Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.da sie sich einbilde, ein vollständiges und klares Weltbe¬ Was der Künstler im Fortschritt seiner Arbeit erlebt, da ſie ſich einbilde, ein vollſtändiges und klares Weltbe¬ Was der Künſtler im Fortſchritt ſeiner Arbeit erlebt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="109"/> da ſie ſich einbilde, ein vollſtändiges und klares Weltbe¬<lb/> wußtſein zu entwickeln, während das, was in dieſem Be¬<lb/> wußtſein lebe, doch nur Worte und Gedanken, nicht aber<lb/> die Dinge ſelbſt ſeien. Nun wird ihm das als ein traum¬<lb/> haftes, unentwickeltes Bewußtſein vorkommen, was das<lb/> einzig wahrhaft erleuchtete zu ſein vorgiebt; er wird ſich<lb/> ſagen müſſen, daß inmitten all der Helligkeit, die von der<lb/> Erkenntniß verbreitet wird, die Dinge, ſofern ſie ſich uns<lb/> als Vorſtellungen darbieten, ein ſchattenhaftes, unbeſtimmtes<lb/> Daſein führen; daß das ſinnenfällige Daſein der Welt um<lb/> ſo mehr aus dem Bewußtſein verdrängt wird, je mehr ſich<lb/> dieſes mit den Erzeugniſſen der denkenden und erkennenden<lb/> Thätigkeit anfüllt. Ans dieſem träumeriſchen Zuſtand, in<lb/> dem er ſich befangen ſieht, auch wenn er ſonſt ſich noch<lb/> ſo großer Klarheit und Helligkeit erfreut, zu erwachen, iſt<lb/> das gebieteriſche Bedürfniß, das ihn beſeelt. Dazu findet<lb/> er in ſich die Mittel, die allein zu dieſem Zwecke führen<lb/> können. Indem er anfängt zu bilden, ſieht er ſein Be¬<lb/> wußtſein auf die Bahn einer Entwickelung gebracht, die<lb/> ihm ſonſt verſchloſſen war; die Trennung ſcheint aufgehoben,<lb/> in der er ſich von den Dingen befand, er beginnt, in ein<lb/> waches Leben und Erleben der Welt einzutreten, die<lb/> Trübungen, in die er ſein Bewußtſein gehüllt ſah, fangen<lb/> an zu ſchwinden, das Schwanken der Erſcheinungen macht<lb/> einem feſten Ergreifen, die Unbeſtimmtheit zunehmender<lb/> Beſtimmtheit Platz.</p><lb/> <p>Was der Künſtler im Fortſchritt ſeiner Arbeit erlebt,<lb/> iſt, daß er in ſich ein Bewußtſein entſtehen und ſich ent¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0121]
da ſie ſich einbilde, ein vollſtändiges und klares Weltbe¬
wußtſein zu entwickeln, während das, was in dieſem Be¬
wußtſein lebe, doch nur Worte und Gedanken, nicht aber
die Dinge ſelbſt ſeien. Nun wird ihm das als ein traum¬
haftes, unentwickeltes Bewußtſein vorkommen, was das
einzig wahrhaft erleuchtete zu ſein vorgiebt; er wird ſich
ſagen müſſen, daß inmitten all der Helligkeit, die von der
Erkenntniß verbreitet wird, die Dinge, ſofern ſie ſich uns
als Vorſtellungen darbieten, ein ſchattenhaftes, unbeſtimmtes
Daſein führen; daß das ſinnenfällige Daſein der Welt um
ſo mehr aus dem Bewußtſein verdrängt wird, je mehr ſich
dieſes mit den Erzeugniſſen der denkenden und erkennenden
Thätigkeit anfüllt. Ans dieſem träumeriſchen Zuſtand, in
dem er ſich befangen ſieht, auch wenn er ſonſt ſich noch
ſo großer Klarheit und Helligkeit erfreut, zu erwachen, iſt
das gebieteriſche Bedürfniß, das ihn beſeelt. Dazu findet
er in ſich die Mittel, die allein zu dieſem Zwecke führen
können. Indem er anfängt zu bilden, ſieht er ſein Be¬
wußtſein auf die Bahn einer Entwickelung gebracht, die
ihm ſonſt verſchloſſen war; die Trennung ſcheint aufgehoben,
in der er ſich von den Dingen befand, er beginnt, in ein
waches Leben und Erleben der Welt einzutreten, die
Trübungen, in die er ſein Bewußtſein gehüllt ſah, fangen
an zu ſchwinden, das Schwanken der Erſcheinungen macht
einem feſten Ergreifen, die Unbeſtimmtheit zunehmender
Beſtimmtheit Platz.
Was der Künſtler im Fortſchritt ſeiner Arbeit erlebt,
iſt, daß er in ſich ein Bewußtſein entſtehen und ſich ent¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |