[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.
Madame es ist zum rasend werden! Diese Krebsscheeren der Erinnerung ge- ben mir den lezten Stoß! -- Jetzt gleich eile ich zum Könige! War ich nicht ein Narr meine Zeit so zu verlieren!" -- Mit diesen Worten war der Prinz ver- schwunden, und die arme Oberhofmeisterinn blieb mit weinenden Augen zurück. "Ach -- rief sie -- unser Elend ist aufs Höchste gestiegen! Wer hätte glauben sol- len: daß es dahin kommen würde! -- Krebsscheeren der Erinnerung! ! -- -- Nein er hat Recht! es ist um den Ver- stand zu verlieren! Voller Betrübniß fragte nun die gute Dame jedermann der ihr begegnete: ob er etwas von Krebsscheeren der Erin- nerung gehört habe? -- Dieser fragte dann wieder einen Anderen, und so ging es bald wie ein Lauffeuer, erst durch das Schloß, dann durch die ganze Stadt.
Madame es iſt zum raſend werden! Dieſe Krebsſcheeren der Erinnerung ge- ben mir den lezten Stoß! — Jetzt gleich eile ich zum Koͤnige! War ich nicht ein Narr meine Zeit ſo zu verlieren!« — Mit dieſen Worten war der Prinz ver- ſchwunden, und die arme Oberhofmeiſterinn blieb mit weinenden Augen zuruͤck. »Ach — rief ſie — unſer Elend iſt aufs Hoͤchſte geſtiegen! Wer haͤtte glauben ſol- len: daß es dahin kommen wuͤrde! — Krebsſcheeren der Erinnerung! ! — — Nein er hat Recht! es iſt um den Ver- ſtand zu verlieren! Voller Betruͤbniß fragte nun die gute Dame jedermann der ihr begegnete: ob er etwas von Krebsſcheeren der Erin- nerung gehoͤrt habe? — Dieſer fragte dann wieder einen Anderen, und ſo ging es bald wie ein Lauffeuer, erſt durch das Schloß, dann durch die ganze Stadt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#KOEN"> <p><pb facs="#f0140" n="136"/> Madame es iſt zum raſend werden! Dieſe<lb/><hi rendition="#g">Krebsſcheeren der Erinnerung</hi> ge-<lb/> ben mir den lezten Stoß! — Jetzt gleich<lb/> eile ich zum Koͤnige! War ich nicht ein<lb/> Narr meine Zeit ſo zu verlieren!« —</p><lb/> <p>Mit dieſen Worten war der Prinz ver-<lb/> ſchwunden, und die arme Oberhofmeiſterinn<lb/> blieb mit weinenden Augen zuruͤck.</p><lb/> <p>»Ach — rief ſie — unſer Elend iſt aufs<lb/> Hoͤchſte geſtiegen! Wer haͤtte glauben ſol-<lb/> len: daß es dahin kommen wuͤrde! —<lb/><hi rendition="#g">Krebsſcheeren der Erinnerung</hi>! ! —<lb/> — Nein er hat Recht! es iſt um den Ver-<lb/> ſtand zu verlieren!</p><lb/> <p>Voller Betruͤbniß fragte nun die gute<lb/> Dame jedermann der ihr begegnete: ob er<lb/> etwas von <hi rendition="#g">Krebsſcheeren der Erin-<lb/> nerung</hi> gehoͤrt habe? — Dieſer fragte<lb/> dann wieder einen Anderen, und ſo ging<lb/> es bald wie ein Lauffeuer, erſt durch das<lb/> Schloß, dann durch die ganze Stadt.</p><lb/> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [136/0140]
Madame es iſt zum raſend werden! Dieſe
Krebsſcheeren der Erinnerung ge-
ben mir den lezten Stoß! — Jetzt gleich
eile ich zum Koͤnige! War ich nicht ein
Narr meine Zeit ſo zu verlieren!« —
Mit dieſen Worten war der Prinz ver-
ſchwunden, und die arme Oberhofmeiſterinn
blieb mit weinenden Augen zuruͤck.
»Ach — rief ſie — unſer Elend iſt aufs
Hoͤchſte geſtiegen! Wer haͤtte glauben ſol-
len: daß es dahin kommen wuͤrde! —
Krebsſcheeren der Erinnerung! ! —
— Nein er hat Recht! es iſt um den Ver-
ſtand zu verlieren!
Voller Betruͤbniß fragte nun die gute
Dame jedermann der ihr begegnete: ob er
etwas von Krebsſcheeren der Erin-
nerung gehoͤrt habe? — Dieſer fragte
dann wieder einen Anderen, und ſo ging
es bald wie ein Lauffeuer, erſt durch das
Schloß, dann durch die ganze Stadt.
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Zitationshilfe: | [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/140>, abgerufen am 25.07.2024. |