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Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie. Weimar, 1794.

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Diese Form der Wissenschaftslehre hat nothwendige
Gültigkeit für den Gehalt derselben. Denn wenn der
absolut-erste Grundsatz unmittelbar gewiss war, d. i.,
wenn seine Form nur für seinen Gehalt, und sein Ge-
halt nur für seine Form passte. -- durch ihn aber alle
möglichen folgenden Sätze, unmittelbar oder mittelbar,
dem Gehalte oder der Form nach, bestimmt werden; --
wenn sie gleichsam schon in ihm enthalten lägen; -- so
muss eben das von ihm gelten, was von jenem gilt, dass
ihre Form nur zu ihrem Gehalte, und ihr Gehalt nur
zu ihrer Form passe. Diess betrift die einzelnen Sätze;
die Form des Ganzen aber ist nichts anders, als die Form
der einzelnen Sätze in Einem gedacht, und was von
jedem einzelnen gilt, muss von allen, als Eins gedacht,
auch gelten.

Die Wissenschaftslehre soll aber nicht nur sich selbst,
sondern auch allen möglichen übrigen Wissenschaften
ihre Form geben, und die Gültigkeit dieser Form für
alle sicher stellen. Dieses lässt sich nun nicht anders
denken, als unter der Bedingung, dass alles, was Satz
irgend einer Wissenschaft seyn soll, schon in irgend ei-
nem Satze der Wissenschaftslehre enthalten, und also
schon in ihr in seiner gehörigen Form aufgestellt sei.
Und dieses eröffnet uns einen leichten Weg zum Ge-
halte des absolut-ersten Grundsatzes der Wissenschafts-
lehre zurück zu gehen, von dem wir jetzt etwas mehr
sagen können, als wir vorhin konnten.

Man nehme an, gewiss wissen heisse nichts anders,
als Einsicht in die Unzertrennlichkeit eines bestimmten
Gehalts von einer bestimmten Form haben, (welcher

nichts
B 5

Dieſe Form der Wiſſenſchaftslehre hat nothwendige
Gültigkeit für den Gehalt derſelben. Denn wenn der
abſolut-erſte Grundſatz unmittelbar gewiſs war, d. i.,
wenn ſeine Form nur für ſeinen Gehalt, und ſein Ge-
halt nur für ſeine Form paſste. — durch ihn aber alle
möglichen folgenden Sätze, unmittelbar oder mittelbar,
dem Gehalte oder der Form nach, beſtimmt werden; —
wenn ſie gleichſam ſchon in ihm enthalten lägen; — ſo
muſs eben das von ihm gelten, was von jenem gilt, daſs
ihre Form nur zu ihrem Gehalte, und ihr Gehalt nur
zu ihrer Form paſſe. Dieſs betrift die einzelnen Sätze;
die Form des Ganzen aber iſt nichts anders, als die Form
der einzelnen Sätze in Einem gedacht, und was von
jedem einzelnen gilt, muſs von allen, als Eins gedacht,
auch gelten.

Die Wiſſenſchaftslehre ſoll aber nicht nur ſich ſelbſt,
ſondern auch allen möglichen übrigen Wiſſenſchaften
ihre Form geben, und die Gültigkeit dieſer Form für
alle ſicher ſtellen. Dieſes läſst ſich nun nicht anders
denken, als unter der Bedingung, daſs alles, was Satz
irgend einer Wiſſenſchaft ſeyn ſoll, ſchon in irgend ei-
nem Satze der Wiſſenſchaftslehre enthalten, und alſo
ſchon in ihr in ſeiner gehörigen Form aufgeſtellt ſei.
Und dieſes eröffnet uns einen leichten Weg zum Ge-
halte des abſolut-erſten Grundſatzes der Wiſſenſchafts-
lehre zurück zu gehen, von dem wir jetzt etwas mehr
ſagen können, als wir vorhin konnten.

Man nehme an, gewiſs wiſſen heiſſe nichts anders,
als Einſicht in die Unzertrennlichkeit eines beſtimmten
Gehalts von einer beſtimmten Form haben, (welcher

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B 5
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[25/0033] Dieſe Form der Wiſſenſchaftslehre hat nothwendige Gültigkeit für den Gehalt derſelben. Denn wenn der abſolut-erſte Grundſatz unmittelbar gewiſs war, d. i., wenn ſeine Form nur für ſeinen Gehalt, und ſein Ge- halt nur für ſeine Form paſste. — durch ihn aber alle möglichen folgenden Sätze, unmittelbar oder mittelbar, dem Gehalte oder der Form nach, beſtimmt werden; — wenn ſie gleichſam ſchon in ihm enthalten lägen; — ſo muſs eben das von ihm gelten, was von jenem gilt, daſs ihre Form nur zu ihrem Gehalte, und ihr Gehalt nur zu ihrer Form paſſe. Dieſs betrift die einzelnen Sätze; die Form des Ganzen aber iſt nichts anders, als die Form der einzelnen Sätze in Einem gedacht, und was von jedem einzelnen gilt, muſs von allen, als Eins gedacht, auch gelten. Die Wiſſenſchaftslehre ſoll aber nicht nur ſich ſelbſt, ſondern auch allen möglichen übrigen Wiſſenſchaften ihre Form geben, und die Gültigkeit dieſer Form für alle ſicher ſtellen. Dieſes läſst ſich nun nicht anders denken, als unter der Bedingung, daſs alles, was Satz irgend einer Wiſſenſchaft ſeyn ſoll, ſchon in irgend ei- nem Satze der Wiſſenſchaftslehre enthalten, und alſo ſchon in ihr in ſeiner gehörigen Form aufgeſtellt ſei. Und dieſes eröffnet uns einen leichten Weg zum Ge- halte des abſolut-erſten Grundſatzes der Wiſſenſchafts- lehre zurück zu gehen, von dem wir jetzt etwas mehr ſagen können, als wir vorhin konnten. Man nehme an, gewiſs wiſſen heiſſe nichts anders, als Einſicht in die Unzertrennlichkeit eines beſtimmten Gehalts von einer beſtimmten Form haben, (welcher nichts B 5

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie. Weimar, 1794, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_wissenschaftslehre_1794/33>, abgerufen am 21.11.2024.