Finen, Eberhard: Kläglicher Sterbe-Wunsch Pauli als Ein Wunsch eines Hohen in der Welt. Braunschweig, 1706.oder jämmerlichen / wie der seel. Lutherus dieses Wort anderswoApoc. III, 17. übersetzet / ausgeben können. Allein diß war es eben nicht / daß ihn itzo qvälete / und des Lebens müde machte; Massen er ja bey allen solchen äusserlichen Elende noch zum öfftern seinen freudigen Muth bezeuget. Es sind ja freudige2. Cor. IV, 8. 2. Cor. VII. 4. Col. I, 24. Worte / welche er mitten in seinen Trübsahlen hören lässet: Uns ist bange / aber wir verzagen nicht. Ich bin überschwenglich in Freuden in allen unsern Trübsahl. Ich freue mich in meinem Leyden. Das Elend aber / welches ihn so elend machet / nennet er den Leib des Todes. Der Context muß uns die beste Nachricht geben / was Paulus allhier durch den Leib des Todes verstehen wollen. Es ist zwar an dem / daß unser natürlicher Leib wol ein Leib des Todes zu nennen / weil er nichts gewissers vor sich hat als den Tod / und über dem so vielen Ungemach / so vielen Leyden und Kranckheiten unterworffen ist / daß wir offt bey lebendigen Leibe todt und zu keiner Arbeit fähig sind / dahin zielet das Buch der Weißheit: der sterbliche Leichnam beschweretSap. IX, 15. die Seele / und die irrdische Hütte drücket den zerstreueten Sinn. Zu geschweigen anderer Verdrießligkeiten und Behinderungen an Guten / welche von den Feinden der Frommen ihnen in den Weg geworffen werden / und empfindlicher sind als der Todt selbst / wie David darüber seufftzet: Es ist ein Mord in meinen Beinen / daß mich meinePs. XLII, 11. Feinde schmähen / wenn sie täglich zu mir sagen / wo ist nun dein GOtt? Jedennoch ist diß nicht eigentlich der Leib des Todes / wie wir schon etwas angezeiget / welcher Paulum elend und seufftzend machet. Wil man auf den Zustand Pauli vor seiner Bekehrung sehen / (als wohin etliche der Ausleger / doch ohne sattsamen Grund diese Klage-Worte insgesammt ziehen wollen:) so kan er sich zwar nicht ausnehmen von dem / was er von andern Unbekehrten schreibet / daß sie nemlich todtEph. II, 5. in Sünden; hier aber stellet er sich als einen solchen vor / bey dem die Sünde zwar wohnete / aber nicht herschete / der bey sich fand den inwendigen Menschen / nach welchen er Lust hatte an den Gesetze GOttes / und der das Böse so er that / angeben konte / als thäte ers selber nicht / sondern die Sünde die in ihm wäre / welches von einem Unbekehrten und Unwiedergebohrnen nicht kan gesaget werden. So verstehet er denn oder jämmerlichen / wie der seel. Lutherus dieses Wort anderswoApoc. III, 17. übersetzet / ausgeben können. Allein diß war es eben nicht / daß ihn itzo qvälete / und des Lebens müde machte; Massen er ja bey allen solchen äusserlichen Elende noch zum öfftern seinen freudigen Muth bezeuget. Es sind ja freudige2. Cor. IV, 8. 2. Cor. VII. 4. Col. I, 24. Worte / welche er mitten in seinen Trübsahlen hören lässet: Uns ist bange / aber wir verzagen nicht. Ich bin überschwenglich in Freuden in allen unsern Trübsahl. Ich freue mich in meinem Leyden. Das Elend aber / welches ihn so elend machet / nennet er den Leib des Todes. Der Context muß uns die beste Nachricht geben / was Paulus allhier durch den Leib des Todes verstehen wollen. Es ist zwar an dem / daß unser natürlicher Leib wol ein Leib des Todes zu nennen / weil er nichts gewissers vor sich hat als den Tod / und über dem so vielen Ungemach / so vielen Leyden und Kranckheiten unterworffen ist / daß wir offt bey lebendigen Leibe todt und zu keiner Arbeit fähig sind / dahin zielet das Buch der Weißheit: der sterbliche Leichnam beschweretSap. IX, 15. die Seele / und die irrdische Hütte drücket den zerstreueten Sinn. Zu geschweigen anderer Verdrießligkeiten und Behinderungen an Guten / welche von den Feinden der Frommen ihnen in den Weg geworffen werden / und empfindlicher sind als der Todt selbst / wie David darüber seufftzet: Es ist ein Mord in meinen Beinen / daß mich meinePs. XLII, 11. Feinde schmähen / wenn sie täglich zu mir sagen / wo ist nun dein GOtt? Jedennoch ist diß nicht eigentlich der Leib des Todes / wie wir schon etwas angezeiget / welcher Paulum elend und seufftzend machet. Wil man auf den Zustand Pauli vor seiner Bekehrung sehen / (als wohin etliche der Ausleger / doch ohne sattsamen Grund diese Klage-Worte insgesam̃t ziehen wollen:) so kan er sich zwar nicht ausnehmen von dem / was er von andern Unbekehrten schreibet / daß sie nemlich todtEph. II, 5. in Sünden; hier aber stellet er sich als einen solchen vor / bey dem die Sünde zwar wohnete / aber nicht herschete / der bey sich fand den inwendigen Menschen / nach welchen er Lust hatte an den Gesetze GOttes / und der das Böse so er that / angeben konte / als thäte ers selber nicht / sondern die Sünde die in ihm wäre / welches von einem Unbekehrten und Unwiedergebohrnen nicht kan gesaget werden. So verstehet er denn <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0013" n="9"/> oder jämmerlichen / wie der seel. Lutherus dieses Wort anderswo<note place="right">Apoc. III, 17.