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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.

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die uns umgiebt und uns überdauert in ihrer materiellen
Beständigkeit, in der ganzen Fülle ihrer Gestaltungen, in
dem ganzen Reichthum ihrer Erscheinungsweisen, von dieser
so unwiderleglich wirklichen Welt zu sagen, sie sei nicht
nur in der Möglichkeit des Seins an das Vorhandensein
unseres Bewußtseins gebunden, sondern ihr gesammtes Sein
bestehe aus nichts anderem als aus den ewig wechselnden,
entstehenden und vergehenden Formen, welche die ununter¬
brochene sinnlich-geistige Thätigkeit unseres Bewußtseins
aufweise. Indessen wer sich auf den gesunden Menschen¬
verstand beruft, sollte bedenken, daß die Sphäre desselben
nicht die Wahrheit, sondern das Compromiß ist. Die Ge¬
wißheit der Wirklichkeit ist keine auf Gründen ruhende
Ueberzeugung, sondern ein hergebrachter Glaube. Wenn
man aufgehört hat, an die absolute Realität der gegen¬
ständlichen Welt zu glauben, so glaubt man an das Vor¬
handensein einer als Vorstellung gegebenen Welt. Dieser
Glaube genügt so gut wie jener vollkommen zum praktischen
Leben, und sogar zu dem größten Theil der theoretischen Be¬
schäftigungen. Das skeptische Nachdenken muß aber diesen
Glauben so gut zerstören wie jenen. Die verlorene Ge¬
wißheit muß auf andere Weise wieder gewonnen werden;
denn es gilt, daß nur derjenige zu wahrer Gewißheit ge¬
langen kann, der auf dem Punkt gestanden hat, wo sich
ihm alles Sein in Trug, alle Gewißheit in Zweifel auf¬
zulösen schien.

Erst wenn wir den Glauben an eine in Wirklichkeit
oder als Vorstellung gegebene Welt als einen Irrthum

die uns umgiebt und uns überdauert in ihrer materiellen
Beſtändigkeit, in der ganzen Fülle ihrer Geſtaltungen, in
dem ganzen Reichthum ihrer Erſcheinungsweiſen, von dieſer
ſo unwiderleglich wirklichen Welt zu ſagen, ſie ſei nicht
nur in der Möglichkeit des Seins an das Vorhandenſein
unſeres Bewußtſeins gebunden, ſondern ihr geſammtes Sein
beſtehe aus nichts anderem als aus den ewig wechſelnden,
entſtehenden und vergehenden Formen, welche die ununter¬
brochene ſinnlich-geiſtige Thätigkeit unſeres Bewußtſeins
aufweiſe. Indeſſen wer ſich auf den geſunden Menſchen¬
verſtand beruft, ſollte bedenken, daß die Sphäre deſſelben
nicht die Wahrheit, ſondern das Compromiß iſt. Die Ge¬
wißheit der Wirklichkeit iſt keine auf Gründen ruhende
Ueberzeugung, ſondern ein hergebrachter Glaube. Wenn
man aufgehört hat, an die abſolute Realität der gegen¬
ſtändlichen Welt zu glauben, ſo glaubt man an das Vor¬
handenſein einer als Vorſtellung gegebenen Welt. Dieſer
Glaube genügt ſo gut wie jener vollkommen zum praktiſchen
Leben, und ſogar zu dem größten Theil der theoretiſchen Be¬
ſchäftigungen. Das ſkeptiſche Nachdenken muß aber dieſen
Glauben ſo gut zerſtören wie jenen. Die verlorene Ge¬
wißheit muß auf andere Weiſe wieder gewonnen werden;
denn es gilt, daß nur derjenige zu wahrer Gewißheit ge¬
langen kann, der auf dem Punkt geſtanden hat, wo ſich
ihm alles Sein in Trug, alle Gewißheit in Zweifel auf¬
zulöſen ſchien.

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[45/0057] die uns umgiebt und uns überdauert in ihrer materiellen Beſtändigkeit, in der ganzen Fülle ihrer Geſtaltungen, in dem ganzen Reichthum ihrer Erſcheinungsweiſen, von dieſer ſo unwiderleglich wirklichen Welt zu ſagen, ſie ſei nicht nur in der Möglichkeit des Seins an das Vorhandenſein unſeres Bewußtſeins gebunden, ſondern ihr geſammtes Sein beſtehe aus nichts anderem als aus den ewig wechſelnden, entſtehenden und vergehenden Formen, welche die ununter¬ brochene ſinnlich-geiſtige Thätigkeit unſeres Bewußtſeins aufweiſe. Indeſſen wer ſich auf den geſunden Menſchen¬ verſtand beruft, ſollte bedenken, daß die Sphäre deſſelben nicht die Wahrheit, ſondern das Compromiß iſt. Die Ge¬ wißheit der Wirklichkeit iſt keine auf Gründen ruhende Ueberzeugung, ſondern ein hergebrachter Glaube. Wenn man aufgehört hat, an die abſolute Realität der gegen¬ ſtändlichen Welt zu glauben, ſo glaubt man an das Vor¬ handenſein einer als Vorſtellung gegebenen Welt. Dieſer Glaube genügt ſo gut wie jener vollkommen zum praktiſchen Leben, und ſogar zu dem größten Theil der theoretiſchen Be¬ ſchäftigungen. Das ſkeptiſche Nachdenken muß aber dieſen Glauben ſo gut zerſtören wie jenen. Die verlorene Ge¬ wißheit muß auf andere Weiſe wieder gewonnen werden; denn es gilt, daß nur derjenige zu wahrer Gewißheit ge¬ langen kann, der auf dem Punkt geſtanden hat, wo ſich ihm alles Sein in Trug, alle Gewißheit in Zweifel auf¬ zulöſen ſchien. Erſt wenn wir den Glauben an eine in Wirklichkeit oder als Vorſtellung gegebene Welt als einen Irrthum

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Zitationshilfe: Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/57>, abgerufen am 21.11.2024.