Finen, Eberhard: Der Seine Seele stillende David/ Und die Rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit. Braunschweig, 1720.dacht / eines sorgfältigsten Gehorsams und Treue gegen ihre Obern / unverstellter Redlichkeit gegen ihres gleichen / und willfertiger Liebe gegen jederman / nennen können. Bey dem allen war ihr doch am allereyffrigsten angelegen / daß sie ihren Beruff und Erwählung vest machen / und mit Furcht und Zittern möchte schaffen / daß sie seelig würde. In solcher Absicht arbeitete sie unabläßig / sich selbst und ihre Fehler zu erkennen / ohne sich mit untersuchen und richten anderer Leute Mängel aufzuhalten. Und als sie denn so wenig / als andere Menschen / das vest anklebende Ubel der Erb-Sünde abzuschütteln vermochte / so beklagte sie die daraus entspriessende sündliche Gedancken / Worte und Wercke mit täglichen Buß-Seufftzern / und bath alles wissentliche und unwissentliche Böse mit zerschlagenen Hertzen / in einem an JEsu Verdienst sich allein haltenden Glauben / ihrem GOtt hertzlich ab; vergaß auch nicht den süssen Trost des Evangelii bey dem heiligen Predig-Amt in weh- und demüthigster devotion öffters zu suchen / und die darauf versicherte Vergebung ihrer Sünden / durch den Genuß des Leibes und Blutes JEsu Christi / zu versiegeln. Dieser Gnade je eher / je lieber theilhafftig zu werden / war der erste und vornehmste Wunsch in ihrer letzten Kranckheit; Sie wurde auch gewiß an ihrem Geiste wie neu belebet / als GOtt den vierten Tag vor ihrem seeligen Abschied sothanen Wunsch erfüllete. Was übrigens der wohlseeligen Frau General-Majorin Durchgang durch diese Welt / und äusserlich geführten Lebens-Wandel betrifft / so möchte man wol ihr Leben mit mehrerm Recht ein Leyden als Leben nennen. Zumahl empfindlich muß es gewesen seyn / da sie in dem Anfang ihres eilfften Jahrs / und zwar abwesend / erfahren müssen / daß ihr wohlseeliger Herr Vater den 29 Febr. 1664. diese Welt durch einem seeligen Abschied verlassen / da sie erst dessen väterliche Vorsorge recht zu geniessen hoffete. Ihre wohlseelige Frau Mutter muste sie mit vier Geschwister / als unmündigen Wäysen in einem betrübten und Thränen-vollen Wittwen-Stande seufftzen hören; wozu dieselbe üm so viel mehr Ursach hatte / da sie die von dero seel. Ehe-Herrn hinterlassene Güter mit vielen Weitläufftigkeiten und dacht / eines sorgfältigsten Gehorsams und Treue gegen ihre Obern / unverstellter Redlichkeit gegen ihres gleichen / und willfertiger Liebe gegen jederman / nennen können. Bey dem allen war ihr doch am allereyffrigsten angelegen / daß sie ihren Beruff und Erwählung vest machen / und mit Furcht und Zittern möchte schaffen / daß sie seelig würde. In solcher Absicht arbeitete sie unabläßig / sich selbst und ihre Fehler zu erkennen / ohne sich mit untersuchen und richten anderer Leute Mängel aufzuhalten. Und als sie denn so wenig / als andere Menschen / das vest anklebende Ubel der Erb-Sünde abzuschütteln vermochte / so beklagte sie die daraus entspriessende sündliche Gedancken / Worte und Wercke mit täglichen Buß-Seufftzern / und bath alles wissentliche und unwissentliche Böse mit zerschlagenen Hertzen / in einem an JEsu Verdienst sich allein haltenden Glauben / ihrem GOtt hertzlich ab; vergaß auch nicht den süssen Trost des Evangelii bey dem heiligen Predig-Amt in weh- und demüthigster devotion öffters zu suchen / und die darauf versicherte Vergebung ihrer Sünden / durch den Genuß des Leibes und Blutes JEsu Christi / zu versiegeln. Dieser Gnade je eher / je lieber theilhafftig zu werden / war der erste und vornehmste Wunsch in ihrer letzten Kranckheit; Sie wurde auch gewiß an ihrem Geiste wie neu belebet / als GOtt den vierten Tag vor ihrem seeligen Abschied sothanen Wunsch erfüllete. Was übrigens der wohlseeligen Frau General-Majorin Durchgang durch diese Welt / und äusserlich geführten Lebens-Wandel betrifft / so möchte man wol ihr Leben mit mehrerm Recht ein Leyden als Leben nennen. Zumahl empfindlich muß es gewesen seyn / da sie in dem Anfang ihres eilfften Jahrs / und zwar abwesend / erfahren müssen / daß ihr wohlseeliger Herr Vater den 29 Febr. 1664. diese Welt durch einem seeligen Abschied verlassen / da sie erst dessen väterliche Vorsorge recht zu geniessen hoffete. Ihre wohlseelige Frau Mutter muste sie mit vier Geschwister / als unmündigen Wäysen in einem betrübten und Thränen-vollen Wittwen-Stande seufftzen hören; wozu dieselbe üm so viel mehr Ursach hatte / da sie die von dero seel. Ehe-Herrn hinterlassene Güter mit vielen Weitläufftigkeiten und <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0038" n="32"/> dacht / eines sorgfältigsten Gehorsams und Treue gegen ihre Obern / unverstellter Redlichkeit gegen ihres gleichen / und willfertiger Liebe gegen jederman / nennen können.