Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Seit des Genius Anwesenheit war an
keine ordentliche Jagd mehr zu denken.
Er schlug alles mit seiner Keule nieder;
was er vergaß, besorgte sein Wolf, und
Jhro Majestät standen dabey und jähnten
so schrecklich, daß man Jhnen in das kö-
nigliche Herz hätte sehen können.

Dem mußte abgeholfen werden. Herr
Grumedan sogar schien dieses zu begreifen,
und beschloß daher dem Könige in der Re-
sidenz eine kleine Ergötzlichkeit zu veran-
stalten.

Er ließ nämlich das Trauerspiel Romeo
und Julie durch lauter Thiere und größten-
theils durch Bären aufführen. Romeo un-
ter Anderen war ein gar tüchtiger Geselle.
Um des Kontrasts willen hatte man ein
junges Schaf für die Rolle der Julie aus-
ersehen, alles ging vortreflich und einige
Dutzend Zuschauer lagen schon vor Lachen

Seit des Genius Anweſenheit war an
keine ordentliche Jagd mehr zu denken.
Er ſchlug alles mit ſeiner Keule nieder;
was er vergaß, beſorgte ſein Wolf, und
Jhro Majeſtaͤt ſtanden dabey und jaͤhnten
ſo ſchrecklich, daß man Jhnen in das koͤ-
nigliche Herz haͤtte ſehen koͤnnen.

Dem mußte abgeholfen werden. Herr
Grumedan ſogar ſchien dieſes zu begreifen,
und beſchloß daher dem Koͤnige in der Re-
ſidenz eine kleine Ergoͤtzlichkeit zu veran-
ſtalten.

Er ließ naͤmlich das Trauerſpiel Romeo
und Julie durch lauter Thiere und groͤßten-
theils durch Baͤren auffuͤhren. Romeo un-
ter Anderen war ein gar tuͤchtiger Geſelle.
Um des Kontraſts willen hatte man ein
junges Schaf fuͤr die Rolle der Julie aus-
erſehen, alles ging vortreflich und einige
Dutzend Zuſchauer lagen ſchon vor Lachen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0057" n="53"/>
        <p>Seit des Genius Anwe&#x017F;enheit war an<lb/>
keine ordentliche Jagd mehr zu denken.<lb/>
Er &#x017F;chlug alles mit &#x017F;einer Keule nieder;<lb/>
was er vergaß, be&#x017F;orgte &#x017F;ein Wolf, und<lb/>
Jhro Maje&#x017F;ta&#x0364;t &#x017F;tanden dabey und ja&#x0364;hnten<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chrecklich, daß man Jhnen in das ko&#x0364;-<lb/>
nigliche Herz ha&#x0364;tte &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Dem mußte abgeholfen werden. Herr<lb/>
Grumedan &#x017F;ogar &#x017F;chien die&#x017F;es zu begreifen,<lb/>
und be&#x017F;chloß daher dem Ko&#x0364;nige in der Re-<lb/>
&#x017F;idenz eine kleine Ergo&#x0364;tzlichkeit zu veran-<lb/>
&#x017F;talten.</p><lb/>
        <p>Er ließ na&#x0364;mlich das Trauer&#x017F;piel Romeo<lb/>
und Julie durch lauter Thiere und gro&#x0364;ßten-<lb/>
theils durch Ba&#x0364;ren auffu&#x0364;hren. Romeo un-<lb/>
ter Anderen war ein gar tu&#x0364;chtiger Ge&#x017F;elle.<lb/>
Um des Kontra&#x017F;ts willen hatte man ein<lb/>
junges Schaf fu&#x0364;r die Rolle der Julie aus-<lb/>
er&#x017F;ehen, alles ging vortreflich und einige<lb/>
Dutzend Zu&#x017F;chauer lagen &#x017F;chon vor Lachen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0057] Seit des Genius Anweſenheit war an keine ordentliche Jagd mehr zu denken. Er ſchlug alles mit ſeiner Keule nieder; was er vergaß, beſorgte ſein Wolf, und Jhro Majeſtaͤt ſtanden dabey und jaͤhnten ſo ſchrecklich, daß man Jhnen in das koͤ- nigliche Herz haͤtte ſehen koͤnnen. Dem mußte abgeholfen werden. Herr Grumedan ſogar ſchien dieſes zu begreifen, und beſchloß daher dem Koͤnige in der Re- ſidenz eine kleine Ergoͤtzlichkeit zu veran- ſtalten. Er ließ naͤmlich das Trauerſpiel Romeo und Julie durch lauter Thiere und groͤßten- theils durch Baͤren auffuͤhren. Romeo un- ter Anderen war ein gar tuͤchtiger Geſelle. Um des Kontraſts willen hatte man ein junges Schaf fuͤr die Rolle der Julie aus- erſehen, alles ging vortreflich und einige Dutzend Zuſchauer lagen ſchon vor Lachen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/57
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/57>, abgerufen am 23.11.2024.