Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.Gesellschafft so braver Leute stirbet / soll es von ihm heissen: Noscitur ex sociis, qui non cognoscitur ex se. Aber o unhöflicher Tod! wie gehst du hier mit fremden Lenten um? du machst es auf solche Weise nicht besser wie einige Schlangen in Syria / deren Gifft nur den Fremden / nicht aber den Einheimischen schaden soll / ja noch schlimmer / denn du schonest der Einheimschen und der Frembden nicht. Wisse aber daß diese Hochansehnliche Leich-begleiter von desto grösserer Höflichkeit gewesen / indem sie einem zwar dem grösten Theils verwandten / doch aber bißher unbekannten Freunde / die Ehre ihrer Begleitung nicht versagen wollen. Und wie gerne wolte ich demselben auch vor andern eine Höflichkeit erweisen / und nach seinem Tode rühmen / was er im Leben rühmliches von sich spüren lassen / wenn ich nur dazu so viel Worte als Materie / so viel Beredsamkeit als guten Willen / bey mir finden möchte. Doch weil ich diese Hoch-ausehnliche Versammlung ohne Worte und Dancksagung nicht zuverlassen bin befehliget worden / will ich mich dessen nicht entziehen / und hoffe ihre Ohren werden sich so gedultig erweisen / als ich ihr Gemüht gegen mich geneigt zu seyn befunden. Doch was fällt mir ein? Ist es nicht jetzo um die Jahrs-Zeit / da der seel. Hr. Amptschreiber sein Ampts-Register vor Hoch-Fürstl. Kammer zu Zelle jährlich abzulegen pflegte? und wäre er gesund: möchte er itzo wohl zu dieser Verrichtung auf der Reise seyn. Aber wie hat der Tod den terminum anticipiret / und ihn zu einer andern Rechnung gefodert / die er doch auch richtig justificiret hat. Wenn denn vormahls bey denn Spartanern in Gebrauch gewesen einem jeden diejenigen Sachen auf das Grab zu setzen / die sich zu seiner Profession schicketen / als denen Hirten ei- Gesellschafft so braver Leute stirbet / soll es von ihm heissen: Noscitur ex sociis, qui non cognoscitur ex se. Aber ô unhöflicher Tod! wie gehst du hier mit fremden Lenten um? du machst es auf solche Weise nicht besser wie einige Schlangen in Syria / deren Gifft nur den Fremden / nicht aber den Einheimischen schaden soll / ja noch schlimmer / denn du schonest der Einheimschen und der Frembden nicht. Wisse aber daß diese Hochansehnliche Leich-begleiter von desto grösserer Höflichkeit gewesen / indem sie einem zwar dem grösten Theils verwandten / doch aber bißher unbekannten Freunde / die Ehre ihrer Begleitung nicht versagen wollen. Und wie gerne wolte ich demselben auch vor andern eine Höflichkeit erweisen / und nach seinem Tode rühmen / was er im Leben rühmliches von sich spüren lassen / wenn ich nur dazu so viel Worte als Materie / so viel Beredsamkeit als guten Willen / bey mir finden möchte. Doch weil ich diese Hoch-ausehnliche Versam̃lung ohne Worte und Dancksagung nicht zuverlassen bin befehliget worden / will ich mich dessen nicht entziehen / und hoffe ihre Ohren werden sich so gedultig erweisen / als ich ihr Gemüht gegen mich geneigt zu seyn befunden. Doch was fällt mir ein? Ist es nicht jetzo um die Jahrs-Zeit / da der seel. Hr. Amptschreiber sein Ampts-Register vor Hoch-Fürstl. Kammer zu Zelle jährlich abzulegen pflegte? und wäre er gesund: möchte er itzo wohl zu dieser Verrichtung auf der Reise seyn. Aber wie hat der Tod den terminum anticipiret / und ihn zu einer andern Rechnung gefodert / die er doch auch richtig justificiret hat. Wenn denn vormahls bey denn Spartanern in Gebrauch gewesen einem jeden diejenigen Sachen auf das Grab zu setzen / die sich zu seiner Profession schicketen / als denen Hirten ei- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0025" n="19"/> Gesellschafft so braver Leute stirbet / soll es von ihm heissen: Noscitur ex sociis, qui non cognoscitur ex se.