Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Gedancken kommen lassen / und diesen Augenblick hindern sie meine Zunge / das wenige / was ich nachdencken können / hervor zubringen; bevorab da ich hier so viel um mich sehe / die mit ihren Thränen / mit ihrem Seufftzen und Traur-bedeutendem Flor und Farben mich noch trauriger machen. He mors nobis haec tristia fecit, der Tod / der ungestühme Creditor fordert auch seine Wechsel offtmahls so gar zur Unzeit ein; Menschlichen Ansehen nach kömmt er in dieses Hauß viel zu früh / damit / da er dessen bißherigen Einwohner / welchen ich anfangs kaum nennen kunte / den weyland Edlen und Hochachtbahren Herrn Johann Georg Weylln / vornehmen Kauff- und Handelsmann / auch eines Edlen Hochweisen Rahts treu-verdientes Mitglied / zur Bezahlung einer alten Schuld anstrengen ließ; Nahm auch keinen protest an / wolte keine dilation geben / sondern der Wechsel muste acceptiret / und nach achttägiger Frist bezahlet seyn. Und wir / M. H. A. haben ja leider vor einer Stunde gesehen / wie das / womit er den Wechsel bezahlet / sein verblichener Leichnam / aus diesem Hause getragen / und in des Todes allgemeine Cassa, ich meyne die Erde / beygeleget worden. Der Monitor, den der Tod gebraucht diese Schuld einzufordern / war eine hefftige Brust-Kranckheit / die nicht abließ mit mahnen / biß die Zahlung erfolgete. So gehts / wenn gleich der Einwohner gut / so daucht zum öfftern die Wohnung nicht / und wenn denn die zerfällt / so muß der Einwohner räumen. Jener Momus tadelte an der Brust des Menschen / daß kein Fenster darinnen wäre / dadurch man eines jeden Hertz sehen könte / wäre dieses aber gleich so eingerichtet worden / hätte er dennoch seinen Zweck nicht erreichet / und zwar das Hertz / aber nicht was in dem Hertzen verborgen / erblicken mögen. Doch vielleicht wäre es hier-

Gedancken kommen lassen / und diesen Augenblick hindern sie meine Zunge / das wenige / was ich nachdencken können / hervor zubringen; bevorab da ich hier so viel um mich sehe / die mit ihren Thränen / mit ihrem Seufftzen und Traur-bedeutendem Flor und Farben mich noch trauriger machen. He mors nobis haec tristia fecit, der Tod / der ungestühme Creditor fordert auch seine Wechsel offtmahls so gar zur Unzeit ein; Menschlichen Ansehen nach kömmt er in dieses Hauß viel zu früh / damit / da er dessen bißherigen Einwohner / welchen ich anfangs kaum nennen kunte / den weyland Edlen und Hochachtbahren Herrn Johann Georg Weylln / vornehmen Kauff- und Handelsmann / auch eines Edlen Hochweisen Rahts treu-verdientes Mitglied / zur Bezahlung einer alten Schuld anstrengen ließ; Nahm auch keinen protest an / wolte keine dilation geben / sondern der Wechsel muste acceptiret / und nach achttägiger Frist bezahlet seyn. Und wir / M. H. A. haben ja leider vor einer Stunde gesehen / wie das / womit er den Wechsel bezahlet / sein verblichener Leichnam / aus diesem Hause getragen / und in des Todes allgemeine Cassa, ich meyne die Erde / beygeleget worden. Der Monitor, den der Tod gebraucht diese Schuld einzufordern / war eine hefftige Brust-Kranckheit / die nicht abließ mit mahnen / biß die Zahlung erfolgete. So gehts / wenn gleich der Einwohner gut / so daucht zum öfftern die Wohnung nicht / und wenn denn die zerfällt / so muß der Einwohner räumen. Jener Momus tadelte an der Brust des Menschen / daß kein Fenster darinnen wäre / dadurch man eines jeden Hertz sehen könte / wäre dieses aber gleich so eingerichtet worden / hätte er dennoch seinen Zweck nicht erreichet / und zwar das Hertz / aber nicht was in dem Hertzen verborgen / erblicken mögen. Doch vielleicht wäre es hier-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0070" n="64"/>
Gedancken kommen lassen / und diesen Augenblick hindern sie meine Zunge / das
                     wenige / was ich nachdencken können / hervor zubringen; bevorab da ich hier so
                     viel um mich sehe / die mit ihren Thränen / mit ihrem Seufftzen und
