Beschaffenheit und Form des sittlichen Wil¬ lens; und so ist denn diese Weise der geisti¬ gen Bildung, die unmittelbare Vorbereitung zu der sittlichen; die Wurzel der Unsittlichkeit aber rottet sie, indem sie den sinnlichen Ge¬ nuß durchaus niemals Antrieb werden läßt, gänzlich aus. Bisher war dieser Antrieb der erste, der da angeregt, und ausgebildet wurde, weil man außerdem den Zögling gar nicht bearbeiten, und einigen Einfluß auf densel¬ ben gewinnen zu können glaubte; sollte hin¬ terher der sittliche Antrieb entwickelt werden, so kam derselbe zu spät, und fand das Herz schon eingenommen und angefüllt von einer andern Liebe. Durch die neue Erziehung soll umgekehrt die Bildung zum reinen Wollen das erste werden, damit, wenn späterhin doch die Selbstsucht innerlich erwachen, oder von außen angeregt werden sollte, diese zu spät komme, und in dem schon von etwas an¬ derm eingenommenen Gemüthe keinen Platz für sich finde.
Wesentlich ist schon für diesen ersten, so wie für den demnächst anzugebenden zweiten Zweck, daß der Zögling von Anbeginn an ununterbrochen, und ganz unter dem Einflusse
Beſchaffenheit und Form des ſittlichen Wil¬ lens; und ſo iſt denn dieſe Weiſe der geiſti¬ gen Bildung, die unmittelbare Vorbereitung zu der ſittlichen; die Wurzel der Unſittlichkeit aber rottet ſie, indem ſie den ſinnlichen Ge¬ nuß durchaus niemals Antrieb werden laͤßt, gaͤnzlich aus. Bisher war dieſer Antrieb der erſte, der da angeregt, und ausgebildet wurde, weil man außerdem den Zoͤgling gar nicht bearbeiten, und einigen Einfluß auf denſel¬ ben gewinnen zu koͤnnen glaubte; ſollte hin¬ terher der ſittliche Antrieb entwickelt werden, ſo kam derſelbe zu ſpaͤt, und fand das Herz ſchon eingenommen und angefuͤllt von einer andern Liebe. Durch die neue Erziehung ſoll umgekehrt die Bildung zum reinen Wollen das erſte werden, damit, wenn ſpaͤterhin doch die Selbſtſucht innerlich erwachen, oder von außen angeregt werden ſollte, dieſe zu ſpaͤt komme, und in dem ſchon von etwas an¬ derm eingenommenen Gemuͤthe keinen Platz fuͤr ſich finde.
Weſentlich iſt ſchon fuͤr dieſen erſten, ſo wie fuͤr den demnaͤchſt anzugebenden zweiten Zweck, daß der Zoͤgling von Anbeginn an ununterbrochen, und ganz unter dem Einfluſſe
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Beſchaffenheit und Form des ſittlichen Wil¬
lens; und ſo iſt denn dieſe Weiſe der geiſti¬
gen Bildung, die unmittelbare Vorbereitung
zu der ſittlichen; die Wurzel der Unſittlichkeit
aber rottet ſie, indem ſie den ſinnlichen Ge¬
nuß durchaus niemals Antrieb werden laͤßt,
gaͤnzlich aus. Bisher war dieſer Antrieb der
erſte, der da angeregt, und ausgebildet wurde,
weil man außerdem den Zoͤgling gar nicht
bearbeiten, und einigen Einfluß auf denſel¬
ben gewinnen zu koͤnnen glaubte; ſollte hin¬
terher der ſittliche Antrieb entwickelt werden,
ſo kam derſelbe zu ſpaͤt, und fand das Herz
ſchon eingenommen und angefuͤllt von einer
andern Liebe. Durch die neue Erziehung ſoll
umgekehrt die Bildung zum reinen Wollen
das erſte werden, damit, wenn ſpaͤterhin doch
die Selbſtſucht innerlich erwachen, oder von
außen angeregt werden ſollte, dieſe zu ſpaͤt
komme, und in dem ſchon von etwas an¬
derm eingenommenen Gemuͤthe keinen Platz
fuͤr ſich finde.
Weſentlich iſt ſchon fuͤr dieſen erſten, ſo
wie fuͤr den demnaͤchſt anzugebenden zweiten
Zweck, daß der Zoͤgling von Anbeginn an
ununterbrochen, und ganz unter dem Einfluſſe
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/78>, abgerufen am 24.11.2024.
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