nun um Belehrung, und bekam zur Ant- wort eine große Kiste mit Büchern.
Wie ein Heißhungriger warf er sich da- rüber her, und hoffte nach jedem durchlese- nen Bande das Versprochne zu finden. Aber sonderbar! -- in diesem war es nicht, in dem Folgenden auch nicht -- endlich hatte er die ganze Kiste durchlesen, und sank trostlos auf sein Lager.
"Jhr Grausamen! -- rief er, und Thrä- nen stürzten aus seinen Augen -- "Jhr habt mir nicht gegeben was ihr verspracht! -- aber geraubt habt ihr mir, was ich noch hatte. Eure Ruhe ist Heucheley, oder Be- täubung. Ach Jhr Elenden! hätte ich Euch und Eure Weisheit niemals gekannt!" --
"Jhr habt mir bewiesen, daß ich nichts weiß, und nie etwas wissen kann. Was bleibt mir nun übrig für das öde Leben? -- Soll ich es, so wie ihr, mit lauter
Mit-
nun um Belehrung, und bekam zur Ant- wort eine große Kiſte mit Buͤchern.
Wie ein Heißhungriger warf er ſich da- ruͤber her, und hoffte nach jedem durchleſe- nen Bande das Verſprochne zu finden. Aber ſonderbar! — in dieſem war es nicht, in dem Folgenden auch nicht — endlich hatte er die ganze Kiſte durchleſen, und ſank troſtlos auf ſein Lager.
»Jhr Grauſamen! — rief er, und Thraͤ- nen ſtuͤrzten aus ſeinen Augen — »Jhr habt mir nicht gegeben was ihr verſpracht! — aber geraubt habt ihr mir, was ich noch hatte. Eure Ruhe iſt Heucheley, oder Be- taͤubung. Ach Jhr Elenden! haͤtte ich Euch und Eure Weisheit niemals gekannt!« —
»Jhr habt mir bewieſen, daß ich nichts weiß, und nie etwas wiſſen kann. Was bleibt mir nun uͤbrig fuͤr das oͤde Leben? — Soll ich es, ſo wie ihr, mit lauter
Mit-
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nun um Belehrung, und bekam zur Ant-
wort eine große Kiſte mit Buͤchern.
Wie ein Heißhungriger warf er ſich da-
ruͤber her, und hoffte nach jedem durchleſe-
nen Bande das Verſprochne zu finden.
Aber ſonderbar! — in dieſem war es nicht,
in dem Folgenden auch nicht — endlich
hatte er die ganze Kiſte durchleſen, und
ſank troſtlos auf ſein Lager.
»Jhr Grauſamen! — rief er, und Thraͤ-
nen ſtuͤrzten aus ſeinen Augen — »Jhr
habt mir nicht gegeben was ihr verſpracht!
— aber geraubt habt ihr mir, was ich noch
hatte. Eure Ruhe iſt Heucheley, oder Be-
taͤubung. Ach Jhr Elenden! haͤtte ich Euch
und Eure Weisheit niemals gekannt!« —
»Jhr habt mir bewieſen, daß ich nichts
weiß, und nie etwas wiſſen kann. Was
bleibt mir nun uͤbrig fuͤr das oͤde Leben?
— Soll ich es, ſo wie ihr, mit lauter
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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/84>, abgerufen am 25.07.2024.
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