Finen, Eberhard: Kläglicher Sterbe-Wunsch Pauli als Ein Wunsch eines Hohen in der Welt. Braunschweig, 1706.Gewiß in solchem Zustand mag Paulus wol seufftzen: Ich elender Mensch. Und hierauf folget nun der Vortrag seines Sterbe-Wunsches: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes. Ein jedes sehnet sich nach seiner Verbesserung / und wünschet dessen entlediget zu werden / was an vollkommener Glückseeligkeit hindert und hingegen unglücklich macht. Das brachte denn auch Paulum dahin / daß er diesen Wunsch im Hertzen thut / und aus der Feder fliessen läst: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Dergleichen Fragen pflegen zuweilen einer Verneinung gleich zu seyn. Zum Exempel / wenn es heisst: Wer wil die Auserwehlten GOttes Rom. VIII. 33. 35.beschuldigen? wer wil verdammen? wer wil uns scheiden von der Liebe GOttes? so ists so viel gesagt / als: Niemand kan die Auserwehlten GOttes beschuldigen; niemand kan verdammen; nichts kan uns scheiden von der Liebe GOttes. Hätte Paulus auf solche Art gefraget / wäre es kein Wunsch / sondern eine Verzweiffelung gewesen; dieses war ferne von Paulo; Er hätte sonst nicht sofort auf diese Worte sagen können: Ich dancke GOtt durch unsern HErrn JEsum Christum; Indem er dancket / giebt er zu erkennen / daß seine Zuversicht so starck und gewiß / als hätte er schon erhalten / was er verlanget. Indem er aber JEsum Christum nennet / so fraget er auch nicht aus Unwissenheit / sondern er weiß schon / wer ihn erlösen soll / nemlich JEsus Christus. So bleibts denn ein sehnlicher Wunsch / wenn Paulus fraget: Wer wird mich erlösen? Auf gleiche Art Ps. XLII. 3.fraget David: Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schaue. Das objectum seines Wunsches / oder das / was er wünschet / ist die Erlösung. Eine Erlösung praesupponiret eine Gefangenschafft oder Knechtschafft; Durch die Sünde waren wir in des Teuffels Gwalt / wir waren seine Gefangene / seine Knechte / aber JEsus Christus ist unsers Eleisches und Blutes theilhafftig worden / auf daß Heb. II, 13. 15.er erlösete die / so durch Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte seyn musten. Er hat sein Leben gegeben zur Bezahlung Marc. X, 45. 1. Tim. II, 6.oder Erlösung für viele. Er hat sich selbst gegeben zur Erlösung für alle. Mithin hatte auch die Sünde eine Herrschafft über uns; aber ihr wisset / schreibt Petrus / daß ihr nicht mit vergänglichen Silber oder Golde Gewiß in solchem Zustand mag Paulus wol seufftzen: Ich elender Mensch. Und hierauf folget nun der Vortrag seines Sterbe-Wunsches: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes. Ein jedes sehnet sich nach seiner Verbesserung / und wünschet dessen entlediget zu werden / was an vollkommener Glückseeligkeit hindert und hingegen unglücklich macht. Das brachte denn auch Paulum dahin / daß er diesen Wunsch im Hertzen thut / und aus der Feder fliessen läst: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Dergleichen Fragen pflegen zuweilen einer Verneinung gleich zu seyn. Zum Exempel / wenn es heisst: Wer wil die Auserwehlten GOttes Rom. VIII. 33. 35.beschuldigen? wer wil verdammen? wer wil uns scheiden von der Liebe GOttes? so ists so viel gesagt / als: Niemand kan die Auserwehlten GOttes beschuldigen; niemand kan verdammen; nichts kan uns scheiden von der Liebe GOttes. Hätte Paulus auf solche Art gefraget / wäre es kein Wunsch / sondern eine Verzweiffelung gewesen; dieses war ferne von Paulo; Er hätte sonst nicht sofort auf diese Worte sagen können: Ich dancke GOtt durch unsern HErrn JEsum Christum; Indem er dancket / giebt er zu erkennen / daß seine Zuversicht so starck und gewiß / als hätte er schon erhalten / was er verlanget. Indem er aber JEsum Christum nennet / so fraget er auch nicht aus Unwissenheit / sondern er weiß schon / wer ihn erlösen soll / nemlich JEsus Christus. So bleibts denn ein sehnlicher Wunsch / wenn Paulus fraget: Wer wird mich erlösen? Auf gleiche Art Ps. XLII. 3.fraget David: Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schaue. Das objectum seines Wunsches / oder das / was er wünschet / ist die Erlösung. Eine Erlösung praesupponiret eine Gefangenschafft oder Knechtschafft; Durch die Sünde waren wir in des Teuffels Gwalt / wir waren seine Gefangene / seine Knechte / aber JEsus Christus ist unsers Eleisches und Blutes theilhafftig worden / auf daß Heb. II, 13. 