Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie. Weimar, 1794.macht, noch einmal zu machen. Es wird sich bey ein- Aber, wenn auch der aufgestellte Grundsatz er- meh- *) Die Wissenschaftslehre hat also absolute Totalität. In ihr führt Eins zu Allem, und Alles zu Einem. Sie ist aber die ein- zige Wissenschaft welche vollendet werden kann; Vollendung ist demnach ihr auszeichnender Charakter. Alle andere Wissen- schaften sind unendlich, und können nie vollendet werden; denn sie laufen nicht wieder in ihren Grundsatz zurück. Die Wissenschaftslehre hat dies für alle zu beweisen und den Grund davon anzugeben. C 3
macht, noch einmal zu machen. Es wird ſich bey ein- Aber, wenn auch der aufgeſtellte Grundſatz er- meh- *) Die Wiſſenſchaftslehre hat alſo abſolute Totalität. In ihr führt Eins zu Allem, und Alles zu Einem. Sie iſt aber die ein- zige Wiſſenſchaft welche vollendet werden kann; Vollendung iſt demnach ihr auszeichnender Charakter. Alle andere Wiſſen- ſchaften ſind unendlich, und können nie vollendet werden; denn ſie laufen nicht wieder in ihren Grundſatz zurück. Die Wiſſenſchaftslehre hat dies für alle zu beweiſen und den Grund davon anzugeben. C 3
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macht, noch einmal zu machen. Es wird ſich bey ein-
ſtiger Aufſtellung der Wiſſenſchaft zeigen, daſs ſie dieſen
Kreislauf wirklich vollendet, und den Forſcher gerade
bey dem Punkte verläſst, von welchem ſie mit ihm aus-
ging, daſs ſie alſo gleichfalls den zweyten poſitiven Be-
weiſs in ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt führt *).
Aber, wenn auch der aufgeſtellte Grundſatz er-
ſchöpft, und auf ihn ein vollſtändiges Syſtem aufgebaut
iſt, ſo folgt daraus noch gar nicht, daſs durch ſeine
Erſchöpfung das menſchliche Wiſſen überhaupt er-
ſchöpft ſey; wenn man nicht ſchon vorausſetzt, was
erwieſen werden ſollte, daſs jener Grundſatz der Grund-
ſatz des menſchlichen Wiſſens überhaupt ſey. Zu je-
nem vollendeten Syſteme kann freylich nichts mehr
weder dazu noch davon gethan werden; aber, was
verhindert es denn, daſs nicht etwa in der Zukunft,
wenn auch bis jetzt ſich keine Spur davon zeigen ſollte,
durch die vermehrte Erfahrung, Sätze zu dem menſch-
lichen Bewuſstſeyn gelangen ſollten, die ſich nicht auf
jenen Grundſatz gründen, die alſo einen oder mehrere
andere Grundſätze vorausſetzen: kurz, warum ſollten
neben jenem vollendeten Syſteme, nicht noch eine oder
meh-
*) Die Wiſſenſchaftslehre hat alſo abſolute Totalität. In ihr
führt Eins zu Allem, und Alles zu Einem. Sie iſt aber die ein-
zige Wiſſenſchaft welche vollendet werden kann; Vollendung
iſt demnach ihr auszeichnender Charakter. Alle andere Wiſſen-
ſchaften ſind unendlich, und können nie vollendet werden;
denn ſie laufen nicht wieder in ihren Grundſatz zurück. Die
Wiſſenſchaftslehre hat dies für alle zu beweiſen und den Grund
davon anzugeben.
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Zitationshilfe: | Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie. Weimar, 1794, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_wissenschaftslehre_1794/45>, abgerufen am 16.02.2025. |