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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Erden.
[Spaltenumbruch] gestecket wird. Und nimmt man zu sol-
cher Materie Lehm aus alten Back-Oef-
fen, Heerings-Lacke, Campher-Oehl,
Eber-Wurtzel, Liebstöckel, das Wasser
von der Blase eines Thiers, Membrum
genitale,
alles zusammen wohl vermen-
get und die Sultze darvon geschlagen.
Theils schmieren diese Materie an alte
Stämme, wo das Wild wechselt, in ein-
gehackte Löcher und nicht an der Wetter-
Seite, damit es länger den Geruch all-
da behalten könne, welches ich zwar al-
les nicht probiret habe und an seinen Ort
gestellet seyn lasse, doch kan es ein Je-
der nach seinem Gutbefinden thun oder
lassen. Die Heu-Scheune oder Heu-
Raufen aber vor das Wild sind eben-
falls sowohl in Thier-Gärten, als in Ge-
hägen höchstnöthig, maassen bekant, daß
so bald das Getreyde auf dem Felde ein-
geerndet und nichts mehr zu finden, das
Wild nicht alleine von Hunger, sondern
auch von harter Winter-Kälte wegge-
trieben wird: Solches nun in den Ge-
hägen zu erhalten, muß an einer Som-
mer-Seite oder an einem abhängigen
Berg, da die Sonne fein warm anschei-
net, unweit des Wassers, so nicht zufrie-
ret, und wo dicke Behältniße vorhanden,
hier und da eine Heuscheune, mit dop-
pelten Rauffen gemachet werden, jede 16.
Ellen lang, und 8. Ellen breit, worüber
oben der Heuboden, den Vorrath aufzu-
heben; Jn der Mitten wird ein Loch ge-
lassen, das Heu in die Rauffen zu werf-
fen und zu vertheilen. Wann nun der
Winter kommt und die Hirsche insge-
[Spaltenumbruch] mein nach der Brunfft noch mager sind
da sie sich nicht wieder erhohlet, muß ih-
nen sowohl mit Heu füttern, als Ken-
ster oder Vogel-Kühn, ingleichen gefäll-
ten jungen Kiefern, davon sie die Rinde
zu schälen pflegen, geholffen werden;
Wann es aber wieder thauet, wird das
Wild durch sein Aussenbleiben von sich
selbsten anzeigen, daß es nichts mehr nö-
thig hat, und kan sodann gespahret wer-
den. Einige, die nicht soviel Unkosten
auf die Scheune wenden wollen, lassen
das Heu Bundweise in dem Gehöltze auf
Sträucher hangen, sie damit zu füttern.
Von der Nord-Seite, wo das Sturm-
Wetter herkommt, müssen billig zur Be-
schirmung gute Dickigte verhanden seyn,
damit das Wild vor stürmischem Unge-
witter, Frost, Schnee, oder Schlacken-
Wetter einigen Schutz und Schirm ha-
ben kan, weil sonsten kein Wild in eine
vermachte Heuscheune einkriechen, son-
dern vielmehr sich davor entsetzen und
scheuen würde. An theils Orten habe
auch gesehen, daß die Rauffe unterm
Dach allenthalben umher und das Heu
darinnen beständig gelegen, welches in-
newendig allenthalben angefüllet, und
wann es vom Wild abgefressen, ist es
von innewendig an dessen Stelle nachge-
fallen. Weil aber die Sonne, Regen
und Lufft die besten Kräffte des Heues,
worinnen die rechte Nahrung bestehet,
extrahiren und nichts als dürre Spreu
oder Stroh lassen, halte ich hiervon nichts,
doch stehet es einem Jeden frey, nach
seinem Gefallen es hierinnen zu machen.

