Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Der unbewegliche Damm der Gläubigen. Braunschweig, [1716].

Bild:
<< vorherige Seite
VErgönn enseelter Geist / daß ich bey Deiner Leiche / Ein schlechtes Klage-Lied für itzo stimme an. Zwar ist mir wol bewust / daß ich gar nicht erreiche / Was man von Deinem Ruhm mit Warheit melden kan; Doch soll Dir meine Hand zuletzt noch dieses schreiben / Zu zeigen / daß Dein Fall mich tödtlich hat gerührt / Dein Ruhm wird ohnedem der späten Nach-Welt bleiben / Und wird durch Deinen Todt derselben nicht entführt. Die Klug- und Redlichkeit / nebst den gelehrten Sachen / Dein Wolverhalten kömmt nicht in des Todes Hand. Es kan die düstre Grufft gar nicht verdunckelt machen / Die edle Wissenschafft / die an Dir ist bekandt. Doch stirbst Du viel zu früh! zu früh nach Deinen Jahren / Zu früh / ach viel zu früh! nach der Gelehrsamkeit; Was Deine Klugheit hat Wohlselger erfahren / Geniesset man von Dir gar eine kurtze Zeit. Ach schmertzlicher Verlust! Du liegest da entseelet / Der Du zu nennen war'st die Zierde unsrer Stadt. O Jammer! daß ein Mann dems nie an Raht gefehlet / Wann jemahls jemand Ihn um Raht ersuchet hat / Ohn Raht erblassen muß! Wer kan genung beklagen / Was unsre Stadt und Stifft an Ihm verlohren hat / Er war der Wäysen Schutz / und die Bedrängten sagen: Wer nimmt sich unser an / wer giebt uns ferner Raht? Doch wann den herben Schmertz ich bey mir überlege / Der jetzt so manches Hertz in tausend Stücke reiß't / So heiß't es doch dabey: Des Allerhöchsten Wege Sind nur zu hoch vor uns und unsern blöden Geist.
VErgönn enseelter Geist / daß ich bey Deiner Leiche / Ein schlechtes Klage-Lied für itzo stimme an. Zwar ist mir wol bewust / daß ich gar nicht erreiche / Was man von Deinem Ruhm mit Warheit melden kan; Doch soll Dir meine Hand zuletzt noch dieses schreiben / Zu zeigen / daß Dein Fall mich tödtlich hat gerührt / Dein Ruhm wird ohnedem der späten Nach-Welt bleiben / Und wird durch Deinen Todt derselben nicht entführt. Die Klug- und Redlichkeit / nebst den gelehrten Sachen / Dein Wolverhalten kömmt nicht in des Todes Hand. Es kan die düstre Grufft gar nicht verdunckelt machen / Die edle Wissenschafft / die an Dir ist bekandt. Doch stirbst Du viel zu früh! zu früh nach Deinen Jahren / Zu früh / ach viel zu früh! nach der Gelehrsamkeit; Was Deine Klugheit hat Wohlselger erfahren / Geniesset man von Dir gar eine kurtze Zeit. Ach schmertzlicher Verlust! Du liegest da entseelet / Der Du zu nennen war’st die Zierde unsrer Stadt. O Jammer! daß ein Mann dems nie an Raht gefehlet / Wann jemahls jemand Ihn um Raht ersuchet hat / Ohn Raht erblassen muß! Wer kan genung beklagen / Was unsre Stadt und Stifft an Ihm verlohren hat / Er war der Wäysen Schutz / und die Bedrängten sagen: Wer nimmt sich unser an / wer giebt uns ferner Raht? Doch wann den herben Schmertz ich bey mir überlege / Der jetzt so manches Hertz in tausend Stücke reiß’t / So heiß’t es doch dabey: Des Allerhöchsten Wege Sind nur zu hoch vor uns und unsern blöden Geist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0077"/>
