ungern übernehmen werde. Auch ist die Be¬ kanntschaft mit ganz fremden, und nicht das mindeste Interesse für ihn habenden Dingen, und mit ihren Eigenschaften, ein schlechter Ersatz für jenes ihm zugefügte Leiden; des¬ wegen mußte seine Abneigung durch die Ver¬ tröstung auf die künftige Nützlichkeit dieser Er¬ kenntnisse, und daß man nur vermittelst ihrer Brod und Ehre finden könne, und sogar durch unmittelbar gegenwärtige Strafe und Beloh¬ nung überwunden werden; -- daß somit die Erkenntniß gleich von vorn herein als Diene¬ rin des sinnlichen Wohlseyns aufgestellt wurde, und diese Erziehung, welche in Absicht ihres Inhalts oben als bloß unkräftig für Ent¬ wicklung einer sittlichen Denkart aufgestellt wurde, um nur an den Zögling zu gelangen, das moralische Verderben desselben sogar pflanzen und entwickeln, und ihr Interesse an das Interesse dieses Verderbens anknüpfen mußte. Man wird ferner finden, daß das natürliche Talent, welches als Ausnahme von der Regel, in der Schule dieser bisherigen Erziehung gern lernte, und deswegen gut, und durch diese in ihm waltende höhere Liebe das moralische Verderben der Umgebung
ungern uͤbernehmen werde. Auch iſt die Be¬ kanntſchaft mit ganz fremden, und nicht das mindeſte Intereſſe fuͤr ihn habenden Dingen, und mit ihren Eigenſchaften, ein ſchlechter Erſatz fuͤr jenes ihm zugefuͤgte Leiden; des¬ wegen mußte ſeine Abneigung durch die Ver¬ troͤſtung auf die kuͤnftige Nuͤtzlichkeit dieſer Er¬ kenntniſſe, und daß man nur vermittelſt ihrer Brod und Ehre finden koͤnne, und ſogar durch unmittelbar gegenwaͤrtige Strafe und Beloh¬ nung uͤberwunden werden; — daß ſomit die Erkenntniß gleich von vorn herein als Diene¬ rin des ſinnlichen Wohlſeyns aufgeſtellt wurde, und dieſe Erziehung, welche in Abſicht ihres Inhalts oben als bloß unkraͤftig fuͤr Ent¬ wicklung einer ſittlichen Denkart aufgeſtellt wurde, um nur an den Zoͤgling zu gelangen, das moraliſche Verderben deſſelben ſogar pflanzen und entwickeln, und ihr Intereſſe an das Intereſſe dieſes Verderbens anknuͤpfen mußte. Man wird ferner finden, daß das natuͤrliche Talent, welches als Ausnahme von der Regel, in der Schule dieſer bisherigen Erziehung gern lernte, und deswegen gut, und durch dieſe in ihm waltende hoͤhere Liebe das moraliſche Verderben der Umgebung
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0075"n="69"/>
ungern uͤbernehmen werde. Auch iſt die Be¬<lb/>
kanntſchaft mit ganz fremden, und nicht das<lb/>
mindeſte Intereſſe fuͤr ihn habenden Dingen,<lb/>
und mit ihren Eigenſchaften, ein ſchlechter<lb/>
Erſatz fuͤr jenes ihm zugefuͤgte Leiden; des¬<lb/>
wegen mußte ſeine Abneigung durch die Ver¬<lb/>
troͤſtung auf die kuͤnftige Nuͤtzlichkeit dieſer Er¬<lb/>
kenntniſſe, und daß man nur vermittelſt ihrer<lb/>
Brod und Ehre finden koͤnne, und ſogar durch<lb/>
unmittelbar gegenwaͤrtige Strafe und Beloh¬<lb/>
nung uͤberwunden werden; — daß ſomit die<lb/>
Erkenntniß gleich von vorn herein als Diene¬<lb/>
rin des ſinnlichen Wohlſeyns aufgeſtellt wurde,<lb/>
und dieſe Erziehung, welche in Abſicht ihres<lb/>
Inhalts oben als bloß unkraͤftig fuͤr Ent¬<lb/>
wicklung einer ſittlichen Denkart aufgeſtellt<lb/>
wurde, um nur an den Zoͤgling zu gelangen,<lb/>
das moraliſche Verderben deſſelben ſogar<lb/>
pflanzen und entwickeln, und ihr Intereſſe<lb/>
an das Intereſſe dieſes Verderbens anknuͤpfen<lb/>
mußte. Man wird ferner finden, daß das<lb/>
natuͤrliche Talent, welches als Ausnahme<lb/>
von der Regel, in der Schule dieſer bisherigen<lb/>
Erziehung gern lernte, und deswegen gut,<lb/>
und durch dieſe in ihm waltende hoͤhere<lb/>
Liebe das moraliſche Verderben der Umgebung<lb/></p></div></body></text></TEI>
[69/0075]
ungern uͤbernehmen werde. Auch iſt die Be¬
kanntſchaft mit ganz fremden, und nicht das
mindeſte Intereſſe fuͤr ihn habenden Dingen,
und mit ihren Eigenſchaften, ein ſchlechter
Erſatz fuͤr jenes ihm zugefuͤgte Leiden; des¬
wegen mußte ſeine Abneigung durch die Ver¬
troͤſtung auf die kuͤnftige Nuͤtzlichkeit dieſer Er¬
kenntniſſe, und daß man nur vermittelſt ihrer
Brod und Ehre finden koͤnne, und ſogar durch
unmittelbar gegenwaͤrtige Strafe und Beloh¬
nung uͤberwunden werden; — daß ſomit die
Erkenntniß gleich von vorn herein als Diene¬
rin des ſinnlichen Wohlſeyns aufgeſtellt wurde,
und dieſe Erziehung, welche in Abſicht ihres
Inhalts oben als bloß unkraͤftig fuͤr Ent¬
wicklung einer ſittlichen Denkart aufgeſtellt
wurde, um nur an den Zoͤgling zu gelangen,
das moraliſche Verderben deſſelben ſogar
pflanzen und entwickeln, und ihr Intereſſe
an das Intereſſe dieſes Verderbens anknuͤpfen
mußte. Man wird ferner finden, daß das
natuͤrliche Talent, welches als Ausnahme
von der Regel, in der Schule dieſer bisherigen
Erziehung gern lernte, und deswegen gut,
und durch dieſe in ihm waltende hoͤhere
Liebe das moraliſche Verderben der Umgebung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.