Vom Wild-Acker und Wild-Fahre.
[Spaltenumbruch]

Es ist wohl sonder Zweiffel einem
Jeden bekant, wie feindseelig und neidisch
das arme Wild Tages und Nachts von
denen Bauern auf vielerley Art wegen
der Frucht-Felder herum gejaget, und,
wo es nur möglich seyn könte, lieber gar
vertilget würde. Die gefundenen Hirsch-
Kälber, wo sie die Bauern nicht gar er-
schlagen und die Häutlein beym Kürsch-
ner, Mützen daraus zu machen, verkauf-
fen, bleiben zum wenigsten aus Leicht-
fertigkeit von ihnen nicht unbeschädiget,
indem dieselben solche lahm machen oder
ihnen die Ohren und Geburths-Glieder
beschneiden, da sie doch in kurtzen Näch-
ten wenig Schaden thun können. Der-
gleichen pflegen meistens die Schäffer,
Hirten und Bauerjungen, oder müßige
[Spaltenumbruch] Buben zu thun; Die Sauen aber, als
welche die Felder zu schanden brechen
und durchwühlen, könten, wann sie sich
nicht zur Wehre stellen, gar wohl ver-
wiesen werden. Damit nun denen Un-
terthanen auff ihren Feldern nicht allzu
grosser Schade durch das Wild geschehen
möge, hat man in Heyden und Wäl-
dern zu dessen besserer Erhaltung die
Wild-Aecker erfunden, welche vornehm-
lich von gutem gewüchsigem Grund und
Boden, nach Gelegenheit, wo möglich,
an dickverwachsenen Behältnißen situi-
r
et seyn müssen, auff welche Aecker man
vor die Hirsche unterschiedenes Getrey-
de an Weitzen, Erbsen, Haber und Wi-
cken, Kraut und Rüben seen und pflan-
tzen könte, vornehmlich aber müste man

ihnen
H

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] geſtecket wird. Und nimmt man zu ſol-
cher Materie Lehm aus alten Back-Oef-
fen, Heerings-Lacke, Campher-Oehl,
Eber-Wurtzel, Liebſtoͤckel, das Waſſer
von der Blaſe eines Thiers, Membrum
genitale,
alles zuſammen wohl vermen-
get und die Sultze darvon geſchlagen.
Theils ſchmieren dieſe Materie an alte
Staͤmme, wo das Wild wechſelt, in ein-
gehackte Loͤcher und nicht an der Wetter-
Seite, damit es laͤnger den Geruch all-
da behalten koͤnne, welches ich zwar al-
les nicht probiret habe und an ſeinen Ort
geſtellet ſeyn laſſe, doch kan es ein Je-
der nach ſeinem Gutbefinden thun oder
laſſen. Die Heu-Scheune oder Heu-
Raufen aber vor das Wild ſind eben-
falls ſowohl in Thier-Gaͤrten, als in Ge-
haͤgen hoͤchſtnoͤthig, maaſſen bekant, daß
ſo bald das Getreyde auf dem Felde ein-
geerndet und nichts mehr zu finden, das
Wild nicht alleine von Hunger, ſondern
auch von harter Winter-Kaͤlte wegge-
trieben wird: Solches nun in den Ge-
haͤgen zu erhalten, muß an einer Som-
mer-Seite oder an einem abhaͤngigen
Berg, da die Sonne fein warm anſchei-
net, unweit des Waſſers, ſo nicht zufrie-
ret, und wo dicke Behaͤltniße vorhanden,
hier und da eine Heuſcheune, mit dop-
pelten Rauffen gemachet werden, jede 16.
Ellen lang, und 8. Ellen breit, woruͤber
oben der Heuboden, den Vorrath aufzu-
heben; Jn der Mitten wird ein Loch ge-
laſſen, das Heu in die Rauffen zu werf-
fen und zu vertheilen. Wann nun der
Winter kommt und die Hirſche insge-
[Spaltenumbruch] mein nach der Brunfft noch mager ſind
da ſie ſich nicht wieder erhohlet, muß ih-
nen ſowohl mit Heu fuͤttern, als Ken-
ſter oder Vogel-Kuͤhn, ingleichen gefaͤll-
ten jungen Kiefern, davon ſie die Rinde
zu ſchaͤlen pflegen, geholffen werden;
Wann es aber wieder thauet, wird das
Wild durch ſein Auſſenbleiben von ſich
ſelbſten anzeigen, daß es nichts mehr noͤ-
thig hat, und kan ſodann geſpahret wer-
den. Einige, die nicht ſoviel Unkoſten
auf die Scheune wenden wollen, laſſen
das Heu Bundweiſe in dem Gehoͤltze auf
Straͤucher hangen, ſie damit zu fuͤttern.
Von der Nord-Seite, wo das Sturm-
Wetter herkommt, muͤſſen billig zur Be-
ſchirmung gute Dickigte verhanden ſeyn,
damit das Wild vor ſtuͤrmiſchem Unge-
witter, Froſt, Schnee, oder Schlacken-
Wetter einigen Schutz und Schirm ha-
ben kan, weil ſonſten kein Wild in eine
vermachte Heuſcheune einkriechen, ſon-
dern vielmehr ſich davor entſetzen und
ſcheuen wuͤrde. An theils Orten habe
auch geſehen, daß die Rauffe unterm
Dach allenthalben umher und das Heu
darinnen beſtaͤndig gelegen, welches in-
newendig allenthalben angefuͤllet, und
wann es vom Wild abgefreſſen, iſt es
von innewendig an deſſen Stelle nachge-
fallen. Weil aber die Sonne, Regen
und Lufft die beſten Kraͤffte des Heues,
worinnen die rechte Nahrung beſtehet,
extrahiren und nichts als duͤrre Spreu
oder Stroh laſſen, halte ich hiervon nichts,
doch ſtehet es einem Jeden frey, nach
ſeinem Gefallen es hierinnen zu machen.