                     Traur-bedeutendem Flor und Farben mich noch trauriger machen. He mors nobis haec
                     tristia fecit, der Tod / der ungestühme Creditor fordert auch seine Wechsel
                     offtmahls so gar zur Unzeit ein; Menschlichen Ansehen nach kömmt er in dieses
                     Hauß viel zu früh / damit / da er dessen bißherigen Einwohner / welchen ich
                     anfangs kaum nennen kunte / den weyland Edlen und Hochachtbahren Herrn Johann
                     Georg Weylln / vornehmen Kauff- und Handelsmann / auch eines Edlen Hochweisen
                     Rahts treu-verdientes Mitglied / zur Bezahlung einer alten Schuld anstrengen
                     ließ; Nahm auch keinen protest an / wolte keine dilation geben / sondern der
                     Wechsel muste acceptiret / und nach achttägiger Frist bezahlet seyn. Und wir /
                     M. H. A. haben ja leider vor einer Stunde gesehen / wie das / womit er den
                     Wechsel bezahlet / sein verblichener Leichnam / aus diesem Hause getragen / und
                     in des Todes allgemeine Cassa, ich meyne die Erde / beygeleget worden. Der
                     Monitor, den der Tod gebraucht diese Schuld einzufordern / war eine hefftige
                     Brust-Kranckheit / die nicht abließ mit mahnen / biß die Zahlung erfolgete. So
                     gehts / wenn gleich der Einwohner gut / so daucht zum öfftern die Wohnung nicht
                     / und wenn denn die zerfällt / so muß der Einwohner räumen. Jener Momus tadelte
                     an der Brust des Menschen / daß kein Fenster darinnen wäre / dadurch man eines
                     jeden Hertz sehen könte / wäre dieses aber gleich so eingerichtet worden / hätte
                     er dennoch seinen Zweck nicht erreichet / und zwar das Hertz / aber nicht was in
                     dem Hertzen verborgen / erblicken mögen. Doch vielleicht wäre es hier-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0070] Gedancken kommen lassen / und diesen Augenblick hindern sie meine Zunge / das wenige / was ich nachdencken können / hervor zubringen; bevorab da ich hier so viel um mich sehe / die mit ihren Thränen / mit ihrem Seufftzen und Traur-bedeutendem Flor und Farben mich noch trauriger machen. He mors nobis haec tristia fecit, der Tod / der ungestühme Creditor fordert auch seine Wechsel offtmahls so gar zur Unzeit ein; Menschlichen Ansehen nach kömmt er in dieses Hauß viel zu früh / damit / da er dessen bißherigen Einwohner / welchen ich anfangs kaum nennen kunte / den weyland Edlen und Hochachtbahren Herrn Johann Georg Weylln / vornehmen Kauff- und Handelsmann / auch eines Edlen Hochweisen Rahts treu-verdientes Mitglied / zur Bezahlung einer alten Schuld anstrengen ließ; Nahm auch keinen protest an / wolte keine dilation geben / sondern der Wechsel muste acceptiret / und nach achttägiger Frist bezahlet seyn. Und wir / M. H. A. haben ja leider vor einer Stunde gesehen / wie das / womit er den Wechsel bezahlet / sein verblichener Leichnam / aus diesem Hause getragen / und in des Todes allgemeine Cassa, ich meyne die Erde / beygeleget worden. Der Monitor, den der Tod gebraucht diese Schuld einzufordern / war eine hefftige Brust-Kranckheit / die nicht abließ mit mahnen / biß die Zahlung erfolgete. So gehts / wenn gleich der Einwohner gut / so daucht zum öfftern die Wohnung nicht / und wenn denn die zerfällt / so muß der Einwohner räumen. Jener Momus tadelte an der Brust des Menschen / daß kein Fenster darinnen wäre / dadurch man eines jeden Hertz sehen könte / wäre dieses aber gleich so eingerichtet worden / hätte er dennoch seinen Zweck nicht erreichet / und zwar das Hertz / aber nicht was in dem Hertzen verborgen / erblicken mögen. Doch vielleicht wäre es hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/70
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/70>, abgerufen am 29.11.2024.