        <l>VErgönn enseelter Geist / daß ich bey Deiner Leiche / Ein schlechtes Klage-Lied                      für itzo stimme an. Zwar ist mir wol bewust / daß ich gar nicht erreiche / Was                      man von Deinem Ruhm mit Warheit melden kan; Doch soll Dir meine Hand zuletzt                      noch dieses schreiben / Zu zeigen / daß Dein Fall mich tödtlich hat gerührt /                      Dein Ruhm wird ohnedem der späten Nach-Welt bleiben / Und wird durch Deinen Todt                      derselben nicht entführt. Die Klug- und Redlichkeit / nebst den gelehrten Sachen                      / Dein Wolverhalten kömmt nicht in des Todes Hand. Es kan die düstre Grufft gar                      nicht verdunckelt machen / Die edle Wissenschafft / die an Dir ist bekandt. Doch                      stirbst Du viel zu früh! zu früh nach Deinen Jahren / Zu früh / ach viel zu                      früh! nach der Gelehrsamkeit; Was Deine Klugheit hat Wohlselger erfahren /                      Geniesset man von Dir gar eine kurtze Zeit. Ach schmertzlicher Verlust! Du                      liegest da entseelet / Der Du zu nennen war&#x2019;st die Zierde unsrer Stadt. O                      Jammer! daß ein Mann dems nie an Raht gefehlet / Wann jemahls jemand Ihn um Raht                      ersuchet hat / Ohn Raht erblassen muß! Wer kan genung beklagen / Was unsre Stadt                      und Stifft an Ihm verlohren hat / Er war der Wäysen Schutz / und die Bedrängten                      sagen: Wer nimmt sich unser an / wer giebt uns ferner Raht? Doch wann den herben                      Schmertz ich bey mir überlege / Der jetzt so manches Hertz in tausend Stücke                      reiß&#x2019;t / So heiß&#x2019;t es doch dabey: Des Allerhöchsten Wege Sind nur zu hoch vor                      uns und unsern blöden Geist.
</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0077] VErgönn enseelter Geist / daß ich bey Deiner Leiche / Ein schlechtes Klage-Lied für itzo stimme an. Zwar ist mir wol bewust / daß ich gar nicht erreiche / Was man von Deinem Ruhm mit Warheit melden kan; Doch soll Dir meine Hand zuletzt noch dieses schreiben / Zu zeigen / daß Dein Fall mich tödtlich hat gerührt / Dein Ruhm wird ohnedem der späten Nach-Welt bleiben / Und wird durch Deinen Todt derselben nicht entführt. Die Klug- und Redlichkeit / nebst den gelehrten Sachen / Dein Wolverhalten kömmt nicht in des Todes Hand. Es kan die düstre Grufft gar nicht verdunckelt machen / Die edle Wissenschafft / die an Dir ist bekandt. Doch stirbst Du viel zu früh! zu früh nach Deinen Jahren / Zu früh / ach viel zu früh! nach der Gelehrsamkeit; Was Deine Klugheit hat Wohlselger erfahren / Geniesset man von Dir gar eine kurtze Zeit. Ach schmertzlicher Verlust! Du liegest da entseelet / Der Du zu nennen war’st die Zierde unsrer Stadt. O Jammer! daß ein Mann dems nie an Raht gefehlet / Wann jemahls jemand Ihn um Raht ersuchet hat / Ohn Raht erblassen muß! Wer kan genung beklagen / Was unsre Stadt und Stifft an Ihm verlohren hat / Er war der Wäysen Schutz / und die Bedrängten sagen: Wer nimmt sich unser an / wer giebt uns ferner Raht? Doch wann den herben Schmertz ich bey mir überlege / Der jetzt so manches Hertz in tausend Stücke reiß’t / So heiß’t es doch dabey: Des Allerhöchsten Wege Sind nur zu hoch vor uns und unsern blöden Geist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_damm_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_damm_1716/77
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Der unbewegliche Damm der Gläubigen. Braunschweig, [1716], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_damm_1716/77>, abgerufen am 24.11.2024.