Vom Wild-Acker und Wild-Fahre.
[Spaltenumbruch]

Es iſt wohl ſonder Zweiffel einem
Jeden bekant, wie feindſeelig und neidiſch
das arme Wild Tages und Nachts von
denen Bauern auf vielerley Art wegen
der Frucht-Felder herum gejaget, und,
wo es nur moͤglich ſeyn koͤnte, lieber gar
vertilget wuͤrde. Die gefundenen Hirſch-
Kaͤlber, wo ſie die Bauern nicht gar er-
ſchlagen und die Haͤutlein beym Kuͤrſch-
ner, Muͤtzen daraus zu machen, verkauf-
fen, bleiben zum wenigſten aus Leicht-
fertigkeit von ihnen nicht unbeſchaͤdiget,
indem dieſelben ſolche lahm machen oder
ihnen die Ohren und Geburths-Glieder
beſchneiden, da ſie doch in kurtzen Naͤch-
ten wenig Schaden thun koͤnnen. Der-
gleichen pflegen meiſtens die Schaͤffer,
Hirten und Bauerjungen, oder muͤßige
[Spaltenumbruch] Buben zu thun; Die Sauen aber, als
welche die Felder zu ſchanden brechen
und durchwuͤhlen, koͤnten, wann ſie ſich
nicht zur Wehre ſtellen, gar wohl ver-
wieſen werden. Damit nun denen Un-
terthanen auff ihren Feldern nicht allzu
groſſer Schade durch das Wild geſchehen
moͤge, hat man in Heyden und Waͤl-
dern zu deſſen beſſerer Erhaltung die
Wild-Aecker erfunden, welche vornehm-
lich von gutem gewuͤchſigem Grund und
Boden, nach Gelegenheit, wo moͤglich,
an dickverwachſenen Behaͤltnißen ſitui-
r
et ſeyn muͤſſen, auff welche Aecker man
vor die Hirſche unterſchiedenes Getrey-
de an Weitzen, Erbſen, Haber und Wi-
cken, Kraut und Ruͤben ſeen und pflan-
tzen koͤnte, vornehmlich aber muͤſte man

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/141>, abgerufen am 24.11.2024.