</note> übersetzet / ausgeben können. Allein diß war es eben nicht / daß ihn itzo qvälete / und des Lebens müde machte; Massen er ja bey allen solchen äusserlichen Elende noch zum öfftern seinen freudigen Muth bezeuget. Es sind ja freudige<note place="right">2. Cor. IV, 8. 2. Cor. VII. 4. Col. I, 24.</note> Worte / welche er mitten in seinen Trübsahlen hören lässet: Uns ist bange / aber wir verzagen nicht. Ich bin überschwenglich in Freuden in allen unsern Trübsahl. Ich freue mich in meinem Leyden. Das Elend aber / welches ihn so elend machet / nennet er den Leib des Todes. Der Context muß uns die beste Nachricht geben / was Paulus allhier durch den Leib des Todes verstehen wollen. Es ist zwar an dem / daß unser natürlicher Leib wol ein Leib des Todes zu nennen / weil er nichts gewissers vor sich hat als den Tod / und über dem so vielen Ungemach / so vielen Leyden und Kranckheiten unterworffen ist / daß wir offt bey lebendigen Leibe todt und zu keiner Arbeit fähig sind / dahin zielet das Buch der Weißheit: der sterbliche Leichnam beschweret<note place="right">Sap. IX, 15.</note> die Seele / und die irrdische Hütte drücket den zerstreueten Sinn. 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II, 5.</note> in Sünden; hier aber stellet er sich als einen solchen vor / bey dem die Sünde zwar wohnete / aber nicht herschete / der bey sich fand den inwendigen Menschen / nach welchen er Lust hatte an den Gesetze GOttes / und der das Böse so er that / angeben konte / als thäte ers selber nicht / sondern die Sünde die in ihm wäre / welches von einem Unbekehrten und Unwiedergebohrnen nicht kan gesaget werden. So verstehet er denn </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0013]
oder jämmerlichen / wie der seel. Lutherus dieses Wort anderswo übersetzet / ausgeben können. Allein diß war es eben nicht / daß ihn itzo qvälete / und des Lebens müde machte; Massen er ja bey allen solchen äusserlichen Elende noch zum öfftern seinen freudigen Muth bezeuget. Es sind ja freudige Worte / welche er mitten in seinen Trübsahlen hören lässet: Uns ist bange / aber wir verzagen nicht. Ich bin überschwenglich in Freuden in allen unsern Trübsahl. Ich freue mich in meinem Leyden. Das Elend aber / welches ihn so elend machet / nennet er den Leib des Todes. Der Context muß uns die beste Nachricht geben / was Paulus allhier durch den Leib des Todes verstehen wollen. Es ist zwar an dem / daß unser natürlicher Leib wol ein Leib des Todes zu nennen / weil er nichts gewissers vor sich hat als den Tod / und über dem so vielen Ungemach / so vielen Leyden und Kranckheiten unterworffen ist / daß wir offt bey lebendigen Leibe todt und zu keiner Arbeit fähig sind / dahin zielet das Buch der Weißheit: der sterbliche Leichnam beschweret die Seele / und die irrdische Hütte drücket den zerstreueten Sinn. Zu geschweigen anderer Verdrießligkeiten und Behinderungen an Guten / welche von den Feinden der Frommen ihnen in den Weg geworffen werden / und empfindlicher sind als der Todt selbst / wie David darüber seufftzet: Es ist ein Mord in meinen Beinen / daß mich meine Feinde schmähen / wenn sie täglich zu mir sagen / wo ist nun dein GOtt? Jedennoch ist diß nicht eigentlich der Leib des Todes / wie wir schon etwas angezeiget / welcher Paulum elend und seufftzend machet. Wil man auf den Zustand Pauli vor seiner Bekehrung sehen / (als wohin etliche der Ausleger / doch ohne sattsamen Grund diese Klage-Worte insgesam̃t ziehen wollen:) so kan er sich zwar nicht ausnehmen von dem / was er von andern Unbekehrten schreibet / daß sie nemlich todt in Sünden; hier aber stellet er sich als einen solchen vor / bey dem die Sünde zwar wohnete / aber nicht herschete / der bey sich fand den inwendigen Menschen / nach welchen er Lust hatte an den Gesetze GOttes / und der das Böse so er that / angeben konte / als thäte ers selber nicht / sondern die Sünde die in ihm wäre / welches von einem Unbekehrten und Unwiedergebohrnen nicht kan gesaget werden. So verstehet er denn
Apoc. III, 17.
2. Cor. IV, 8. 2. Cor. VII. 4. Col. I, 24.
Sap. IX, 15.
Ps. XLII, 11.
Eph. II, 5.
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Kläglicher Sterbe-Wunsch Pauli als Ein Wunsch eines Hohen in der Welt. Braunschweig, 1706, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_sterbewunsch_1707/13>, abgerufen am 28.07.2024. |