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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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zum zweyten mahl eine Trauer-Rede halten soll / in welchem mich GOtt durch den ersten Ruff zu meinem Ampte vor wenig Jahren erfreuen wollen. Ein Jahr und 8 Wochen sind es / da ich bey der Beerdigung des Jüngsten Sohns den geänderten Todten-Zettul vorgezeiget / nun habe ich schon wieder dencken müssen / mit was vor Erfindung ich den ältesten Sohn (o traurige Arbeit / welche mir wird aufgeleget) parentiren möchte. Das auf dieser Leichbegräbniß aufgesetzte Programma und jetzt verlesene Personalien melden / daß der Seel. Willens gewesen eine Disputationem Juridicam de literis Moratoriis von Anstands-Brieffen zuhalten / auch solche bereits zur censur dem dazu erkohrnen Hr. Praesidi eingehändiget. Wenn ich nun hiebey einige Umstände gegenwärtigen Trauerfals halte / so ist die Erfindung da / hoffe auch keine Fehlbitte zuthun / wenn ich von M. H. A. eine kleine Geduld erbitte Ihnen zeigen zulassen den nicht erlangten auch nicht verlangten Anstands-Brieff. Sie stellen Ihnen aber auch hierbey ohnschwer vor Augen die jetztgedachte Disputation, wie Sie von den Händen des Seeligen zusammen gewickelt worden / mit der Beyschrifft: Theoria sine praxi:

Ich konte gut und recht von Anstands-Brieffen schreiben / Doch mocht ich selber nicht jemand was schuldig bleiben.

Anstands-Brieffe sind / wie bekandt / gewisse von hoher Obrigkeit ertheilete Gnaden-Brieffe / krafft welchen ein Schuldener / so durch unversehene Unglücks-Fällezurück kommen / daß Er seine creditores ohne gäntzl. ruin nicht be-

zum zweyten mahl eine Trauer-Rede halten soll / in welchem mich GOtt durch den ersten Ruff zu meinem Ampte vor wenig Jahren erfreuen wollen. Ein Jahr und 8 Wochen sind es / da ich bey der Beerdigung des Jüngsten Sohns den geänderten Todten-Zettul vorgezeiget / nun habe ich schon wieder dencken müssen / mit was vor Erfindung ich den ältesten Sohn (o traurige Arbeit / welche mir wird aufgeleget) parentiren möchte. Das auf dieser Leichbegräbniß aufgesetzte Programma und jetzt verlesene Personalien melden / daß der Seel. Willens gewesen eine Disputationem Juridicam de literis Moratoriis von Anstands-Brieffen zuhalten / auch solche bereits zur censur dem dazu erkohrnen Hr. Praesidi eingehändiget. Wenn ich nun hiebey einige Umstände gegenwärtigen Trauerfals halte / so ist die Erfindung da / hoffe auch keine Fehlbitte zuthun / wenn ich von M. H. A. eine kleine Geduld erbitte Ihnen zeigen zulassen den nicht erlangten auch nicht verlangten Anstands-Brieff. Sie stellen Ihnen aber auch hierbey ohnschwer vor Augen die jetztgedachte Disputation, wie Sie von den Händen des Seeligen zusammen gewickelt worden / mit der Beyschrifft: Theoria sine praxi:

Ich konte gut und recht von Anstands-Brieffen schreiben / Doch mocht ich selber nicht jemand was schuldig bleiben.

Anstands-Brieffe sind / wie bekandt / gewisse von hoher Obrigkeit ertheilete Gnaden-Brieffe / krafft welchen ein Schuldener / so durch unversehene Unglücks-Fällezurück kommen / daß Er seine creditores ohne gäntzl. ruin nicht be-

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                     Jahr und 8 Wochen sind es / da ich bey der Beerdigung des Jüngsten Sohns den
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                     Programma und jetzt verlesene Personalien melden / daß der Seel. Willens gewesen
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                     hierbey ohnschwer vor Augen die jetztgedachte Disputation, wie Sie von den
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[163/0169] zum zweyten mahl eine Trauer-Rede halten soll / in welchem mich GOtt durch den ersten Ruff zu meinem Ampte vor wenig Jahren erfreuen wollen. Ein Jahr und 8 Wochen sind es / da ich bey der Beerdigung des Jüngsten Sohns den geänderten Todten-Zettul vorgezeiget / nun habe ich schon wieder dencken müssen / mit was vor Erfindung ich den ältesten Sohn (o traurige Arbeit / welche mir wird aufgeleget) parentiren möchte. Das auf dieser Leichbegräbniß aufgesetzte Programma und jetzt verlesene Personalien melden / daß der Seel. Willens gewesen eine Disputationem Juridicam de literis Moratoriis von Anstands-Brieffen zuhalten / auch solche bereits zur censur dem dazu erkohrnen Hr. Praesidi eingehändiget. Wenn ich nun hiebey einige Umstände gegenwärtigen Trauerfals halte / so ist die Erfindung da / hoffe auch keine Fehlbitte zuthun / wenn ich von M. H. A. eine kleine Geduld erbitte Ihnen zeigen zulassen den nicht erlangten auch nicht verlangten Anstands-Brieff. Sie stellen Ihnen aber auch hierbey ohnschwer vor Augen die jetztgedachte Disputation, wie Sie von den Händen des Seeligen zusammen gewickelt worden / mit der Beyschrifft: Theoria sine praxi: Ich konte gut und recht von Anstands-Brieffen schreiben / Doch mocht ich selber nicht jemand was schuldig bleiben. Anstands-Brieffe sind / wie bekandt / gewisse von hoher Obrigkeit ertheilete Gnaden-Brieffe / krafft welchen ein Schuldener / so durch unversehene Unglücks-Fällezurück kommen / daß Er seine creditores ohne gäntzl. ruin nicht be-

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/169>, abgerufen am 24.11.2024.