Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.oder schwarz nicht einen Augenblick realisirt werden" --: oder ſchwarz nicht einen Augenblick realiſirt werden“ —: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0091" n="79"/> oder ſchwarz nicht einen Augenblick realiſirt werden“ —:<lb/> ſo findet in dieſen Worten eine ziemlich allgemein ver¬<lb/> breitete Einſicht mit einem ebenſo allgemein verbreiteten<lb/> Irrthum ihren deutlichen Ausdruck. Man begreift wohl,<lb/> daß der gewöhnliche Gebrauch des Geſichtsſinnes, wie er<lb/> zu den praktiſchen Zwecken des Lebens, zu den theoretiſchen<lb/> Zwecken des Erkennens geübt wird, zur Realiſirung von<lb/> Geſichtsvorſtellungen nicht führen kann. Man täuſcht ſich<lb/> aber darüber, daß es gar nicht in der Fähigkeit der Sprache<lb/> liegt, hier aushelfend einzutreten; man überſieht, daß trotz<lb/> aller Sprache, trotz aller Herrſchaft, welche das in dem<lb/> ſprachlichen Material ſich entwickelnde Bewußtſein über<lb/> die Wirklichkeit erlangt, daß trotz alledem das durch den<lb/> Geſichtsſinn ſich entwickelnde Wirklichkeitsmaterial ganz in<lb/> demſelben Zuſtande bleibt, als ob keine Sprache, kein be¬<lb/> griffliches Denken, kein erkennendes Bewußtſein vorhanden<lb/> wäre. Es iſt klar, daß, wenn es überhaupt möglich ſein<lb/> ſoll, die Exiſtenz einer ſichtbaren Gegenſtändlichkeit in Pro¬<lb/> dukten einer bewußten Thätigkeit zu realiſiren, dies eben<lb/> nur durch eine Thätigkeit geſchehen kann, welche ſich un¬<lb/> mittelbar als eine Weiterentwickelung desjenigen ſinnlich<lb/> thätigen Vorgangs darſtellt, dem nur überhaupt die That¬<lb/> ſache, daß eine Sichtbarkeit exiſtirt, verdankt wird. Und<lb/> eine ſolche Thätigkeit findet ſich in der That unter den<lb/> mannichfaltigen Lebensäußerungen, zu denen ſich die menſch¬<lb/> liche Natur entwickelt. Wenn wir an uns ſelbſt oder an<lb/> Anderen Geberden wahrnehmen, die dem Auge ein Sicht¬<lb/> bares darzuſtellen ſuchen, wenn wir uns vergegenwärtigen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0091]
oder ſchwarz nicht einen Augenblick realiſirt werden“ —:
ſo findet in dieſen Worten eine ziemlich allgemein ver¬
breitete Einſicht mit einem ebenſo allgemein verbreiteten
Irrthum ihren deutlichen Ausdruck. Man begreift wohl,
daß der gewöhnliche Gebrauch des Geſichtsſinnes, wie er
zu den praktiſchen Zwecken des Lebens, zu den theoretiſchen
Zwecken des Erkennens geübt wird, zur Realiſirung von
Geſichtsvorſtellungen nicht führen kann. Man täuſcht ſich
aber darüber, daß es gar nicht in der Fähigkeit der Sprache
liegt, hier aushelfend einzutreten; man überſieht, daß trotz
aller Sprache, trotz aller Herrſchaft, welche das in dem
ſprachlichen Material ſich entwickelnde Bewußtſein über
die Wirklichkeit erlangt, daß trotz alledem das durch den
Geſichtsſinn ſich entwickelnde Wirklichkeitsmaterial ganz in
demſelben Zuſtande bleibt, als ob keine Sprache, kein be¬
griffliches Denken, kein erkennendes Bewußtſein vorhanden
wäre. Es iſt klar, daß, wenn es überhaupt möglich ſein
ſoll, die Exiſtenz einer ſichtbaren Gegenſtändlichkeit in Pro¬
dukten einer bewußten Thätigkeit zu realiſiren, dies eben
nur durch eine Thätigkeit geſchehen kann, welche ſich un¬
mittelbar als eine Weiterentwickelung desjenigen ſinnlich
thätigen Vorgangs darſtellt, dem nur überhaupt die That¬
ſache, daß eine Sichtbarkeit exiſtirt, verdankt wird. Und
eine ſolche Thätigkeit findet ſich in der That unter den
mannichfaltigen Lebensäußerungen, zu denen ſich die menſch¬
liche Natur entwickelt. Wenn wir an uns ſelbſt oder an
Anderen Geberden wahrnehmen, die dem Auge ein Sicht¬
bares darzuſtellen ſuchen, wenn wir uns vergegenwärtigen,
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