Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

mußte grade jetzt ein Schriftsteller berühmt
werden, der bei seinen Lesern alles Heu-
rathsgefühl zerstöhrte, und leider der Prin-
zessin vollkommensten Beifall erhielt.

Er ließ sich ganz eigentlich dafür be-
zahlen, den Leuten auf die possierlichste
Weise etwas vorzujammern. Dem Lächer-
lichsten mußte er ein weinerliches, und dem
Erhabensten ein winziges Bild abzugewin-
nen. So verglich er -- um nur eine Probe
des Lezten zu geben -- die Milchstraße
mit einer Wünschelruthe, und der
Montblanc, wenn er mit Wolken um-
hüllt war, hatte bey ihm die Nachtmütze
aufgesetzt. Bey dem allen war seine ko-
mischgigantische Sprache so hinreissend: daß
besonders die Frauenzimmer, nach einigen
durchlesenen Bänden es gar nicht mehr auf
der prosaischen Erde aushalten konnten.

Die Prinzessin nun gar ward durch die

mußte grade jetzt ein Schriftſteller beruͤhmt
werden, der bei ſeinen Leſern alles Heu-
rathsgefuͤhl zerſtoͤhrte, und leider der Prin-
zeſſin vollkommenſten Beifall erhielt.

Er ließ ſich ganz eigentlich dafuͤr be-
zahlen, den Leuten auf die poſſierlichſte
Weiſe etwas vorzujammern. Dem Laͤcher-
lichſten mußte er ein weinerliches, und dem
Erhabenſten ein winziges Bild abzugewin-
nen. So verglich er — um nur eine Probe
des Lezten zu geben — die Milchſtraße
mit einer Wuͤnſchelruthe, und der
Montblanc, wenn er mit Wolken um-
huͤllt war, hatte bey ihm die Nachtmuͤtze
aufgeſetzt. Bey dem allen war ſeine ko-
miſchgigantiſche Sprache ſo hinreiſſend: daß
beſonders die Frauenzimmer, nach einigen
durchleſenen Baͤnden es gar nicht mehr auf
der proſaïſchen Erde aushalten konnten.

Die Prinzeſſin nun gar ward durch die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0107" n="103"/>
mußte grade jetzt ein Schrift&#x017F;teller beru&#x0364;hmt<lb/>
werden, der bei &#x017F;einen Le&#x017F;ern alles Heu-<lb/>
rathsgefu&#x0364;hl zer&#x017F;to&#x0364;hrte, und leider der Prin-<lb/>
ze&#x017F;&#x017F;in vollkommen&#x017F;ten Beifall erhielt.</p><lb/>
        <p>Er ließ &#x017F;ich ganz eigentlich dafu&#x0364;r be-<lb/>
zahlen, den Leuten auf die po&#x017F;&#x017F;ierlich&#x017F;te<lb/>
Wei&#x017F;e etwas vorzujammern. Dem La&#x0364;cher-<lb/>
lich&#x017F;ten mußte er ein weinerliches, und dem<lb/>
Erhaben&#x017F;ten ein winziges Bild abzugewin-<lb/>
nen. So verglich er &#x2014; um nur eine Probe<lb/>
des Lezten zu geben &#x2014; die <hi rendition="#g">Milch&#x017F;traße</hi><lb/>
mit einer <hi rendition="#g">Wu&#x0364;n&#x017F;chelruthe</hi>, und der<lb/><hi rendition="#g">Montblanc</hi>, wenn er mit Wolken um-<lb/>
hu&#x0364;llt war, hatte bey ihm die <hi rendition="#g">Nachtmu&#x0364;tze</hi><lb/>
aufge&#x017F;etzt. Bey dem allen war &#x017F;eine ko-<lb/>
mi&#x017F;chgiganti&#x017F;che Sprache &#x017F;o hinrei&#x017F;&#x017F;end: daß<lb/>
be&#x017F;onders die Frauenzimmer, nach einigen<lb/>
durchle&#x017F;enen Ba&#x0364;nden es gar nicht mehr auf<lb/>
der pro&#x017F;&#x017F;chen Erde aushalten konnten.</p><lb/>
        <p>Die Prinze&#x017F;&#x017F;in nun gar ward durch die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0107] mußte grade jetzt ein Schriftſteller beruͤhmt werden, der bei ſeinen Leſern alles Heu- rathsgefuͤhl zerſtoͤhrte, und leider der Prin- zeſſin vollkommenſten Beifall erhielt. Er ließ ſich ganz eigentlich dafuͤr be- zahlen, den Leuten auf die poſſierlichſte Weiſe etwas vorzujammern. Dem Laͤcher- lichſten mußte er ein weinerliches, und dem Erhabenſten ein winziges Bild abzugewin- nen. So verglich er — um nur eine Probe des Lezten zu geben — die Milchſtraße mit einer Wuͤnſchelruthe, und der Montblanc, wenn er mit Wolken um- huͤllt war, hatte bey ihm die Nachtmuͤtze aufgeſetzt. Bey dem allen war ſeine ko- miſchgigantiſche Sprache ſo hinreiſſend: daß beſonders die Frauenzimmer, nach einigen durchleſenen Baͤnden es gar nicht mehr auf der proſaïſchen Erde aushalten konnten. Die Prinzeſſin nun gar ward durch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/107
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/107>, abgerufen am 22.11.2024.