</p> <p>Aber ô unhöflicher Tod! wie gehst du hier mit fremden Lenten um? du machst es auf solche Weise nicht besser wie einige Schlangen in Syria / deren Gifft nur den Fremden / nicht aber den Einheimischen schaden soll / ja noch schlimmer / denn du schonest der Einheimschen und der Frembden nicht. Wisse aber daß diese Hochansehnliche Leich-begleiter von desto grösserer Höflichkeit gewesen / indem sie einem zwar dem grösten Theils verwandten / doch aber bißher unbekannten Freunde / die Ehre ihrer Begleitung nicht versagen wollen. Und wie gerne wolte ich demselben auch vor andern eine Höflichkeit erweisen / und nach seinem Tode rühmen / was er im Leben rühmliches von sich spüren lassen / wenn ich nur dazu so viel Worte als Materie / so viel Beredsamkeit als guten Willen / bey mir finden möchte. Doch weil ich diese Hoch-ausehnliche Versam̃lung ohne Worte und Dancksagung nicht zuverlassen bin befehliget worden / will ich mich dessen nicht entziehen / und hoffe ihre Ohren werden sich so gedultig erweisen / als ich ihr Gemüht gegen mich geneigt zu seyn befunden.</p> <p>Doch was fällt mir ein? Ist es nicht jetzo um die Jahrs-Zeit / da der seel. Hr. Amptschreiber sein Ampts-Register vor Hoch-Fürstl. Kammer zu Zelle jährlich abzulegen pflegte? und wäre er gesund: möchte er itzo wohl zu dieser Verrichtung auf der Reise seyn. Aber wie hat der Tod den terminum anticipiret / und ihn zu einer andern Rechnung gefodert / die er doch auch richtig justificiret hat. Wenn denn vormahls bey denn Spartanern in Gebrauch gewesen einem jeden diejenigen Sachen auf das Grab zu setzen / die sich zu seiner Profession schicketen / als denen Hirten ei- </p> </div> </body> </text> </TEI> [19/0025]
Gesellschafft so braver Leute stirbet / soll es von ihm heissen: Noscitur ex sociis, qui non cognoscitur ex se.
Aber ô unhöflicher Tod! wie gehst du hier mit fremden Lenten um? du machst es auf solche Weise nicht besser wie einige Schlangen in Syria / deren Gifft nur den Fremden / nicht aber den Einheimischen schaden soll / ja noch schlimmer / denn du schonest der Einheimschen und der Frembden nicht. Wisse aber daß diese Hochansehnliche Leich-begleiter von desto grösserer Höflichkeit gewesen / indem sie einem zwar dem grösten Theils verwandten / doch aber bißher unbekannten Freunde / die Ehre ihrer Begleitung nicht versagen wollen. Und wie gerne wolte ich demselben auch vor andern eine Höflichkeit erweisen / und nach seinem Tode rühmen / was er im Leben rühmliches von sich spüren lassen / wenn ich nur dazu so viel Worte als Materie / so viel Beredsamkeit als guten Willen / bey mir finden möchte. Doch weil ich diese Hoch-ausehnliche Versam̃lung ohne Worte und Dancksagung nicht zuverlassen bin befehliget worden / will ich mich dessen nicht entziehen / und hoffe ihre Ohren werden sich so gedultig erweisen / als ich ihr Gemüht gegen mich geneigt zu seyn befunden.
Doch was fällt mir ein? Ist es nicht jetzo um die Jahrs-Zeit / da der seel. Hr. Amptschreiber sein Ampts-Register vor Hoch-Fürstl. Kammer zu Zelle jährlich abzulegen pflegte? und wäre er gesund: möchte er itzo wohl zu dieser Verrichtung auf der Reise seyn. Aber wie hat der Tod den terminum anticipiret / und ihn zu einer andern Rechnung gefodert / die er doch auch richtig justificiret hat. Wenn denn vormahls bey denn Spartanern in Gebrauch gewesen einem jeden diejenigen Sachen auf das Grab zu setzen / die sich zu seiner Profession schicketen / als denen Hirten ei-
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/25>, abgerufen am 16.02.2025. |