selbst im Besitze dieses richtigen Bildes sich befindet, am leichtesten zu beurtheilen; ob dasselbe durch die eigne Selbstthätigkeit des Zöglings entworfen, keinesweges aber nur leidend aufgefaßt, und der Schule gläubig nachgesagt werde, ferner ob es zur gehörigen Klarheit, und Lebhaftigkeit gesteigert sey, wird die Erziehung auf dieselbe Weise beurtheilen können, wie sie früher in derselben Rücksicht bei andern Gegenständen ein treffendes Ur¬ theil gefällt hat. Alles dies ist noch Sache der bloßen Erkenntniß, und verbleibt auf dem in dieser Erziehung sehr zugänglichen Gebiete dieser. Eine ganz andere aber und höhere Frage ist die, ob der Zögling also von trennender Liebe für eine solche Ordnung der Dinge ergriffen sey, daß es ihm, der Leitung der Erziehung entlassen, und selbstständig hin¬ gestellt, schlechterdings unmöglich seyn werde, diese Ordnung nicht zu wollen, und nicht aus allen seinen Kräften für die Beförderung derselben zu arbeiten; über welche Frage ohne Zweifel nicht Worte, und in Worten anzu¬ stellende Prüfungen, sondern allein der An¬ blick von Thaten entscheiden können.
Ich löse die durch diese lezte Betrachtung
ſelbſt im Beſitze dieſes richtigen Bildes ſich befindet, am leichteſten zu beurtheilen; ob daſſelbe durch die eigne Selbſtthaͤtigkeit des Zoͤglings entworfen, keinesweges aber nur leidend aufgefaßt, und der Schule glaͤubig nachgeſagt werde, ferner ob es zur gehoͤrigen Klarheit, und Lebhaftigkeit geſteigert ſey, wird die Erziehung auf dieſelbe Weiſe beurtheilen koͤnnen, wie ſie fruͤher in derſelben Ruͤckſicht bei andern Gegenſtaͤnden ein treffendes Ur¬ theil gefaͤllt hat. Alles dies iſt noch Sache der bloßen Erkenntniß, und verbleibt auf dem in dieſer Erziehung ſehr zugaͤnglichen Gebiete dieſer. Eine ganz andere aber und hoͤhere Frage iſt die, ob der Zoͤgling alſo von trennender Liebe fuͤr eine ſolche Ordnung der Dinge ergriffen ſey, daß es ihm, der Leitung der Erziehung entlaſſen, und ſelbſtſtaͤndig hin¬ geſtellt, ſchlechterdings unmoͤglich ſeyn werde, dieſe Ordnung nicht zu wollen, und nicht aus allen ſeinen Kraͤften fuͤr die Befoͤrderung derſelben zu arbeiten; uͤber welche Frage ohne Zweifel nicht Worte, und in Worten anzu¬ ſtellende Pruͤfungen, ſondern allein der An¬ blick von Thaten entſcheiden koͤnnen.
Ich loͤſe die durch dieſe lezte Betrachtung
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[75/0081]
ſelbſt im Beſitze dieſes richtigen Bildes ſich
befindet, am leichteſten zu beurtheilen; ob
daſſelbe durch die eigne Selbſtthaͤtigkeit des
Zoͤglings entworfen, keinesweges aber nur
leidend aufgefaßt, und der Schule glaͤubig
nachgeſagt werde, ferner ob es zur gehoͤrigen
Klarheit, und Lebhaftigkeit geſteigert ſey, wird
die Erziehung auf dieſelbe Weiſe beurtheilen
koͤnnen, wie ſie fruͤher in derſelben Ruͤckſicht
bei andern Gegenſtaͤnden ein treffendes Ur¬
theil gefaͤllt hat. Alles dies iſt noch Sache
der bloßen Erkenntniß, und verbleibt auf dem
in dieſer Erziehung ſehr zugaͤnglichen Gebiete
dieſer. Eine ganz andere aber und hoͤhere
Frage iſt die, ob der Zoͤgling alſo von
trennender Liebe fuͤr eine ſolche Ordnung der
Dinge ergriffen ſey, daß es ihm, der Leitung
der Erziehung entlaſſen, und ſelbſtſtaͤndig hin¬
geſtellt, ſchlechterdings unmoͤglich ſeyn werde,
dieſe Ordnung nicht zu wollen, und nicht
aus allen ſeinen Kraͤften fuͤr die Befoͤrderung
derſelben zu arbeiten; uͤber welche Frage ohne
Zweifel nicht Worte, und in Worten anzu¬
ſtellende Pruͤfungen, ſondern allein der An¬
blick von Thaten entſcheiden koͤnnen.
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/81>, abgerufen am 27.11.2024.
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