</p> <p>Bey dem allen war ihr doch am allereyffrigsten angelegen / daß sie ihren Beruff und Erwählung vest machen / und mit Furcht und Zittern möchte schaffen / daß sie seelig würde. In solcher Absicht arbeitete sie unabläßig / sich selbst und ihre Fehler zu erkennen / ohne sich mit untersuchen und richten anderer Leute Mängel aufzuhalten. Und als sie denn so wenig / als andere Menschen / das vest anklebende Ubel der Erb-Sünde abzuschütteln vermochte / so beklagte sie die daraus entspriessende sündliche Gedancken / Worte und Wercke mit täglichen Buß-Seufftzern / und bath alles wissentliche und unwissentliche Böse mit zerschlagenen Hertzen / in einem an JEsu Verdienst sich allein haltenden Glauben / ihrem GOtt hertzlich ab; vergaß auch nicht den süssen Trost des Evangelii bey dem heiligen Predig-Amt in weh- und demüthigster devotion öffters zu suchen / und die darauf versicherte Vergebung ihrer Sünden / durch den Genuß des Leibes und Blutes JEsu Christi / zu versiegeln. Dieser Gnade je eher / je lieber theilhafftig zu werden / war der erste und vornehmste Wunsch in ihrer letzten Kranckheit; Sie wurde auch gewiß an ihrem Geiste wie neu belebet / als GOtt den vierten Tag vor ihrem seeligen Abschied sothanen Wunsch erfüllete.</p> <p>Was übrigens der wohlseeligen Frau General-Majorin Durchgang durch diese Welt / und äusserlich geführten Lebens-Wandel betrifft / so möchte man wol ihr Leben mit mehrerm Recht ein Leyden als Leben nennen.</p> <p>Zumahl empfindlich muß es gewesen seyn / da sie in dem Anfang ihres eilfften Jahrs / und zwar abwesend / erfahren müssen / daß ihr wohlseeliger Herr Vater den 29 Febr. 1664. diese Welt durch einem seeligen Abschied verlassen / da sie erst dessen väterliche Vorsorge recht zu geniessen hoffete. Ihre wohlseelige Frau Mutter muste sie mit vier Geschwister / als unmündigen Wäysen in einem betrübten und Thränen-vollen Wittwen-Stande seufftzen hören; wozu dieselbe üm so viel mehr Ursach hatte / da sie die von dero seel. Ehe-Herrn hinterlassene Güter mit vielen Weitläufftigkeiten und </p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0038]
dacht / eines sorgfältigsten Gehorsams und Treue gegen ihre Obern / unverstellter Redlichkeit gegen ihres gleichen / und willfertiger Liebe gegen jederman / nennen können.
Bey dem allen war ihr doch am allereyffrigsten angelegen / daß sie ihren Beruff und Erwählung vest machen / und mit Furcht und Zittern möchte schaffen / daß sie seelig würde. In solcher Absicht arbeitete sie unabläßig / sich selbst und ihre Fehler zu erkennen / ohne sich mit untersuchen und richten anderer Leute Mängel aufzuhalten. Und als sie denn so wenig / als andere Menschen / das vest anklebende Ubel der Erb-Sünde abzuschütteln vermochte / so beklagte sie die daraus entspriessende sündliche Gedancken / Worte und Wercke mit täglichen Buß-Seufftzern / und bath alles wissentliche und unwissentliche Böse mit zerschlagenen Hertzen / in einem an JEsu Verdienst sich allein haltenden Glauben / ihrem GOtt hertzlich ab; vergaß auch nicht den süssen Trost des Evangelii bey dem heiligen Predig-Amt in weh- und demüthigster devotion öffters zu suchen / und die darauf versicherte Vergebung ihrer Sünden / durch den Genuß des Leibes und Blutes JEsu Christi / zu versiegeln. Dieser Gnade je eher / je lieber theilhafftig zu werden / war der erste und vornehmste Wunsch in ihrer letzten Kranckheit; Sie wurde auch gewiß an ihrem Geiste wie neu belebet / als GOtt den vierten Tag vor ihrem seeligen Abschied sothanen Wunsch erfüllete.
Was übrigens der wohlseeligen Frau General-Majorin Durchgang durch diese Welt / und äusserlich geführten Lebens-Wandel betrifft / so möchte man wol ihr Leben mit mehrerm Recht ein Leyden als Leben nennen.
Zumahl empfindlich muß es gewesen seyn / da sie in dem Anfang ihres eilfften Jahrs / und zwar abwesend / erfahren müssen / daß ihr wohlseeliger Herr Vater den 29 Febr. 1664. diese Welt durch einem seeligen Abschied verlassen / da sie erst dessen väterliche Vorsorge recht zu geniessen hoffete. Ihre wohlseelige Frau Mutter muste sie mit vier Geschwister / als unmündigen Wäysen in einem betrübten und Thränen-vollen Wittwen-Stande seufftzen hören; wozu dieselbe üm so viel mehr Ursach hatte / da sie die von dero seel. Ehe-Herrn hinterlassene Güter mit vielen Weitläufftigkeiten und
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Der Seine Seele stillende David/ Und die Rechte Stelle einer stillen Zufriedenheit. Braunschweig, 1720, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_david_1720/38>, abgerufen am 16.07.2024. |