Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

glückliche Jungfrau mit ihren Dienerinnen
gegangen war, verirrte sich immer mehr
im verwachsenen Dickichte, mußte schroffe
Hügel erklimmen, die ihm den Weg ver-
sperrten, und über enge und tiefe Klüfte
springen, in welchen unten Feuerströme
brausten, die Flammen aufwarfen, und de-
ren scheußlicher Dampf ihn so sehr betäubte,
daß er bei der ersten Kluft Gefahr lief, in
die tobende Tiefe zu stürzen. Sobald er
sich wieder erhohlt hatte, wickelte er das
eine Ende des Musselinstreifs los, woraus
sein Tulbend geflochten war, wand dasselbe
einigemal um Mund und Nase, und ent-
ging durch dieses Mittel weiteren Gefah-
ren. Nach einer beschwerlichen Wanderung
kam er an ein Felsenamphitheater, welches
viel Ähnlichkeit mit jenem hatte, worinn
die schwarzverschleierten Jungfrauen an den
Weberstühlen saßen; nur waren die Felsen-

M 2

gluͤckliche Jungfrau mit ihren Dienerinnen
gegangen war, verirrte ſich immer mehr
im verwachſenen Dickichte, mußte ſchroffe
Huͤgel erklimmen, die ihm den Weg ver-
ſperrten, und uͤber enge und tiefe Kluͤfte
ſpringen, in welchen unten Feuerſtroͤme
brauſten, die Flammen aufwarfen, und de-
ren ſcheußlicher Dampf ihn ſo ſehr betaͤubte,
daß er bei der erſten Kluft Gefahr lief, in
die tobende Tiefe zu ſtuͤrzen. Sobald er
ſich wieder erhohlt hatte, wickelte er das
eine Ende des Muſſelinſtreifs los, woraus
ſein Tulbend geflochten war, wand daſſelbe
einigemal um Mund und Naſe, und ent-
ging durch dieſes Mittel weiteren Gefah-
ren. Nach einer beſchwerlichen Wanderung
kam er an ein Felſenamphitheater, welches
viel Ähnlichkeit mit jenem hatte, worinn
die ſchwarzverſchleierten Jungfrauen an den
Weberſtuͤhlen ſaßen; nur waren die Felſen-

M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="179"/>
glu&#x0364;ckliche Jungfrau mit ihren Dienerinnen<lb/>
gegangen war, verirrte &#x017F;ich immer mehr<lb/>
im verwach&#x017F;enen Dickichte, mußte &#x017F;chroffe<lb/>
Hu&#x0364;gel erklimmen, die ihm den Weg ver-<lb/>
&#x017F;perrten, und u&#x0364;ber enge und tiefe Klu&#x0364;fte<lb/>
&#x017F;pringen, in welchen unten Feuer&#x017F;tro&#x0364;me<lb/>
brau&#x017F;ten, die Flammen aufwarfen, und de-<lb/>
ren &#x017F;cheußlicher Dampf ihn &#x017F;o &#x017F;ehr beta&#x0364;ubte,<lb/>
daß er bei der er&#x017F;ten Kluft Gefahr lief, in<lb/>
die tobende Tiefe zu &#x017F;tu&#x0364;rzen. Sobald er<lb/>
&#x017F;ich wieder erhohlt hatte, wickelte er das<lb/>
eine Ende des Mu&#x017F;&#x017F;elin&#x017F;treifs los, woraus<lb/>
&#x017F;ein Tulbend geflochten war, wand da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
einigemal um Mund und Na&#x017F;e, und ent-<lb/>
ging durch die&#x017F;es Mittel weiteren Gefah-<lb/>
ren. Nach einer be&#x017F;chwerlichen Wanderung<lb/>
kam er an ein Fel&#x017F;enamphitheater, welches<lb/>
viel Ähnlichkeit mit jenem hatte, worinn<lb/>
die &#x017F;chwarzver&#x017F;chleierten Jungfrauen an den<lb/>
Weber&#x017F;tu&#x0364;hlen &#x017F;aßen; nur waren die Fel&#x017F;en-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0183] gluͤckliche Jungfrau mit ihren Dienerinnen gegangen war, verirrte ſich immer mehr im verwachſenen Dickichte, mußte ſchroffe Huͤgel erklimmen, die ihm den Weg ver- ſperrten, und uͤber enge und tiefe Kluͤfte ſpringen, in welchen unten Feuerſtroͤme brauſten, die Flammen aufwarfen, und de- ren ſcheußlicher Dampf ihn ſo ſehr betaͤubte, daß er bei der erſten Kluft Gefahr lief, in die tobende Tiefe zu ſtuͤrzen. Sobald er ſich wieder erhohlt hatte, wickelte er das eine Ende des Muſſelinſtreifs los, woraus ſein Tulbend geflochten war, wand daſſelbe einigemal um Mund und Naſe, und ent- ging durch dieſes Mittel weiteren Gefah- ren. Nach einer beſchwerlichen Wanderung kam er an ein Felſenamphitheater, welches viel Ähnlichkeit mit jenem hatte, worinn die ſchwarzverſchleierten Jungfrauen an den Weberſtuͤhlen ſaßen; nur waren die Felſen- M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/183
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/183>, abgerufen am 25.11.2024.