer gehalten wird, auch vor die Hohe Obrigkeit alleine gehoͤhret, und vorbehalten iſt. Weil nun in keinem Ding, alſo auch hierinnen, niemahls ein Meiſter gebohren, alſo wohl hierin ein Unterricht noͤthig ſeyn moͤgte, ſo will hierdurch dem geneigten Leſer, ſoviel mir moͤglich, deutlich anzeigen, auf was Weiſe man damit gehoͤriger Maaſſen umgehen, ſtellen, und jagen, auch wie nach deſſen Verrichtung ſolches wiederumb abzuwerffen, aufzuheben, wohl zu ver- wahren, und das ſchadhaffte wiederum auszubeſſern ſey. Und ob uns wohl, ſowohl von denen Frantzoſen und Enge- laͤndern, als auch von denen par Force- Jaͤgern und anderen Nationen ſtets vorgeworffen wird, ob jagten wir Teut- ſchen das Wild auff eine hinterliſtige Umbſtellung der Tuͤcher, Netzen und Garnen, und erwuͤrgten die wilden Thie- re gantz haͤuffig moͤrderlicher Weiſe, wann ſie ſagen: les Alemans Font rien que le chaſſe meurterieuſe; So ſtelle ich dannoch einem jeden Unpartheyiſchen zu judiciren frey, ob nicht unſer teutz- ſches Jagen, und Umſtellung der Tuͤcher oder des Jagd-Zeugs eine hoͤchſtruͤhmli- che Invention ſey, vermittelſt welcher von einer Hohen Landes-Obrigkeit mit weit beſſerer Beqvemlichkeit ſowohl in ihrer zarten Jugend, als in ihrem krancken Zuſtande, oder bey ihrer beſchwerlichen Leibes-Conſtitution, ja auch wohl gar in ihrem hohen Alter das verlangte Wild- praͤth mit groͤſter Commoditaͤt aus ih- rem Schirm nach Dero Gefallen erle- get werden koͤnne; Und koͤnte ein ſolcher junger Printz in ſeiner zarten Bluͤthe, oder ein corpulenter unbehelfflicher, kraͤncklicher, oder auch ein Alter Eißgrau- er Herr, an deren Wohlſeyn und Le- ben viel Land und Leuten gelegen, ſehr groſſen Schaden nehmen, wann er durch das ſchnelle Piquiren der fluͤchtigen Pfer- de und Wilde ſtuͤrtzte, Arm oder Bein zerbraͤche, oder gar auff der Staͤlle todt bliebe,

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/342>, abgerufen am 24.11.2024.