15.er erlösete die / so durch Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte seyn musten. Er hat sein Leben gegeben zur Bezahlung Marc. X, 45. 1. Tim. II, 6.oder Erlösung für viele. Er hat sich selbst gegeben zur Erlösung für alle. 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VIII. 33. 35.</note>beschuldigen? wer wil verdammen? wer wil uns scheiden von der Liebe GOttes? so ists so viel gesagt / als: Niemand kan die Auserwehlten GOttes beschuldigen; niemand kan verdammen; nichts kan uns scheiden von der Liebe GOttes. Hätte Paulus auf solche Art gefraget / wäre es kein Wunsch / sondern eine Verzweiffelung gewesen; dieses war ferne von Paulo; Er hätte sonst nicht sofort auf diese Worte sagen können: Ich dancke GOtt durch unsern HErrn JEsum Christum; Indem er dancket / giebt er zu erkennen / daß seine Zuversicht so starck und gewiß / als hätte er schon erhalten / was er verlanget. Indem er aber JEsum Christum nennet / so fraget er auch nicht aus Unwissenheit / sondern er weiß schon / wer ihn erlösen soll / nemlich JEsus Christus. So bleibts denn ein sehnlicher Wunsch / wenn Paulus fraget: Wer wird mich erlösen? Auf gleiche Art <note place="left">Ps. XLII. 3.</note>fraget David: Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schaue. Das objectum seines Wunsches / oder das / was er wünschet / ist die Erlösung. Eine Erlösung praesupponiret eine Gefangenschafft oder Knechtschafft; Durch die Sünde waren wir in des Teuffels Gwalt / wir waren seine Gefangene / seine Knechte / aber JEsus Christus ist unsers Eleisches und Blutes theilhafftig worden / auf daß <note place="left">Heb. II, 13. 15.</note>er erlösete die / so durch Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte seyn musten. Er hat sein Leben gegeben zur Bezahlung <note place="left">Marc. X, 45. 1. Tim. II, 6.</note>oder Erlösung für viele. Er hat sich selbst gegeben zur Erlösung für alle. Mithin hatte auch die Sünde eine Herrschafft über uns; aber ihr wisset / schreibt Petrus / daß ihr nicht mit vergänglichen Silber oder Golde </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0016]
Gewiß in solchem Zustand mag Paulus wol seufftzen: Ich elender Mensch. Und hierauf folget nun der Vortrag seines Sterbe-Wunsches: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes.
Ein jedes sehnet sich nach seiner Verbesserung / und wünschet dessen entlediget zu werden / was an vollkommener Glückseeligkeit hindert und hingegen unglücklich macht. Das brachte denn auch Paulum dahin / daß er diesen Wunsch im Hertzen thut / und aus der Feder fliessen läst: Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Dergleichen Fragen pflegen zuweilen einer Verneinung gleich zu seyn. Zum Exempel / wenn es heisst: Wer wil die Auserwehlten GOttes beschuldigen? wer wil verdammen? wer wil uns scheiden von der Liebe GOttes? so ists so viel gesagt / als: Niemand kan die Auserwehlten GOttes beschuldigen; niemand kan verdammen; nichts kan uns scheiden von der Liebe GOttes. Hätte Paulus auf solche Art gefraget / wäre es kein Wunsch / sondern eine Verzweiffelung gewesen; dieses war ferne von Paulo; Er hätte sonst nicht sofort auf diese Worte sagen können: Ich dancke GOtt durch unsern HErrn JEsum Christum; Indem er dancket / giebt er zu erkennen / daß seine Zuversicht so starck und gewiß / als hätte er schon erhalten / was er verlanget. Indem er aber JEsum Christum nennet / so fraget er auch nicht aus Unwissenheit / sondern er weiß schon / wer ihn erlösen soll / nemlich JEsus Christus. So bleibts denn ein sehnlicher Wunsch / wenn Paulus fraget: Wer wird mich erlösen? Auf gleiche Art fraget David: Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schaue. Das objectum seines Wunsches / oder das / was er wünschet / ist die Erlösung. Eine Erlösung praesupponiret eine Gefangenschafft oder Knechtschafft; Durch die Sünde waren wir in des Teuffels Gwalt / wir waren seine Gefangene / seine Knechte / aber JEsus Christus ist unsers Eleisches und Blutes theilhafftig worden / auf daß er erlösete die / so durch Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte seyn musten. Er hat sein Leben gegeben zur Bezahlung oder Erlösung für viele. Er hat sich selbst gegeben zur Erlösung für alle. Mithin hatte auch die Sünde eine Herrschafft über uns; aber ihr wisset / schreibt Petrus / daß ihr nicht mit vergänglichen Silber oder Golde
Rom. VIII. 33. 35.
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